Evangelisches Konvikt

Evangelisches Konvikt
Evangelisches Konvikt Halle – Studienhaus der Kirchprovinz Sachsen
Evangelisches Konvikt Halle
Typ Evangelisches Konvikt
Anschrift Franckeplatz 1 Haus 8/9
06110 Halle (Saale)
Landeskirche Evangelische Kirche in Mitteldeutschland
Universität Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Bewohner (ges.) 70
Ephorus Hermann Goltz
Studieninspektor Daniel Cyranka
Senior Sarah Wetterau (Sommersemester 2009)
Studienleiter Marianne Schröter, Erik Dremel
Webadresse www.evangelisches-konvikt.de

Das Evangelische Konvikt Halle befindet sich in den Franckeschen Stiftungen in Halle (Saale) und ist dort im längsten Fachwerkhaus Europas (114 m) untergebracht. Es entstand durch Zusammenlegung des Tholuckschen Konvikts mit dem Sprachenkonvikt. Der Standort in den Franckeschen Stiftungen steht in einer langen Tradition als Studentenunterkunft: bereits beim Bau 1715 wurden diese Räumlichkeiten Theologiestudenten zur Verfügung gestellt, die hier frei wohnen konnten und dafür die Kinder in den Schulen der Stiftungen zu unterrichten hatten.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das Evangelische Konvikt vereint in sich die Geschichte und die Traditionen von drei Vorgängerkonvikten: dem Schlesischen Konvikt, dem Tholuckkonvikt und dem Sprachenkonvikt.

Der Anfang: Das Schlesische Konvikt als erstes Konvikt in Halle

1866 wurde das Schlesische Konvikt in der Wilhelmstraße 10 (heute Emil-Abderhalden-Straße) unter Beirat des Theologieprofessors August Tholuck gegründet. Das Konvikt sollte nach dem Willen seines Stifters Graf Karl Philipp von Harrach der Unterstützung von Theologiestudenten aus Schlesien, Harrachs Heimat, dienen. Tholuck übernahm das Ephorat des Schlesischen Konvikts von 1869 bis zu seinem Tod 1877. Gründungsinspektor des war der zuvor in Bonn lehrende Theologieprofessor Martin Kähler. Ab 1938 diente das Gebäude der Evangelischen Kirchenmusikschule Halle als Unterrichts- und Wohnhaus. Seit 2005 ist hier wieder die Stiftung Schlesisches Konvikt dafür verantwortlich, dass Studenten der Kirchenmusik, der Theologie und anderer Fachrichtungen ein christlich-evangelisches Wohnheim finden.

Tholuckkonvikt

Schon 1839 äußerte Tholuck gegenüber seiner zweiten Frau Mathilde den Wunsch, ein „Studenten-Convict“ in der Mittelstraße zu eröffnen. Wegen mangelnder finanzieller Mittel konnte dieser Wunsch zu diesem Zeitpunkt nicht erfüllt werden.

Das erste Haus in der Mittelstraße

1870, zum fünfzigjährigen Jubiläum der Ernennung Tholucks zum Lizentiaten der Theologie, wurde ihm eine Stiftung von 4000 Talern überreicht. Dieses Geld war jedoch für ein Universitätsstipendium gesammelt worden und konnte somit nicht für die Realisierung eines Konvikts verwendet werden. Seine Frau Mathilde griff jedoch die Idee wieder auf und konnte mit Hilfe eines Freundes den Kauf eines Nachbarhauses finanzieren. Nach einer Umbauphase war das Tholuckkonvikt in der Mittelstraße im Oktober 1871 bezugsfertig. Ein Jahr nach Tholucks Tod 1877 wurde das bis dahin private Konvikt in eine öffentliche Stiftung umgewandelt und erhielt ein Statut, dass es eng mit dem Schlesischen Konvikt verband. Martin Kähler wurde Ephorus im Tholuckkonvikt und übernahm im Jahr 1888 auch das Ephorat des Schlesischen Konvikts.

Umzug in ein neues Haus

Nach dem Tode Mathilde Tholucks im Jahr 1894 reichte das Stiftungsvermögen nicht mehr aus, um in den Gebäuden in der Mittelstraße zu bleiben. Durch den Verkauf der Grundstücke wurde jedoch ein so hoher Gewinn erzielt, dass in der Kronprinzenstraße 8 (heute Herweghstraße) ein Neubau finanziert werden konnte. Im Oktober 1899 zog das Tholuckkonvikt in dieses Haus ein.

Erneuter Umzug

Nach fast fünfzig Jahren mussten die Studenten im Jahr 1949 ihr angestammtes Haus in der Herweghstraße 8 verlassen. Nach langer Suche wurde der Stiftung das ehemalige Haus der Studentenverbindung „Germania“ am Jägerplatz zur Verfügung gestellt. Bis zur Vereinigung mit dem Sprachenkonvikt im Jahr 1997 verblieb das Tholuckkonvikt an diesem Standort.

