Israel-Stele

Israel-Stele
Statue von Merenptah (Luxor)

Der Text der Merenptah-Stele, die auch unter der Bezeichnung Israel-Stele bekannt ist, lag in zwei Ausführungen vor. Einerseits als ausführliche Inschrift in Karnak und andererseits in kürzerer Prosafassung auf der freistehenden Merenptah-Stele in Theben-West.

Flinders Petrie fand die schwarze Granitstele 1896 in den Ruinen des Totentempels von Merenptah. Sie steht heute unter der Inventar-Nr. CG 34025 im ägyptischen Museum in Kairo. Er selbst sagte zu seinem Fund: „Diese Stele wird bekannter sein als alles andere, was ich zuvor gefunden habe”.

Von der Inschrift in Karnak liegen zwei Fragmente vor, die sich im „Cachette-Hof” im großen Tempel des Amun nördlich des siebten Pylons befanden. Den Inhalt der vielgenannten Stele hatte Merenptah am 3. Epihpi 1208 v. Chr. in seinem 5. Regierungsjahr verfasst.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte der Merenptah-Stele

Die Stele ist 310 cm hoch, 160 cm breit und 32 cm dick. Ursprünglich war sie für den Totentempel des Amenophis III. aus der 18. Dynastie bestimmt. Die Vorderseite enthält einen ausführlichen Bericht über die geleisteten Bautätigkeiten von Amenophis III. in Theben-West, Soleb, Luxor und Karnak. In der Amarna-Zeit wurde der Text fast gänzlich ausgehämmert und von Sethos I., zweiter König der 19. Dynastie, als „Denkmal für seinen Vater Amun” restauriert. Auf der Vorder- wie Rückseite ist eine Doppelszene mit dem stehenden Gott Amun-Re zu sehen.

Auf dem Recto überreicht Amenophis III. ihm Wein. Das Verso zeigt den König zweimal beim Empfang des Siegesschwertes („Chepesch-Schwert”); er wird dabei von Chons und Mut begleitet. Amun-Re kommentiert die Szene mit den Worten: „Nimm dir das Chepesch-Schwert zum Sieg über alle Fremdländer”.[1] Merenptah ließ die Stele, die hinter den Memnonkolossen in Theben-West stand, zu sich bringen, um die Rückseite zusätzlich zu beschriften.

Die Merenptah-Stele

Inhalt

Merenptah musste sich gegen den Angriff der Lebu (Libyen) behaupten, der zusammen mit weiteren libyschen Stämmen und den Seevölkern erfolgte. In der Siegesinschrift von Karnak werden die Verbündeten genannt: Turiša, Šekeleša, Luka, Šardana und Aqi-waša. Im Karnaktext sind die genauen Anmarschwege, Schlachtdauer, Opferzahlen und eine Beuteliste Inhalt Merenptahs Siegesberichts.

In der Kriegsbeschreibung auf der Stele vermied es Merenptah, die detaillierten Ausführungen nochmals zu erwähnen; ihm kam es hauptsächlich auf die Hervorhebung seiner Person als Begünstigter der Götter an. Die Stele hat damit den Charakter einer Dankesrede an die Götter für den Merenptah beschiedenen Sieg.

Text der Stele (Flinders Petrie, Six Temples at Thebes, London (1897), Tafel 14)

