Kurden in Deutschland

Kurden in Deutschland

Als Kurden in Deutschland werden Kurden bezeichnet, die ihren Wohnsitz in Deutschland haben.

Inhaltsverzeichnis

Statistiken

Die Anzahl der in Deutschland lebenden Kurden ist nicht amtlich erfasst, weil Ausländer, in amtlichen Statistiken, nach ihrer Staatsangehörigkeit differenziert werden und es keinen kurdischen Staat und damit auch keine kurdischen Staatsangehörigen gibt. Die meisten Kurden sind türkische, irakische, iranische, syrische oder deutsche Staatsangehörige. Amtlich erfasst wurde und wird die kurdische Identität nur, wenn jemand in seinem Asylantrag angibt, als Kurde im Herkunftsland politischer Verfolgung ausgesetzt zu sein.

Migrationssituation

Die Anzahl der in Deutschland lebenden Kurden wird zwischen 500.000[1][2] und 800.000[3] geschätzt. Kurdische Migranten, fast ausschließlich Männer, kamen als Arbeitsmigranten in die Bundesrepublik Deutschland. Bis zum Anwerbestopp 1973 bestand ein Drittel (d.h. ca. 400.000) der angeworbenen türkischen Gastarbeiter aus Kurden.[4]

Relativ viele Kurden kamen seit der islamischen Revolution 1979 im Iran, dem Militärputsch 1980 in der Türkei, während des Libanonkrieges (1982), dem Türkei-PKK-Konflikt (1984), sowie nach den Übergriffen des Regimes Saddam Husseins im Irak (vor allem nach dem Giftgasangriff 1988 auf Halabdscha ) als Asylbewerber in die Bundesrepublik Deutschland. Den Höhepunkt der Asylbewerberwelle bildeten die späten 1990er Jahre.[5] In dieser Zeit kamen ca. 80 Prozent aller türkischen Asylbewerber in Deutschland aus den Kurdengebieten.[6][7]

Ein Drittel bis über die Hälfte der Flüchtlinge, die seit Ende der neunziger Jahre aus dem Irak kamen, sind Kurden.[8][9][10]

Eine relativ kleine Gruppe von Kurden bilden ehemaligen Studenten von deutschen Hochschulen, die nach dem Studium in Deutschland verblieben sind. Die ersten kurdischen Einwanderer nach dem Zweiten Weltkrieg zählen hierzu.

Religion

Unter Kurden sind verschiedene Religionen und Glaubensrichtungen vertreten. Die Mehrheit der Kurden sind Anhänger der sunnitischen Glaubensrichtung des Islams, sie machen etwa zwei Drittel aus. Ebenfalls vertreten sind Anhänger anderer Auslegungen des Korans bzw. Islams, wie z.B. die aus der Schia hervorgegangenen Bajwan oder die Aleviten). Daneben finden sich mit Jesiden, Ahl-e Haqq, Christen, Juden, Kaka´i, Sarli, usw. Anhänger vieler anderer Religionen.[11]

Zwei Drittel, der in Deutschland lebenden, Kurden sind schafiitische Sunniten (im Gegensatz zu den ethnischen Türken und Arabern in ihren Herkunftsstaaten, die überwiegend Hanafiten sind). Die Zahl der kurdischen Aleviten in Deutschland wird auf ca. 175.000 geschätzt.[12]

In Deutschland leben zwischen 35.000 und 40.000 Jesiden, davon 3.000 in der Stadt Celle[13][14] und 1.300 in Oldenburg[15].

Selbstbild und politische Orientierung

Viele der als Gastarbeiter nach Deutschland gekommenen Kurden legten anfänglich keinen besonderen Wert darauf, nicht als Türken eingeordnet zu werden. Das Bewusstsein der Kurden in Deutschland, einer anderen Ethnie als der türkischen anzugehören, nahm mit den politischen Spannungen in den türkischen Kurdengebieten sowie dem wachsenden Zustrom türkischer Flüchtlinge und Asylbewerber zu. Das Leben in der (deutschen) Diaspora gibt Impulse für die Entwicklung der kurdischen Schriftsprache, der kurdischen Literatur und Musik.

