Günstigkeitsprinzip

Günstigkeitsprinzip

Das Günstigkeitsprinzip im Arbeitsrecht ist eine von der Rechtsprechung entwickelte Kollisionsregel im gesamten Bereich des deutschen Arbeitsrechts, die in der Regel dann zur Anwendung kommt, wenn Normen verschiedener, inhaltlich unterschiedlicher Rechtsquellen auf ein Arbeitsverhältnis Anwendung finden.

Im Verwaltungsrecht gibt es ein ähnliches Prinzip, den Bestandsschutz.

Solche Rechtsquellen können sein: Europarechtliche Vorgaben (meist Richtlinien), deutsches Verfassungsrecht, Gesetze, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen und (individuelle) arbeitsvertragliche Vereinbarungen. Das Günstigkeitsprinzip ist Ausdruck des arbeitsrechtlichen Schutzprinzips. Es ordnet an, dass die für den Arbeitnehmer jeweils günstigere Regelung anzuwenden ist und die ungünstigere verdrängt, es sei denn, die höherrangige Norm lässt eine ungünstigere Regelung ausdrücklich zu. Ein Unterfall dieses arbeitsrechtlichen Günstigkeitsprinzips ist in § 4 Abs. 3 TVG (Tarifvertragsgesetz) geregelt, der den Arbeitsvertragsparteien nur dann erlaubt, von den zwingenden Normen eines Tarifvertrags abzuweichen, wenn entweder der Tarifvertrag selbst eine solche Öffnungsklausel enthält oder die vertragliche Regelung zu Gunsten des Arbeitnehmers abweicht.

Beim Günstigkeitsvergleich ist immer auf das individuelle Interesse des einzelnen Arbeitnehmers abzustellen (Gesamtinteressen der Belegschaft sind nicht maßgeblich) und nach objektiven Kriterien die Günstigkeit zu bewerten und nicht nach dem subjektiven Urteil des Betroffenen. Beispiel: Ist etwa eine Kündigungsfristenregelung für den Arbeitnehmer günstiger, weil sie im Fall der arbeitgeberseitigen Kündigung längere Fristen als ein Tarifvertrag oder § 622 BGB vorsieht, kann sich ein Arbeitnehmer, wenn er selbst kündigen will, nicht darauf berufen, jetzt sei der Arbeitsvertrag für ihn ungünstiger. Der Günstigkeitsvergleich hat darüber hinaus in Form eines so genannten Sachgruppenvergleiches stattzufinden, wobei alle Bestimmungen, die in einem inneren Zusammenhang stehen, miteinander zu vergleichen sind (also etwa die gesamte Regelung zu Kündigungsfristen und nicht nur eine einzelne Frist).

In Fällen eines Betriebsübergangs wird das Günstigkeitsprinzip zum Teil durch die Regeln des § 613a BGB verdrängt.

Siehe auch

Rechtshinweis Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten!

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Günstigkeitsprinzip — Günstigkeitsprinzip,   Begünstigungsprinzip, Grundsatz des Arbeitsrechts, dass bei voneinander abweichenden Vereinbarungen (z. B. in Tarif und Einzelvertrag oder Betriebsvereinbarung) die für den Arbeitnehmer günstigere Regelung gilt (§ 4 Absatz… …   Universal-Lexikon

  • Günstigkeitsprinzip — Begriff des ⇡ Arbeitsrechts. 1. Nach dem G. kann von den Normen eines ⇡ Tarifvertrages (Mindestbedingungen) lediglich zu Gunsten des Arbeitnehmers durch Einzelvertrag oder ⇡ Betriebsvereinbarung abgewichen werden, es sei denn, eine… …   Lexikon der Economics

  • Regelungsabrede — Die Betriebsvereinbarung ist ein Vertrag zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, der aber nicht nur Rechte und Pflichten dieser Betriebsparteien begründet, sondern auch (wie ein Gesetz oder Tarifvertrag) verbindliche Normen für alle Arbeitnehmer… …   Deutsch Wikipedia

  • Betriebsvereinbarung — Die Betriebsvereinbarung ist ein Vertrag zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, der aber nicht nur Rechte und Pflichten dieser Betriebsparteien begründet, sondern auch (wie ein Gesetz oder Tarifvertrag) verbindliche Normen für alle Arbeitnehmer… …   Deutsch Wikipedia

  • Abgeltung von Urlaub — Urlaub ist die Zeit, die ein arbeitsfähiger Arbeitnehmer, Beamter oder auch Selbstständiger von seinem Arbeitsplatz berechtigt fernbleibt, obwohl nach Tages und Wochenzeit eigentlich Arbeitsleistungen zu erbringen wären. Die beiden erstgenannten… …   Deutsch Wikipedia

  • Cross Border Leasing — (CBL) ist das Leasing über Nationengrenzen hinweg. Leasinggeber und Leasingnehmer haben ihren Sitz also in steuerrechtlich unterschiedlichen Staaten. Aus der Internationalität der Verträge ergaben sich für Unternehmen umstrittene steuerrechtliche …   Deutsch Wikipedia

  • Crossborderleasing — Cross Border Leasing (CBL) ist das Leasing über Nationengrenzen hinweg. Leasinggeber und Leasingnehmer haben ihren Sitz also in steuerrechtlich unterschiedlichen Staaten. Aus der Internationalität der Verträge ergaben sich für Unternehmen… …   Deutsch Wikipedia

  • Detlev W. Belling — (* 1952 in Berlin) ist ein deutscher Rechtswissenschaftler und Hochschullehrer an der Universität Potsdam. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Buchveröffentlichungen 3 Quelle 4 Webli …   Deutsch Wikipedia

  • EFZG — Die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist in Deutschland im Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG auch EFZG) geregelt. Dieses Gesetz hat die früher geltenden unterschiedlichen Regelungen für Lohnempfänger (Arbeiter) und Gehaltsempfänger… …   Deutsch Wikipedia

  • EntgFG — Die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist in Deutschland im Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG auch EFZG) geregelt. Dieses Gesetz hat die früher geltenden unterschiedlichen Regelungen für Lohnempfänger (Arbeiter) und Gehaltsempfänger… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”