Galoiskörper

Galoiskörper

Ein endlicher Körper oder Galoiskörper ist eine Menge mit einer endlichen Anzahl von Elementen, auf der die Grundoperationen Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division definiert sind. Die Bezeichnung Galoiskörper leitet sich vom Namen des Mathematikers Évariste Galois ab, der als erster mit solchen Strukturen gerechnet hat.

Endliche Körper spielen eine wichtige Rolle in der Kryptographie und der Codierungstheorie (Vorwärtsfehlerkorrektur, zum Beispiel Reed-Solomon-Code).

Inhaltsverzeichnis

Katalog

Zu jedem Körper K gibt es einen eindeutig bestimmten unitären Ringhomomorphismus

\begin{matrix}\mathbb Z\to K,\quad n&\mapsto&\underbrace{1_K+\ldots+1_K}&\mathrm{f\ddot ur}\ n\in\mathbb N.\\&&n\ \mathrm{Summanden}\end{matrix}

Ist K endlich, so kann die Abbildung nicht injektiv sein, somit gibt es eine kleinste positive ganze Zahl im Kern, d. h. eine Zahl p, so dass in K

\underbrace{1+1+\ldots+1}_{p\;\text{mal}}=0

gilt. Man kann zeigen, dass p eine Primzahl sein muss. Man nennt sie die Charakteristik von K.

Für jede Primzahl p ist der Restklassenring \mathbb Z/p\mathbb Z ein Körper der Charakteristik p und wird mit dem Symbol \mathbb F_p bezeichnet. Alternativ existiert die Schreibweise GF(p) (vom englischen Galois field).

Jeder endliche Körper der Charakteristik p enthält \Bbb F_p (bzw. eine isomorphe Kopie desselben) als Unterkörper. Er ist damit insbesondere ein Vektorraum über \mathbb F_p und als solcher isomorph zu \mathbb F_p^n für eine natürliche Zahl n. Damit enthält er genau pn Elemente. Man kann zeigen, dass es bis auf Isomorphie genau einen Körper mit q = pn Elementen gibt; dieser wird dann mit \Bbb F_q=\Bbb F_{p^n} bezeichnet (veraltete Alternativschreibweise GF(pn)).

\mathbb F_q ist stets eine einfache Erweiterung von \mathbb F_p, d. h. es gibt ein irreduzibles Polynom f\in\mathbb F_p[X] vom Grad n, so dass \mathbb F_q\cong\mathbb F_p[X]/(f) ist. Derartig irreduzible Polynome sind stets Faktoren von XqX, vergleiche Adjunktion (Algebra).

Beispiele

Charakteristik 2

Im Restklassenkörper \mathbb F_2=\{0,1\} der ganzen Zahlen modulo 2 gilt 1 + 1 = 0. Die Verknüpfungstabellen sehen so aus:

Addition:
+ 0 1
0 0 1
1 1 0
Multiplikation:
* 0 1
0 0 0
1 0 1

Das Polynom f = T2 + T + 1 ist irreduzibel über \mathbb F_2. Der Körper \mathbb F_4\cong\mathbb F_2[T]/(f) kann als die Menge {0,1,t,t + 1} beschrieben werden (dabei ist t eine Nullstelle von f in \mathbb F_4). Die Rechenregeln ergeben sich aus 1 + 1 = 0 und t2 + t + 1 = 0, beispielsweise

  • t\cdot t = t^2 = -(t+1) = t+1
  • t^3 = t\cdot t^2 = t(t+1) = t^2+t = -1 = 1.
  • Aus t(t + 1) = 1 folgt auch t − 1 = t + 1.

Man beachte, dass der Körper \mathbb F_4 nichts mit dem Restklassenring \mathbb Z/4\mathbb Z zu tun hat, in dem z. B. 1+1\neq0 ist und der den Nullteiler 2 enthält (2\cdot 2\equiv 0\;\mathrm{mod}\,4).

Der nächstgrößere Oberkörper von \mathbb F_2 ist \mathbb F_8, der z. B. vom Polynom T3 + T + 1 erzeugt wird, also \mathbb F_8\cong\mathbb F_2[T]/(T^3+T+1).

Seine Elemente sind

{0,1,t,t + 1,t2,t2 + 1,t2 + t,t2 + t + 1}

mit t3 = t + 1. Dieser Körper ist aber kein Oberkörper von \mathbb F_4, weil seine Elementanzahl keine Potenz von 4 ist.

Charakteristik 3

Der Restklassenkörper modulo 3

\mathbb F_3=\mathbb Z/3\mathbb Z= \{0, 1, 2\}

hat diese Verknüpfungstabellen:

Addition:
+ 0 1 2
0 0 1 2
1 1 2 0
2 2 0 1
Multiplikation:
* 0 1 2
0 0 0 0
1 0 1 2
2 0 2 1

Die ersten Oberkörper von \mathbb F_3 können so dargestellt werden:

\mathbb F_9\cong\mathbb F_3[T]/(T^2+1)
\mathbb F_{27}\cong\mathbb F_3[T]/(T^3-T+1)

Gegenbeispiel

Die Wahl p = 4 ergäbe folgenden Ring:

Addition:
+ 0 1 2 3
0 0 1 2 3
1 1 2 3 0
2 2 3 0 1
3 3 0 1 2
Multiplikation:
* 0 1 2 3
0 0 0 0 0
1 0 1 2 3
2 0 2 0 2
3 0 3 2 1

Dabei handelt es sich aber nicht um einen Körper. In der Spalte & Zeile für das Element „2“ kommt in der Multiplikationstabelle nirgendwo das neutrale Element vor, folglich hat „2“ kein inverses Element. Das liegt daran, dass in diesem Falle „2“ ein Primfaktor von p = 4 ist. Ein solches Element kommt notwendigerweise in jedem Restklassenring \mathbb Z/p\mathbb Z vor, wenn p eine natürliche, nicht-prime Zahl bezeichnet.

