Fußballeuropameisterschaft 1980

Fußballeuropameisterschaft 1980
UEFA-Fußball-Europameisterschaft 1980
UEFA EURO 80
Anzahl Nationen (von 32 Bewerbern)
Europameister BR Deutschland (2. Titel)
Austragungsort Italien
Eröffnungspiel 11. Juni 1980
Endspiel 22. Juni 1980
Spiele   14
Tore 27  (Ø: 1,93 pro Spiel)
Zuschauer 350.655  (Ø: 25.047 pro Spiel)
Torschützenkönig Klaus Allofs (Deutschland) 3 Tore

Die Endrunde der 6. Fußball-Europameisterschaft wurde vom 11. bis 22. Juni 1980 in Italien ausgetragen. Am Endrundenturnier nahmen erstmals acht statt bislang vier Nationalmannschaften teil, die in vierzehn Spielen den Sieger ermittelten.

Die Bundesrepublik Deutschland gewann das Turnier nach einem 2:1-Sieg über Belgien im Finale von Rom und wurde damit zum zweiten Mal nach 1972 Fußball-Europameister. Den dritten Platz belegte die Mannschaft der Tschechoslowakei.

Die nach 1968 zum zweiten Mal in Italien ausgetragene Fußball-Europameisterschaft fand in vier verschiedenen Städten statt. Insgesamt rund 350.000 Besucher verfolgten die Begegnungen des zwölftägigen Turniers in den Stadien.

Inhaltsverzeichnis

Gastgeber und Austragungsorte

Die Spiele wurden an folgenden Orten ausgetragen:

  • Rom: Im Stadio Olimpico fanden sowohl das Eröffnungsspiel als auch das Endspiel statt. Zudem war es Schauplatz zweier weiterer Vorrundenbegegnungen. Das Stadion der rivalisierenden Fußball-Klubs AS Rom und Lazio Rom bot Platz für 80.000 Zuschauer.
  • Mailand: Das Giuseppe-Meazza-Stadion war mit 83.141 Zuschauerplätzen das größte italienische Stadion während der Europameisterschaft 1980. Die Heimstätte von Inter und AC Mailand war Austragungsort von drei Spielen der Vorrunde.
  • Neapel: Im vor der EM 1980 teilweise sanierten Stadio San Paolo fanden drei Spiele der Vorrunde sowie das Spiel um den dritten Platz statt. Das Stadion des SSC Neapel verfügte über 81.121 Plätze.
  • Turin: Das 71.180 Zuschauer fassende Stadio Comunale, bis 1990 Heimat der Fußballvereine Juventus Turin und Torino Calcio, war das kleinste Stadion der Europameisterschaft von 1980. Hier wurden drei Vorrundenspiele ausgetragen.

Modus

Die Teilnehmerzahl wurde ab dieser Meisterschaft von 4 auf 8 Länder verdoppelt. Italien als Gastgeberland war automatisch qualifiziert. Es wurde in zwei Gruppen zu je vier Mannschaften gespielt. Die Gruppenersten qualifizierten sich direkt für das Finale, die Zweitplatzierten für das Spiel um Platz 3.

Qualifikation der deutschsprachigen Mannschaften

Hauptartikel: Qualifikation zur Fußball-Europameisterschaft 1980

Für die nach dem offiziellen Reglement der UEFA in Qualifikation und Endrunde gegliederte Europameisterschaft 1980 hatten insgesamt 32 Nationen gemeldet. Neben dem automatisch zur Teilnahme berechtigten Gastgeber Italien konnten sich sieben weitere Mannschaften für die EM-Endrunde qualifizieren.

Die 31 um die restlichen sieben Endrundenplätze konkurrierenden Mannschaften wurden sieben Qualifikationsgruppen zugelost. In den einzelnen Gruppen, in denen jede Mannschaft in Hin- und Rückspielen gegen jede andere Mannschaft antrat, qualifizierten sich die Gruppensieger direkt für die Endrunde der Europameisterschaft. Die Qualifikationsspiele fanden zwischen dem 24. Mai 1978 und dem 26. März 1980 statt.

