ES6

ES6

ES6 war die Bezeichnung eines 1955 vorgestellten Oberleitungsbus-Prototyps in der DDR. Der Einzelgänger kombinierte das Konzept des Elektroantriebs mit der bereits erprobten Idee der doppelstöckigen Sattelzugomnibusse. Das von der LOWA hergestellte Fahrzeug konnte jedoch keine Serienfertigung nach sich ziehen, unter anderem weil die DDR ab 1957 in Folge eines Beschlusses des Rats für gegenseitige Wirtschaftshilfe nur noch tschechoslowakische Škoda-Obusse importieren durfte.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das fast 15 Meter lange Fahrzeug wurde 1953 vom VEB Kraftfahrzeugwerk „Ernst Grube“ Werdau konstruiert, die elektrische Ausrüstung stammte vom Lokomotivbau Elektrotechnische Werke Hans Beimler Hennigsdorf. Der für die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) in Ost-Berlin bestimmte Wagen wurde zunächst ab April 1955 in Zwickau getestet. Dort wurden auf der Strecke WeißenbornLichtentanne–Stenn erste Probefahrten durchgeführt.[1]

Im Oktober 1955 nahm er schließlich bei der BVG seinen Dienst auf. Das Gespann wurde dort unter den Betriebsnummern 2001 für die Zugmaschine und 201 für den Sattelauflieger in den regulären Bestand eingereiht. Er wurde ausschließlich auf der Innenstadtlinie O40 eingesetzt und war stets mit besonders geschultem Personal besetzt. Nach der Abstellung des Versuchswagens wurde die Zugmaschine 1966/67 zunächst zu einem Abschleppwagen umgebaut, bevor man sie 1971 – zwei Jahre vor der Einstellung des Berliner Obus-Betriebs – schließlich verschrottete.[2]

Beschreibung

Der 15 Meter lange ES6 bot 62 Sitzplätze (davon 42 im Oberdeck und 20 im Unterdeck) sowie 42 Stehplätze (davon drei oben und 42 unten).[3] Der Auflieger war dabei weitgehend identisch mit jenen der Sattelzugomnibusse vom Typ DoSa S6. Für die Verständigung zwischen dem Fahrer und dem Schaffner war eine Lautsprecheranlage eingebaut, über die auch in beiden Stockwerken die Haltestellen ausgerufen werden konnten. Modern für die damalige Zeit waren auch das Fahrgastfluss-Prinzip, das stufenlose Unterdeck, der Mittelgang im Obergeschoss und die Niederflurtechnik mit einer Einstiegshöhe von nur 38 Zentimetern. Ferner verfügte der Schaffner über einen festen Sitzarbeitsplatz.

Da prinzipbedingt keine normalen Trolley-Retriever verwendet werden konnten, versah man die Zugmaschine mit einer pneumatischen Vorrichtung zum Anlegen und Abziehen der gewinkelten Stromabnehmerstangen.[4] Konstruktiv hatte die ES6-Zugmaschine große Ähnlichkeiten mit dem konventionellen Obus-Typ LOWA W602a, so war beispielsweise die Stirnfront identisch. Ferner verfügte sie über einen dieselektrischen Hilfsantrieb, dieser leistete rund 130 Volt und ermöglichte langsame Rangierfahrten. Außerdem besaß die Zugmaschine eine Lüfteranlage, mit der die Frischluft im Sommer über einen Windkanal in den Auflieger geleitet wurde. Im Winter wurde die angesaugte Luft über einen elektrischen Wärmetauscher erwärmt.[5]

Einzelnachweise

  1. Ludger Kenning: Längst historisch: Obusse in Zwickau
  2. Mattis Schindler am 9. November 2006
  3. Kenning S. 53
  4. Ludger Kenning: Sattelomnibusse, der Versuch war's wert
  5. Der ES6 auf www.berliner-verkehrsseiten.de

