Ludolf Parisius

Ludolf Parisius

Ludolf Parisius (* 15. Oktober 1827 in Gardelegen; † 11. März 1900 in Berlin) war ein deutscher Jurist, Publizist, liberaler Politiker und Heimatforscher.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Parisius studierte Mathematik und Rechtswissenschaften in Halle. Dort wurde er 1847 Mitglied, später Ehrenmitglied des Corps Palaiomarchia.[1] Anschließend absolvierte er die übliche Ausbildung für den preußischen Justizdienst. Zwischen 1858 und 1864 amtierte er als Kreisrichter in Gardelegen.

Seit 1859 war Parisius Mitglied des Nationalvereins. Er nahm an der ersten Generalversammlung der Organisation in Coburg teil. Im übrigen war er führender Politiker und publizistischer Wortführer der Fortschrittspartei. Zwischen 1862 und 1898 war Parisius Mitglied des Preußischen Abgeordnetenhauses. Zunächst gehörte der Fraktion der Fortschrittspartei, später der Freisinnigen Partei und schließlich der Freisinnigen Volkspartei an.

Im Jahr 1864 wurde Parisius aus politischen Gründen seines Richteramtes enthoben. Er arbeitete anschließend als Publizist und Autor in Berlin. Unter anderem war er 1865 Redakteur bei den „Blättern für Genossenschaftswesen“. Er war Stellvertreter von Hermann Schulze-Delitzsch auf den Verbandstagen des Allgemeinen Deutschen Genossenschaftsverbandes. Zwischen 1868 und 1872 war Parisius Herausgeber der Wochenschrift „Der Volksfreund“ und Redakteur bei der Zeitschrift „Der Reichsfreund“. Im „Volksfreund“ griff er den reaktionären preußischen Kultusminister Heinrich von Mühler (1862–1872) in zwei Satiren an: „Ein preuß. Kultusminister, der seinen Beruf verfehlt hat“ und (auf dessen Reaktion) „Exzellenz, warum so mißvergnügt?“

Ab 1874 bis 1877 und von 1881 bis 1887 war Parisius Mitglied des Reichstages. Zwischen 1877 und 1884 war er neben Eugen Richter Herausgeber der „Parlamentarischen Correspondenz aus der Fortschrittspartei“. Als Mitglied im geschäftsführenden Ausschuss gehörte er der engeren Führungsgruppe der Fortschrittspartei an.

Neben seinen politischen Schriften war er auch als juristischer Autor unter anderem als Kommentator der Gesetzgebung zum Genossenschaftswesen tätig. Außerdem bemühte sich Parisius um den Erhalt des Volksgutes seiner altmärkischen Heimat. So stammen mehrere altmärkische Volkslied- und Geschichtssammlungen aus seiner Hand. Erwähnenswert sind neben anderen die Bände Im Wald und auf der Heide (1876) und Bilder aus der Altmark (1882/1883).

Zu DDR-Zeiten trug der Gardelegener Kulturbund seinen Namen.

Werke (Auswahl)

  • Zusätze zu J. F. Danneils Wörterbuch der altmärkisch-plattdeutschen Mundart. In: Neunzehnter Jahresbericht des Altmärkischen Vereins für vaterländische Geschichte und Industrie zu Salzwedel. Abtheilung für Geschichte. Magdeburg 1879, S. 37–80
  • Deutsche Volkslieder mit ihren Singweisen (geistliche Lieder und Balladen), in der Altmark und im Magdeburgischen aus Volksmunde gesammelt. In: Neunzehnter Jahresbericht des Altmärkischen Vereins für vaterländische Geschichte und Industrie zu Salzwedel. Abtheilung für Geschichte. Magdeburg 1879, S. 113–179
  • Bilder aus der Altmark. - Hamburg : Richter, 1883. Digitalisierte Ausgabe der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf

Literatur

  • Ingeborg Weber-Kellermann und Erich Stockmann: Ludolf Parisius und seine altmärkischen Volkslieder (= Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Veröffentlichungen des Instituts für deutsche Volkskunde. Band 10), Akademie-Verlag, Berlin 1957.
  • Gerhard Richter: Zwei hundertjährige Briefe (Von Ludolf Parisius). In: Altmärkisches Museum Stendal. Jahresgabe XII. 1958, S. 77–85
  • Edwin Nitter: Weitere Briefe von Ludolf Parisius. In: Altmärkisches Museum Stendal. Jahresgabe XIII. 1959, S. 85–101
  • Doris Stockmann: Der Volksgesang in der Altmark. Von der Mitte des 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts (= Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Veröffentlichungen des Instituts für deutsche Volkskunde. Band 29), Akademie-Verlag, Berlin 1962.

Einzelnachweise

  1. Kösener Corpslisten 1930, 61, 12

Weblinks


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