Die Bundesrepublik Deutschland spielte in der Gruppe Sieben gegen die Türkei, Wales und Malta. Nach dem Ende der Ära Helmut Schön nach der Fußball-Weltmeisterschaft 1978 in Argentinien hatte Jupp Derwall die Mannschaft übernommen. Nach dem enttäuschenden Abschneiden bei der WM spielte Derwall zunächst fast mit den gleichen Spielern, konnte jedoch neue Begeisterung wecken. Das erste Spiel war ein Freundschaftsspiel gegen Europameister Tschechoslowakei in Prag und wurde nach begeisterndem Spiel mit 4:3 von den Deutschen gewonnen. Dies weckte Hoffnung für die Qualifikation in einer eher leichten Gruppe. Doch enttäuschten die bundesdeutschen Kicker maßlos mit einem 0:0 auf Malta und einem 0:0 in der Türkei. Der Wendepunkt kam durch einen 2:0-Erfolg in Wales. Torwart Sepp Maier machte hier sein letztes Länderspiel. Nach einem schweren Autounfall musste er in jenem Jahr aufgrund seiner Verletzungen seine große Karriere beenden. Der Kölner Torhüter Harald "Toni" Schumacher begann nun seine Laufbahn als Stammtorwart der Nationalmannschaft. Die letzten drei Spiele wurden alle klar und deutlich gewonnen und die deutsche Mannschaft qualifizierte sich für das Endturnier.

Das Los bescherte der Mannschaft der DDR, die 1976 noch Olympiasieger war, in Gruppe Vier äußerst schwere Gegner: Vize-Weltmeister Holland, Vize-Olympiasieger Polen, die Schweiz und Island. Bis zum Schluss der Qualifikation konnte man allerdings mit Holland und Polen mithalten und ein Sieg im letzten Spiel daheim gegen die Niederländer hätte die Qualifikation gebracht. Doch gewann Holland mit 3:2 und fuhr zur EM. Die Schweiz hatte in dieser Gruppe keine Chance und gewann nur ihre beiden Spiele gegen Island. Alle anderen gingen verloren.

Österreich hegte große Hoffnungen nach den Erfolgen bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1978. Die Mannschaft um Hans Krankl und Herbert Prohaska wollte sich unbedingt gegen Belgien, Portugal, Schottland und Norwegen durchsetzen und für die EM qualifizieren. Nachdem man mit 4:0 Punkten gestartet war, gab es jedoch einen ersten Dämpfer, als man gegen Portugal zu Hause mit 1:2 verlor. Überraschend stark waren die Belgier, gegen die Österreich zweimal unentschieden spielte. Nachdem die Österreicher ihr letztes Gruppenspiel absolviert hatten, führten sie die Gruppe an, jedoch konnte Belgien mit ihrem letzten Spiel in Schottland noch Gruppenerster werden. Belgien gewann in Glasgow mit 3:2 und konnte die Reise nach Italien buchen.

Teilnehmer

Gruppe 1 Gruppe 2
Deutschland Deutschland (Kader) Belgien Belgien
Griechenland Griechenland England England
Niederlande Niederlande Italien Italien (Kader)
Tschechoslowakei Tschechoslowakei (Kader) Spanien Spanien

Spielergebnisse

Endrunde

Gruppe 1

Rang Land Tore Punkte
1 Deutschland 4:2 5:1
2 Tschechoslowakei 4:3 3:3
3 Niederlande 4:4 3:3
4 Griechenland 1:4 1:5
11. Juni 1980 in Rom
Deutschland - Tschechoslowakei 1:0 (0:0)
11. Juni 1980 in Neapel
Niederlande - Griechenland 1:0 (0:0)
14. Juni 1980 in Neapel
Deutschland - Niederlande 3:2 (1:0)
14. Juni 1980 in Rom
Tschechoslowakei - Griechenland 3:1 (2:1)
17. Juni 1980 in Neapel
Tschechoslowakei - Niederlande 1:1 (1:0)
17. Juni 1980 in Turin
Griechenland - Deutschland 0:0

Die deutsche Mannschaft spielte das Eröffnungsspiel gegen Titelverteidiger Tschechoslowakei. Karl-Heinz Rummenigge erzielte das goldene Tor zum 1:0-Erfolg in der 55. Minute. Zum entscheidenden Spiel der Gruppe wurde das traditionelle Duell gegen die Niederlande. Deutschland bestimmte das Spiel unter der Regie des in diesem Turnier überragenden Bernd Schuster. Klaus Allofs, der 23jährige Stürmer von Fortuna Düsseldorf, schrieb sich mit seinen drei Toren zur 3:0-Führung in die Geschichtsbücher. Bei dieser klaren Führung wechselte Jupp Derwall in der 73. Minute den 19jährigen Lothar Matthäus zu seinem ersten Länderspiel ein. Der Mönchengladbacher verursachte dann in der 79. Minute einen Foulelfmeter. Das Foul fand allerdings vor der Strafraumgrenze statt. Der Elfmetertreffer von Johnny Rep brachte die Niederländer wieder ins Spiel, und in der 86. Minute kamen sie durch den Treffer von Willy van de Kerkhof auf 2:3 heran. Die deutsche Mannschaft verteidigte den kleinen Vorsprung, und nachdem die Tschechoslowakei und die Niederlande in ihrem letzten Gruppenspiel unentschieden spielten, stand der Finaleinzug der deutschen Mannschaft bereits vor ihrem abschließenden Gruppenspiel gegen Außenseiter Griechenland fest. Die deutsche Mannschaft verzichtete darum kurzfristig auf einige mit gelben Karten vorbelastete Spieler und kam über ein glanzloses 0:0 nicht hinaus.

