Heinz Nawratil

Heinz Nawratil

Heinz Nawratil (* 1937 in Suchdol nad Odrou, Tschechoslowakei) ist ein deutscher Jurist, Publizist und Menschenrechtsaktivist.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Nach der Vertreibung der Deutschen aus der Tschechoslowakei 1946 wuchs er im oberbayerischen Miesbach auf. Er studierte Rechtswissenschaften, promovierte zum Doktor und arbeitete als Notar. Er ist Verfasser juristischer Taschenbücher, dessen Gesamtauflage über einer Million liegt.[1]. Er veröffentlichte mehrere Bücher über Menschenrechtsthemen, darunter auch über die Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg. Weiterhin veröffentliche er zahlreiche Artikel, darunter im „Parlament“[2] oder in der „academia“.[3] Er nahm an Podiumsgesprächen im Deutschlandfunk[4] oder bei Rai in Bozen[5] teil und referierte u.a. an der Evangelischen Akademie Bad Boll.[6]. Nawratil engagiert sich in der Gesellschaft für bedrohte Völker. Im Zusammenhang mit der Menschenrechtsarbeit unternahm er Reisen nach Bosnien, Afghanistan und in den Irak.[7]

2005 trat Nawratil mit einem Vortrag unter dem Titel „Zivilbevölkerung und Kriegsende“ auf einer Konferenz des Instituts für Staatspolitik in Eisenach auf, in dem er die Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg als „größte ethnische Säuberung der Weltgeschichte“ bezeichnete.[8] Im März 2010 hielt er auf einem kleinen Treffen des Schulvereins zur Förderung der Russlanddeutschen in Ostpreußen ein Referat mit dem Titel „Die unendliche Geschichte: Polens Sicht auf die Vertreibungsverbrechen“.[9]

Der Historiker Ingo Haar warf Nawratil 2009 in einem Artikel vor, in einer 1982 veröffentlichten Studie vorsätzlich von überhöhten Opferzahlen ausgegangen zu sein. Die verfälschende Darstellung Nawratils bei seiner Auswertung der Grauschrift des Kirchlichen Suchdienstes lag darin, dass er nach eigenen Angaben gar keine Kenntnis vom Original dieser Studie hatte.[10] Martin Broszat, Direktor des Instituts für Zeitgeschichte in München, bezeichnete Nawratils Arbeit u.a. als „Traktat […] aus der rechtsnationalen Ecke, das die Definition und das Ausmaß der ‚Vertreibungsverbrechen‘ in absurder Weise ausweite[t].“[11] Broszat wurde wegen dieser polemischen Kritik von der Bayerischen Staatsregierung, der Rechtsaufsicht des Institutes für Zeitgeschichte, getadelt und abgemahnt.[12]

Werke

  • Heinz Nawratil: BGB leicht gemacht. 30. Auflage. Ewald von Kleist-Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-87440-227-9.
  • Heinz Nawratil: Der Kult mit der Schuld. Geschichte im Unterbewusstsein. 2. Auflage. Universitas Verlag, München 2008, ISBN 978-3-8004-1910-4.
  • Heinz Nawratil: Die deutschen Nachkriegsverluste unter Vertriebenen, Gefangenen und Verschleppten. Völlig überarbeitete und erweiterte Neuauflage Auflage. Ares-Verlag, Graz 2008, ISBN 978-3-902475-49-7.
  • Heinz Nawratil: Schwarzbuch der Vertreibung 1945 bis 1948. Das letzte Kapitel unbewältigter Vergangenheit. Mit einem Vorwort von Erika Steinbach. 14. Auflage. Universitas Verlag, München 2007, ISBN 978-3-8004-1474-1.
  • Heinz Nawratil: Die Verbrechen an den deutschen Heimatvertriebenen. In: Rolf-Josef Eibicht (Hrsg.): 50 Jahre Vertreibung. Der Völkermord an den Deutschen. Ostdeutschland - Sudetenland. Rückgabe statt Verzicht. Hohenrain-Verlag, Tübingen 1995, ISBN 978-3-89180-041-6, S. 31-41.
  • Heinz Nawratil: Die Vertreibung der Deutschen. Unbewältigte Vergangenheit Europas. In: Kulturelle Arbeitshefte. 3. Auflage. 29, Bund der Vertriebenen, Bonn 1994, ISBN 3-925103-69-4.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Siehe Klappentext von BGB leicht gemacht, ISBN 978-3-87440-227-9
  2. Ausgabe vom 28. Juli 1995
  3. Ausgaben Nr.1/1984, Nr.2/1989, Nr.6/1989, Nr.2/1990, Nr.2/1993, Nr.2/2008
  4. am 16. August 1995 zum Thema „Vertriebene wohin?“
  5. Referat bei den internationalen Informationstagen des Senders der Stadt Bozen und des Südtiroler Bildungszentrums zum Thema „Verfemt, verfolgt, vertrieben“ am 18. November 1989
  6. am 25. November 2003; hierzu der Tagungsband „Damit Europa blühe - Licht auf die Schatten der Vergangenheit“ aus dem Jahr 2004
  7. Zusammenleben der Nationalitäten funktioniert. Gesellschaft für bedrohte Völker, 25. Januar 2007, abgerufen am 16. März 2011.
  8. Marsch in die Mitte (Seite 3). Stern (Zeitschrift), 16. Mai 2005, abgerufen am 16. März 2011.
  9. Lesertreffen 19. – 21. März 2010. [www.kehrusker.net], 25. März 2010, abgerufen am 16. März 2011.
  10. Ingo Haar: Die deutschen Vertreibungsverluste. Forschungsstand, Kontext und Probleme, in: Rainer Mackensen, Jürgen Reulecke, Josef Ehmer: Ursprünge, Arten und Folgen des Konstrukts „Bevölkerung“ vor, im und nach dem „Dritten Reich“: Zur Geschichte der deutschen Bevölkerungswissenschaft., VS Verlag, 2009, ISBN 9783531161525, p.373
  11. Martin Broszat: „Vertreibungsverbrechen“ - Ein mißverständlicher Begriff, in: Broszat, Graml, Henke: Nach Hitler. Der schwierige Umgang mit unserer Geschichte. Oldenbourg, München 1986, ISBN 3486538810, S.302
  12. Vgl. auch Original des Schreibens der Bayerischen Staatsregierung (Seite 1 und Seite 2)

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