Fälltechnik

Fälltechnik
Haltebandfällung einer vorhängenden Pappel. Der Fallkerb ist hier rechts am Stamm zu sehen, auf der linken Seite wird soeben das nach dem Fällschnitt verbliebene Halteband durchtrennt.
Schnittbild nach dem Fall des Stammes. Links die verbliebene Bruchtleiste, das damit verbundene Stammende hat sich auf die Fallkerbsohle gelegt.

Die Fälltechnik erlaubt es, einen Baum bei Wald- oder Baumpflegearbeiten auf die gewünschte Art und Weise zu Fall zu bringen (zu fällen) oder abzutragen. Hierzu gibt es je nach Situation verschiedene Schnitttechniken. Daneben werden diese und verwandte Techniken auch im Aufarbeiten des Baumes – dem Zerlegen zu brauchbaren Stücken Holz – verwendet. Durch angepasste Schnitttechniken und den richtigen Einsatz des Werkzeuges kann in der Forstwirtschaft effektiv gearbeitet werden und auch ein Problembaum sicher gefällt werden.

Die Standardtechnik des Fällens besteht aus der Fallkerbanlage mit Fallkerb und Fällschnitt. Dabei werden Bäume im allgemeinen mit der Motorsäge und dem Fällheber gefällt. Früher erfolgte das von Hand mit Zugsäge, Axt und Keil, ein moderneres Verfahren ist etwa der Holzvollernter, oder – in Extremlagen – der Schnitt aus dem Hubschrauber[1].

Grundsätzlich wird ein Baum nicht „umgesägt“, sondern gekeilt oder gefällt, im Österreichischen auch geschnitten oder gelegt.

Inhaltsverzeichnis

Sicherheitshinweise zur Baumfällung

Beim Aufarbeiten unter Spannung stehenden Sturmholzes und vom Borkenkäfer befallener Bestände sind besondere Maßnahmen erforderlich, da hier ein erhöhtes Verletzungsrisiko besteht. Besondere Gefahr besteht auch bei faulem Holz oder extremen Frost, wegen des spröden Holzes, sowie bei manchen Hölzern außerhalb der Saftruhe, wegen des unberechenbaren Verhaltens des Baums.

Vor allem für ungeübte Personen ist das Fällen auch relativ kleiner Bäume gefährlich: Die dreijährige Ausbildung als Forstwirt ist dringend geboten, um bei Baumfällungen nicht das eigene Leben oder das anderer zu gefährden. Vielen Waldbesitzern und auch dem Staatsforst reicht bei Freizeitselbstwerbung von Brennholz aber ein einfacher Motorsägen-Kurs, der bei erfolgreichem Abschluss mit einem Motorsägenschein bescheinigt wird.

Allgemeine Vorbereitungen siehe im Artikel Waldarbeit.

Gefahrenbereich

Als Gefahrenbereich wird um den zu fällenden Baum herum die zweifache Baumlänge angenommen (siehe UVV-Forsten). Dieser Bereich darf von keinen anderen Personen während des Fällvorgangs betreten werden. An öffentlichen Waldwegen, Wanderwegen usw. sind die Wege abzusperren. Öffentliche Straßen müssen bei Gefährdung gesperrt werden (Voraussetzung: Antrag auf eine verkehrsrechtliche Anordnung beim zuständigen Landratsamt).

Beurteilungen

Vor dem ersten Schnitt ist der Baum genau zu beurteilen (Baumansprache).

Folgende Faktoren werden berücksichtigt:

  • Welche Baumart?
  • Steht der Baum gerade oder „hängt“ er?
  • Wo befindet sich die Kronenhauptlast?
  • In welche Richtung will/muss man den Baum fallen lassen?
  • Zeigt der Baum Anzeichen von Stammfäule oder Borkenkäferbefall?
  • Sind die Windverhältnisse geeignet, um Bäume generell sicher zu fällen?
  • Welche Gefahren sind in unmittelbarer Nähe zu beachten (Menschen, Straßenverkehr, Stromleitungen, Gebäude)?
  • Welche technischen Hilfsmittel sind nötig?