Die Mannschaft Griechenlands kassierte in ihren ersten beiden Spielen gegen die Niederlande und die Tschechoslowakei zwei Niederlagen und verabschiedete sich mit einem respektablen 0:0 gegen Deutschland aus dem Turnier. Obwohl die Mannschaft in drei Begegnungen lediglich einen einzigen Punkt errang, haben die Griechen nicht enttäuscht, sondern zeigten sich mit ihrer erfrischenden Spielweise als ein belebendes Element der Europameisterschaft 1980.

Gruppe 2

Rang Land Tore Punkte
1 Belgien 3:2 4:2
2 Italien 1:0 4:2
3 England 3:3 3:3
4 Spanien 2:4 1:5
12. Juni 1980 in Turin
Belgien - England 1:1 (1:1)
12. Juni 1980 in Mailand
Italien - Spanien 0:0
15. Juni 1980 in Mailand
Belgien - Spanien 2:1 (1:1)
15. Juni 1980 in Turin
England - Italien 0:1 (0:0)
18. Juni 1980 in Neapel
England - Spanien 2:1 (1:0)
18. Juni 1980 in Rom
Belgien - Italien 0:0

Gastgeber Italien und die mit Europapokalsiegern gespickte Mannschaft Englands waren die Favoriten dieser Gruppe. England ging im ersten Spiel gegen Belgien auch erwartungsgemäß durch Ray Wilkins mit 1:0 in Führung. Doch drei Minuten später erzielte Jan Ceulemans in der 29. Minute den 1:1-Endstand. Das Spiel zwischen Belgien und England leitete der deutsche Schiedsrichter Heinz Aldinger. Italien enttäuschte gleich im ersten Spiel die Tifosi mit einem torlosen Unentschieden gegen die abwehrstarken Spanier. Stürmerstars wie Roberto Bettega und Francesco Graziani brachten den Ball nicht im Tor von Luis Arconada unter. Nachdem Belgien gegen Spanien und Italien gegen England gewonnen hatten, kam es in Rom zu einem echten Endspiel zwischen Italien und Belgien. Die Belgier benötigten aufgrund des besseren Torverhältnisses nur ein Unentschieden. Besonders konsequent setzte die belgische Mannschaft von Trainer Guy Thys ihre Abseitsfalle ein, wie es so im internationalen Fußball vorher nie zu sehen war. Die Italiener bissen sich die Zähne an der Abwehr und an Torwart Jean-Marie Pfaff aus. Belgien erreichte durch das 0:0 das Finale von Rom.

Spiel um Platz 3

21. Juni 1980 Neapel Tschechoslowakei - Italien 1:1 (0:0), 9:8 i.E.

Die Italiener waren auf Wiedergutmachung für das verpasste Finale aus, doch Titelverteidiger Tschechoslowakei schockte in der 54. Minute die Tifosi mit einem Gewaltschuss von Verteidiger Jurkemik zum 1:0. Graziani konnte zwar in der 73. Minute ausgleichen, doch viele weitere Chancen brachten für die Italiener kein weiteres Tor. Das Elfmeterschießen zeigte bis zum 16. Strafstoß sichere Schützen auf beiden Seiten (Causio, Altobelli, G. Baresi, Cabrini, Benetti, Graziani, Scirea und Tardelli bei Italien - Masný, Nehoda, Ondruš, Jurkemik, Panenka, Gögh, Gajdůšek und Kozak bei der CSSR). Dann verschoss als einziger Spieler Collovati, während Barmoš traf. So behielten die Tschechoslowaken die Oberhand.

