Kampfschwimmer der Bundesmarine

Kampfschwimmer der Bundesmarine
Abzeichen der Kampfschwimmerkompanie
Taktisches Zeichen der Kampfschwimmerkompanie

Die Kampfschwimmer der Deutschen Marine bilden die maritime Komponente der Spezialkräfte der Bundeswehr. Ihr Aufgabengebiet ist weit gefächert und umfasst neben den klassischen Einsatzprofilen von Kampfschwimmern auch küstennahe Kriegführung sowie Kommandoeinsätze und Asymmetrische Kriegführung an Land. Sie können in allen Elementen eingesetzt werden: zu Luft (luftlandefähig), an Land und zur See.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Gründe für die Aufstellung lagen vor allem in der Integration Deutschlands in die NATO und die Möglichkeit eines Konfliktes mit der Sowjetunion, so dass eine Einheit gebraucht wurde, die die Ostsee-Ausgänge sichern und amphibische Landungsoperationen im Rücken angreifender Verbände des Ostblocks vorbereiten konnte. Am 1. August 1958 wurde die Verwendungsgruppe 3402, wie die Kampfschwimmer bei der Marine heißen, aufgestellt. Sie bestand aus Soldaten, die im Zweiten Weltkrieg in den Kleinkampfverbänden und den Marine-Einsatzkommandos gedient hatten.

Die Leistungen dieser Einheiten im Zweiten Weltkrieg konnte man nicht in versenkten Schiffstonnen messen, sodass sie in der Öffentlichkeit nicht beachtet wurden. Auch heute ist über die Kampfschwimmer in der Öffentlichkeit kaum etwas bekannt, was auch daran liegt, dass sie als Spezialeinheit besonderer Geheimhaltung unterliegen.

Der Aufstellungskader wurde zunächst bei den Nageurs de combat in Frankreich geschult. Die Franzosen hatten im Indochinakrieg die Rolle des Kampfschwimmers zum modernen Einzelkämpfer weiterentwickelt.

Die Kampfschwimmer sollten sowohl im Wasser als auch an Land Aufgaben erfüllen, wie schon die deutschen Kampfschwimmer im Zweiten Weltkrieg. Jetzt kam allerdings noch die Luft in Form des Fallschirmspringens als eine neue Dimension hinzu. Dieses triphibische Konzept der Franzosen wurde zur Grundlage der Kampfschwimmer der Deutschen Marine.

Am 1. April 1964 traten die Kampfschwimmer erstmals als selbstständige Kompanie auf. In den nächsten Jahren erweiterten sie ihre Aufgaben, doch mangelte es an Geld. So fehlten z. B. die Kälteschutzanzüge – wer nicht frieren wollte, musste sich selber einen kaufen.

Heutzutage gelten die Kampfschwimmer als die am besten trainierte Einheit der deutschen Bundeswehr, die waffentechnisch auf dem neuesten Stand der Technik ist. Von den Schwimmern selbst wird Bescheidenheit gefordert. Seit der Aufstellung des KSK im Jahr 1996 bekommen die Kampfschwimmer zum ersten mal ernsthafte „Konkurrenz“, was Ausbildung, Ausrüstung und Härte der Einheit angeht. Dennoch ergänzen sich beide Spezialeinheiten sehr gut und führen sogar einen Personalaustausch durch, um gegenseitig Kompetenz und Erfahrung zu fördern.

Einsätze

Anders als bei den Kampfschwimmer-Einheiten anderer Länder sind wegen der Geheimhaltung bisher keine Einsätze öffentlich geworden. Experten gehen aber davon aus, dass die deutschen Kampfschwimmer die ersten deutschen Soldaten waren, die an Kampfhandlungen nach dem Zweiten Weltkrieg beteiligt waren.

  • Teilnahme am Kosovo-Einsatz als Teil von KFOR und an Bord deutscher Marineeinheiten in der Adria.

[1] , dass Kampfschwimmer verstärkt im Libanon-Einsatz verwendet worden seien.

  • Im Rahmen des G8-Gipfels in Heiligendamm 2007 stellten Kampfschwimmer den Schutz deutscher und ausländischer Politiker gegen Angriffe von See her sicher.