Bei der Baumansprache wird der Baum in seiner gesamten Form berücksichtigt. Das fängt an mit der Bestimmung der Baumart. Langfaserige Baumarten wie Eiche oder Fichte haben ein anderes Fallverhalten als kurzfaserige Baumarten wie Weymouths-Kiefer oder Buche.

Je nachdem in welcher Richtung sich die Rückerichtung (Holzabtransport) befindet und in welcher Richtung die Kronenlast sich neigt, spricht man von einem Vorhänger (Hängerichtung = Rückerichtung), einem Seitenhänger (Hängerichtung senkrecht zur Rückerichtung) oder einem Rückhänger (Hängerichtung entgegengesetzt der Rückerichtung). Auf Grund der Hängerichtung wird die Entscheidung über die Fälltechnik getroffen.

Dann kommt es zur Beurteilung der Sicherheitsfaktoren. Im Gefahrenbereich dürfen sich nur die mit dem Fällen beschäftigten Personen aufhalten. Der Gefahrenbereich ist die doppelte Baumlänge um den zu fällenden Baum. Wie sind die Windverhältnisse? Als Faustregel gilt: Wenn sich stärkere Äste im Wind bewegen, ist die Arbeit höchst gefährlich und nach Möglichkeit einzustellen. Durch zu starken Wind kann der zu fällende Baum nicht kontrolliert fallen.

Weist der zu fällende Baum vernarbte Verletzungen oder offene Rindenstellen auf, dann ist mit einer Fäule im Kernbereich zu rechnen. Bei kernfaulen Bäumen besteht erhöhtes Fällrisiko, da der Baum schon instabil durch die Fäule ist. Befinden sich Nägel oder andere Metallgegenstände sichtbar in der Rinde, besteht die Gefahr, dass die Sägekette beim Auftreffen reißt. Sind alle Faktoren beurteilt, kann festgelegt werden, welche technischen Hilfsmittel vonnöten sind. Die Standardausrüstung bei der Fällung eines Baumes sollten zwei Aluminium- oder Kunststoffkeile sein, bzw. ein Fällhebel (je nach Stärke des Stammes). Zur Sicherung bei Gefahrenbaumfällung bietet sich immer ein Mehrzweckzug oder eine Seilwinde an einem Schlepper an. Als Gefahrenbäume können pauschal alle Bäume in Wohngebieten und an Straßenhängen angesehen werden, da bei der Fällung eine erhöhte Gefährdung von Personen und Sachwerten (KFZ, Häuser etc.) besteht.

Bei Fällarbeiten in Wohngebieten ist außerdem ab einem Brusthöhendurchmesser von über 20cm eine Genehmigung/Auskunft des zuständigen Grünflächenamtes einzuholen, da in jeder Kommune andere Richtlinien gelten.

Bei der Fällung existieren neben der Standardfälltechnik noch die Herzschnittfällung (bei zu kurzer Führungsschiene) und die Haltebandfällung (bei starken Vorhängern). Da diese Techniken jedoch ein hohes Maß an Übung voraussetzen, sind sie für den Laien nicht zu empfehlen.

Die Fallkerbanlage

Nachdem das Beischneiden der Wurzelanläufe beendet ist, kann mit der Fallkerbanlage begonnen werden. Sie ist in der Regel der eigentliche Vorgang beim Fällen eines Baums und wird mit einer Säge, meist einer Motorsäge, durchgeführt.

Der Fallkerb

Der Fallkerb (auch Bruchkerb) ist die Kerbe, die beim Fällen eines Baums zuerst in diesen gesägt oder geschlagen wird, um die Fallrichtung festzulegen. Der Fallkerb dient dazu, einen Baum in die gewünschte Richtung fallen zu lassen und sicher zu Boden zu bringen. Er besteht aus der Fallkerbsohle und dem Fallkerbdach.

Grundsätzlich sollte der Fallkerb unter der Stammwalze angelegt werden. Der Sohlenschnitt verläuft waagerecht, am Steilhang parallel zum Grund (Gelände). Er verläuft auf der selben Ebene wie die waagerechten Schnitte der Wurzelanläufe. Die Fällrichtung ist zu beachten.

