Martin Schippert

Martin Schippert

Martin „Tino“ Schippert (* 1. Mai 1946; † 1981 in Tutilimundi, Bolivien) war eine schillernde Szenefigur der Schweizer Halbstarken, Motorrad-Rocker, ein sogenannter „68er“ und gilt als Gründer der ersten Hells Angels-Gruppe auf dem europäischen Festland.

Tino diente dem Schriftsteller Friedrich Dürrenmatt als Inspirationsquelle. In Kontakt gebracht hatte die beiden der Theoretiker des schweizerischen „Undergrounds“, Sergius Golowin.

Inhaltsverzeichnis

Jugend und Halbstarkenszene

Martin „Tino“ Schippert wuchs am Zürichberg auf. Er litt unter Asthma und hatte auch aufgrund seiner Legasthenie schulische Probleme. Seine Ausbildung zum Rheinmatrosen schloss er mit „befriedigend“ ab.

Schippert gründete eine Halbstarkenbande, die „Rächer Basel“, die jedoch nicht lange bestand. Er stiess zu den Zürcher „Rächern“ (später „Revengers“), deren Anführer er später wurde. 1965 erlitt Schippert einen schwereren Motorradunfall, wollte nach dem Krankenhausaufenthalt jedoch gleich wieder fahren. Die Gruppe war in „Lone-Stars“ umgetauft worden. Wegen diverser Delikte kam Schippert in Konflikt mit dem Gesetz. Nach vier Monaten Untersuchungshaft kam er vor das Obergericht Zürich und wurde zu 1½ Jahren Gefängnis verurteilt. Anfang 1968 war er wieder auf freiem Fuß.

Die Lone-Stars wurden von Pfarrer Sieber im oberen Stock von dessen Bunker einquartiert. Von einer Vollversammlung der unruhigen 68er-Jugendlichen wurde der Lone-Star-Boss in ein „Aktionskomitee“ für ein Jugendzentrum gewählt.

Gründung der Hells Angels

Die Lone-Stars wollten zu richtigen „Hells Angels“ werden. Die Gruppe nahm eigenmächtig den Doppelnamen „Hells Angels – Lone-Stars“ an. Ein führendes Mitglied der Oaklander „Hells Angels“, das davon erfuhr, machte auf die „Markenrechtsverletzung“ aufmerksam. Die Schweizer sandten nun eine Delegation in die USA , um dort eine Probezeit als Anwärter zu absolvieren, Prüfungen und Initiationen zu bestehen. Weihnachten 1970 wurden sie anerkannt.

Martin Schippert alias Tino war in der Zeit der 1968er Bewegung eine stadtbekannte Figur. Er hatte Freunde in der Untergrundszene wie Urban Gwerder und Sergius Golowin, pflegte einen freundschaftlichen Kontakt zum Schweizer Schriftsteller Friedrich Dürrenmatt, hielt Vorträge über den Untergrund, trat auf in Fernsehsendungen und im Film, wurde ins Aktionskomitee für ein autonomes Jugendzentrum gewählt und manchmal als Vermittler geholt, wenn Streit herrschte zwischen Milieubanden.

Flucht und Exil

Weil die Hells-Angels wegen Notzucht ins Visier des Staatsanwaltes gerieten, wurde Schippert die Schweiz ungemütlich. Es folgte eine Odyssee. Schippert flog zuerst in den Nahen Osten, wurde dort verhaftet und in die Schweiz abgeschoben, worauf er wieder eine Fluchtgelegenheit nutzte und erneut in den Libanon entkam. Dort versuchte er sich als Haschischbauer, er hatte Kontakt mit palästinensischen Widerständlern und verließ nach Schwierigkeiten das Land. Einige Zeit später befand er sich in Brasilien und Bolivien, wo er sich als Carlos Martin Schippert endgültig niederlassen wollte. Es folgten neue Drogenexperimente im Geist der Hippies, ein Plan zur Schaffung eines kleinen Tourismusunternehmens, eine Auseinandersetzung mit einem lokalen Polizeichef, die Schippert ins berüchtigte Gefängnis von La Paz brachte, aus dem er unter abenteuerlichen Umständen entweichen konnte.

Mit den Hells Angels hatte er in dieser Zeit gebrochen. Unter ungeklärten Umständen starb Martin Schippert kurze Zeit nach seiner Flucht aus dem Gefängnis 1981 in einem abgelegenen Dorf namens Tutilimundi, Bolivien.

Literatur

Weblinks


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