[2]

  • Nach verschiedenen Veröffentlichungen waren Kampfschwimmer gemeinsam mit Soldaten des KSK in Afghanistan nicht nur zum Schutz des deutschen ISAF im Einsatz

[3] , sondern wurden bereits zusammen mit dem KSK 2005 in Ostafghanistan eingesetzt. [4]

Auftrag

  • Terrorismusbekämpfung
  • Asymmetrische Kriegsführung
  • Verdeckte Operationen
  • Gewinnen von Schlüsselinformationen in Kriegs- und Krisengebieten
  • Fernaufklärung
  • Kampf hinter feindlichen Linien gegen Schleusen, Schiffe und Brücken
  • Kampf gegen Einzelziele an Land (vor allem im gegnerischen Küstengebiet), gegen Hauptquartiere und Fernmeldeeinrichtungen
  • Evakuierungs-, Rettung- und Bergungseinsätze
  • Abwehr gegen Anschläge auf hoher See

Organisation

Die Kampfschwimmer sind seit 1974 auf dem Marinestützpunkt Eckernförde bei Kiel stationiert. Im Oktober 1994 wurden sie der Flottille der Minenstreitkräfte unterstellt. Seit 1976 besteht ein Personalaustauschprogramm zwischen den Kampfschwimmern und den Navy Seals, um Ausrüstung, Einsatzverfahren und Ausbildung weiterzuentwickeln. In Eckernförde wurde eine Waffentauchergruppe aufgestellt; sie besteht aus einer Minentaucherkompanie und einer Kampfschwimmerkompanie. Angeblich umfasst die Waffentauchergruppe inklusive Stab 250 Mann. Die Kampfschwimmerkompanie verfügt nach Stärke- und Ausrüstungsnachweis über geschätzte 3 Züge mit je 16 Mann. Davon sind zirka rund 40 Mann aktiv einsatzfähig. Seit 2003 gehört die WaTaGrp mit Kampfschwimmern und Minentauchern zum SEK M. Einsätze der Kampfschwimmer werden vom Kommando Führung von Operationen von Spezialkräften (KdoFOSK), das auch das KSK im Einsatz begleitet, geführt und sind geheim.

Rekrutierung und Ausbildung

Rekrutierung

Der Bewerber muss folgende Einstellungsvoraussetzungen erfüllen, um angenommen zu werden:

Allgemeine Voraussetzungen

Um dem extremen Anforderungsprofil zu genügen, müssen Bewerber folgende Mindestvoraussetzungen erfüllen, um zur Ausbildung zugelassen zu werden:

  • Bewerber müssen Deutsche im Sinne des Artikels 116 Grundgesetz sein
  • Mindestens 17, aber höchstens 25 Jahre alt
  • Realschulabschluss (oder gleichwertiger anerkannter Bildungsstand) oder Abitur
  • Hauptschulabschluss (oder gleichwertiger anerkannter Bildungsstand) und ein für die Verwendung förderlicher Berufsabschluss.
  • Mindestens zwölf Jahre Verpflichtung als Bootsmann oder acht Jahre als Maat
  • Militärische Bewerber müssen mindestens im Rang eines Feldwebels sein
  • bzw. Einstellung als Offizier mit Bewerbung nach der Offiziersausbildung

Physische Voraussetzungen

  • 1000m-Schwimmen unter 24 Minuten
  • 5000m-Lauf unter 23 Minuten
  • 30m-Streckentauchen mit einer Wende
  • 60 Sekunden Zeittauchen
  • sechs Klimmzüge im Ristgriff
  • zehn mal Bankdrücken mit 70 Prozent des Körpergewichts
  • erfüllter Physical Fitness Test
  • Tauchtauglichkeit, untersucht im Schifffahrtmedizinischen Institut der Marine
  • Fallschirmsprungtauglichkeit

Basisausbildung

Bevor ein angehender Kampfschwimmer seine Ausbildung beginnen kann, muss er seine allgemeine militärische Ausbildung bzw. seine normale Unteroffziersausbildung abgeschlossen haben, den sechswöchigen Schwimmtaucherlehrgang in Neustadt/Holstein ablegen und es müssen noch mindestens sechs Jahre Dienstzeit bevorstehen. In der Basisausbildung werden die Grundzüge des militärischen Tauchens gelehrt. Anschließend müssen die folgenden Lehrgänge absolviert werden, die je nach Jahreszeit variieren können:

Halle

Die Zeit der Hallenausbildung dient dazu, die angehenden Kampfschwimmer sowohl psychisch als auch physisch an ihre Grenzen zu führen und ist daher nicht als Ausbildung zu verstehen, sondern eher als ein weiteres Auswahlverfahren, während dessen die meisten der Bewerber scheitern. Das Programm umfasst Ausdauerläufe, Mutproben, Langstreckenschwimmen, Zeit- und Streckentauchen (Luftanhalten), sowie Liegestütze, Klimmzüge, Sit-Ups und Kniebeugen. Die Hallenausbildung findet zu großen Teilen in der Taucherübungshalle statt.

