Medienfonds

Medienfonds

Medienfonds sind geschlossene Fonds, mit denen Film- und Fernsehproduktionen finanziert werden. Der Anleger trägt mit seiner Investition zur Finanzierung bei und wird am Einspielergebnis beteiligt.

Der Fonds besteht aus einer Gemeinschaft von Anlegern, die mit ihrem Kapital entweder Filme und/oder TV-Produktionen herstellen (Producer-Fonds) oder mit Filmlizenzen handeln (Leasing- oder Buyer-Fonds). Die beliebteste Rechtsform für einen Medienfonds ist die GmbH & Co. KG. Dabei ist die GmbH persönlich haftende Gesellschafterin; sie muss nicht am Gesellschaftskapital des Fonds beteiligt sein, und ihre Geschäftsführer müssen nicht aus der Filmbranche kommen. Kommanditisten sind die einzelnen Anleger.

Ein wesentliches Motiv für diese Anlageform spielte in der Vergangenheit die so genannte Verlustzuweisung für den Anleger. Im ersten Jahr der Investition waren steuerliche Verluste bis zu 100 % der Kapitaleinlage üblich. Diese Möglichkeit zur Steuerersparnis durch Verlustvortrag wurde Ende 2005 beseitigt,[1] so dass ein Investment in solche „Steuersparfonds“ weniger interessant wurde.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Boomzeit der Medienfonds setzte in Deutschland ab 2000 ein und fiel somit mit dem Zusammenbruch der New Economy zusammen. Deutschland war zu diesem Zeitpunkt das einzige Land weltweit, das bei Investitionen in Filme über Medienfonds ohne sogenannte local spend (d.h. die Verpflichtung, einen Prozentsatz im Heimatland der Investoren auszugeben) steuerlich einen Totalverlust im Erstjahr berücksichtigte. Mit viel Geld, aber wenig Wissen in Bezug auf Filmproduktion und Drehbuchbeurteilung versehen, kauften sich die Mehrzahl der Fonds-Geschäftsführer in Hollywoodproduktionen ein, die dort schon länger in den Schubladen lagen (Beispiele: Battlefield Earth, Driven). Innerhalb kurzer Zeit machte in Los Angeles der Begriff „Stupid German Money“ die Runde.

Ab 2004 gelang es einigen Fondsgesellschaften, Gewinne aus ihren Projekten zu erzielen (Beispiele: Der WiXXer, Männer wie wir, 7 Zwerge – Männer allein im Wald, Terminator 3, Alexander, Kubaner küssen besser). Die Stimmung gegen die „Steuerfluchtpraxis“ hatte aber bereits umgeschlagen: Die Verwaltung präzisierte die steuerliche Behandlung von Medienfonds und erschwerte die Möglichkeit, Verluste aus Medienfonds zu erzielen.[2] Die Attraktivität der Film- und Fernsehfonds hat dadurch stetig abgenommen.

Nach diesem Medienerlass durfte der Fondsinitiator (Bank oder Anlageberatungsfirma) den Anlegern das Mitunternehmerrisiko und die Mitunternehmerinitiative nicht abnehmen. Die Steuervergünstigung greift nur, wenn der Fonds die Eigenschaft eines „Filmherstellers“ hat. Was ein „Filmhersteller“ ist, hatte der BGH schon vorher in einer Leitentscheidung definiert. Dazu stellte er auf die wirtschaftliche Verantwortung und die organisatorische Tätigkeit ab, die erforderlich sei, um einen Film als fertiges Produkt zu Ende zu bringen. Es kommt dabei gerade nicht auf die künstlerische Kreativität an; Rainer Werner Fassbinder war nach dieser Leitentscheidung (BGHZ 120, 60 ff.) etwa kein Filmhersteller.

Damit der Fonds – häufig organisiert in Form einer GmbH & Co. KG – Filmhersteller sein kann, müssen die Anleger Filmsachverstand mitbringen und realen Einfluss auf die Filmproduktion haben. In der Regel tritt die Anlegerversammlung einmal jährlich zusammen, um die Richtlinien der Filmpolitik zu bestimmen. Es ist nicht gefordert, dass jeder individuelle Anleger diesen Filmsachverstand mitbringt, sondern die Gemeinschaft der Anleger kann sich zu diesem Zwecke durch ein Gremium (z. B. einen Beirat) vertreten lassen, das mehrmals jährlich zusammentrifft. Diesem Beirat sollten Personen aus der Film- und/oder TV-Branche angehören. Ist der Beirat hingegen mit Personen besetzt, die dem Fondsinitiator zuzurechnen sind oder diesem nahe stehen, so spricht dies dafür, dass dieser geneigt ist, dem Anleger das Risiko abzunehmen, was dessen steuerliche Anerkennung von Verlusten nach den Vorgaben des Medienerlasses torpedieren würde.