1 Im fünften Regierungsjahr, am dritten Tag des dritten Sommermonats[A 1] unter der Majestät, des Königs von Ober- und Unterägypten, des Sohnes des Re, Merenptah Hetep-her-Maat,[A 2] der die Neun-Bögen (Völker der Erde) schlägt, dessen Name der Ewigkeit übergeben ist. 2 Bericht über seine Taten in allen Ländern, um die Herrlichkeit seiner Siege sehen zu lassen. Er, Merenptah, der auf dem Schlachtfeld triumphiert, denn sein Angriff ist gelungen: 3 Er ist Schu, der das Unwetter über Kemet (das schwarze Land) verjagt hat, der Ta-meri (das geliebte Land) die Stahlen des Aton sehen lässt; der die Kriegslasten vom Nacken des Pa.t-Volkes vertrieben hatte und dem Rechi.t-Volk Atemluft gab;[A 3] der die Stadt Hut-ka-Ptah[A 4] über ihre Gegner triumphieren lässt; der die verschlossenen Tore der Stadt Inebu-hedj[A 5] geöffnet hat; 4 der das Tjemehu-Land[A 6] in seiner Lebenszeit zerbricht; der ewiges Entsetzen ins Herz 5 der Leute von Mešweš[A 7] gibt: Er wird Lebu, das Ägypten betreten hat, zum Rückzug bringen, ihre Herzen voller Entsetzen vor Ta-meri. 6 Der elende Fürst, der Feind aus Lebu, floh mitten in der Nacht, ganz allein, ohne Feder auf dem Kopf, mit bloßen Füßen. 7 Seine Frauen wurden vor seinen Augen fortgerissen, das Brot für seinen Unterhalt weggenommen. Von seinen Truppenführern kämpfte einer gegen den anderen. Ihre Zeltlager brannten zu Asche nieder. 8 Voll Jammer und Klage erreichte er sein Land. Die Leute in seinem Land murrten über ihn: Ein Häuptling mit widrigem Geschick und schlechter Feder. 9 Der Herr von Ägypten hat seinen Namen verflucht; Meria (mrjj) ist der Abscheu für Inebu-hedj. Als Schicksal ist ihm der König Merenptah auferlegt. 10 Eine Generation spricht zur nächsten Generation über seine Siege: Wehe Lebu, es hat aufgehört, angenehm zu leben und auf den Wiesen (Ägyptens) herumzuspazieren. 11 In einem einzigen Jahr sind die Tjehenu[A 8] verbrannt worden. Sutech wendet sich von ihrem Häuptling ab. Es ist nützlicher, sich zu verbergen, denn nur in der Höhle bleibt man unverletzt. 12 Töricht und ohne Vernunft ist der, wer seine (Merenptahs) Grenze übertritt, denn er bedenkt nicht den morgigen Tag. 13 Das Auge eines jeden Gottes verfolgt den, der Ägypten plündern will. 14 Ein großes Wunder ist in Ta-meri geschehen: Sein Angreifer ist als Gefangener in die Hände Ägyptens gegeben. Der Übeltäter Meria ist niedergeworfen. 15 Die Götterneunheit erklärt ihn wegen seiner Greueltaten für schuldig.[A 9]

Auszüge aus dem Text der Merenptah-Stele[2]

Die nachfolgenden Zeilen 17 bis 28 bilden den Schluss des Stelentextes und beschreiben Merenptahs Ansichten über sich selbst als Garanten eines dauerhaften Friedens. Der ägyptische König macht außerdem die damit verbundene Vormachtstellung Ägyptens über die angrenzenden Regionen deutlich. Einige Redewendungen dieser Stele erscheinen als Epitheta innerhalb der Titulatur auf der Amada-Stele[3] des Merenptah: „der Libyen eroberte (fch rbw)” und „Löwe gegen Charu (m3j r ḫ3rw)” sowie „starker Stier gegen Kusch (k3 ncht r Kš)” und „der das Land der Medja schlägt (sm3 t3-Mdj3jj.w)”.

