Angersiedlung (Magdeburg)

Angersiedlung (Magdeburg)
Lagepläne
Wörlitzer Straße, Expressionismus 1919
Zerbster Straße (1919)
Coswiger Straße (1926/27)
Bauhausstraße

Die Angersiedlung ist ein Wohngebiet im Magdeburger Stadtteil Brückfeld, das in den Jahren 1913 bis 1938 entstand. Die Siedlung gilt deutschlandweit als Musterbeispiel für das „Neue Bauen“ in den 1920er Jahren.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Als im Jahre 1892 die Festungsbestimmungen für den Magdeburger Stadtteil Friedrichstadt (heute Brückfeld), der sich bis dahin innerhalb der Festungsmauern der Turmschanze beschränken musste, aufgehoben wurden, bot sich die Möglichkeit, die Wohnbebauung weiter nach Osten voranzutreiben. Dies wurde nach dem 1. Weltkrieg umso dringender, da zu dieser Zeit in Magdeburg erhebliche Wohnungsnot herrschte.

1921 war der Architekt Bruno Taut zum Stadtbaurat berufen worden, und unter seiner Leitung entstand 1923 ein Generalsiedlungsplan für den Wohnungsbau in Magdeburg. Die Umsetzung des Plans übernahm die Stadt nicht selbst, sondern überließ die Finanzierung und Ausführung gemeinnützigen Wohnungsbaugenossenschaften, die allerdings eng mit Tauts Stadterweiterungsamt zusammenarbeiteten und von diesem in architektonischen Fragen beraten wurden.

Erste Bauphase (1919–1922)

Schon vor dem Ersten Weltkrieg waren in der Dessauer, Roßlauer und Zerbster Straße Wohnhäuser im Stil der Gründerzeit errichtet worden. Ab 1919 begann der Magdeburger Mieter-, Bau- und Sparverein die Wörlitzer Straße zu bebauen. Dabei entstanden Fassaden mit dem Expressionismus nachempfundenen Stilelementen und mit kontrastreicher Farbgestaltung, wie sie von Taut initiiert worden war. Diese Bauphase wurde im Jahre 1922 abgeschlossen. Bedingt durch die Wirtschaftskrise wurde die Bebauung vorerst nicht weitergeführt.

Zweite Bauphase (1926–1927)

Die nächste Bauphase begann 1926. Inzwischen war der Tautschüler Johannes Göderitz Leiter des Stadterweiterungsamtes geworden, der sich besonders für einen sozialen Wohnungsbau einsetzte, der gesunde von Licht und Luft umflossene Wohnverhältnisse zum Ziel hatte. Diese Epoche ging als das „Neue Bauen“ in die Architekturgeschichte ein. Dem Prinzip folgend wurden durch die Architekten Carl Krayl und Maximilian Worm in der Angersiedlung die Wohn- und Durchgangsstraßen konsequent voneinander getrennt, es entstanden den gesamten Straßenzug ausfüllende dreigeschossige flachgedeckte Gebäude, vorwiegend in nordsüdlicher Ausrichtung mit begrünten Innenhöfen. In den meisten Fällen wurde die so genannte Zweispännerlösung angewandt, d. h. es wurden jeweils zwei Wohnungen einer Etage mit dem Treppenhaus verbunden, sodass jede Wohnung ausreichend mit natürlichem Licht versorgt wurde. Viel Wert wurde auf die Fassadengestaltung gelegt. Unter Verwendung unterschiedlicher Bauelemente und den Farben Schwarz, Rot und Gelb (offensichtlich in Anlehnung an die Farben der Weimarer Republik) entstanden rhythmische, horizontale Gliederungen. Durch die Schaffung unterschiedlicher Details, so z. B. das Integrieren der Treppenhausfenster in die Brüstung der Wohnungsloggien bzw. ihre etagenbündige Ausrichtung zwischen flankierenden Brüstungen, wurde Monotonie vermieden.

Dritte Bauphase (1929–1938)

Die letzte Bauphase begann 1929 mit Arbeiten der vom Mieter-, Bau- und Sparverein engagierten Architekten Friedrich Rother und Artur Reinecke, die den Bereich Dessauer Straße und Georg-Heidler-Straße bebauten. Das bisherige Bauprinzip wurde beibehalten, allerdings ging man bei der Farbgestaltung dezenter vor. Als neues gestaltendes Element kamen die Hausdurchlässe hinzu, die neben ihrer verkehrstechnischen Funktion auch Sichtbeziehungen zu den unterschiedlich angewendeten Baustilen zulassen. Mit dem Nationalsozialismus setzte sich nach 1933 eine andere Baustilaufassung durch. Diese wurde durch den Architekten J. Arnold verkörpert, der 1935 Rother ablöste und mit der Bebauung der westlichen Georg-Heidler-Straße einen Schlusspunkt unter die Errichtung der Angersiedlung setzte. Seine Bauten sind durch steile Dächer und die massiven Einfassungen der Haustüren mit ihrer flachbogigen Gestaltung charakterisiert.

Literatur

  • Magdeburg – Architektur und Städtebau. Verlag Janos Stekovics, 2001, ISBN 3-929330-33-4.
  • Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Sachsen-Anhalt I. Deutscher Kunstverlag, 2002, ISBN 3-422-03069-7.
  • Puhle/Petsch: Magdeburg 805–2005. Verlag Janos Stekovics, 2005, ISBN 3-89923-105-8.

52.13066911.6693267Koordinaten: 52° 7′ 50,4″ N, 11° 40′ 9,6″ O


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