Kaiserswerther Diakonie

Kaiserswerther Diakonie

Die Kaiserswerther Diakonie in Düsseldorf in Nordrhein-Westfalen wurde 1836 als erstes Diakonissenhaus gegründet. Heute gehört die Einrichtung mit fast 2000 Beschäftigten zu den großen diakonischen Sozial- und Gesundheitsunternehmen in Deutschland.

Das Florence-Nightingale-Krankenhaus mit mehr als 600 Betten in elf Fachkliniken, Altenhilfe- und Pflegeeinrichtungen, Jugend- und Behindertenhilfe gehören ebenso dazu wie verschiedene berufsbildende Schulen, ein umfangreiches Weiterbildungsangebot, eine Buchhandlung, die Fliedner-Kulturstiftung mit Archiv, Fachbibliothek und Museum, das Hotel MutterHaus mit Tagungszentrum sowie die Kaiserswerther Schwesternschaft mit rund 200 Mitgliedern.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte und Gegenwart

Theodor Fliedner Stahlstich von Ed. Rittinghaus

Der junge Kaiserswerther Gemeindepfarrer Theodor Fliedner (1800–1864) lernte die sozialen Nöte des beginnenden Industriezeitalters hautnah kennen. Sein christlicher Glaube ließ ihn gemeinsam mit seiner Frau Friederike (1800–1842) und nach deren Tod mit seiner zweiten Frau Caroline (1811–1892) nach Antworten suchen, wie man den Not leidenden, an den Rand der Gesellschaft gedrängten Menschen helfen könnte. Die Gefangenenfürsorge, die Erziehung und Bildung von Kindern sowie die Pflege von Kranken und Alten waren und sind die Felder, die die Arbeit vieler diakonischer Mutterhäuser bis heute prägen.

Seit der Gründung des ersten Diakonissenhauses waren bis zum Jahr 1861 insgesamt 26 Mutterhäuser in ganz Europa nach diesem Vorbild entstanden. 12 Abgesandte dieser Einrichtungen trafen sich 1861 zur ersten „Conferenz der Deputierten“ in Kaiserswerth zu einem Erfahrungsaustausch. Diese Konferenz fand dann alle drei Jahre statt. Im Jahr 1901 verfassten die Vertreter eine Grundordnung nach dem Kaiserswerther Leitbild und beschlossen die Einführung für alle angeschlossenen Mutterhäuser.[1]

1916 formierten sich die deutschen Mutterhäuser innerhalb der Konferenz zu einer eigenen Interessenvertretung, dem Kaiserswerther Verband.[1]

Im Auftrag der Kirche

Mutterhauskirche

Viele tausend Menschen vertrauen sich jedes Jahr der Kaiserswerther Diakonie an – von der Geburt bis zum Lebensende. In Medizin und Pflege, in sozialen und pädagogischen Angeboten sowie in der Aus- und Weiterbildung nimmt das Unternehmen im Düsseldorfer Norden den diakonischen Auftrag der Kirche wahr. Dabei steht das Werk in einer über 170 Jahre alten Tradition, die eine starke Wurzel neuzeitlicher Pädagogik und Krankenpflege darstellt. Schon Florence Nightingale kam 1851 aus England, um in Kaiserswerth zu lernen. Das Krankenhaus trägt seit den 1970er Jahren den Namen der berühmten Engländerin.

Diakonissen

Mutterhaus der Kaiserswerther Diakonie

Die Diakonissen sind keine „Evangelischen Nonnen“, wie zuweilen beschrieben. Sie bilden zwar auf der Grundlage ihres evangelischen Glaubens im Kaiserswerther Mutterhaus eine Lebens- und Dienstgemeinschaft, die in der Durchführung durchaus mit einer katholischen Ordensgemeinschaft vergleichbar scheint, jedoch gibt es offiziell keinerlei mit einem katholischen Ordensleben vergleichbare Gelübde und damit auch keinen Zölibat.

Die Idee der Mutterhausdiakonie breitete sich Ende des 19. Jahrhunderts rasch aus. Evangelische Frauen erhielten eine qualifizierte Ausbildung zu Krankenpflegerinnen, Gemeindeschwestern, Erzieherinnen und Lehrerinnen. Frauen aus allen sozialen Schichten fanden eine sinnvolle Arbeit, ihren Unterhalt und eine spirituelle Gemeinschaft. Auf dem Höhepunkt in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts waren rund 2000 Diakonissen allein im Kaiserswerther Mutterhaus organisiert. Ihre Einsatzorte reichten weit über Deutschland hinaus, bis in den Orient, nach Lateinamerika, Asien und Afrika.