17 Seht, man setzt sich beim Starken nieder, und sofort gibt es Luft zum Leben. 18 Stark ist, wer ohne Lüge Reichtum zukommen lässt. 19 Ptah sagt über den Feind aus Lebu: 20 „Sammelt alle seine Greueltaten und sie werden auf ihn selbst zurückschlagen. Gebt ihn in die Hand des Merenptah”. 21 Große Freude ist in Ägypten entstanden; Jubelschrei ist in den Orten von Ta-meri ausgebrochen. 22 Seht, wie angenehm ist es, sich hinzusetzen und zu plaudern. Man schreitet den Weg weit aus, ohne das Furcht im Herzen der Menschen ist. 23 Die Brunnen sind offen und für die Boten zugänglich. Die Medjau-Soldaten liegen und schlafen. 24 Es gibt nachts kein Schreien und Rufen. 25 Man geht am Tage singend umher. Es gibt kein Klagegeschrei von Leuten, die trauern. Die Städte werden wieder aufgebaut. Wer pflügt und seine Ernte bestellt, wird davon essen. Re hat sich Ägypten erneut zugewandt.“

Auszüge aus dem Text der Merenptah-Stele[4]

Die Erwähnung Israels

Die Erwähnung eines Stammes Israel ist der älteste und einzige nichtbiblische Beleg für die Existenz des Namens Israel zu ramessidischer Zeit. Es sollte bis zum 9. Jahrhundert v. Chr. dauern, bis erstmals ein Staat mit Namen Haus Omri in assyrischen Inschriften und der Mescha-Stele als Gleichsetzung mit dem Namen Israel belegt ist. Die Frage nach historischen Gemeinsamkeiten mit dem in der Merenptah-Stele beschriebenen Nomaden-Volk Israel und dem späteren Staat konnte bis heute nicht geklärt werden.

Israel-Segment in Hieroglyphen
M17 M17 O34
Z4
D21 M17 G1 D21
Z1
T14 A1 B1
Z2

Jjsrjr
Israel-Segment (aus Zeile 27)

25 Merenptah ist 26 zu Ägyptens Retter bestimmt: Die Häuptlinge werfen sich nieder und rufen šalem.[A 10] Keiner von den Neun Bögen hebt sein Haupt. Tjehenu ist erobert. Hatti (Cheta) ist befriedet.[A 11] Kanaan (p3-k3nˁnˁ) ist mit allem Übel erbeutet. 27 Askalon (Jsq3-rwn3) ist herbeigeführt. Gezer (Q3-dj3-3r) ist gepackt. Jenuam (Jj-n-nwˁm3-3m) ist zunichte gemacht. Israel (Jjsrjr).[A 12] ist verwüstet und hat kein Saatgut mehr. Charu (Ch3-3-rw) ist zur Witwe von 28 Ta-meri geworden. Alle Länder sind insgesamt in Frieden. Wer als Fremdling (šema) umherzieht, wird gebändigt von Merenptah, der mit Leben für alle Tage beschenkt ist.“

Auszüge aus dem Text der Merenptah-Stele“[5]

Die knappe Beschreibung "Israel ist vernichtet und hat kein Saatgut mehr" ist eine Redewendung, die sehr oft in ägyptischen Texten vorkommt. Mithin kennzeichnet diese Aussage damit den katastrophalen Zustand der wirtschaftlichen Situation. Mit dem Mangel an Saatgut ist eine Hungersnot für das folgende Jahr vorbestimmt, weshalb die so geschädigten Gegner keine Gefahr mehr für Ägypten darstellen.

Siehe auch

Literatur

  • Otto Kaiser: Texte aus der Umwelt des Alten Testaments, Bd. 1 - Alte Folge -, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 1985
  • Thomas von der Way: Göttergericht und Heiliger Krieg im Alten Ägypten: Die Inschriften des Merenptah zum Libyerkrieg des Jahres 5, Heidelberger Orientverlag, Heidelberg 1992, ISBN 3-927552-06-2
  • Helmut Engel: Die Siegesstele des Merenptah. Kritischer Überblick über die verschiedenen Versuche historischer Auswertung des Schlussabschnitts, in: Biblica 60 (1979), S. 373-399
  • Karola Zibelius: Afrikanische Orts- und Völkernamen in hieroglyphischen und hieratischen Texten (BTAVO, B, Nr. 1), Reichert, Wiesbaden 1972, ISBN 3-920153-18-9

