Idiotikon

Idiotikon

Ein Idiotikon ist ein Wörterbuch, das mundartliche, dialektale, ferner auch soziolektale oder fachsprachliche Ausdrücke erläutert, mithin in der Regel ein Mundart- oder Regionalismenwörterbuch. Der Begriff stammt aus dem 18. Jahrhundert, war aber schon im 19. wieder veraltet. Etymologisch geht das Wort auf griech. idios ‚abgesondert, eigen, privat‘ zurück; ein Idiotikon ist also ein ‚Verzeichnis der einer gewissen Landschaft eigenen [und deshalb erklärungsbedürftigen] Ausdrücke‘. Die Meinung, das Wort gehe auf griech. idiotes ‚privat, ungelehrt, laienhaft‘, Idiom ‚Sprache, Dialekt‘ sowie Idiot in seiner früheren Bedeutung ‚Ungebildeter, Mann aus dem Volke‘ zurück und bedeute somit „Wörterbuch der Volkssprache“, ist unzutreffend.

Das erste Wörterbuch, das sich Idiotikon nannte, war das 1754 herausgekommene Idioticon Hamburgense oder Wörter-Buch zur Erklärung der eigenen, in und um Hamburg gebräuchlichen Nieder-Sächsischen Mund-Art von Michael Richey (1678–1761). Ebenfalls aus dem niederdeutschen Raum stammt das 1800–1806 von dem Juristen Johann Friedrich Schütze veröffentlichte vierbändige Holsteinische Idiotikon (Nachdruck 1976). Ein weiteres frühes Beispiel ist das Nürnberger Idiotikon[1] von Georg Andreas Will, das Ende des 18. Jahrhunderts entstanden ist.

1811 erschien ein Idioticon Austriacum, das ist: Mundart der Oesterreicher, oder Kern ächt österreichischer Phrasen und Redensarten, von A bis Z. Zusammengestellt von Ignaz von Sonnleithner, das 1824 „mit besonderer Rücksicht auf Wien“ in 2. Auflage erschien.[2]

Ein erstes Schweizerisches Idiotikon wurde 1806 und 1812 vom Pfarrer Franz Joseph Stalder als „Versuch“ veröffentlicht. Die Drucklegung seines fertigen Manuskripts von 1832 gelang ihm nicht mehr, und er vermachte es der Luzerner Bibliothek. Es wurde 1994 von Niklaus Bigler ediert.

Auf der Grundlage von Stalders Manuskript begann der „Verein für das Schweizerdeutsche Wörterbuch“ auf Initiative von Friedrich (Fritz) Staub ab 1862 mit dem Wörterbuch der schweizerdeutschen Sprache, das ebenfalls als Schweizerisches Idiotikon oder aber Schweizerdeutsches Wörterbuch bezeichnet wird. Inzwischen umfasst dieses jüngere Schweizerische Idiotikon 15½ Bände mit über 150.000 Stichwörtern, womit es das umfangreichste und detaillierteste Regionalwörterbuch im deutschen Sprachraum ist. Das gesamte Werk, welches schließlich 17 Bände umfassen wird, soll gemäß Planung im Jahre 2020 fertiggestellt sein.

Weitere Wörterbücher, die sich Idiotikon nennen, sind:

  • Johann Baptist Schöpf, Anton J. Hofer: Tirolisches Idiotikon. Wagner, Innsbruck 1866, (Vollständige Ansicht in der Google Buchsuche).
  • Simon Martin Mayer (Hrsg.): Anton Ueberfelder's Kärntnerisches Idiotikon. Johann Leon, Klagenfurt 1862 (Google Buchsuche, vollständige Ansicht).
  • Georg Kloß: Das Idiotikon der Burschensprache. Herausgegeben mit einer Einführung von Carl Manfred Frommel. Frankfurt a. M. 1931.
  • Harry Karl: Das Heinersdorfer Idiotikon. Kronach 1988 (itzgründischer Dialektbereich).
  • Carl Jakob Durheim: Schweizerisches Pflanzen-Idiotikon.,Hubert & Comp. (Körber), Bern 1856 (Ein Wörterbuch von Pflanzenbenennungen in den verschiedenen Mundarten der deutschen, französischen und italienischen Schweiz).

Siehe sodann: Provinzialwörter. Deutsche Idiotismensammlungen des 18. Jahrhunderts. Hg. von Walter Haas [...], Berlin−New York 1994 [hier auch zur Terminologie].

Siehe auch

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Idiotikon – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. http://periodika.digitale-sammlungen.de/mvgn/Blatt_bsb00000966,00000.html
  2. Ignaz von Sonnleithner: Idioticon Austriacum, das ist: Mundart der Oesterreicher, oder Kern ächt österreichischer Phrasen und Redensarten, von A bis Z. 2. Auflage. Verlag F. Wimmer, Wien 1824 (Google Buchsuche, vollständige Ansicht).

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