Max Emden

Max Emden
Max James Emden, ca. 1928

Max James Emden (* 28. Oktober 1874 in Hamburg; † 26. Juni 1940 in Muralto, Kanton Tessin, Schweiz) war ein deutscher Großkaufmann, Kunstsammler und seit 1927 Eigentümer der Isole di Brissago im Lago Maggiore.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Villa Emden, Brissago Inseln, Schweiz

Max Emden war der Spross einer alteingessenenen Hamburger Kaufmannsfamilie, Sohn von Jakob Emden und dessen Ehefrau Mathilde, einer geborenen Kann. Die Familie Emden ist seit dem 18. Jahrhundert in Hamburg nachweislich ansässig gewesen, wobei die Emdens ursprünglich jedoch aus Frankfurt am Main stammten. Emden war seit 1904 Teilhaber, später Alleininhaber des bereits 1823 in Hamburg gegründeten Textilhandelsunternehmens Max J. Emden & Söhne. Innerhalb weniger Jahre baute er den Betrieb zu einem international agierenden Handelsunternehmen und Warenhauskonzern aus. Emden erwarb dazu Grundstücke in den Zentren deutscher und ausländischer Großstädte, so unter anderem in Berlin, Potsdam, Chemnitz, Plauen, Stockholm, München und Budapest. Das Unternehmen war beteiligt beziehungsweise betrieb bekannte Kaufhäuser wie etwa das „KaDeWe“ in Berlin gemeinsam mit dem Hauptgesellschafter Adolf Jandorf, das Corvin-Warenhaus in Budapest, das Allas-Warenhaus in Stockholm, das Kaufhaus Oberpollinger in München, das Kaufhaus Poetsch in Hamburg und das Kaufhaus Petersen in Wandsbek. Der somit international mit Merceriewaren erfolgreiche Unternehmer, auch Doktor der Chemie und Mineralogie, verheiratet mit Concordia Gertrud Helene Emden, geb. Sternberg, verkaufte im Alter von knapp 50 Jahren den Großteil seiner Unternehmensbesitzungen an die Firma Karstadt und andere, und zog sich danach mehr und mehr von seinen kaufmännischen Aktivitäten zurück. Das Hamburger Unternehmen widmete sich fortan noch der Verwaltung des nach wie vor umfangreichen Grundbesitzes, zudem behielt Emden die ausländischen Warenhäuser in seinem Besitz.

Er war in Ascona als Gast von Eduard von der Heydt auf dem Monte Verità und erwarb 1927, zunächst gemeinsam mit dem Cellisten Bronislaw Huberman, der sich aber bald zurückzog, die Isole di Brissago im Lago Maggiore der schwer verschuldeten Inselbesitzerin Antoinette de Saint Léger. Er ließ die Gärten erneuern, die bestehenden Bauwerke im Wesentlichen abtragen und durch den Berliner Architekten Alfred Breslauer eine schlossartige Villa im klassizistischen Stil errichten. Das 33 Meter lange Römische Bad wurde durch Emden mit der Statue Die Badende von Georg Wrba versehen. Der heutige botanische Garten ist im Wesentlichen sein Werk. Von Emden stammt der weibliche Akt des Bildhauers Werner Müller. Die Javanerin des Bildhauers Remo Rossi kam 1950 hinzu.

Arbeitszimmer Max Emden, Villa Emden, Brissago Inseln, Schweiz

Wegen seiner jüdischen Herkunft in Deutschland verfolgt, lebte der Millionär ab 1933 vorwiegend auf seinem Besitz im Kanton Tessin und umgab sich mit schönen Mädchen und Teilen seiner aus Deutschland geretteten Kunstsammlung. Was Emdens Kunstverständnis anbetraf, so vertrat er die Auffassung: „Das Leben als solches sei eine Kunst“.[1] Bezüglich seiner Haltung gegenüber der Kunst von lebenden Künstlern ist ein Brief der russischen Malerin, Baronin Marianne von Werefkin, die damals in Ascona lebte, in mehrfacher Hinsicht aufschlussreich. Das Wesen des Menschen Emden durchschauend schilderte sie, wie er 1930 seinen Diener zu ihr schickte, um ihr in seinem Namen irgendein Bild unbesehen – abzukaufen. Der Diener traf die Baronin im legendären Café „Verbano“ an. Als dieser ihr Emdens Auftrag eröffnete, geriet die Gründerin der Künstlervereinigung Der Große Bär so außer sich, dass sie die Angelegenheit lautstark auf die Straße trug: „Nun haben wir eine ‚Bären-Ausstellung’ und um ein Bild von mir einen Riesen Scandal weil meine Bilder mit Liebe und Respect gekauft werden müssen aber nicht nur weil man Geld hat. Emden, der Inselkönig, hat gehört, dass es mir pekuniär sehr schlimm ginge, was auch wahr ist und er, der sich nie bemüht hat, sich um die Ascona-Künstler zu kümmern, nie eine ‚Bären-Ausstellung’ besucht hat, nie bei mir gewesen ist, beauftragte seinen Hofnarr wie er ihn nennt - eins meiner Bilder zu kaufen. Ich war so wütend, so empört es war vor dem ‚Verbano’ bei vollem Nachmittagsbetrieb - dass ich eine Rede hielt und sagte, ich wollte zeigen, es gäbe noch Künstler, die ihr eigenes Werk achten, aber nicht wie hungrige Hunde jedem Bissen nachspringen, aus welcher Hand er auch sei, und ob ein Fußtritt dazu gehöre oder nicht [...] Emden meint, dass man alles kaufen kann, er verachtet die Menschen und die Künstler, weil sie um ihn wie hungrige Hunde lagern. Ich mit meiner Kunst kann das nicht machen besser, tausendmal besser, bettle ich bei eben solch armen Kerlen, wie ich es bin.“[2]