Wenn der Fondsinitiator mehrheitlich an der Produktionsgesellschaft beteiligt ist, liegt darin nicht per se ein Verstoß gegen den Medienerlass, wenn seine expliziten Voraussetzungen erfüllt sind. Der Fonds wird nicht fremdbestimmt durch die schieren Beteiligungsverhältnisse.

Problematisch war die steuerliche Anerkennung der Verluste schon seit 2001 (Erstfassung des Medienerlasses), wenn es sich um reine Verlustzuweisungsgesellschaften ohne Gewinnerzielungsabsicht handelte. Dieser Aspekt wurde durch die Gesetzgebung Ende 2005 verschärft.[1]

Gesetzesnovelle 2005

In der Sitzung des Bundeskabinetts vom 24. November 2005 wurde das Ende für Verlustverrechnungsmöglichkeiten bei so genannten „Steuersparfonds“ beschlossen. Nur noch mit positiven Einkünften vergleichbarer Fonds, aber nicht mehr mit positiven Einkünften anderer Einkunftsarten sollen Verluste aus diesen noch verrechnet werden dürfen. Diese Einschränkung machte für die meisten Anleger ein Investment in einen „Steuersparfonds“ uninteressant. Als „Steuersparfonds“ gelten Fonds, bei denen von vornherein die Steuerersparnis Zweck war. Solche Fonds wurden vom Fondsinitiator häufig auch entsprechend beworben. Betroffen sind neben Medienfonds vor allem Ökostrom- und Schiffsfonds. Ein entsprechender Gesetzentwurf[3] wurde von SPD-Bundestagsfraktion und CDU/CSU-Bundestagsfraktion gemeinsam eingebracht und am 15. Dezember 2005 im Eilverfahren vom Bundestag beschlossen (bestätigt durch den Bundesrat am 21. Dezember 2005). Das Gesetz trat rückwirkend ab dem 11. November 2005 in Kraft,[1] so dass Anleger, die nach dem 11. November 2005 eine Beteiligung gezeichnet haben, von den entsprechenden Steuervorteilen nicht mehr profitieren können.

Die Medien haben daraus das „Aus für Medienfonds“ abgeleitet. Doch die Gesetzesinitiative steht im Widerspruch zu einer Äußerung des Koalitionsvertrages zwischen CDU/CSU und SPD vom 11. November 2005, in dem unter Abschnitt 2.6 – „Förderung der deutschen Filmwirtschaft“ – gefordert wurde, bis zum 1. Juli 2006 sollten Bedingungen geschaffen werden, privates Investment in Filmproduktionen in Deutschland zu verbessern und der Praxis anderer EU-Länder anzugleichen.

Medienfonds mit Leasingstruktur

Zwischen 1998 und 2005 wurden in der Hauptsache Medienfonds vertrieben, die einen festen Lizenznehmer für das Filmwerk in Vertrag hatten. Dieser Lizenzvertrag hat regelmäßig feste Laufzeiten und am Ende eine weitere Verwertungsabrede, zum Beispiel ein Andienungsrecht oder eine Ankaufsoption. Die Lizenzzahlungen werden durch Banken gesichert, die die Schuld der Lizenznehmer als selbstständige Verpflichtung übernommen haben. Im Jahr 2007 fand eine Sitzung der Einkommensteuerreferenten der Länder und des Bundes statt, auf der beschlossen wurde, diese Fonds einer neuen steuerlichen Beurteilung zu unterziehen [4]. Die Forderung gegen die schuldübernehmende Bank soll in der Bilanz der Fondsgesellschaft zu aktivieren sein, was dazu führt, dass die steuerlichen Verlustzuweisungen der Investitionszeit neutralisiert werden [5]. Betroffen sind etwa 50.000 Anleger, die nun ihre Steuerersparnis zurückzahlen sollen [6].

Literatur

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b c Gesetz zur Beschränkung der Verlustverrechnung im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen. Auf: bundesfinanzministerium.de, 30. Dezember 2005 (PDF).
  2. Vgl. den sogenannten Medienerlass vom 23. Februar 2001, ergänzt durch ein weiteres Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 5. August 2003: Ertragsteuerliche Behandlung von Film- und Fernsehfonds.
  3. Entwurf eines Gesetzes zur Beschränkung der Verlustverrechnung im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen. Auf: bundestag.de, 29. November 2005 (PDF).
  4. „Der Bayerische Finanzminister nimmt zu Medienfonds mit Leasingstruktur Stellung, pdf 208 KB“
  5. „Artikel Wirtschaftswoche: Filmriss für Fondsanleger“
  6. „Artikel Financial Times Deutschland:Filmfondsanleger sollen freiwillig zahlen“

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