Anmerkungen

  1. Nach dem großen Karnak-Text (KRI IV, S. 1-2) und nach dem Fragment der Stele (KRI IV, S. 23) ist es genau das Datum, an welchem die Schlacht im Libyerkrieg stattfand und exakt der Tag, der für die Israel-Stele und Athribis-Stele als Editionstag genannt ist.
  2. In Übersetzung: Den der Schöpfergott Ptah von Memphis liebt, zufrieden mit der Göttin der Wahrheit.
  3. Die pˁ.t und rchj.t waren in der Frühzeit das Volk Ägyptens.
  4. Ka-Haus des Schöpfergottes Ptah, ursprüngliche Bezeichnung von Memphis, aus der später der Landesname Ägypten abgeleitet wurde.
  5. Inbw-hdj (Die weiße Mauer), seit der Frühzeit ein weiterer Name der Stadt Memphis.
  6. Ein libysches Volk, das bereits seit dem Alten Reich erwähnt wird, und nicht mit den Mešweš zu verwechseln ist.
  7. Mšwš, ein weiteres libysches Volk, das erst seit der 19. Dynastie erwähnt wird.
  8. Ein weiteres libysches Volk (Tjhn.w), nicht zu verwechseln mit den Tjemehu und seit dem Alten Reich als Volksstamm genannt.
  9. Wörtlich: adja: Ein richterlicher Entscheid lautet entweder Seine Aussage ist wahr (maa) oder Die Aussage ist falsch, das bedeutet: Er ist im Unrecht und damit schuldig.
  10. Geschrieben: š33rmˁ zuzüglich das Determinativ des Bittstellers. In der semitischen Sprache hauptsächlich Ausdruck für Frieden und Unversehrtheit; der hebräische Ausdruck Schalom war zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt, da sich die hebräische Sprache frühestens erst ab dem 9. Jahrhundert v. Chr. als eigener Schrift-/Sprachzweig entwickelte.
  11. Von den Hethitern gingen keine Aggressionen gegen Ägypten aus. Mit dieser Formulierung spielt Merenptah auf seine veranlasste Getreide-Schiffslieferung für Hatti an, da die dortige Hungersnot Aufstände ausgelöst hatte und sich durch die Hilfe Ägyptens die Lage vorübergehend beruhigte; vgl. dazu auch die Karnak-Inschrift Zeile 24. Die von Merenptah vorgenommene Erwähnung der Hethiter stellt zugleich bis heute die jüngste und letzte Nennung des Reiches Hatti in ägyptischen Quellen dar, das unter Ramses II. den bedeutetenden Friedensvertrag mit Ägypten geschlossen hatte.
  12. Nicht mit Bergland, sondern mit Determinativ von Volk, Menschen (ohne gebietliche Grenzen mit festumrissenen Staatsgebilde; ähnlich den libyschen Volksstämmen).

Einzelnachweise

  1. Ursula Kaplony-Heckel In: Otto Kaiser: Texte aus der Umwelt des Alten Testaments, Bd. 1 - Alte Folge -, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 1985, S. 545.
  2. Vgl. die vollständige Fassung von Ursula Kaplony-Heckel: Die Israel-Stele des Merenptah In: Otto Kaiser (Hrsgb.): Texte aus der Umwelt des Alten Testaments, Bd. 1 - Alte Folge -, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 1985, S. 546-549.
  3. Vgl. KRI IV, S. 1-2.
  4. Vgl. die vollständige Fassung von Ursula Kaplony-Heckel: Die Israel-Stele des Merenptah In: Otto Kaiser (Hrsgb.): Texte aus der Umwelt des Alten Testaments, Bd. 1 - Alte Folge -, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 1985, S. 550-551.
  5. Vgl. die vollständige Fassung von Ursula Kaplony-Heckel: Die Israel-Stele des Merenptah In: Otto Kaiser (Hrsgb.): Texte aus der Umwelt des Alten Testaments, Bd. 1 - Alte Folge -, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 1985, S. 551-552.

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