Einsatz- und Freiwasser

Nach dem erfolgreichen Abschluss der Hallenausbildung kommt die Kampfschwimmereinsatzausbildung. Sie findet im offenem Wasser statt. In ihr wird hauptsächlich das Tauchen und das Langstreckenschwimmen in der Ostsee geübt, das sich wegen anderer Sicht- und Temperaturverhältnisse deutlich schwerer gestaltet als in der Schwimmhalle. Den Abschluss der Einsatzausbildung bildet das 30-km-Schwimmen durch die Ostsee.

Taktik

In der Kampfschwimmertaktikausbildung wird den angehenden Kampfschwimmern der infanteristische Kampf beigebracht, sowie das Seekajakfahren.

Weiterführende Ausbildung

Weitere Ausbildungsabschnitte sind der Kraftbootführerschein, die Ausbildung als „Sprenghelfer der Marine mit Taucheinsatz“, der Führerschein für die Bundeswehr-Klassen BCE (Pkw, Lkw, Lkw-Anhänger), der Einzelkämpferlehrgang Teil 1, sowie der Fallschirmspringerlehrgang an der Luftlande-/Lufttransportschule Altenstadt.

Bootsleute (vgl. Feldwebel) und Offiziere müssen darauf aufbauend noch weitere Ausbildungsschritte absolvieren:

  • Sprengleiter Marine mit Taucheinsatz
  • Kampfschwimmereinsatzleiter
  • Kampfschwimmerkampftruppführer
  • Fallschirmsprungausbildung, manuell

Außerdem werden folgende Lehrgänge im Ausbildungszentrum Spezielle Operationen in Pfullendorf absolviert:

Anschließend folgt die Verwendung in der Kampfschwimmerkompanie.

Interne Lehrgänge

In der Verwendung der Kampfschwimmerkompanie findet noch eine weitere Spezialisierung statt, sowie weitere Sonderlehrgänge wie Fernaufklärung in Pfullendorf, Bergsteigen/Kampf im Gebirge bei den Gebirgsjägern, Fernmelde-Lehrgang, Erste Hilfe, taktische Luftüberwachung, Waffen- und Schießausbildung usw. Bei der GSG 9 der Bundespolizei lernen die Kampfschwimmer das Gefechtsschießen. Nahkampf-Drill und Psychologie dienen der Antiterror-Taktik.

Ausrüstung

Während Kampfschwimmer küstennah, unentdeckt und in geringer Tiefe operieren, werden andere Waffentaucher auch auf offener See und zum Teil in größeren Tiefen eingesetzt. Das ausschließliche Tauchgerät der Kampfschwimmer ist entsprechend ein Sauerstoff-Kreislaufgerät, ein sog. Rebreather, welches die ausgeatmete Luft aufbereitet und nur geringste Gasmengen an die Umgebung abgibt, sodass der Kampfschwimmer nicht durch aufsteigende Blasen entdeckt werden kann. Entsprechend sind Kampfschwimmer in jeder Situation getarnt und verfügen über ein breites Spektrum an Waffen, z.B. die für den Unterwasserkampf entwickelte P11.

Verweise

Interne Verweise

Literatur

  • Sünkler, Sören: „Die Spezialverbände der Bundeswehr“. Motorbuch Verlag 2007, ISBN 3-613-02592-2
  • Sören Sünkler: „Elite- und Spezialeinheiten Europas“. Motorbuch Verlag 2008. ISBN 3-613-02853-0
  • Probst, Wilhelm: Kampfschwimmer der Bundesmarine. Innenansichten einer Elitetruppe, Motorbuchverlag Oktober 2001, ISBN 3-613-02148-X

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Friedrich Kuhn: Froschmänner sollen die deutschen Marineschiffe beschützen. Spiegel Online, 8. Oktober 2006. Abgerufen am 8. März 2009.
  2. Superschnelles Spezialboot patrouilliert vor Heiligendamm. RP Online, 25. Mai 2007. Abgerufen am 8. März 2009.
  3. Susanne Koelbl: "One Couldn't Help but Feel like a Lousy Comrade". Spiegel Online International, 27. November 2006. Abgerufen am 8. März 2009. (Englisch)
  4. Timo Noetzel, Benjamin Schreer: Spezialkräfte der Bundeswehr – Strukturerfordernisse für den Auslandseinsatz. Stiftung Wissenschaft und Politik Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit, September 2007, S. 26. Abgerufen am 8. März 2009. (pdf)

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