Grenzwald Kaldenkirchen

Grenzwald Kaldenkirchen

Der Kaldenkirchener Grenzwald ist ein Landschafts- und Naturschutzgebiet und interessanter Teil des Naturparks Maas-Schwalm-Nette am linken Niederrhein.

Inhaltsverzeichnis

Lage und Bodenbeschaffenheit

Der Grenzwald liegt im Westen und Südwesten von Kaldenkirchen und gehört zur Gemeinde Nettetal. Im Westen findet er seinen Abschluss am Maas-Abhang (im Volksmund Die Schlucht genannt), an dem entlang die deutsch-niederländische Grenze verläuft. Im Allgemeinen ist der Boden recht nährstoffarm und besteht meist aus Sand; auch kommt Ton vor. Es gibt vereinzelt einige kleine Moor- und Sumpfbezirke. Die Böden ließen, als ab 1800 wegen des allgemeinen Holzmangels eine geregelte Forstwirtschaft eingeführt wurde, nur Aufforstungen mit der anspruchslosen Waldkiefer zu. Der Ton wurde von der regen heimischen Dachziegelindustrie, die inzwischen zum Erliegen kam, abgebaut.

Zur Wiederansiedlung von Fledermäusen befestigte die Waldjugend entsprechende Kästen im Grenzwald.

Der Waldbrand von 1947

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Wald zur Sperrzone erklärt und der Baumbestand den Niederländern als Reparation zur Abholzung freigegeben. Der mit liegengelassenen Baumkronen und dürren Ästen bedeckte Waldboden brannte im heißen Sommer 1947 vollständig ab[1]. Zurück blieb reiner Sandboden, der dem Wind eine große Angriffsfläche bot; es kam zu Erosion in Form von – in Deutschland ungewöhnlichen – Sandstürmen, die über Felder und Nachbarorte wehten.

Die Wiederaufforstung

Erschwernisse

Schwierigkeiten bereiteten nicht nur der völlig ausgetrocknete Sandboden und die Mittelbeschaffung gleich nach dem Krieg, sondern auch die unübersichtliche Aufteilung des Bodens in ca. 5000 Kleinparzellen, die teilweise eine Größe von gerade einmal 0,1 ha aufwiesen. So wurde, angeregt von Ernst J. Martin, am 14. November 1949 die Waldwirtschaftsgemeinschaft Kaldenkirchen (WWG)[2] gegründet, in der sich fast alle Waldbauern zusammenschlossen und die nach einem Flurbereinigungsverfahren auf diese Weise beträchtliche Mittel zur Aufforstung erwirken konnte.

Ein neuer Wald entsteht

Nach dem Ausbau des Wegenetzes wurde zunächst mit der Anlage von Windschutzalleen begonnen; die Laubholz-Hochstämme erhielten herangeschafften neuen Humusboden, jeder Baum – an einem Holzpfahl festgebunden – musste mit einem Drahtzaun gegen Wildverbiss geschützt werden.

Mitglieder der Deutschen Waldjugend bei der Mittagspause während eines Forsteinsatzes im Grenzwald, im Hintergrund eine Jurte.

1951 wurden 650.000 Kiefern gepflanzt, später kamen unter anderem auch Roteichen dazu und es wurden, um eine Monokultur zu verhindern, unzählige Vogelschutzgehölze angelegt[3]. Eine Maikäferschwemme sowie die Kiefernschütte bedrohten die Neuanpflanzungen. Um ein natürliches ökologisches Gleichgewicht herzustellen, wurden Nisthilfen für Vögel und Fledermäuse aufgehängt; in Spezialkästen wurden Rote Waldameisen aus der Eifel in den neuen Wald transportiert. Um die Waldbrandgefahr zu mindern, wurden Schutzschneisen ausgebaut und Löschteiche angelegt. Versuchsflächen der Sequoiafarm wurden mit unterschiedlichen Baumarten bepflanzt. Eine Besonderheit ist die anderthalb Kilometer lange Edelkastanie-Allee mit unterschiedlichen Fruchtsorten. Die Deutsche Waldjugend Viersen betreut seit einem Vierteljahrhundert einen Patenforst im Grenzwald und führte dort zum Beispiel ein Fledermaus-Wiederansiedlungsprogramm durch.