Literatur

  • Mattis Schindler; Ludger Kenning (Hrsg.): Obusse in Deutschland Band 1. Berlin - Brandenburg - Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein - Hamburg - Bremen - Niedersachsen, Sachsen-Anhalt - Thüringen - Sachsen, Frühere deutsche Ostgebiete. Kenning, Nordhorn 2009, ISBN 978-3-933613-34-9.
  • Deutsche Eisenbahntechnik, Heft 9/1955: “Der neue Doppelstock-Sattelschlepper-Obus”
  • ALBA, Berliner Omnibusse, Gammrath, Jung, Schmiedeke
  • Berliner Verkehrsblätter, Heft 9/1968: “Der Obus in Ost-Berlin”
  • Berliner Verkehrsblätter, Heft 1/1973: “Der Obus in Ost-Berlin”
  • Zeitschrift “Deutsches Technikmuseum Berlin” der Stiftung DTMB und des FDTM, Ausgabe 3/2007, Artikel “Obus in Berlin” Seite 5 bis 7 von Hans-Georg Winkler

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Tour de Corse — Cet article concerne le rallye automobile. Pour la course cycliste, voir Tour de Corse cycliste. Tour de Corse …   Wikipédia en Français

  • Rallye de France-Alsace 2011 — 11e manche du championnat du monde des rallyes 2011 ← Manche précédente Manche suivante → …   Wikipédia en Français

  • Glaciated Allegheny Plateau — The Glaciated Allegheny Plateau is that portion of the Allegheny Plateau that lies within the area covered by the last glaciation. As a result, this area of the Allegheny Plateau has lower relief and more gentle slopes than the relatively rugged… …   Wikipedia

  • Glacial landforms — Many now familiar glacial landforms were created by the movement of huge sheets of ice called continental glaciers during the Pleistocene Epoch (more commonly called the Ice Age.) Erosional landformsAs the glaciers expanded, due to their… …   Wikipedia

  • Franz Krommer — ( cz. classical music, whose seventy year life began the year of the death of George Frideric Handel and ended a few years after that of Ludwig van Beethoven.LifeThe main events of his life were somewhat as follows:* From 1773 to 1776, he studied …   Wikipedia

  • 14382 Woszczyk — Infobox Planet minorplanet = yes width = 25em bgcolour = #FFFFC0 apsis = name = Woszczyk symbol = caption = discovery = yes discovery ref = discoverer = H. Debehogne discovery site = European Southern Observatory discovered = March 2, 1990… …   Wikipedia

  • Camello — Ein Sattelzugomnibus, auf Kuba auch Kamelbus genannt, ist eine spezielle Form des Sattelzugs. Bei ihm wird eine herkömmliche LKW Zugmaschine mit einem speziellen Sattelauflieger für die Personenbeförderung kombiniert. Die ersten Fahrzeuge dieser… …   Deutsch Wikipedia

  • Doppeldeckbus — Dreiachsiger Doppeldeckerbus der Berliner Verkehrsbetriebe (aktuelles Modell MAN Lion’s City DD seit 2005) Als Doppeldeckerbus (auch Doppelstockbus oder in Österreich Stockbus) wird ein Omnibus bezeichnet, der über zwei Etagen für die… …   Deutsch Wikipedia

  • Doppeldeckerbus — Dreiachsiger Doppeldeckerbus der Berliner Verkehrsbetriebe (aktuelles Modell MAN Lion’s City DD seit 2005) Als Doppeldeckerbus (auch Doppeldeckbus, Doppelstockbus oder in Österreich Stockautobus) wird ein Omnibus bezeichnet, der über zwei Etagen… …   Deutsch Wikipedia

  • Doppelstockbus — Dreiachsiger Doppeldeckerbus der Berliner Verkehrsbetriebe (aktuelles Modell MAN Lion’s City DD seit 2005) Als Doppeldeckerbus (auch Doppelstockbus oder in Österreich Stockbus) wird ein Omnibus bezeichnet, der über zwei Etagen für die… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”