Iván Eröd

Iván Eröd

Iván Eröd (* 2. Januar 1936 in Budapest) ist ein österreichischer Komponist ungarischer Herkunft.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Mehrere Familienmitglieder von Iván Eröd wurden 1944 von den Nazis in ein Konzentrationslager deportiert. Sein Bruder und die Großeltern wurden in den Konzentrationslagern Buchenwald und Auschwitz ermordet.

Nach dem Krieg studierte Iván Eröd von 1951 bis 1956 an der Budapester Musikhochschule „Ferenc Liszt“ Klavier bei Pál Kadosa und Komposition bei Ferenc Szabó. Er besuchte auch die Vorlesung „Ungarische Volksmusik“ von Zoltán Kodály. Nach dem Scheitern des ungarischen Volksaufstandes 1956 emigrierte er im Dezember nach Österreich, wo er bis 1975 in Wien blieb.

Er setzte seine Ausbildung von 1957 bis 1961 an der Wiener Musikakademie fort (Klavier bei Richard Hauser, Komposition bei Karl Schiske; Zwölftonseminar bei Hanns Jelinek). Außerdem besuchte er in dieser Zeit die Darmstädter Ferienkurse für Neue Musik. Seinen ersten Soloabend als Pianist im Brahms-Saal der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien erlebte er 1960. Während fünf Jahrzehnten hatte Iván Eröd weltweit rund 500 Auftritte (Solorezitalkonzerte, Liedbegleitung von Rudolf Schock und anderen, Ensemblemitglied).

Iván Eröd erwarb die österreichische Staatsbürgerschaft, seit 1993 hat er durch veränderte Passgesetze auch wieder die ungarische Staatsbürgerschaft. Von 1962 bis 1968 war er als Solokorrepetitor und Studienleiter an der Wiener Staatsoper und bei den Wiener Festwochen tätig. Nach der Übernahme eines Lehrauftrags an der Grazer Musikhochschule (1967 bis 1989) war Iván Eröd seit 1975 als ordentlicher Professor für Komposition und Musiktheorie in Graz tätig, wo er auch wohnte. Seine bekanntesten Schüler aus dieser Zeit sind Rudolf Hinterdorfer, Georg Friedrich Haas und Gerhard Präsent. 1969 erfolgte seine Heirat mit Marie-Luce Guy, mit der er inzwischen fünf Kinder hat. Eines seiner Kinder, Adrian Eröd, wurde Opernsänger an der Wiener Staatsoper.

Nach einer kurzzeitigen Gastprofessur an der Wiener Musikhochschule wurde Iván Eröd ab 1989 Ordentlicher Professor für Tonsatz (Harmonielehre und Kontrapunkt) an der nunmehr „Universität für Musik und darstellende Kunst“ genannten Hochschule. Daraufhin zog er wieder nach Wien. Nachdem er 2004 eine Gastprofessur an der Budapester Liszt-Hochschule innehatte, wurde er 2009 zum Mitglied der Széchenyi Akademie der Künste (Széchenyi Irodalmi és Művészeti Akadémia).

Preise und Auszeichnungen

Werk

Ausgelassene Heiterkeit und tiefster Ernst prägen das Schaffen von Iván Eröd und spiegeln somit musikalisch zwei markante Wesenszüge des Komponisten. Ziehen sich diese charakterlichen Eigenschaften parallel durch das Gesamtwerk, so lassen sich in der Verwendung der technischen Mittel klarere zeitliche Abgrenzungen ziehen.

In den Jugendwerken der ungarischen Phase insbesondere von Bartók, Kodály und der ungarischen Volksmusik geprägt, beschäftigte sich Eröd bereits unmittelbar vor seiner Emigration und in der Folge insbesondere während des Unterrichts bei Karl Schiske an der Wiener Musikakademie wie viele seiner Generationskollegen mit der Dodekaphonie der „2. Wiener Schule“ und deren Weiterentwicklungen in der Serialität. So liegen Werken wie dem Bläsertrio op. 4 (1957; rev. 1987) oder Ricercare ed Aria op.11 für Bläserquartett (1965) dementsprechend Zwölftonkonstruktionen zugrunde.

Die Erfahrungen der Musizierpraxis als Korrepetitor, Ensemblemitglied und Liedbegleiter Anfang der 60er Jahre ließen Eröd auch in den kompositorischen Mitteln einen sich Musikern und Publikum unmittelbarer erschließenden Weg wählen. Bereits während der Arbeit an der Oper Die Seidenraupen (1964 bis 1968) entwickelte sich daher aus anfänglich strenger Reihenkomposition eine freiere Gestaltung.

Mit der 1. Violinsonate op. 14 (1969/1970) kehrte Eröd schließlich völlig zu neuer Tonalität bzw. tonaler Zentrierung zurück und zielt seither auf eine durchaus anspruchsvolle, aber auch für eine breitere Zuhörerschaft verständliche Tonsprache.

Der wesentliche Unterschied zu konservativ-tonalen Komponisten der Nachkriegszeit besteht einerseits in der Vielfalt der Verwendung tonaler Mittel (etwa modale Skalen, Zigeunertonleitern), andererseits in der Einbeziehung der seriellen Erfahrungen – so weist das zweite der Drei Stücke für Violine solo op. 27 (1978/1979), Marsch, strenge serielle Konstruktion über eine Siebentonreihe auf. Auch andere Elemente zeitgenössischer Musik gehören zum festen Bestandteil von Eröds Musik, etwa im spieltechnischen oder metrischen Bereich (so etwa „senza misura“-Abschnitte in den Opern oder dem Orchesterwerk Soirées imaginaires op. 38, 1981).

Fern der Idee der Programmmusik enthalten viele Werke Bezüge zu unmittelbarem biographischen Erleben oder zeithistorischen Ereignissen: weisen beispielsweise das Violinkonzert op. 15 (1973), die Krokodilslieder op. 28 (1979/1980), das Violakonzert op. 30 (1979/1980) oder das 2. Streichsextett op. 68 (1996) auf die innige Nähe zu seiner Frau und seinen Kindern hin, so greift der Liederzyklus Über der Asche zu singen op. 65 (1994) das Erlebnis der rassischen Verfolgung seiner Familie während der Kindheit auf. Als seltener Fall der gleichzeitigen Arbeit an zwei Werken spiegelt die parallel zu letzterem entstandene Bukolika für Kammerensemble op. 64 (1994) in gelöster Stimmung die Beschaulichkeit des kurz zuvor neugewonnenen Idylls des ungarischen Landlebens.

Spezifische Prägung erfährt Eröds Musik zudem einerseits durch ungarische Elemente, wie sie im besonderen im Violinkonzert, im 1. Klaviertrio op. 21 (1976), dem Quintetto ungherese op. 58 (1990) oder der 1. Symphonie Aus der Alten Welt op. 67 (1995) hervortreten, aber auch durch den Jazz und Blues, etwa im Klavierkonzert op. 19 (1975) und in der Minnesota Sinfonietta op. 51 (1986). Die Lust an der Verarbeitung volkstümlicher Elemente bedingt auch den verspielt-heiteren Zug vieler Werke.

Einen Kontrast zu dieser „leichteren”, unterhaltenden Seite bilden das Violakonzert op. 30 (1980) und das 2. Klaviertrio op. 42 (1981/1982). Am ernsthaftesten ist Eröd in einigen seiner Vokalwerke, den Vier Gesängen op. 44 (1983), dem Zyklus Schwarzerde für Bariton und Orchester op. 49 (1984/1985) und der Kantate Vox Lucis op. 56 (1988/1989).

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