Dritter

Dritter

Dritter ist die Nummer Drei einer Serie oder eine von drei oder mehr Personen.

Inhaltsverzeichnis

Soziologie und Psychoanalyse

Überblick

In der soziologischen Theorie ist „der Dritte“ die Figur, die innerhalb der Interaktion (soziale Interaktion oder Intersubjektivität) über „Ich“ und „Du“ (ego und alter ego) hinaus neue Funktionen für die Kommunikation übernimmt, die zwischen zwei Interaktionspartnern noch nicht möglich sind (Vermittler, Schiedsrichter, der begünstigte Dritte, der Sündenbock, der Intrigant, der Übersetzer etc.). In den letzten Jahren verdichten sich Erkenntnisinteressen an der Figur und Funktion des „Dritten“. Impulse aus der Philosophie, Psychoanalyse und Literaturwissenschaft verarbeitend, wird in der Soziologie systematisch eine Position des „Dritten“ bestimmt, in der – prinzipiell von „ego“ und „alter“ unterschieden – konstitutive Funktionen für Subjektbildung und Sozialität erkannt werden.

Außerhalb der Soziologie spielen die Theoreme von Freud und Lacan, von Levinas, Serres und Girard eine zentrale Rolle; innerhalb der Soziologie sind neben den klassischen Beiträgen von Simmel auch neuere Ansätze zu einer Thematisierung des Dritten zu verzeichnen – etwa in der soziologischen Systemtheorie (Luhmanns „Beobachter“) und in der Theorie der rationalen Entscheidung (Colemans „Agent“). Grundlegend für diese Diskussion ist die Unterscheidung zwischen Sozialtheorie (wie wird der Gegenstand soziologischer Forschung bestimmt; wie funktioniert Soziales überhaupt?) und Gesellschaftstheorie (In welcher Gesellschaft leben wir?).

Die Reflexion auf die Figur des Dritten bezieht sich zunächst auf die konstitutiven sozialtheoretischen Annahmen der verschiedenen soziologischen Ansätze. Diese rekurrieren in sozialtheoretischer Hinsicht gegenwärtig zumeist - in verschiedenen Varianten - auf die ego-alter-Dyade („doppelte Kontingenz“, „Kampf um Anerkennung“, „praktische Intersubjektivität“, „symbolische Interaktion“, „Identität und Alterität“ etc.) als Ausgangspunkt ihrer Anschlussbeobachtungen. Die systematische Reflexion auf den Status des „Dritten“ („der“ personale Dritte, nicht „das“ Dritte wie Sprache oder System oder soziale Ordnung) verändert das Verständnis von Sozialität und eröffnet damit neue soziologische Beobachtungsmöglichkeiten.

So wie die Kategorie des „Anderen“ eine Fülle von Aspekten und Funktionen bündelt (Herr und Knecht, Kooperation, Tausch, Konflikt, Fürsorge), so auch der „Dritte“ (Beobachter, Beauftragter, Mediator, Richter, Hybrid, der "dritte Raum", Sündenbock, "Parasit", Koalitionär). Die „Figur des Dritten“ verkörpert strukturell die Möglichkeit von Anwesenheit/Abwesenheit; insofern bildet sie den sozialtheoretischen Dreh- und Angelpunkt, wenn es um die Bestimmung der „Grenzen des Sozialen“ sowie um den Übergang von der Interaktion (unter Anwesenden) zur Institutionalisierung geht. In der Reflexion seiner Position verknüpfen sich akteurs- und systemtheoretische Herangehensweisen. Der Blick des Dritten stiftet Differenzen zwischen Alter und Ego und gleicht sie aus in einem Maße, das der Dyade aus sich heraus nicht möglich wäre. Die triadische Position ist basal für das Hervorrufen und Wahrnehmen von Ungleichheit, aber auch für die Erwartung der Gerechtigkeit (Neutralität, Richter). Insofern ist der sozialtheoretische Übergang vom „Anderen“ zum „Dritten“ folgenreich auch für die Gesellschaftstheorie.

Literatur

  • Doris Bachmann-Medick, Dritter Raum. Annäherungen an ein Medium kultureller Übersetzung und Kartierung, in: Breger/Döring 1998, S. 19-38.
  • Thomas Bedorf, Dimensionen des Dritten. Sozialphilosophische Modelle zwischen Ethischem und Politischen, München 2003.
  • Thomas Bedorf/Joachim Fischer/Gesa Lindemann (Hgg.), Theorien des Dritten. Innovationen in Soziologie und Sozialphilosophie, München 2010.
  • Claudia Breger/Tobias Döring (Hgg.), Figuren der/des Dritten. Erkundungen kultureller Zwischenräume, Amsterdam 1998.
  • Theodore Caplow, Two against one. Coalitions in Triads, Englewood Cliffs, NJ 1968.
  • Eva Esslinger/Tobias Schlechtriemen/Doris Schweitzer/Alexander Zons (Hgg.), Die Figur des Dritten. Ein kulturwissenschaftliches Paradigma, Frankfurt a.M. 2010.
  • Joachim Fischer, Der Dritte. Zur Anthropologie der Intersubjektivität, in: W. Eßbach (Hg.), „wir / ihr / sie. Identität und Alterität in Theorie und Methode“, Würzburg 2000, S. 103-138.
  • Hans-Peter Krüger, Die Antwortlichkeit in der exzentrischen Positionalität. Die Drittheit, das Dritte und die dritte Person als philosophische Minima, in: H.-P. Krüger/G. Lindemann (Hg.), „Philosophische Anthropologie im 21. Jahrhundert“, Berlin 2006, S. 164-183.
  • Gesa Lindemann, Die dritte Person - das konstitutive Minimum der Sozialtheorie, in: H.-P. Krüger/G. Lindemann (Hgg.), „Philosophische Anthropologie im 21. Jahrhundert“, Berlin 2006, S. 125-145.
  • Georg Simmel, Soziologie. Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung, [1908], Berlin 1968, S. 32-100.

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Sport

Im Sport ist Dritter der Drittplazierte und damit der Gewinner der Bronzemedaille. Üblicherweise steht der Dritte mit auf dem Siegerpodest. Bei Gleichstand können gegebenenfalls auch mehrere dritte Plätze vergeben werden.

Siehe auch

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