Josef Kramer

Josef Kramer
Josef Kramer (1945)

Josef Kramer (* 10. November 1906 in München; † 13. Dezember 1945 in Hameln) war ein deutscher SS-Führer und Lagerkommandant in mehreren Konzentrationslagern des nationalsozialistischen Deutschen Reiches.

Inhaltsverzeichnis

Kindheit und Jugend

Josef Kramer wurde in München als Einzelkind geboren und wuchs in einer Mittelstandsfamilie auf. Seine Eltern Theodor und Maria Kramer erzogen ihn streng katholisch. 1915 zog die Familie von München nach Augsburg, wo Josef Kramer zur Schule ging. Er machte eine Lehre als Elektriker, war in einem Warenhaus angestellt und arbeitete zunächst als Buchhalter. Von 1925 bis 1933 war er mit wenigen Unterbrechungen arbeitslos.

Beginn der politischen Tätigkeit

Am 1. Dezember 1931 wurde der bis zu diesem Zeitpunkt politisch wenig interessierte Kramer Mitglied der NSDAP (Mitgliedsnummer 753.597). Am 20. Juni 1932 trat er in die SS ein (Mitgliedsnummer 32.217) und führte bis 1933 ehrenamtliche Tätigkeiten für die in Augsburg stationierte 29. SS-Standarte, II. SS-Sturm unter Leitung von Hans Loritz aus. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten bekam er im Oktober 1933 eine Anstellung als Taggeldangestellter beim Steueramt in Augsburg und wechselte im Januar 1934 zum Standesamt Augsburg. Er war mit Herstellung der Impflisten für den Bezirksarzt und mit der Anfertigung eines Verzeichnisses für die Geburts-, Heirats- und Sterberegister und Kirchenaustritte betraut.

Seine Anstellung 1934 beim SS-Hilfwerk im Konzentrationslager Dachau markierte eine erste Etappe seines nun beginnenden „Aufstieges“ im nationalsozialistischen Konzentrationslagersystem. Er wurde dort von Hans Loritz angefordert und zog erstmals aus dem Elternhaus aus.

Im Oktober 1937 heiratete er. Er wurde Vater von drei Kindern.

Tätigkeit als KZ-Wachposten und als Kommandant

Von November 1934 bis Juni 1936 arbeitete er im KZ Esterwegen in der Kommandantur. Als das Lager Esterwegen 1936 aufgegeben wurde, kehrte er nach Dachau zurück, wo er, wiederum unter Hans Loritz, im Schreibdienst in der Kommandantur eingesetzt wurde. Von Juni 1937 bis August 1938 war er im KZ Sachsenhausen zuerst in der Adjutantur beschäftigt und stieg dann zum Leiter der Poststelle auf. Mit seiner Versetzung in das KZ Mauthausen im August 1938 wechselte er von bisher untergeordneten Aufgaben erstmals in den direkten Lagerdienst. Er wurde Adjutant unter dem Lagerkommandanten Franz Ziereis. Von Mai 1940 bis November 1940 war er im KZ Auschwitz Stellvertreter von Rudolf Höß und absolvierte anschließend bis April 1941 im KZ Dachau die Schulung zum Lagerführer.

Danach wurde er in dem im Elsass gelegenen KZ Natzweiler-Struthof als Schutzhaftlagerführer (April 1941 bis Mai 1942) eingesetzt, wirkte ab Februar 1942 als kommissarischer Kommandant, bevor er dort im Oktober 1942 zum Lagerkommandanten aufstieg. In diesem Lager ließ er aus dem KZ Auschwitz überstellte Gefangene vergasen, um die berüchtigte „Schädel- und Skelettsammlung“ des Anatomieprofessors August Hirt an der Reichsuniversität Straßburg zu vervollständigen. Im Frühjahr 1943 erhielt er das Kriegsverdienstkreuz 2. Klasse.