Sprachenkonvikt

Die dritte Traditionslinie des Evangelischen Konvikts ist das Sprachenkonvikt in den Franckeschen Stiftungen. 1929 wurde hier – auch in der Tradition des Tholuckschen und des Schlesischen Konvikts – ein neues Wohnhaus für Theologiestudenten eingerichtet.

Die Gründung im „Langen Haus“ der Franckeschen Stiftungen

Zur Gründung eines Sprachenkonvikts im Jahr 1929 kam es nicht zuletzt dadurch, dass die wenigsten Schüler dieser Zeit Latein oder Griechisch gelernt hatten, so dass sie diese Sprachen zu Beginn ihres Studiums erlernen mussten. Da zu dieser Zeit ein solcher Unterricht an den Universitäten nicht angeboten wurde, musste man nach anderen geeigneten Wegen suchen. Auf Betreiben der Theologieprofessoren Erich Klostermann[1] und Georg Wehrung[2] wurde dann ein Konvikt gegründet, dem die Aufgabe übertragen wurde, nicht nur Wohnung für Studenten zu sein, sondern sich auch besonders deren Ausbildung in den alten Sprachen am Beginn des Studiums anzunehmen. Klostermann wurde dann auch zum Sommersemester 1929 Ephorus des neuen Sprachenkonvikts, was er auch bis 1938 blieb. Zum ersten Inspektor wurde sein Privatassistent Hans Besch[3] bestimmt. Mit Rudolf Sellheim hatte das Sprachenkonvikt sogar einen eigenen Sprachlehrer.

Kurzzeitiges Übergangsquartier bei der Stadtmission

Wie alle Gebäude der Franckeschen Stiftungen wurde auch das Gebäude des Sprachenkonvikts 1946 an die Universität übertragen. Es teilte das Schicksal der anderen Häuser in den Stiftungen und war Anfang der neunziger Jahre stark sanierungsbedürftig. So begann man 1994 mit der Rekonstruktion und Neugestaltung des Hauses. Allerdings musste das Konvikt dazu für drei Jahre einen anderen Ort finden; die Stadtmission Halle bot in ihren Räumen am Weidenplan Unterkunftsmöglichkeiten für zwanzig Studenten.

Rückkehr in die Franckeschen Stiftungen

1997 konnten die Studenten des Sprachenkonvikts gemeinsam mit den Bewohnern des Tholuckkonvikts wieder in ihr angestammtes Haus in den Franckeschen Stiftungen zurückkehren; dieses bot nunmehr Platz für 72 Studenten. Die Zusammenlegung von Tholuck- und Sprachenkonvikt zum Evangelischen Konvikt erfolgte am 16. Juni 1997.

Evangelisches Konvikt

Bei der Vereinigung von Sprachenkonvikt und Tholuckkonvikt 1997 wurden Professor Hermann von Lips zum Ephorus und Pfarrer Michael Lehmann zum Inspektor berufen; Lehmann war zuvor Inspektor des Sprachenkonvikts (seit 1991). 1999 übernahm Pfarrerin Irene Schiefke-Taatz den Posten der Inspektora. Nachdem sie das Amt 2005 abgab, wurde es kommissarisch durch Roswitha Förster verwaltet. Seit 2006 ist Daniel Cyranka Inspektor des Evangelischen Konvikts. Damit wurde auch wieder eine engere Verbindung zur Theologischen Fakultät der Martin-Luther-Universität hergestellt, da er dort gleichzeitig als Hochschullehrer tätig ist. Hermann von Lips gab das Amt des Ephorus nach seiner Emeritierung im Herbst 2008 ab, und Professor Hermann Goltz wurde zu seinem Nachfolger berufen. Nach einigen Umbaumaßnahmen bietet das Evangelische Konvikt derzeit 70 Studenten der Theologie und anderer Fächer einen Platz zum Wohnen und Arbeiten. Darüber hinaus finden sie in der Tradition der halleschen Konvikte Unterstützung beim Studium ebenso wie eigene Bildungsangebote. Die Bibliothek im Konvikt hat derzeit einen Bestand von ca. 10.000 Büchern.

Literatur

Friedrich de Boor und Michael Lehmann: Studien- und Lebensgemeinschaft unter dem Evangelium – Beiträge zur Geschichte und den Perspektiven des Evangelischen Konviktes in den Franckeschen Stiftungen zu Halle (Saale), Halle 1999.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Eintrag im Biographisch-Bibliographischen Kirchenlexikon
  2. Eintrag im Biographisch-Bibliographischen Kirchenlexikon
  3. Eintrag im Biographisch-Bibliographischen Kirchenlexikon

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