Einen Korb geben

Einen Korb geben
Fällt auch er durch den Korb?

Die Redewendung „einen Korb bekommen“, „sich einen Korb holen“, „jemandem einen Korb geben“ oder „durch den Korb fallen“ bedeutet, dass jemand bei einem Liebes- oder Heiratsantrag abgewiesen wird.

Inhaltsverzeichnis

Mittelalter

Die Redewendungdurch den Korb fallen“ hat ihren Ursprung in folgender mittelalterlichen Sitte: Ein von einem Freier umworbenes Fräulein zog diesen häufig nach dem Antrag in einem Korb zum Fenster hinauf. Sie konnte ihm ihre ablehnende Haltung deutlich machen, indem sie ihm einen Korb hinunter ließ, dessen Boden gelockert war. Dieser brach beim Heraufziehen. Das Motiv des liebestollen Freiers, der sich von seiner Angebeteten in einem Korb emporziehen lässt, war im Mittelalter in vielen Liedern und Erzählungen weit verbreitet und endet stets gleich: Die Umworbene verspricht, den Freier zu erhören und zu sich ins Bett zu lassen – nennt aber die Bedingung, dass der sich in einem Korb zu ihrem Fenster emporziehen lässt. Entweder bricht dann der gelockerte Boden und der Freier fällt zu Boden oder die Angebetete lässt ihn im Korb aus großer Höhe zurückfallen [1] – wie zum Beispiel im Volkslied „Der werbende Schreiber“ aus dem 16. Jahrhundert (Uhland, Volkslieder) beschrieben.
In einer weiteren Variation des Motives lässt das umworbene Fräulein den Korb mitsamt Freier auf halber Höhe zu ihrem Fenster hängen, worauf dieser am nächsten Morgen zum Gespött der Leute wird. Hierauf fußt womöglich die Redensart „jemanden (in der Luft) hängen lassen“.

„Durch den Korb fallen“ für das Abgewiesen werden eines Freiers ist als Sprichwort bereits dem mittelalterlichen Meistersinger Hans Sachs (1494-1576) geläufig, der den oben beschriebenen Vorgang wie folgt besingt:

(III, CCCXCVII, 1) „Doch wenn er meint am festen steh, nehmt sie ein andern zu der Eh, alsdenn so ist er vor ihn allen gantz spotweiss durch den Korb gefallen (...). [2]

Neuzeit

Das im 19. Jahrhundert begonnene Wörterbuch der Gebrüder Grimm beschreibt die Herkunft der Redensart „den Korb geben“, „den Korb bekommen“ und auch das zugehörige Verb „körben“ wie folgt:

für 'den korb geben', gekörbet werden, den korb bekommen; (...) auf der Eifel wird das körben als eine volksmäszige ehrenstrafe vollzogen an dem, der nicht seine geliebte, sondern ein andres mädchen heiratet; 'man nimmt einen korb, dem der boden entnommen ist, und die burschen ziehen das mädchen, die mädchen den jungen mann, dem sein brautstück entgangen ist, durch denselben, indem sie ihm den korb über den kopf stecken'. [3]

Meyers Konversationslexikon in der 4. Auflage (1885-1892) verortet die Herkunft der Redensart „jemandem einen Korb geben“ von der früher üblichen Sitte der Mädchen, ihre verneinende Antwort in Form eines Korbes zu erteilen. Die Redensart ist wahrscheinlich aus der Rücksendung des „Corbeille de mariage“ an den Bräutigam entstanden. „Corbeille de mariage“ ist nach Meyers Konversationslexikon mit „Brautgeschenk“ zu übersetzen, das der Bräutigam nach französischer Sitte als verzierten Korb mit entsprechendem Inhalt überreichte.[4]

Brauchtum

Eine weitere Alternative zur Herkunft der Redewendung entstammt womöglich einem anderen alten, durch den Schriftsteller Karl Immermann (1796-1840) zumindest ähnlich für Westfalen beschriebenen Brauch, der in leichten Abwandlungen für andere Gegenden Deutschlands vielfach belegt ist: Wollte sich ein Mann auf den Weg zu einer Brautwerbung machen, ließ er diesen Gang und dessen voraussichtliches Datum durch einen Mittelsmann beim Brautvater andeuten. Das gab der Familie des Brautvaters Zeit, sich über den möglichen Bewerber zu beraten. Wollte der Brautvater ihn nicht zum Schwiegersohn, platzierte er an geeigneter Stelle einen geflochtenen Korb am Haus oder am Eingang zur Hofanlage. Erblickte der Freier von ferne diesen Korb, wusste er, dass sein Brautwerben aussichtslos sein würde; er hatte „einen Korb bekommen“ und konnte sich somit ohne Gesichtsverlust sofort wieder auf den Heimweg machen. In der Region Dithmarschen verwandte man statt des Korbes eine Schaufel als Zeichen; so ist hier folgerichtig noch bis ins frühe 20. Jahrhundert alternativ die Redensart Die Schaufel bekommen / eine Schaufel bekommen überliefert.

