Amtssprachen der Europäischen Union

Amtssprachen der Europäischen Union

In der Europäischen Union werden 23 Sprachen als Amts- und Arbeitssprachen anerkannt. Dies wurde durch die erste Verordnung festgelegt, die überhaupt von der EWG erlassen wurde (Text der VO 1/1958 siehe unten). Sie beruht auf Artikel 290 des EGV (Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft), wo es heißt: "Die Regelung der Sprachenfrage für die Organe der Gemeinschaft wird unbeschadet der Verfahrensordnung des Gerichtshofs vom Rat einstimmig getroffen."

In den 23 Sprachen kann auch der Bürger alle Organe der EU kontaktieren, ein Prinzip, das durch den EG-Vertrag (Art. 21 und 314) geregelt ist. Neben diesen existieren zahlreiche Minderheitensprachen, wie z. B. Katalanisch oder Baskisch in Spanien oder Russisch in den baltischen Ländern. Die EU erklärt, die Sprachen und Sprachenvielfalt zu achten und zu respektieren.

Inhaltsverzeichnis

Arbeits- und Vertragssprachen

Von den Amtssprachen werden im internen Verkehr der Organe vor allem Englisch, Französisch und Deutsch als Arbeitssprachen verwendet, um die Verständigung zwischen den Mitarbeitern der europäischen Institutionen zu erleichtern. Die Europäische Kommission hat die drei vorgenannten Sprachen in ihren internen Regeln per Gesetz bestimmt.

Von der Frage der Amts- und Arbeitssprachen war bisher die Frage der Vertragssprachen zu unterscheiden. Die Verträge zur Gründung der EU (insbes. EU-, EG- und Euratom-Vertrag) sind in allen Amtssprachen und zusätzlich auf Irisch verfasst und verbindlich. Das Irische ist durch Verordnung des Ministerrats vom 13. Juni 2005 (Amtsblatt L vom 18. Juni) als weitere Amtssprache der EU anerkannt worden. Die Regelung trat aber erst am 1. Januar 2007 in Kraft. Fassungen der Verträge auf Luxemburgisch gibt es hingegen nicht, da das Luxemburgische erst 1984 zur National- und Verwaltungssprache Luxemburgs erklärt wurde und Gesetze dort bis heute ausschließlich auf Französisch geschrieben werden.

EWG-Verordnung Nr. 1 zur Regelung der Sprachenfrage für die EWG

EWG Rat: Verordnung Nr. 1 zur Regelung der Sprachenfrage für die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft

(Amtsblatt Nr. 017 vom 6. Oktober 1958 S. 0385–0386)

„Der Rat der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft hat, gestützt auf Artikel 217 (Anmerkung: Durch die Umbenennung des EWG-Vertrages in EG-Vertrag und die damit verbundene Neunummerierung müsste es nunmehr ‚Art. 290‘ heißen) des Vertrages, nach dem die Regelung der Sprachenfrage für die Organe der Gemeinschaft unbeschadet der Verfahrensordnung des Gerichtshofes vom Rat einstimmig getroffen wird, in der Erwägung, dass jede der vier Sprachen, in denen der Vertrag abgefasst ist, in einem oder in mehreren Mitgliedstaaten der Gemeinschaft Amtssprache ist, folgende Verordnungen erlassen:

Artikel 1

Die Amtssprachen und die Arbeitssprachen der Organe der Gemeinschaft sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Niederländisch. (Anmerkung: Infolge der Erweiterungen der EU sind in den Jahren 1973, 1981, 1986, 1995 und 2004 16 weitere Sprachen in diesen Artikel eingefügt worden; zum Gälischen s. o.).

Artikel 2

Schriftstücke, die ein Mitgliedstaat oder eine der Hoheitsgewalt eines Mitgliedstaates unterstehende Person an Organe der Gemeinschaft richtet, können nach Wahl des Absenders in einer der Amtssprachen abgefasst werden. Die Antwort ist in derselben Sprache zu erteilen.

Artikel 3

Schriftstücke, die ein Organ der Gemeinschaft an einen Mitgliedstaat oder an eine der Hoheitsgewalt eines Mitgliedstaates unterstehende Person richtet, sind in der Sprache dieses Staates abzufassen.

Artikel 4

Verordnungen und andere Schriftstücke von allgemeiner Geltung werden in den vier Amtssprachen abgefasst.

Artikel 5

Das Amtsblatt der Gemeinschaft erscheint in den vier Amtssprachen.

Artikel 6

Die Organe der Gemeinschaft können in ihren Geschäftsordnungen festlegen, wie diese Regelung der Sprachenfrage im einzelnen anzuwenden ist.

Artikel 7

Die Sprachenfrage für das Verfahren des Gerichtshofes wird in dessen Verfahrensordnung geregelt.