Zwei Prozent (11.500) der in Deutschland lebenden Kurden stuft der Verfassungsschutz als Anhänger des „Volkskongresses Kurdistans“ (Kongra Gel), der Nachfolgeorganisation der verbotenen UntergrundorganisationPKK, ein.[16] Zwischen jüngeren Kurden und ethnischen Türken kommt es in Deutschland teils zu – auch gewalttätigen – Auseinandersetzungen.[17] Dem Vorsitzenden des Deutsch-Türkischen Forums in der nordrhein-westfälischen CDU, Bülent Arslan, zufolge, ist der Konflikt zwischen Türken und Kurden in Deutschland Ausdruck mangelnder Integration.[18]

Bekannte Kurden aus Deutschland

Politiker
Musiker
Schauspieler/ Regisseur
Sportler
Auto/Schriftsteller, Menschenrechtler

Andere Persönlichkeiten

  • Engin Sincer, alias Erdal, stammte aus Deutschland und kam 2003 unter ungeklärten Umständen ums Leben

Einzelnachweise

  1. ca. 500.000 laut Schätzung der Bundesregierung in Bundestagesanfrage Ds. 14/2676 von 14. Februar 2000
  2. ca. 600.000 laut NAVEND - Zentrum für kurdische Studien: Migration
  3. ca. 700. - 800.000 (Schätzung für das Jahr 2002) laut Deutsch-Kurdische Gesellschaft: Die Situation der Kurden in Deutschland Facharbeit S.11 unter Berufung auf NAVEND
  4. HÎNBÛN - Internationales Bildungs- und Beratungszentrum für Frauen und ihre Familien in Berlin-Spandau: Kurden in Deutschland
  5. NAVEND - Zentrum für kurdische Studien: Entwicklung der Zahl kurdischer Flüchtlinge aus dem Irak, Iran, Syrien und der Türkei von 1991 bis 2001
  6. Deutsch-Kurdische Gesellschaft: Die Situation der Kurden in Deutschland Facharbeit S.13f.
  7. 79 Prozent aller türkischen Asylbewerber im Jahr 2007 waren kurdischer Volkszugehörigkeit: Rund 19.000 Asylbewerber im Jahr 2007 – Geringster Zugang seit 1977 BMI 10. Januar 2008
  8. 35 Prozent Kurden bei 17.167 irakischen Asylantragstellern im Jahr 2001: Asylbewerberzahlen 2002 Quelle: BMI Pressemitteilung vom 8. Januar 2003 und Deutschland: Zahl der Asylbewerber erreicht Jahreshöchststand Migration und Bevoelkerung Ausgabe 06/01 (September 2001) BpB
  9. gut die Hälfte Kurden von 1983 irakischen Asylantragstellern im Jahr 2005: Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble: Asylbewerberzugang im Jahr 2005 auf niedrigsten Stand seit 20 Jahren BMI 8. Januar 2006
  10. 43 Prozent Kurden von 6.836 irakischen Asylbewerbern im Jahr 2008: Rund 22.000 Asylanträge im Jahr 2008 – deutlicher Anstieg irakischer Asylbewerber BMI, 13. Januar 2009
  11. NAVEND - Zentrum für kurdische Studien: Religion
  12. Sukriye Dogan / Eva Savelsberg: Die religiöse Landschaft der Kurden
  13. Durchs deutsche Kurdistan. In: Die Zeit vom 25. Januar 1999
  14. Siamend Hajo und Eva Savelsberg: Yezidische Kurden in Celle. Eine qualitative Untersuchung
  15. Die Yeziden in Deutschland - Religion und Leben
  16. Matthias Drobinski: Kurden in Deutschland. Tödlicher Stolz In: Süddeutsche Zeitung vom 15. Juli 2008
  17. z.B. Abendschau von Radio Berlin-Brandenburg (RBB): Berlin - Strassenschlachten Türken gegen Kurden Oktober 2007
  18. Kurden-Konflikt – Zehntausende demonstrieren in Deutschland - vereinzelte Zwischenfälle Spiegel online vom 4. November 2007

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