Grotto (Tessin)

Grotto (Tessin)

Als Grotto bezeichnet man in der italienischen Schweiz (Kanton Tessin) ein rustikales Lokal mit großzügig angelegtem Restaurationsbereich im Freien und regionaler Küche. Unter der Bezeichnung crotto gibt es diesen Typus auch in Graubünden und in Norditalien, ohne dass er diese Form haben muss.

Inhaltsverzeichnis

Ursprung des Begriffs

Der Name rührt von natürlichen Felshöhlen (Grotten) her, in denen die Landbevölkerung im Tessin ursprünglich Wein, Schinken und Käse aufbewahrte. Als moderne Kühlungs- und Konservierungsmethoden diese Art der Vorratshaltung verderblicher Lebensmittel überflüssig machten, verwandelten viele Bauern diese Vorratshöhlen in soziale Begegnungsstätten zur Weinprobe und sonstigen Verkostung der eigenen Produkte. Im 19. Jahrhundert gab es die ersten Ausschankgenehmigungen, und im Laufe des 20. Jahrhunderts wurden die Grotten zu öffentlichen Gastwirtschaften, die von ihrer Funktion her kaum mehr von einer Trattoria zu unterscheiden waren.

Ein Grotto im heutigen Sinne ist häufig kein Felsenkeller mehr, sondern ein einfaches traditionelles Steinhaus; fast immer hat es jedoch Tische und Bänke aus Granit. Da der Schwerpunkt des Restaurationsbetriebs im Gegensatz zu früher auf dem Außenbereich liegt, haben die meisten Grotti nur in der Sommersaison geöffnet.

Weinausschank und Regionalküche

Charakteristische Gerichte sind die lokalen Hart- und Weichkäse, in Olivenöl mit Kräutern eingelegter Ziegenkäse, Salami und Mortadella aus eigener Herstellung, marinierte Antipasti und Fische, Minestrone und Polenta, serviert mit strachin (einem dem Gorgonzola ähnlichen Käse), Risotto mit Pilzen, kalter oder warmer Braten mit Salat und Bratkartoffeln. Zum Dessert gibt es Zabaglione, Brotkuchen und Pfirsiche in Wein.

Aus dem Boccalino, einem kleinen bauchigen Tonkrug mit Henkel, trinkt man Merlot oder Barbera vermischt mit Gazzosa (eine Art Limonade). Dieses Gefäß ist jedoch nicht das traditionelle Tessiner Trinkgefäß für Wein. Vielmehr wird Wein auf dem Land häufig aus einer einfachen Tasse ohne Henkel (tazzino, im Dialekt ul tazzin genannt) getrunken.

Obwohl sich zahlreiche Grotti heute zu schieren Touristenlokalen gewandelt haben, ist in denjenigen Einrichtungen auf dem Lande, in denen der Padrone gezielt Regionales auf den Tisch bringt und die soziale Kommunikation als gleichwertig mit der Verköstigung der Gäste versteht , der authentische Charakter noch erkennbar.

Literatur

Michels, Marion/Brüllmann, Dave: Ticino con Passione, Verlag La Tavola, 2001

Siehe auch

Felsenkeller, in der Entstehungsgeschichte eine deutsche Entsprechung mit Betonung auf Brauerei und Bierausschank; anders als im Tessin gibt es den Felsenkeller als einheitlich verstandenen Gaststättentypus indes heute in Deutschland nicht. Bekannte Namensträger (Dresden, Leipzig) sind heute nicht mehr als Brauerei oder Gaststätte genutzt, und neben Bierhäusern gibt es zahlreiche Hotels, Pensionen, Weinlokale oder Weinhandlungen dieses Namens.


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