Luftangriff auf Gernika

Luftangriff auf Gernika
Das von der Legion Condor zerstörte Gernika

Der Luftangriff auf Gernika (kastilisch Guernica) am 26. April 1937 durch deutsche Kampfflugzeuge der Legion Condor war eine militärische Operation während des Spanischen Bürgerkrieges im Baskenland. Die Legion Condor war für den Hauptteil des Bombardements verantwortlich, das italienische Corpo Truppe Volontarie war an der Operation beteiligt. Dieser Luftangriff war der erste Verstoß der deutschen Luftwaffe gegen das Kriegsvölkerrecht.[1]

Geleitet wurde der Angriff auf Gernika von Wolfram von Richthofen. Gernika war nur eine der schutzlosen Städte, die von der Luftwaffe der nationalistischen Streitkräfte während des Feldzuges in der baskischen Provinz Vizcaya zerstört wurden. Der Fall Gernika erlangte wegen der offensichtlichen deutschen Beteiligung internationale Bedeutung, besonders in England ergriffen Öffentlichkeit und Parlament Partei, aber ohne Folgen. Die deutsche Diplomatie bestritt die Schuld der deutschen Flieger, Francisco Franco beschuldigte sogar José Antonio Aguirre, den Präsidenten der baskischen Republik, er habe Gernika zerstören lassen, um diese Tat ihm, Franco, in die Schuhe zu schieben und damit die bereits besiegten Basken zu einem letzten Aufbäumen zu motivieren.

Kurz nach Bekanntwerden der Bombardierung Gernikas entwarf Pablo Picasso sein Monumentalgemälde Guernica, welches in schwarzen, grauen und weißen Farbtönen den Schrecken jenes Apriltages zeigt. Dieses Bild gilt bis heute als denkwürdige Anklage gegen den Krieg.

1997 entschuldigte sich Bundespräsident Roman Herzog bei einem Besuch in Spanien offiziell im Namen Deutschlands für den Angriff.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Zwischen 1936 und 1939 tobte in Spanien ein Bürgerkrieg zwischen den Truppen der demokratisch gewählten Regierung der Zweiten spanischen Republik und den nationalistischen Putschisten unter General Francisco Franco. Beide Seiten erhielten Unterstützung durch ausländische Truppenverbände und Waffenlieferungen. So versorgte die stalinistische Sowjetunion die Republikaner, während das nationalsozialistische Deutschland und das faschistische Italien die Seite der Nationalisten unterstützten.

Als der Putschversuch der Militärs zu scheitern drohte, erhielten die spanischen Franquisten Hilfe von den Regierungen in Deutschland und Italien. Dabei sollte die deutsche Luftwaffe, die seit 1935 neu aufgebaut wurde, Kampferfahrung sammeln und die Entwicklung neuer Flugzeugtypen und Luftkampftaktiken vorangetrieben werden.

Der Krieg im Norden (März–September 1937)

Bereits am 31. März 1937, also knapp einen Monat vor Guernica, wurde die etwa 20 Kilometer entfernte Kleinstadt Durango von deutschen Flugzeugen bombardiert (Krieg im Norden). Bei den Angriffen kamen etwa 500 Menschen ums Leben. Das Bombardement erlangte jedoch im Lichte der darauffolgenden Ereignisse kaum Bekanntheit. Heute wird gemeinhin angenommen, dass die Deutschen in Durango ihre Flugzeuge und Waffensysteme für den anstehenden Luftangriff auf Gernika testen wollten.

Gernika, eine Kleinstadt mit damals 5000 bis 6000 Einwohnern im Baskenland an der Nordküste Spaniens am Golf von Biscaya gelegen, bekannter unter ihrem spanischen Namen Guernica, befand sich zu dieser Zeit in einem schmalen, von den Republikanern kontrollierten Streifen, der jedoch durch die von General Francisco Franco angeführten Vorstöße schon im Juli des Jahres 1936 von den anderen republikanischen Gebieten abgetrennt worden war.

Der Angriff

Ziel des deutschen Angriffs auf Gernika war angeblich die Zerstörung einer 25 Meter langen und 10 Meter breiten Steinbrücke über den Fluss Oca, die das Zentrum mit dem östlichen Stadtteil Rentería verband. Dadurch sollte vorgeblich, wie später von der deutschen Kommandoführung beteuert, die Infrastruktur zerstört und den Truppen Francos ein leichteres Erobern der Stadt ermöglicht werden.

