Kloster Breitenau

Kloster Breitenau

Das Kloster Breitenau war ein Kloster der Benediktiner im Ortsteil Breitenau der Gemeinde Guxhagen bei Kassel, am Zusammenfluss der Eder und der Fulda. Seit dem 19. Jahrhundert wurde die Anlage als „Besserungsanstalt“ genutzt, seit 1974 als psychiatrisches Krankenhaus. Während der Zeit des Nationalsozialismus war im Kloster das KZ Breitenau untergebracht.

Baulich ist die romanische Anlage ein wichtiges Beispiel der Hirsauer Bauschule in Hessen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Kloster

Klosterkirche Breitenau

Die Gründung geht 1113 auf den hessischen Gaugrafen Werner IV. von Grüningen (bzw. von Maden) und seine Frau Kunigunde von Bilstein zurück. 1119 kamen aus Hirsau im Schwarzwald Abt Drutwin und zwölf Benediktinermönche nach Breitenau und errichteten die ersten Klostergebäude. 1121 verstarb Werner IV. kinderlos und vermachte dem Kloster sein gesamtes Privatvermögen. Das Kloster stellte sich 1123 unter den Schutz des Erzbischofs von Mainz. Der heilige Adalbertus verstarb 1132 im Kloster Breitenau. Landgraf Ludwig von Thüringen, der mit dem Aussterben der Gisonen 1137 die Grafschaft Maden erbte, wurde damit auch Schirmvogt des Klosters. 1142 wurden der Hochaltar geweiht und die vom heiligen Norbert 1120 aufgefundenen vier Ursulanischen Reliquien dem Kloster Breitenau zur Verfügung gestellt.

Im 15. Jahrhundert verfiel das Kloster, wofür die prekäre Wirtschaftslage des Klosters verantwortlich war. 1508 wurde das Chorschiff von Mönchen gotisch ausgemalt.

Säkularisierung

1528 wurde der Klosterbetrieb im Zuge der Einführung der Reformation in Hessen durch Landgraf Philipp eingestellt. Abt Johann Meyer, der Prior und 16 Mönche traten zum Protestantismus über. Die Mönche wurden mit Getreide abgefunden. Der Landgraf bestellte einen Vogt.

Im Jahr 1579 wurde die Klosterkirche nach dem Abbruch der Seitenschiffe in einen Getreidespeicher umgewandelt. Die einst zum Kloster gehörenden Ländereien wurden verpachtet.

Von 1607 bis 1627 versuchte Landgraf Moritz der Gelehrte, die Anlage erneut wirtschaftlich zu nutzen. Der Versuch, eine Stadt zu gründen, scheiterte ebenso wie die Ansiedlung von 630 Hessen aus anderen Orten. In dieser Zeit wurden von dem Baumeister Wiedekindt ein Herrenhaus, ein Marstall, eine Jägerei, Lustgärten, ein Springbrunnen, Fischteiche und verschiedene Wirtschaftsgebäude erstellt. 1626 wurde die Anlage von den Truppen Tillys gebrandschatzt. Es verschwanden drei Glocken und die umfangreiche Bibliothek. Octavio Piccolomini und seine Soldateska brannten die Gebäude bis auf die Kirche, Kapelle und eine gotische Scheune nieder. Danach diente die Kirche nur noch als Getreidespeicher und Pferdestall; der Rest des ehemaligen Klosters verfiel.

Klosteranlage Breitenau

Im Siebenjährigem Krieg von 1756 bis 1763 wurde die Anlage zerstört und geplündert. Literarisch wurde diese Epoche von dem Schriftsteller Heinrich Ruppel in der Dichtung „Die Michaelisbraut von Guxhagen“ verarbeitet.

1871 wurden französische Kriegsgefangene im Kloster Breitenau inhaftiert. Im gleichen Jahr übernahm der preußische Regierungsbezirk Kassel die verwahrloste Anlage und baute sie 1872 bis 1874 in eine „Korrektions- und Landesarmenanstalt“ um, eine so genannte „Besserungsanstalt“ für Bettler, Landstreicher, Prostituierte und „verwahrloste“ Jugendliche. Seit 1850 wurde die Kirche nicht mehr als Getreidespeicher genutzt, und das Langschiff wurde seit dem 23. August 1874 wieder als Kirche der „Besserungsanstalt“ verwendet. 1890 wurde der neuromanische Glockenturm gebaut.

Der gesamte Gebäudekomplex wurde zwischen 1927 und 1929 unter Leitung von Bezirkskonservator Friedrich Bleibaum gesichert und restauriert, und die gotischen Malereien vom Anfang des 16. Jahrhunderts wurden freigelegt. Die Kirche wurde am 23. März 1930 festlich neugeweiht.

Nationalsozialistische Zweckentfremdung

(Siehe auch: KZ Breitenau)

Von Juni 1933 bis März 1934 wurde auf dem Gelände das KZ Breitenau für politische Häftlinge eingerichtet. Insgesamt wurden 470 Gegner des Nationalsozialismus hier inhaftiert. Einer der politischen Häftlinge war von 1933 bis 1945 der SPD-Politiker und spätere SED-Funktionär Fritz Wagner. 1940 wurde das ehemalige Kloster sogenanntes „Arbeitserziehungslager“ für deutsche und ausländische Zwangsarbeiter, die in der Rüstungsindustrie und der Landwirtschaft arbeiten mussten. Außerdem war es gleichzeitig Konzentrationssammellager für die Deportation in andere Konzentrationslager. Die jüdische Ärztin Lilli Jahn, Mutter des späteren Bundesjustizministers Gerhard Jahn, wurde am 30. August 1943 nach Breitenau gebracht und im März 1944 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. (2002 veröffentlichte der Journalist Martin Doerry „Mein verwundetes Herz: Das Leben der Lilli Jahn 1900–1944“. Doerry arbeitete den Briefwechsel Lilli Jahns mit ihren Kindern in Immenhausen literarisch auf.) 1944 war das Kloster Ausweichstelle der Gestapo Kassel, die 1945 unweit des Klosters 28 Gefangene an der Fulda ermordete. Wilhelm Hugues schuf 1950 den Gedenkstein für die Opfer des Nationalsozialismus vom KZ Breitenau. Eine 1984 eröffnete Dauerausstellung gedenkt der Opfer des Nationalsozialismus.

Nachkriegszeit

Die amerikanische Militärregierung löste 1949 die Landesarbeitsanstalt auf; das Landesfürsorgeheim blieb weiter bestehen. Von 1952 bis 1973 war im Kloster Breitenau ein Mädchenerziehungsheim, das Jugendheim Fuldatal, untergebracht. Ab 1974 wurde Kloster Breitenau Außenstelle der psychiatrischen Krankenhäuser Haina und Merxhausen.

Seit 1988 arbeitet man die Erziehungsmethoden des Jugendheims auf.

Persönlichkeiten

Literatur

  • Eduard Brauns: Wander- und Reiseführer durch Nordhessen und Waldeck. Bernecker, Melsungen 1971, S. 293–296.
  • Dietfrid Krause-Vilmar, Stephan von Borstel: Breitenau 1933–1945. Bilder – texte – dokumente – images – texts – documents. (deutsch/englisch). Kassel University Press 2008, ISBN 978-3-89958-357-1. (online, PDF-Datei; 8,7 MB)
  • Gunnar Richter (Hrsg): Breitenau, Zur Geschichte eines nationalsozialistischen Konzentrations- und Arbeitserziehungslagers. Kassel 1993, ISBN 3-928172-25-5.

Weblink

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