Lytton-Kommission

Lytton-Kommission
Lytton-Kommission in Shanghai

Die Lytton-Kommission wurde auf Vorschlag des japanischen Diplomaten Yoshizawa am 21. November 1931 vom Völkerbund ins Leben gerufen und sollte den Mukden-Zwischenfall vom 18./19. September 1931, bei dem ein Anschlag auf die japanisch kontrollierte Chinesische Eisenbahn verübt wurde, aufklären.

Die Bezeichnung Lytton-Kommission leitet sich vom Namen des Vorsitzenden, dem früheren Vizekönig von Indien, Victor Bulwer-Lytton (2. Earl of Lytton) ab. Weitere Mitglieder waren General Claudel (Frankreich, ehemaliger Generalinspekteur der französischen Kolonialtruppen), Graf Aldrovandi (Italien, früherer Botschafter in Berlin), General McCoy (USA, ehemaliger Adjutant von Präsident Theodore Roosevelt) und Heinrich Schnee (Deutsches Reich, ehemaliger Gouverneur von Deutsch-Ostafrika).

Nach heutigem Stand der Forschung geht man davon aus, dass der Anschlag von Mukden durch die japanische Seite inszeniert wurde, um den eigenen Machtbereich auszuweiten. Die Kommission sollte zur Klärung dieser Frage uneingeschränkte Bewegungsfreiheit erhalten, hatte aber keinerlei Weisungsbefugnis gegenüber den in der Region stationieren japanischen Soldaten und kam deswegen nur zu wenig Erkenntnissen. Japan schlug bewusst die Einsetzung einer Kommission vor, um Zeit zu gewinnen, um in der Mandschurei einen japanischen Satellitenstaat zu installieren ("Mandschukuo"). Die Hoffnungen Japans bewahrheiteten sich, denn erst im September 1932, also etwa ein Jahr nach dem ersten Zwischenfall, wurde der Bericht fertiggestellt. Er war faktisch unbrauchbar, da er viel zu ungenau und zu "schwammig" gehalten war, Spielraum für beidseitige Interpretationen offenließ und gezielte Schuldzuweisungen vermied. So konnten die Japaner weiterhin behaupten, dass der Anschlag von chinesischer Seite ausging und sie lediglich in Selbstverteidigung gehandelt hatten, als sie noch in der Nacht gegen chinesische Garnisonen losschlugen. Er führte zu großer Enttäuschung in China, da auf seiner Grundlage keinerlei Sanktionen gegen Japan möglich waren.

Die Rechnung Japans war somit aufgegangen. Dem japanischen Militär blieb unter geschickter Ausnutzung der Schwäche des Völkerbundes hinreichend Zeit, seine Machtposition in der Mandschurei zu festigen. Der Völkerbund, dem die wegen der Weltwirtschaftskrise anderweitig gebundenen Kräfte der Großmächte fehlten, zeigte sich unfähig, geeignete Maßnahmen gegen die Aggressionen des expandierenden japanischen Kaiserreichs einzuleiten.

Literatur

  • David Bergamini: Japan's Imperial Conspiracy; William Heinemann Ltd, London 1971
  • Heinrich Schnee: Völker und Mächte im Fernen Osten. Eindrücke von der Reise mit der Mandschurei-Kommission, Berlin 1933

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