Am Morgen des 26. April 1937, einem Montag, meldete die Besatzung eines Aufklärers der Aufklärungsgruppe 88 (A/88) fälschlicherweise größere Truppenansammlungen am Rande Gernikas. In Wirklichkeit handelt es sich um Zivilisten auf dem Weg zum Markt. Der Stabschef der Legion Condor, Wolfram von Richthofen, sah hierin eine taktische Gelegenheit, die vermeintlichen "Reserven" des Gegners – man vermutete hier 23 baskische Bataillone – zu isolieren und zu vernichten und erhielt die Angriffsfreigabe von Oberst Vigón, dem Stabschef von Emilio Mola. Die Kommunikation zwischen von Richthofens Kommandoposten und dem Hauptquartier der Nationalen in Burgos soll nicht einwandfrei funktioniert haben und so kam es stattdessen zum direkten Angriff auf Gernika.[2]

Nachmittags um 15:45 Uhr startete auf dem Flughafen Burgos, etwa 140 Kilometer südwestlich von Gernika gelegen, eine Dornier Do 17 mit vier Mann an Bord. Begleitet von Jagdfliegern aus Vitoria als Schutz flog die Maschine zunächst etwa zehn Kilometer auf den Golf von Biscaya hinaus (von der Seeseite erwarteten die Spanier keine Angriffe) und kehrte dann in einer Schleife nach Gernika zurück, angeblich um die Brücke zu zerstören. Die Bomben, entriegelt um 16:30 Uhr, trafen jedoch nicht das Bauwerk, sondern fielen ins Stadtzentrum.

Zehn Minuten später führte das Flugzeug die erste Staffel, bestehend aus drei Savoia-Marchetti SM.79 der italienischen Legion, über der Küste an. Diese steuerte über die Stadt und ließ die Bomben aus einer Höhe von etwa 700 Metern fallen.

Um 17:00 Uhr erhoben sich 50 Kilometer südlich der Stadt, in Vitoria, 10 Heinkel-He-51-Jäger; zur gleichen Zeit starteten 27 Junkers Ju 52/3m von Burgos aus. Die größeren Flugzeuge gehörten zur Kampfgruppe 88 (K/88) und der Versuchsbombergruppe 88 (VB/88), die einmotorigen Heinkels zur 3. Staffel der Jagdgruppe 88 (3.J/88). Geleitschutz flogen Messerschmitt Bf 109-Jäger der ersten beiden Staffeln des selben Verbandes (1. und 2.J/88). Die Aufklärungsgruppe 88 (A/88) war ebenfalls beteiligt.

15 Minuten darauf trafen die He 51 in Gernika ein. Aus einer Flughöhe von 30 Metern beschossen die Besatzungen auf den Straßen befindliche Personen. Wenig später warfen die Ju 52 ihre Bomben in drei Wellen ab. Gegen 18:50 Uhr erreichten mehrere Bf 109 der 2.J/88 erneut den Ort und schossen auf die Flüchtenden. Zehn Minuten später flogen weitere He 51 den letzten Angriff.

Durch die Bomben und das anschließende Großfeuer wurden etwa 80 Prozent aller Gebäude zerstört, unter anderem der Bahnhof und eine Olivenfabrik, deren Brand dichte Rauchwolken zur Folge hatte und die Zielgenauigkeit der späteren Angriffswellen beeinträchtigte. Die Rentería-Brücke allerdings war nicht von einer einzigen Bombe getroffen worden. Sie blieb genauso unbeschädigt wie eine kleinere Waffenfabrik und auch beide Krankenhäuser.

Die Times berichtete am Tag nach dem Angriff aus Gernika, dass wahrscheinlich Hunderte von Menschen durch den Angriff gestorben seien.[3][4] Die damalige baskische Regierung meldete hingegen 1654 Tote und 889 Verletzte.[5][6] Diese amtliche Zahl wurde jedoch in späteren Forschungen revidiert und man geht nun stattdessen von etwa 200 bis 300 tatsächlichen Todesopfern aus.[7][6] Die exakte Bestimmung der Opferzahl wurde jedoch durch die Anwesenheit von (unregistrierten) Flüchtlingen in der Stadt erschwert, so dass man letztlich auf Schätzungen angewiesen ist.[8]

Hilfen

Um 23:00 Uhr – knapp vier Stunden nach dem Abzug der letzten He 51 – traf ein aus Bilbao kommender Löschtrupp der Feuerwehr ein. Doch auch dieser vermochte den Brand nicht zu löschen, da die meisten Wasserleitungen in der Stadt geborsten waren. Der Brand konnte erst am darauffolgenden Tag um 15:00 Uhr nach 16 Stunden gelöscht werden.