Finale

22. Juni 1980 Rom Deutschland - Belgien 2:1 (1:0)

Stadion: Stadio Olimpico

Zuschauer: 47.864

Schiedsrichter: Nicolae Rainea (Rumänien)

Deutschland:
Harald Schumacher, Manfred Kaltz, Uli Stielike, Karlheinz Förster Gelbe Karte, Bernard Dietz Kapitän der Mannschaft, Bernd Schuster, Hans-Peter Briegel (55. Bernhard Cullmann), Karl-Heinz Rummenigge, Horst Hrubesch Tor Tor, Hansi Müller, Klaus Allofs
Trainer: Jupp Derwall

Belgien:
Jean-Marie Pfaff, Eric Gerets, Luc Millecamps Gelbe Karte, Walter Meeuws, Michel Renquin, Julien Cools Kapitän der Mannschaft, René Vandereycken Tor Gelbe Karte, Wilfried van Moer, Francois van der Elst Gelbe Karte, Raymond Mommens, Jan Ceulemans
Trainer: Guy Thys

Tore:

Gelbe Karten: Förstervan der Elst, Vandereycken, Millecamps

Deutschland war von Beginn des Spiels an spielbestimmend, scheiterte zunächst allerdings wie zuvor schon die Italiener an der Abseitsfalle der Belgier. Doch schon in der 10. Minute gelang ihnen das Ausspielen der Abseitsfalle durch Bernd Schuster. Der Hamburger Horst Hrubesch nutzte die sich ihm bietende Schussmöglichkeit zum 1:0-Führungstreffer.

In der 2. Halbzeit drückte die deutsche Mannschaft auf die Vorentscheidung, lief aber in der 71. Minute in einen Konter der Belgier. Uli Stielike wusste sich nur durch ein Foulspiel an Mommens zu helfen. Den anschließenden Foulelfmeter verwandelte René Vandereycken zum Ausgleich. Als sich alles bereits auf eine Verlängerung einstellte, erzielte Deutschland in der 88. Minute nach einer Ecke von Karl-Heinz Rummenigge durch das Kopfballungeheuer Horst Hrubesch den Siegestreffer. Deutschland war nach 1972 zum zweiten Mal Europameister.

Europameister 1980

Deutschland

Die Europameistermannschaft

Harald Schumacher; Bernard Dietz, Bernd Förster, Karlheinz Förster, Walter Junghans; Manfred Kaltz; Hans-Peter Briegel, Bernhard Cullmann, Felix Magath, Lothar Matthäus, Caspar Memering, Hansi Müller, Bernd Schuster, Uli Stielike, Mirko Votava; Klaus Allofs, Karl Del'Haye, Horst Hrubesch, Karl-Heinz Rummenigge. Trainer: Jupp Derwall

Stars und Torjäger

Ein offizielles UEFA-All-Star-Team der wertvollsten Spieler eines Turniers wurde erstmals bei der Europameisterschaft 1996 in England gewählt. Für die Zusammenstellung der besten Spieler der EM 1980 in Italien sind daher keine zweifelsfreien Kriterien anzulegen. Im Allgemeinen werden bei der Betrachtung der Stars der Europameisterschaft 1980 meist folgende Spieler genannt:

Torhüter Abwehr Mittelfeld Stürmer

Dino Zoff
Luis Arconada

Ruud Krol
Uli Stielike
Karlheinz Förster
Erik Gerets

Bernd Schuster
Antonín Panenka
Glenn Hoddle
Giancarlo Antognoni
Wilfried Van Moer

Karl-Heinz Rummenigge
Klaus Allofs
Johnny Rep
Zdeněk Nehoda
Kevin Keegan
Jan Ceulemans

Platz Spieler Tore[1]
1 Klaus Allofs 3
2 Horst Hrubesch 2
Kees Kist 2
Zdenek Nehoda 2

Torschützenkönig der Fußball-Europameisterschaft 1980 in Italien wurde Klaus Allofs, welcher alle drei Treffer im entscheidenden Gruppenspiel gegen die Niederlande erzielt hat.

Auf Platz zwei der Torschützenliste folgten Allofs Mannschaftskamerad Horst Hrubesch, der Niederländer Kees Kist sowie der Tschechoslowake Zdenek Nehoda mit jeweils zwei Turniertreffern.

Darüber hinaus gab es achtzehn Spieler, die während des Turniers einen Treffer erzielten.

Erwähnenswertes

Zum ersten Mal überhaupt gab es bei einer Fußball-Europameisterschaft ein offizielles Maskottchen. Dabei handelte es sich um Pinocchio, den kleinen hölzernen Jungen aus der Erzählung Carlo Collodis. Die lächelnde Holzuppe hatte eine in den italienischen Nationalfarben grün-weiß-rot gehaltenen lange Nase und trug eine Mütze mit der Aufschrift „Europe 80“. Unter dem rechten Arm hielt das Maskottchen einen Fußball.[2]

Das Gastgeberland Italien wurde in der Saison vor der EM von einem Skandal um manipulierte Liga-Spiele erschüttert, in den auch Paolo Rossi verwickelt war.

Einzelnachweise

  1. fussballdaten.de: Torjäger der Europameisterschaft 1980
  2. fussballarchiv.de: Pinoccio, das Maskottchen der EM 1980

Weblinks


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