Madeleine Schickedanz

Madeleine Schickedanz

Madeleine Schickedanz (* 20. Oktober 1943 in Nürnberg) ist eine deutsche Aktionärin. Die einzige Tochter von Grete (1911–1994) und Gustav Schickedanz (1895–1977), dem Gründer des ehemaligen (bis 1999) Quelle Versandhauses, hält mit einem Aktionärspool derzeit 24,55 %[1] der Aktien der Arcandor AG (früher KarstadtQuelle AG), die am 9. Juni 2009 Insolvenz anmelden musste.[2]

Inhaltsverzeichnis

Leben

Madeleine Schickedanz kam 1943 im Luftschutzbunker der Nürnberger Frauenklinik zur Welt. Sie ist die einzige Tochter ihrer Eltern. Schickedanz besuchte zunächst die Volksschule in Hersbruck. Nach der Schule begann Schickedanz ein Studium der Betriebswirtschaftslehre in München. Sie brach es nach zwei Semestern ab und heiratete 1965 ihren ersten Mann Hans-Georg Mangold, der aus ihrer Nachbarschaft stammte.[3][4] Mangold machte in Folge im Konzern der Familie Karriere und musste 1973 nach der Trennung von Schickedanz die Konzernführung verlassen. Auch ihr zweiter Ehemann Wolfgang Bühler (* 1932), Sohn des früheren AEG-Vorstandsvorsitzenden Hans Bühler, verließ nach der Scheidung 1997 abrupt die Unternehmensleitung.[5] Schickedanz nahm ihre unternehmerischen Interessen im Konzern über Jahrzehnte nie direkt selbst wahr. In einem Interview erklärte Schickedanz, sie habe sich immer in der Firma engagiert, „aber nie im Unternehmen gearbeitet“.[6] Im Arcandor-Aufsichtsrat vertrat sie zuletzt ihr dritter Ehemann Leo Herl. Schickedanz saß in keinem Gremium des Konzerns, auch ihre eigene Madeleine-Schickedanz-Vermögensverwaltung führte sie nicht selbst.[7]

Das Paar lebt meist zurückgezogen in Fürth.[8] Schickedanz hat vier Kinder, je zwei aus ihren Ehen mit Hans-Georg Mangold und Wolfgang Bühler. Nachdem ihre Tochter Caroline nach sieben Jahren Behandlung eine Leukämie-Erkrankung überwunden hatte,[9] gründete Schickedanz 1990 die Madeleine Schickedanz KinderKrebs-Stiftung. Von 1994 bis 2009 war sie Honorarkonsulin von Griechenland.[10]

Die Zeitschrift Forbes schätzte ihr Vermögen im Jahr 2008 auf 3,9 Milliarden Dollar,[11] womit sie zu den reichsten Deutschen gehörte. Im Jahr 2009 reduzierte sich die Schätzung auf eine Milliarde Dollar.[12] Durch die Insolvenz der Arcandor AG ist ihr Vermögen weiter geschrumpft.[13][14] Laut eigenen Angaben war das Karstadt/Quelle-Aktienpaket der Familie Schickedanz Juli 2009 noch 27 Millionen Euro wert.[15] Das Luxemburger Bankhaus Sal. Oppenheim hat Madeleine Schickedanz einen dreistelligen Millionenkredit gewährt, der vollständig mit Vermögenswerten abgesichert ist, welche weder direkt noch indirekt von der Insolvenz der Arcandor AG betroffen sind.[16] Schickedanz befürchtet den Verlust ihres Vermögens, wenn die Banken die Kredite fällig stellen.[15] Am Tag der Arcandor-Insolvenz musste Madeleine Schickedanz aufgrund eines Zusammenbruchs intensivmedizinisch behandelt werden.[17]

Im Juni 2009 berichtete das Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL, die durch Schickedanz ins Leben gerufene Stiftung für krebskranke Kinder verschlinge Unsummen für ihre Verwaltung. Von einem gespendeten Euro kämen lediglich 29 Cent dem eigentlichen Zweck zugute.[18][19] Die Stiftung bestritt dies später und erklärte, es handele sich um Werbeaufwendungen.

Ende Juni 2009 wurde bekannt, dass Schickedanz erheblichen Einfluss bei Arcandor verloren hatte. Grund war, dass Martin Dedi (aus dem Familienzweig ihrer Halbschwester Louise[20]) zuvor den Poolvertrag mit Schickedanz aufgelöst hatte. Schickedanz hielt nach dem Verkauf eines Aktienpakets im Wert von 6,5 Millionen Euro noch 21,53 % an dem insolventen Handelskonzern. Neuer Hauptaktionär wird die Oppenheim-Holding.[21][22]