Eine 1-Kilogramm-Stab-Brandbombe

Abwurfmenge und verwendete Bomben

Im Laufe des Angriffes warfen die Deutschen ca. 22 bis maximal 40 Tonnen Fliegerbomben auf Gernika ab. Das eingesetzte Abwurfmaterial bestand aus 250-Kilo-Sprengbomben, 10 bzw. 50-Kilo-Splitterbomben sowie 1-Kilo-Stabbrandbomben. Letztere machten etwa ein Drittel der Gesamtabwurfmenge aus.

Einmarsch der Franquisten

Wenige Tage nach den Bombardements nahmen die Franco-Truppen über die Rentería-Brücke kommend die Gegend und auch die Stadt ein. Sie trafen auf keinerlei Widerstand mehr.

Einzelnachweise

  1. Klaus A. Maier: Die Zerstörung Gernikas am 26. April 1937. In: Militärgeschichte. 1/2007, S. 22.
  2. Aces of the Legion Condor. Osprey, Oxford/England 2011, ISBN 978-1-84908-347-8, S. 58f.
  3. Bombing of Guernica: original Times report from 1937. Times Newspapers. Abgerufen am 22. Juni 2009.
  4. Intervention – Blutige Generalprobe. Y - Das Magazin der Bundeswehr, Ausgabe April 2007. Bundesministerium der Verteidigung. Abgerufen am 22. Juni 2009.
  5. Ulrich Baron: Die Geschichte von Picassos "Guernica". auf: Welt Online. 22. April 2007.
  6. a b Jörg Diehl: Hitlers Bomben auf Guernica - "Sie haben die Stadt eingeäschert". auf: Spiegel Online. 26. April 2007.
  7. André Corvisier, John Childs: A dictionary of military history and the art of war. Wiley-Blackwell 1994, ISBN 0-631-16848-6, S. 339 (eingeschränkte Online-Version in der Google Buchsuche-USA)
  8. Hubert Kahl (dpa): 70 Jahre Zerstörung von Guernica. auf: ntv.de (abgerufen am 3. Mai 2010)

Literatur

  • Jens Schröder: Guernica, 26. April 1937. In: GEO, Heft 5/2007.
  • Klaus A. Maier: Die Zerstörung Gernikas am 26. April 1937. In: Militärgeschichte. Zeitschrift für historische Bildung. Heft 1/2007, S. 18–22 (PDF, 3 MB).
  • Raúl Arias Ramos: El Apoyo Militar Alemán a Franco: La Legión Cóndor En La Guera Civil. La Esfera de los Libros, 2003.
  • Images of the Spanish Civil War. Eingeleitet von Raymond Carr. Allen & Unwin, London 1986, ISBN 0-04-940089-4 (Guernica auf S. 116–121).
  • Antony Beevor: The Spanish Civil War. Penguin, New York 2001, ISBN 0-14-100148-8.
  • Paul Preston: A Concise History of the Spanish Civil War. Fontana Press, London 1996.
  • Olaf Groehler: Unternehmen Feuerzauber. In: Peter Bork (Hrsg.): Fliegerkalender der DDR 1986. Militärverlag der DDR, Berlin 1985, S. 138–150.
  • Gordon Thomas, Max Morgan-Witts: Der Tag, an dem Guernica starb. Eine Tragödie der europäischen Geschichte. Edition Sven Bergh, Berlin 1982, ISBN 3-88065-074-8.
  • Klaus A. Maier: Guernica 26.4.1937. Herausgegeben vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt, Freiburg 1975.
  • Stefanie Schüler-Springorum: Krieg und Fliegen. Die Legion Condor im Spanischen Bürgerkrieg. Schöningh, Paderborn 2010, ISBN 978-3-506-76747-9.

Weblinks


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