Makarismen

Makarismen
"Selig die Armen im Geiste", Kirchenfenster in Trittenheim an der Mosel, St. Clemens

Die Seligpreisungen (Makarismen) sind die Bezeichnung für einen bekannten Abschnitt der Bergpredigt in Matthäus 5,3-12 EU. Sie sind eine Reihung von 8+1 Mal „Selig sind...“, mit denen im Matthäusevangelium Jesus seine Bergpredigt programmatisch einleitet. Dabei wird verschiedenen Gruppen von Menschen, die vordergründig gesehen zu den Benachteiligten der Gesellschaft gehören, die Teilnahme an der Gottesherrschaft versprochen. Was wir im Deutschen eher unvollkommen mit „selig“ oder „glücklich“ wiedergeben, heißt auf Griechisch μακαριος, woraus sich auch der Fachausdruck 'Makarismus', im Plural 'Makarismen' ableitet.

Die weniger bekannte Version der Seligpreisungen findet sich in der Feldrede des Lukasevangeliums 6,21-25 EU; bei diesem Evangelisten sind nur vier Seligpreisungen, dafür aber zusätzlich vier Weherufe genannt.

Inhaltsverzeichnis

Text

Der Text nach Matthäus 5,3-12 lautet (nach der Einheitsübersetzung):

3 Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich. (Vers 3 wörtlich: Selig die Armen im Geist)

4 Selig die Trauernden; denn sie werden getröstet werden.

5 Selig, die keine Gewalt anwenden; denn sie werden das Land erben.

6 Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden satt werden.

7 Selig die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden.

8 Selig, die ein reines Herz haben; denn sie werden Gott schauen.

9 Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Söhne Gottes genannt werden.

10 Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihnen gehört das Himmelreich.

11 Selig seid ihr, wenn ihr um meinetwillen beschimpft und verfolgt und auf alle mögliche Weise verleumdet werdet.

12 Freut euch und jubelt: Euer Lohn im Himmel wird groß sein. Denn so wurden schon vor euch die Propheten verfolgt.

Musik

César Franck: „Les Béatitudes“ (Die Seligpreisungen). Oratorium (Entstehung 1869-1879). Das Werk umfasst einen Prolog und Chorsätze mit Sologesang zu den Versen 3, 5, 4, 6 bis 10 (in dieser Reihenfolge).

Inga Rumpf: „Walking In The Light“ (1999).

Arvo Pärt: „The Beatitudes“

Gattungsgeschichte

Die Gattung der Seligpreisungen gibt es schon im Alten Testament; sie tritt zunächst in der Weisheitsliteratur auf (vgl. Psalm 1,1). Der weisheitliche Makarismus beschreibt auf der Basis des Tun-Ergehen-Zusammenhangs, dass nur ein Leben in Gottesfurcht und Weisheit gelingt (z.B. Sprüche 3,19-23). Hier wird also der Mensch selig gesprochen, dem es aufgrund seiner Frömmigkeit gut geht. In der nachalttestamentlichen frühjüdischen Literatur kommt auch der apokalyptische Makarismus vor, der die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod einbezieht und in eine schwierige Lebenssituation hineinspricht. Hier wird derjenige Mensch selig gesprochen, dem es gerade nicht gut geht, sondern der aufgrund seiner Frömmigkeit ein schweres Schicksal ertragen muss, denn er werde einst von Gott dafür belohnt werden. Die Seligpreisungen Jesu stehen in der Tradition des apokalyptischen Makarismus.

Struktur

Die Seligpreisungen beginnen neunmal mit „selig (sind)...“ (μακαριοι/makarioi). Die neunte Seligpreisung nimmt dabei eine Sonderstellung ein, weil sie sich den Jüngern in der 2. Person Plural direkt zuwendet, während die vorigen acht in der 3. Person formuliert sind. Es scheint sich in der neunten um eine unmittelbare Anwendung der achten Seligpreisung auf die Jünger Jesu zu handeln (darum: 8+1 Seligpreisungen). Die erste und die achte Seligpreisung schließen jeweils mit der Verheißung des „Himmelreiches“ (basileia ton ouranon), für das Matthäusevangelium (und wohl schon für Jesus) ein zentraler Begriff. Auffallend ist auch, dass nach der 4. und nach der 8. Zeile jeweils Gottes "Gerechtigkeit" (dikaiosyne) genannt wird, ebenfalls ein Schlüsselbegriff des Matthäusevangeliums, wodurch die ersten acht Seligpreisungen wiederum in 4+4 untergliedert werden können. Dies wird auch durch die Beobachtung unterstützt, dass die ersten vier Seligpreisungen als π-Alliteration formuliert sind (Arme: πτωχοι/ptochoi; Trauernde: πενθουντες/penthountes, Sanftmütige: πραεις/praeis; Hungernde: πεινωντες/peinontes).

Literatur

  • Ingo Broer: Die Seligpreisungen der Bergpredigt. Studien zu ihrer Überlieferung und Interpretation. Bonner Biblische Beiträge 61. Bonn 1986.
  • H.D. Betz: Die Makarismen der Bergpredigt (Mt 5,3-12). Beobachtungen zur literarischen Form und theologischen Bedeutung. In: Zeitschrift für Theologie und Kirche 75 (1978), 1-19.
  • Heinz-Josef Fabry: Die Seligpreisungen in der Bibel und in Qumran. In: C. Hempel / A. Lange u.a. (Hgg.). The Wisdom Texts From Qumran and the Development of Sapiental Thought. BEThL 159. Leuven 2002. S. 189-200.
  • Mark A. Powell: Matthew's Beatitudes. Reversals and Rewards of the Kingdom. In: Catholic Biblical Quarterly 58 (1996), 460-479.
  • Howard B. Green: Matthew, Poet of the Beatitudes. JSNT.S 203. Sheffield 2001.

Weblinks


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