Emden war ein leidenschaftlicher Polospieler. Auch pflegte er das Golfspiel. Z.B. „verdankt Ascona die Schaffung seiner schönen Golfanlage“ seiner und von der Heydts Hilfe.[3] Emden war bis in die 1930er Jahre Eigentümer des Geländes des Hamburger Polo Clubs in Klein Flottbek, das er 1935 für einen geringen Preis an die Stadt Altona verkaufen musste. 1934 erwarb er die Bürgerschaft der den Brissago-Inseln benachbarten Gemeinde Ronco. Er erhielt Besuch von zahlreichen Prominenten, wie dem Aga Khan, dem König von Siam und Erich Maria Remarque. Aufgrund wirtschaftlicher Not, ausgelöst durch die gegen sein Vermögen in Deutschland gerichteten Maßnahmen, Zwangsverkäufe und Arisierungen von Grundstücken und Betriebsteilen, begann Emden ab 1938 mit dem Verkauf seiner in die Schweiz verbrachten Kunstwerke, darunter mehrere Gemälde des Venezianers Bernardo Bellotto, die in die Sammlung Adolf Hitlers gelangten und von denen sich zwei Gemälde, deren Restitution von den Erben Emdens verlangt wird, bis heute im Besitz der Bundesrepublik Deutschland befinden.

Erbe

Alleinerbe des väterlichen Vermögens wurde nach dem plötzlichen Tod Max Emdens im Juni des Jahres 1940 sein einziger Sohn Hans Erich Emden. Darunter befand sich die Inselgruppe der Isole di Brissago im Lago Maggiore, die ab 1941 verwaisten und verwilderten, als Emdens Sohn, der zuvor als Jude aus Deutschland ausgebürgert worden war, schließlich die Emigration nach Chile gelang. Hans Erich Emden ließ in diesem Zusammenhang offenbar mehrere berühmte Gemälde, u. a. den Blumengarten in Arles von Van Gogh, sowie von Renoir, Monet und anderen in der Obhut Schweizer Kunsthändler zurück, die die Kunstwerke unter ungeklärten Umständen an verschiedene Sammler, darunter an den Deutsch-Schweizer Waffenfabrikanten Emil Georg Bührle verkauften. Die Inseln musste Emden nach dem Krieg schließlich aufgeben und verkaufte sie 1949 für rund 600.000 Franken an den Kanton Tessin und die umliegenden Gemeinden. Der Kanton machte die Inseln 1950 öffentlich. Der deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer war in den 1950ern auf den Inseln und empfand die Aussicht auf Ascona als „eine der schönsten Europas“. Über allfällige Restitutionen von Gemälden der Sammlung Max Emden gab und gibt es in den Medien Diskussionen.

Literatur

  • Die Sammlung Dr. Max Emden, Auktion bei Ball-Graupe, Berlin, 9. Juni 1931 (Auktionskatalog)
  • Curt Riess: Ascona, Geschichte des seltsamsten Dorfes der Welt, Zürich 1964
  • Robert Landmann, Ascona - Monte Verità, Auf der Suche nach dem Paradies, Zürich, Köln 1973
  • Giuseppe Mondada: Die Brissago Inseln in Vergangenheit und Gegenwart, deutsche Übersetzung durch Karin Reiner, Verlag Armando Dadò, Brissago 1975
  • Carlo Speziali: 1885-1950-1985 le isole di Brissago, Brissago 1985, speziell S 48ff
  • Ursula von Wiese: Vogel Phönix. Stationen meines Lebens (1994)
  • Ulrich Luckhardt, Uwe M. Schneede: Private Schätze. Über das Sammeln von Kunst in Hamburg bis 1933, Hamburg (Ausstellungskatalog) 2001
  • Limmattaler Tagblatt 1.September 2001 (PDF-Datei)
  • Birgit Schwarz, Hitlers Museum, Wien, Köln, Weimar 2004
  • Francesco Welti, Der Kaufhaus-König und die Schöne im Tessin, Max Emden und die Brissago-Inseln, Frauenfeld 2010
  • Moral und Millionen. In: Der Spiegel. Nr. 45, 2006 (über die Kunstsammlung Emden, online).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Curt Riess, Ascona, Geschichte des seltsamsten Dorfes der Welt, Zürich 1964, S. 97
  2. Bernd Fäthke, Marianne Werefkin, München 2001, S. 234 f. Der Großteil des künstlerischen und literarischen Nachlasses der Malerin wird in der Fondazione Marianne Werefkin aufbewahrt.
  3. Robert Landmann, Ascona - Monte Verità, Auf der Suche nach dem Paradies, Zürich, Köln 1973, S. 221

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