Artikel 8

Hat ein Mitgliedstaat mehrere Amtssprachen, so bestimmt sich der Gebrauch der Sprache auf Antrag dieses Staates nach den auf seinem Recht beruhenden allgemeinen Regeln.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.“

Liste der 23 Amtssprachen

Demografie

Nach der Eurostat-Studie "Die Europäer und ihre Sprachen" ("Europeans and Languages")[1], die von November bis Dezember 2005 in den damaligen 25 Mitgliedstaaten der Europäischen Union durchgeführt und im Februar 2006 veröffentlicht wurde, ergibt sich folgendes Bild der laut Selbsteinschätzung der Befragten am meisten gesprochenen Sprachen in der Union (EU-25):

Sprachen der Europäischen Union
Sprache Amtssprache in Staat als Muttersprache gesprochen
(in % der EU-Bevölkerung)
als Fremdsprache gesprochen
(in % der EU-Bevölkerung)
Sprecher insgesamt in der EU
(in % der EU-Bevölkerung)
Englisch United KingdomUnited Kingdom IrelandIreland MaltaMalta 13% 38% 51%
Deutsch GermanyGermany AustriaAustria LuxembourgLuxembourg Belgium (civil)Belgium (civil) ItalyItaly 18% 14% 32%
Französisch FranceFrance Belgium (civil)Belgium (civil) LuxembourgLuxembourg ItalyItaly 14% 14% 28%
Italienisch ItalyItaly MaltaMalta[2] 13% 3% 16%
Spanisch SpainSpain 9% 6% 15%
Polnisch PolandPoland 9% 1% 10%
Niederländisch the Netherlandsthe Netherlands Belgium (civil)Belgium (civil) 5% 1% 6%
Russisch EstoniaEstonia LatviaLatvia LithuaniaLithuania FinlandFinland 1% 6% 7%
Schwedisch SwedenSweden FinlandFinland 2% 1% 3%
Griechisch GreeceGreece CyprusCyprus 3% 0% 3%
Tschechisch the Czech Republicthe Czech Republic 2% 1% 3%
Portugiesisch PortugalPortugal 2% 0% 2%
Ungarisch HungaryHungary 2% 0% 2%
Slowakisch SlovakiaSlovakia 1% 1% 2%
Katalanisch SpainSpain FranceFrance ItalyItaly 1% 1% 2%

Vor der Erweiterung 2004 zeigte sich folgendes Bild über die Verbreitung der Amtssprachen der Europäischen Union (EU-15) gesprochen als Muttersprache bzw. Fremdsprache:

Sprache Muttersprachler
(in % der EU-Bevölkerung)
Fremdsprachler
(in % der EU-Bevölkerung)
Sprecher insgesamt
(in % der EU-Bevölkerung)
Englisch 000000000000016.000000000016 % 000000000000031.000000000031 % 000000000000047.000000000047 %
Deutsch 000000000000024.000000000024 % 000000000000008.00000000008 % 000000000000032.000000000032 %
Französisch 000000000000016.000000000016 % 000000000000012.000000000012 % 000000000000028.000000000028 %
Italienisch 000000000000016.000000000016 % 000000000000002.00000000002 % 000000000000018.000000000018 %
Spanisch 000000000000011.000000000011 % 000000000000004.00000000004 % 000000000000015.000000000015 %
Niederländisch 000000000000006.00000000006 % 000000000000001.00000000001 % 000000000000007.00000000007 %
Griechisch 000000000000003.00000000003 % 000000000000000.00000000000 % 000000000000003.00000000003 %
Portugiesisch 000000000000003.00000000003 % 000000000000000.00000000000 % 000000000000003.00000000003 %
Schwedisch 000000000000002.00000000002 % 000000000000001.00000000001 % 000000000000003.00000000003 %
Dänisch 000000000000001.00000000001 % 000000000000001.00000000001 % 000000000000002.00000000002 %
Finnisch 000000000000001.00000000001 % 000000000000000.00000000000 % 000000000000001.00000000001 %

Quelle: Europäische Kommission

United KingdomUnited Kingdom Englisch-Kenntnisse
GermanyGermany Deutsch-Kenntnisse
FranceFrance Französisch-Kenntnisse
SpainSpain Spanisch-Kenntnisse
ItalyItaly Italienisch-Kenntnisse
RussiaRussia Russisch-Kenntnisse

Siehe auch

Literatur

  • Markus A. Kürten: Die Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der Europäischen Union. Duncker & Humblot, Berlin 2004, ISBN 3428113950
  • Gerald G. Sander: Die Zukunft des Sprachenregimes in einer erweiterten Europäischen Union, in: Gerald G. Sander/Ivo Maryška (Hrsg.), Die Europäische Union vor neuen Herausforderungen. Verfassung – Osterweiterung – Welthandel, Frankfurt am Main u.a.: Peter Lang, 2005, S. 59-71, ISBN 3-631-52596-6

Fußnoten

  1. Europäische Union: Eurobarometer - Europeans and languages, (.pdf-Datei, auf Englisch, Zugriff am 6. Sep. 2006)
  2. Ignasi Badia i Capdevila; A view of the linguistic situation in Malta; NovesSl; [2004]; retrieved on [2008-02-24]

Weblinks


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