Er sollte ein Fünftel bis ein Drittel des Stammdurchmessers haben. Das Fallkerbdach sollte mindestens einen Winkel von 45 ° (bei Herzschnitt mindestens 60 °) zur Fallkerbsohle aufweisen, um so eine ausreichend große Öffnung zu bekommen. So soll sichergestellt werden, dass der Baum während des Fallens nicht mit dem Fallkerbdach auf der Fallkerbsohle „aufsitzt“ und den Stamm dadurch in Längsachse aufreißen lässt. Der Dachschnitt hat zum Sohlenschnitt ein Größenverhältnis von 1:1.

Die Fallkerbsehne bildet sich an der Linie, wo das Dach und die Sohle zusammentreffen. Das Lot der Sehne zeigt genau in Fällrichtung. Der Dachschnitt muss genau in die Angelpunkte geführt werden, sonst besteht die Gefahr des unbemerkten Totschneidens: Wenn über die Kippachse hinausgeschnitten ist, verliert der Stamm seine Führung. Dann ist eine Veränderung der Fallrichtung möglich.

Die Fallrichtung des Baumes kann man bestimmen, indem man sich in Fallrichtung direkt an den Baum stellt, mit den Händen an die Enden der Fallkerbsehne fasst und dann die Hände nach vorne zusammenführt. Die Füße sollten dabei baumbreit auseinander stehen. Die nach vorne zeigenden Hände zeigen dann recht genau die Fallrichtung des Baumes. Bei langfaserigen Baumarten (z. B. Fichte, Kiefer etc.) werden dann am äußersten Rand der Sehne Einschnitte in die Sehne gemacht, um die langen äußeren Holzfasern an der Sohle zu durchtrennen. Auch dies dient dazu, ein seitliches Aufreißen des Stammes zu verhindern. Bei kurzfaserigen Baumarten (Buche etc.) ist dies nicht zulässig.

Nach Anlage des Fallkerbs und nochmaligem Überprüfen des Gefahren- und Rückzugsbereiches kann der Baum per Fällschnitt gefällt werden.

Fällschnitt

Der Fällschnitt ist der zweite Bestandteil der Bruchkerbanlage. Er wird mindestens 1/10 des Stammdurchmessers oberhalb des Bruchkerbes angesetzt, was dazu führen soll, dass der Baum auf einer Seite Übergewicht bekommt und in Richtung Fallkerb umkippt. Man sägt zuerst den Fällschnitt nicht ganz durch. Man lässt in der Mitte ein sogenanntes Halteband stehen, welches den Baum solange hält, bis man es durchsägt. Wenn eine zweite Person sich vergewissert hat, dass sich niemand im Gefahrenbereich aufhält, wird das Band durchtrennt und der Baum fällt. Dies kann garantiert werden, wenn der Fallkerb mehr als die Hälfte des Baumstammdurchmessers ausmacht. Dies ist nur bei Bäumen bis zu einem maximalen Durchmesser von 30 cm zulässig. Bei Bäumen mit einem Durchmesser von mehr als 30 cm sollte das Verhältnis ein Drittel Fallkerb und zwei Drittel Fällschnitt betragen. Sollte dies nicht ausreichen oder kein so großer Fallkerb möglich sein, so wird in den Fällschnitt ein Keil gebracht. Mit Hilfe desselben wird der Baum dann unter Krafteinwirkung umgekeilt.

Motorsägenschema

Fällhilfen

Mechanische Fällhilfen (Fällheber) sind Hebelwerzeuge, die den Kraftaufwand beim Ankippen des Baumes mindern. Bei stärkeren Bäumen werden Keile (Kunststoff, Aluminium) und ein schwerer Hammer eingesetzt. Im Starkholz können hydraulische Fällhilfen zum Einsatz kommen, um die ergonomische Belastung zu minimieren.

Siehe auch

Literatur, Quellen

  • Handbuch Arbeiten mit der Motorsäge. Husqvarna. (Auszüge als weblink)
  1. Die fliegende Säge

Weblinks

 Commons: Fälltechnik – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

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