Im Mai 1944 kehrte er in das KZ Auschwitz als Lagerkommandant des KZ Auschwitz-Birkenau zurück. Ab diesem Zeitpunkt begann die so genannte „Ungarn-Aktion“, die Ermordung hunderttausender ungarischer Juden. Die Gaskammern und Krematorien lagen auf diesem Terrain, sie unterstanden jedoch dem SS-Hauptscharführer Otto Moll.

Im Zuge der Reorganisation des KZ Auschwitz (Zusammenlegung des Stammlagers mit Auschwitz-Birkenau) wurde Josef Kramer in das KZ Bergen-Belsen versetzt und übernahm dort am 1. Dezember 1944 die Lagerleitung. Einen Teil seines bisherigen Personals nahm er mit nach Bergen-Belsen. Unter seiner Führung entwickelten sich die Zustände im Lager zu einem unvorstellbaren Grauen, dem die meisten Belsen-Häftlinge, hauptsächlich durch Entkräftung und Typhus, zum Opfer fielen. Bergen-Belsen wurde gegen Kriegsende Ziel etlicher Evakuierungstransporte anderer Konzentrationslager, dadurch war das Lager völlig überbelegt und die Lebensbedingungen der Häftlinge verschlechterten sich rapide durch die zunehmend schlechte Versorgungslage und Seuchen. Kurz vor der Befreiung des Lagers ließ Kramer noch die Akten der Kommandantur vernichten und wies die entkräfteten Häftlinge an, die zu Tausenden auf dem Lagergelände herumliegenden Leichen wegzuräumen. Im Januar 1945 hatte er noch das Kriegsverdienstkreuz der 1. Klasse verliehen bekommen. Nachdem die britischen Truppen das Lager am 15. April 1945 übernommen hatten, wurde Kramer kurz darauf, am 17. April 1945, verhaftet. Er wurde unter Arrest gestellt und in Fußfesseln durch das Lager geführt. Am 18. April 1945 wurde Kramer in das Gefängnis nach Diest überstellt.

Nach Kriegsende

Kramer, in der britischen Öffentlichkeit als „Bestie von Belsen“ bezeichnet, musste sich ab September 1945 mit 44 weiteren Angehörigen des Belsener Lagerpersonals im Bergen-Belsen-Prozess vor einem britischen Militärgericht wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantworten. Am 17. November 1945 wurde Kramer, der auf „nicht schuldig“ plädierte, zum Tode durch den Strang verurteilt. Das Urteil wurde am 13. Dezember 1945, trotz eines zuvor bei Feldmarschall Bernard Montgomery gestellten Gnadengesuchs, durch Albert Pierrepoint im Zuchthaus Hameln vollstreckt.

Ränge

Datum Rang
Ende 1933 SS-Unterscharführer
September 1934 SS-Scharführer
April 1935 SS-Hauptscharführer
Frühjahr 1937 SS-Untersturmführer
Januar 1939 SS-Obersturmführer
1. Juni 1942 SS-Hauptsturmführer

Literatur

  • Karin Orth: Die Konzentrationslager-SS. dtv, München 2004, ISBN 3-423-34085-1
  • Karin Orth: Das System der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Pendo Verlag, Hamburg 2002, ISBN 3-85842-450-1
  • Tom Segev: Die Soldaten des Bösen. Zur Geschichte der KZ-Kommandanten. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1995, ISBN 3-499-18826-0
  • Eberhard Kolb: Bergen Belsen. Geschichte des „Aufenthaltslagers“ 1943-1945. Hannover 1962
  • Raymond Phillips(Hg): Trial of Josef Kramer and forty-four others (The Belsen-Trial). War Crimes Trials Series Vol. II, London, Edinburgh, Glasgow 1949
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich: Wer war was vor und nach 1945. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-596-16048-0.
  • Wacław Długoborski, Franciszek Piper (Hrsg.): Auschwitz 1940-1945. Studien zur Geschichte des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz., Verlag Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau, Oswiecim 1999, 5 Bände: I. Aufbau und Struktur des Lagers. II. Die Häftlinge - Existentzbedingungen, Arbeit und Tod. III. Vernichtung. IV. Widerstand. V. Epilog., ISBN 83-85047-76-X.

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