Heidemoor Kempkes Venn
Weißfleck-Widderchen – ein seltener Gast im Grenzwald

Der Grenzwald heute – ein Naherholungsgebiet mit Naturschutz-Enklaven

Der gegenwärtige Grenzwald zeigt eine große Baumvielfalt; unter den abwechslungsreichen Beständen hat sich längst wieder ein neuer Humusboden gebildet. Die unter Naturschutz stehenden kleinen Moor- und Sumpfgebiete (die Grenzwald-Hochmoore Langes Venn, Galgenvenn, Kempkes Venn und Sonsbeck sind die letzten dieser Art am Niederrhein) sind als besondere Biotope Rückzugsorte für seltene Pflanzen (neben Wollgras z.B. die nur hier vorkommende Graue Glockenheide) und Tiere (neben Libellenarten z.B. den gelegentlich zu sichtenden Schmetterling Weißfleck-Widderchen). Der Wald ist ein gefragtes Naherholungsziel. In der Nähe des heutigen Arboretums Sequoiafarm ist ein Geo-hydrologischer Wassergarten angelegt worden, der Besuchern offen steht. Es gibt zahlreiche ausgewiesene Reit- und Wanderwege sowie Schutzhütten und es finden regelmäßig naturkundliche Führungen statt.

Einzelnachweise

  1. Ernst J. Martin: Der große Waldbrand. In: „Heimatbuch des Kreises Kempen-Krefeld“. Kempen 1958
  2. Ernst J. Martin: Waldwirtschaftsgemeinschaft Kaldenkirchen. In: „Der Waldbauer“ Nr. 18. 1957
  3. Ernst J. Martin: Landschaftsgestaltung durch Aufforstung in den Grenzgebieten. In: „Der Niederrhein“. Nr. 1/1953. Kempen 1953. ISSN 0342-5673

Literatur

  • Ernst J. Martin: Untergang und Wiederaufbau des Kaldenkirchener Grenzwaldes. In: Fredeburger Schriftenreihe, Band: Naturschutz und Landschaftspflege in NRW, Henn. Ratingen 1951
  • Ernst J. Martin: Der Grenzwald. In: Heimatbuch des Grenzkreises Kempen-Krefeld. Kempen 1951
  • Ernst J. Martin: Grenzwald am Niederrhein. In: Unser Wald. Nr. 6/1957. Bonn. ISSN 0935-7017
  • Herbert Hubatsch: Von der Sequoiafarm zur Biologischen Station. In: Heimatbuch des Kreises Kempen-Krefeld. Kempen 1973
  • 30 Jahre Grenzwald. Dokumentation. Höhere Forstbehörde Rheinland. Bonn 1981
  • Heinz-Willi Schmitz: Drei Jahrzehnte Wiederaufforstung des Grenzwaldes Kaldenkirchen. In: Heimatbuch des Kreises Viersen. Viersen 1981
  • Erik Martin: Das kleine Grenzwaldbuch. Sonderausgabe der Zeitschrift Muschelhaufen. Nr. 24/25. Viersen 1988. ISSN 0085-3593
  • Nils Martin: Der Grenzwald zwischen Kaldenkirchen und Brüggen. Facharbeit im Fach Erdkunde. Städtisches Gymnasium Dülken. Viersen 2006
  • Hans-Dieter Boos: Wandern – Wandel – Wissen. Grenzort Kaldenkirchen in Nettetal. Bürgerverein Kaldenkirchen. Nettetal 2006

Weblinks

51.36.16111111111117Koordinaten: 51° 18′ 0″ N, 6° 9′ 40″ O


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