Einsatzfelder

Im 1904 gegründeten Evangelischen Krankenhaus in Köln-Kalk waren die Diakonissen aus Kaiserswerth bis 1947 tätig. 1904 entsandte die Diakonissenanstalt Kaiserswerth sechs Schwestern nach Kalk. Als erste Oberin war Diakonisse Hilda Rühle bis zu ihrem Tod 1928 dort tätig. Zu den weiteren Einsatzorten außerhalb Kaiserswerths gehörten etliche Krankenhäuser, aber auch eigene Einrichtungen, die sich der Förderung von Menschen verschrieben. Dazu gehörte etwa der 1854 von Theodor Fliedner gegründete Marthashof in Berlin, der auf Initiative einiger in der Charité tätiger Diakonissen als „Gesinde-Vermietungs-Comtoir“ entstand.[2]

Ein weiteres Einsatzfeld der Kaiserwerther Schwestern war die Stiftung Tannenhof in Remscheid-Lüttringhausen, wo es ein Mutterhaus gab, in dem die Diakonissen nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst ihren Lebensabend verbrachten.

Diakoniegelände

Fronberghaus auf dem Gelände der Kaiserswerther Diakonie, Sitz der Kaiserswerther Seminare
Denkmal Friedrich III. als Kronprinz

Zwischen 1883 und 1903 entstand auf dem so genannten „Fronberg“ vor den Toren Kaiserswerths eine Reihe von Gebäuden, die das Bild dieser „kleinen Stadt“ bis heute prägen. Fliedners Schwiegersohn und Nachfolger Julius Disselhoff (1827–1896) war für die Planungen verantwortlich. Noch heute machen das Hotel MutterHaus, die Mutterhauskirche, der Disselhoff-Park mit seinem alten Baumbestand sowie die Gebäude des alten Krankenhauses den Charme dieses denkmalgeschützten Ensembles aus. Ein Denkmal auf dem Gelände der Kaiserswerther Diakonie erinnert an den Besuch des späteren Kaisers Friedrich III. als Kronprinz am 11. Sept. 1884 und zeigt ihn mit dem 4-jährigen Kinderkrankenhaus-Patienten Wilhelm Kroll auf dem Arm.

Stiftungen

Förderstiftung

Spenden und Fördermittel waren in der Kaiserswerther Diakonie seit den Anfängen ihrer Geschichte unverzichtbar und haben wesentlich zu ihrer Entstehung und Entwicklung beigetragen. Seit 2008 wird die Arbeit der Kaiserswerther Diakonie von einer eigens für diesem Zweck gegründeten Förderstiftung unterstützt.

Fliedner Kulturstiftung

2002 wurden Archiv, Bibliothek und Museum in eine eigenständige Stiftung, die Fliedner Kulturstiftung überführt.[3] Das bekannteste Ausstellungsstück, die „Kaiserswerther Mumie“, eine original ägyptische Mumie, brachte Theodor Fliedner 1857 von einer Orientreise mit.[4]

Literatur

  • Ruth Felgentreff; Das Diakoniewerk Kaiserswerth 1836–1998; Düsseldorf-Kaiserswerth 1998
  • Ernst Klee: Die SA Jesu Christi. Die Kirche im Banne Hitlers. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1993, ISBN 978-3596244096.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b R. Boeckler: Kaiserswerther Generalkonferenz / Kaiserswerther Verband. In: Helmut Burkhardt und Uwe Swarat (Hrsg.): Evangelisches Lexikon für Theologie und Gemeinde. 2, R. Brockhaus Verlag, Wuppertal 1993, ISBN 3417246423, S. 1031.
  2. Archiv Brunnhilde e. V. Berlin: Erinnerung an den Marthashof in Berlin – eine Einrichtung der Kaiserswerther Diakonie
  3. Fliedner Kulturstiftung Kaiserswerth – Wir über uns (abgerufen 6. März 2011, 15:22 h)
  4. Fliedner Kulturstiftung Kaiserswerth – Museum (abgerufen 6. März 2011, 15:29 h)

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