Deutschlandradio Kultur leitet in einer Sendung im April 2008 die Herkunft der Redensart aus dem „Korbtanz“ im niederdeutschen Bereich ab, bei dem ein tanzwilliges Mägdelein auf einem Stuhl sitzt, einen Korb im Schoß. Ist es schön genug, gibt es leicht zwei Bewerber. Dem einen reicht sie den Korb, dem anderen die Hand zum Tanze. Immerhin darf sich der Abgewiesene dann hinsetzen und samt Korb warten: auf zwei Mägdelein.

Einzelnachweise

  1. http://www.zeno.org/Goetzinger-1885/A/Korb?hl=einen+korb+geben
  2. http://www.archive.org/stream/anzeigerfurkunde13germ/anzeigerfurkunde13germ_djvu.txt
  3. Wörterbuch Brüder Grimm
  4. http://www.zeno.org/Meyers-1905/A/Korb+geben?hl=einen+korb+geben

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • einen Korb geben — von sich weisen; abblitzen lassen (umgangssprachlich); abfertigen (umgangssprachlich); wegweisen; eine Abfuhr erteilen; ausschlagen; zurückweisen; ablehnen; zur …   Universal-Lexikon

  • Korb geben — Korb geben, soviel wie einen Freier abweisen, nach der früher üblichen Sitte der Mädchen, ihre verneinende Antwort in Form eines Korbes zu erteilen. Die Redensart ist vielleicht von der Rücksendung des Corbeille de mariage (s. d.) entstanden.… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Korb — Einen Korb bekommen, auch Sich einen Korb holen: bei einem Liebes oder Heiratsantrag abgewiesen werden. Literarisch bei C.F. Meyer (›Der Schuß von der Kanzel‹, 1877): »Das Mädchen also gab Euch einen Korb«. Älter ist die Wendung ›Durch den Korb… …   Das Wörterbuch der Idiome

  • Korb — [kɔrp], der; [e]s, Körbe [ kœrbə]: aus biegsamem, meist von bestimmten Pflanzen stammendem Material geflochtener Behälter mit Griffen, Henkeln o. Ä.: der Korb war voll Äpfel. Zus.: Binsenkorb, Blumenkorb, Brotkorb, Drahtkorb, Einkaufskorb,… …   Universal-Lexikon

  • Korb — Sm std. (9. Jh.), mhd. korp, ahd. korb, korf Entlehnung. Entlehnt aus l. corbis m./f. Einen Korb geben stammt angeblich von dem Brauch, einem unerwünschten Liebhaber zum Heraufziehen einen Korb ohne Boden hinunterzuschicken (vgl. durchfallen).… …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • Korb — bezeichnet: einen Behälter aus Geflecht, siehe Korb (Behälter) in der Fachsprache die Faschine kurz den Förderkorb kurz den Basketballkorb, siehe Basketball den Gesichtsschutz beim Fechten den Handschutz bei Degen und Schläger, siehe Korb (Waffe) …   Deutsch Wikipedia

  • Korb — Korb: Die nhd. Form des Wortes geht über mhd. korp auf ahd. chorp zurück, das wahrscheinlich aus lat. corbis (Akkusativ corbem) »Korb« entlehnt ist. Das lat. Substantiv gehört wohl mit einer ursprünglichen Bedeutung »Geflochtenes« zu der unter ↑… …   Das Herkunftswörterbuch

  • Korb — 1. Déi iut dem Korfe fäuert, déi könnt in de Theetasse melken. (Sauerland.) 2. Der eigene Korb drückt nicht. Was man für sich selbst thut, wird nicht schwer. Böhm.: Viastní břimĕ (nůše) netiží. (Čelakovsky, 133.) 3. Die immer Körbe austheilt,… …   Deutsches Sprichwörter-Lexikon

  • Korb (Behälter) — Korbflechten Ein Korb ist ein geflochtener Behälter, meist aus hölzernem, biegsamen Material, zum Transport und Lagern von Lasten oder Material. Korbwaren ist der Sammelbegriff für Güter, die durch das Korbflechten produziert werden.… …   Deutsch Wikipedia

  • Korb — Kọrb der, (e)s, Kör·be; 1 ein leichter Behälter, der aus gebogenen Stäben, geflochtenen Streifen o.Ä. gemacht ist <ein Korb aus Weide(nruten), aus Draht; einen Korb flechten>: Brötchen in einem Korb auf den Tisch stellen; einen Korb mit… …   Langenscheidt Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”