Multiplikative Gruppe

Die multiplikative Gruppe \mathbb{F}_q^* des endlichen Körpers \mathbb{F}_q besteht aus allen Elementen des Körpers mit Ausnahme der Null. Die Gruppenoperation ist die Multiplikation des Körpers.

Die multiplikative Gruppe ist eine zyklische Gruppe mit q − 1 Elementen. Da deshalb für alle Elemente x dieser Gruppe xq − 1 = 1 gilt, ist jedes Element eine (q − 1)-te Einheitswurzel des Körpers. Diejenigen Einheitswurzeln, die Erzeuger der multiplikativen Gruppe sind, werden als primitive Einheitswurzeln oder Primitivwurzeln bezeichnet. Es sind dies die \varphi(q-1) verschiedenen Nullstellen des (q − 1)-ten Kreisteilungspolynoms. (\varphi bezeichnet die Eulersche φ-Funktion.)

Eigenschaften

Sei p eine Primzahl und q = pn mit n\in\mathbb{N}.

  • Aus xq − 1 = 1 für alle x\in\mathbb F_q^* folgt:
xq = x für alle x\in\mathbb F_q.
  • X^q-X=\prod_{a \in \mathbb{F}_q} (X-a) für eine Unbekannte X \in \mathbb{F}_q
  • Zu jedem Teiler k von m gibt es genau einen Zwischenkörper von \mathbb{F}_{q^m}|\mathbb F_q, der isomorph zu \mathbb{F}_{q^k} ist. Man könnte auch sagen, dass der Verband der Zwischenkörper von \mathbb F_{q^m}|\mathbb F_q isomorph zum Teilerverband von m ist.
    • Ist nämlich K ein Teilkörper von \mathbb{F}_{q^m}, so ist K ein \mathbb F_q-Vektorraum, also ist die Anzahl der Elemente von K eine Potenz von q. Andererseits ist \mathbb{F}_{q^m} ein Vektorraum über K, und es folgt | K | = qk mit k teilt m. K ist also isomorph zu \mathbb{F}_{q^k}.
    • Ist umgekehrt k ein Teiler von m, so ist das Polynom f(X)=X^{q^k}-X Teiler des Polynoms X^{q^m}-X, dessen Nullstellen alle verschieden sind. Deshalb hat f(X) genau qk verschiedene Nullstellen in \mathbb F_{q^m}, und die Menge der Nullstellen bildet einen Zwischenkörper von \mathbb F_{q^m}|\mathbb F_q, der isomorph zu \mathbb F_{q^k} ist.
  • Die Abbildung F_q\colon \mathbb{F}_{q^m}\to \mathbb{F}_{q^m}, x\mapsto x^q ist ein bijektiver Körperhomomorphismus, sie wird Frobenius-Automorphismus oder einfach Frobenius genannt. Der Fixkörper von Fq ist isomorph zu \mathbb{F}_q. Die m-fache Verkettung F_q^m ist die Identität auf \mathbb F_{q^m}.
  • Da jede endliche Erweiterung von \mathbb F_q höchstens einen Körper enthält, der isomorph zu \mathbb F_{q^m} ist, sind Erweiterungen endlicher Körper stets normal.
  • \mathbb F_{q^m} ist der Zerfällungskörper des separablen Polynoms X^{q^m}-X über \mathbb F_q, also sind Erweiterungen endlicher Körper auch stets separabel; endliche Körper sind also vollkommen.
  • Die Galoisgruppe \mbox{Gal}(\mathbb{F}_{q^m}/\mathbb{F}_q) ist zyklisch und hat die Ordnung m. Sie hat einen kanonischen Erzeuger, den Frobenius-Automorphismus Fq.
  • Kein endlicher Körper ist algebraisch abgeschlossen: Das Polynom 1 + \prod_{a \in \mathbb{F}_q} (X-a)=X^q-X+1 hat keine Nullstelle im Körper \mathbb{F}_q.

Anwendungen

Wenn wir einen Erzeuger x der multiplikativen Gruppe von \Bbb F_q mit q = pn festhalten, dann gibt es für jedes a ungleich 0 aus K eine eindeutig bestimmte Zahl m aus {0, 1, … q-2} mit a = xm. Die Zahl m heißt diskreter Logarithmus von a zur Basis x. Obwohl man xm für jedes m relativ leicht berechnen kann, ist die Aufgabe, zu gegebenem a den diskreten Logarithmus m zu finden, nach dem gegenwärtigen Wissensstand für große Zahlen p und n ein extrem rechenaufwendiger Vorgang. Deshalb findet der diskrete Logarithmus Anwendung in der Kryptographie.

Endliche Körper werden auch in der Codierungstheorie benutzt: Viele Codes sind Teilräume von endlichdimensionalen Vektorräumen über endlichen Körpern. Einfachstes Beispiel ist die Verwendung der beiden Elemente 0 und 1 aus \mathbb{F}_2 als Codesymbole für binäre Codes.

Literatur

  • Dieter Jungnickel: Finite fields: Structure and arithmetics. B.I. Wissenschaftsverlag, 1993, ISBN 3-411-16111-6
  • Hans Kurzweil: Endliche Körper. Verstehen, Rechnen, Anwenden. Springer, ISBN 978-3-540-795971

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