Im Juli 2009 eröffnete Schickedanz in Hersbruck das Kaufhaus Schickedanz in einer ihr gehörenden und an das Bankhaus Sal. Oppenheim als Kreditsicherheit verpfändeten Immobilie.[23][24] Kurz darauf machte sie bundesweit Schlagzeilen, nachdem sie gegenüber der Bild am Sonntag erklärt hatte, sie müsse sich jetzt schon stark einschränken und spare, wo sie könne:[25][26]

„Wenn die Rettung von Arcandor scheitert und die Banken die Kredite fällig stellen, verliere ich alles – Häuser, Aktien, Beteiligungen an anderen Firmen. Ich bekäme mit meinen 66 Jahren noch nicht einmal Rente. […] Wir leben von 500 bis 600 Euro im Monat. Wir kaufen auch beim Discounter. Gemüse, Obst und Kräuter haben wir im Garten.“

Im September 2009 wurde bekannt, dass Schickedanz Beteiligungen an der Nürnberger Firma ICN Immobilien Consult hält, die nach eigenen Aussagen in ihrem Internetauftritt im Jahr 2008 Umsätze „im deutlich zweistelligen Millionen-Euro-Bereich“ erwirtschaftete und 2009 Wohn- oder Geschäftshäuser zu Kaufpreisen von bis zu 15 Millionen Euro als Anlageobjekte suchte. Teile der deutschen Medien schlussfolgerten daraus, dass Schickedanz offensichtlich deutlich wohlhabender sei als von ihr selbst behauptet.[27]

Literatur

  • Christian Böhmer: Grete Schickedanz. Vom Lehrmädchen zur Versandhauskönigin. Ullstein, Frankfurt/Berlin 1996, ISBN 3-550-06919-7.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://www.onvista.de/aktien/profil.html?ISIN=DE0006275001
  2. Nina Klöckner und Kirsten Bialdiga: „Insolvenz der Arcandor AG“, Financial Times Deutschland, 10. Juni 2009
  3. vgl. Katharina Sekareva: Schickedanz: Arme reiche Konzernerbin, Handelsblatt, 3. Juni 2009, unter handelsblatt.com
  4. Andreas Wyputta:Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz – Großaktionärin mit Übermutter, unter taz.de
  5. Andreas Wyputta:Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz – Großaktionärin mit Übermutter, 9. Juni 2009, unter taz.de
  6. Uwe Ritzer: Madeleine Schickedanz – Das Phantom aus Fürth, 21. Oktober 2009, unter sueddeutsche.de.
  7. Annika Joeres: Madeleine Schickedanz - Die Frau im Hintergrund, 20. Oktober 2009, unter fr-online.de.
  8. Martin Scheele: „Madeleine Schickedanz: Die Versandhaus-Diva“, Manager Magazin, 27. Februar 2004
  9. Thomas Schuler: „Die Weihnachtsfrau“, Cicero, Dezember 2005
  10. „Köpfe der Wirtschaft: Madeleine Schickedanz“, WirtschaftsWoche
  11. „#277 Madeleine Schickedanz“, Forbes Magazine, 3. Mai 2008
  12. „#701 Madeleine Schickedanz“, Forbes Magazine, 11. März 2009
  13. „Schickedanz trauert um Arcandor“, Spiegel Online, 10. Juni 2009
  14. Madeleine Schickedanz Quelle versiegt, Financial Times Deutschland, 11. Juni 2009
  15. a b „Quelle-Erbin Schickedanz fürchtet sich vor Armut“, Spiegel Online, 19. Juli 2009
  16. „Sal. Oppenheim bedauert Insolvenz der Arcandor AG“, Pressemitteilung der Sal. Oppenheim, 9. Juni 2009
  17. „Schickedanz im Krankenhaus behandelt“, Spiegel Online, 12. Juni 2009
  18. Kinder-Stiftung von Schickedanz verschlingt Unsummen, 25. Juli 2009, unter Spiegel Online
  19. Zweifel an Schickedanz. In: Der Spiegel. Nr. 31, 2009, S. 56 (27. Juli 2009, online).
  20. Wie Madeleine Schickedanz ihre Milliarden verlor, Die Welt, 12. September 2010
  21. Schickedanz verliert bei Arcandor an Einfluss, Dow Jones Newswires, 30. Juli 2009, z. B. unter focus.de
  22. Insolvenzverfahren – Arcandor: Quelle-Erben verlieren Einfluss, 31. Juli 2009, unter mittelfranken.business-on.de
  23. Kaufhaus Schickedanz ist wieder offen, 23. Juli 2009, unter handelsblatt.com
  24. Wie Madeleine Schickedanz ihr Geld verspielte, 2. September 2009, unter DIE WELT Onlineausgabe
  25. vgl. z. B. Quelle-Erbin fürchtet sich vor Armut, 19. Juli 2009, unter sueddeutsche.de
  26. Quelle-Erbin Schickedanz fürchtet sich vor Armut, 19. Juli 2009, unter Spiegel Online
  27. vgl. z. B. Madeleine Schickedanz offenbar wohlhabender als vermutet, 12. September 2009, online unter Spiegel Online.

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