Mercedes W111

Mercedes W111
Mercedes-Benz
W 111/W 112
Hersteller: Daimler-Benz
Verkaufsbezeichnung: S-Klasse
Produktionszeitraum: 1959–1968
Klasse: Oberklasse
Karosserieversionen: Limousine (Auto)
Motoren: verschiedene Otto- und Dieselmotoren
Länge: 4900 mm
Breite: 1810 mm
Höhe: 1440 mm
Radstand: 2750 mm
Leergewicht: 1440 kg
Vorgängermodell: Mercedes-Benz W 105
Nachfolgemodell: Mercedes-Benz W 108

Der Mercedes-Benz W 111 war das erste Oberklassen-Modell der Heckflossen-Familie des Fahrzeugherstellers Mercedes-Benz und trägt den Spitznamen „Große Flosse“.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeiner Aufbau

Die im Vergleich zu den zeitgenössischen US-Fahrzeugen maßvollen Heckflossen wurden herstellerseitig „Peilstege“ genannt und galten so laut Mercedes als eine Art Einparkhilfe, die klar das Ende des Wagens markierte. Der W 111 folgte der bis 1959 gebauten großen „Ponton“-Serie W 105 und W 180 nach. Seine geradlinig elegante Karosserieform stammte vom damaligen MB-Chefdesigner Karl Wilfert und seinem Team. Die Karosserie zeichnete sich durch eine bis dahin nicht gekannte passive Sicherheit aus: Sie besaß als erste eine stabile Fahrgastzelle und wirksame Knautschzonen. Mercedes führte umfangreiche Crashtests durch, z. B. brachte man ein Fahrzeug mit 80 km/h über eine Rampe zum Überschlagen.

Produktionsbeginn war im August 1959 mit den Modellen 220 (b), 220 S(b), 220 SE(b) und ab 1965 dem 230 S. Die Motoren der Limousinen waren ausschließlich Reihensechszylinder mit 95 bis 120 PS: 220 b mit 95 PS, 220 Sb mit 105 PS, 220 S mit 110 PS, 220 SE und 230 S mit 120 PS. Das Modell 230 S verzichtete auf die aufwendige Einspritzanlage mit der Zweistempelpumpe und zwei Dreifachverteilern. Es erreichte stattdessen die Mehrleistung von 10 PS gegenüber dem sonst weitgehend gleichen Vergasermodell 220 S mit einer Hubraumerhöhung auf 2,3 Liter.

Das b in der Typenbezeichnung 220 b oder 220 Sb grenzte die Heckflossen-Baureihe ab 1959 von den typnamensgleichen Vorgängermodellen, der sogenannten „Ponton“-Serie, ab. Die Basisversion 220 b hatte im Gegensatz zu ihren stärkeren Brüdern kleinere, oben zur Heckmitte leicht abgeschrägte Rückleuchten mit weniger Chromzierrat und keine doppelten Stoßstangen.

Es gab neben dem Mercedes-Benz W 111 noch zwei weitere Heckflossen-Baureihen: zum einen den ab 1961 gebauten „kleinen“ Mercedes-Benz W110, der einen um 14,5 cm kürzeren Vorbau aufwies, sowie den Mercedes-Benz W112 des Typs 300 SE, der ausgestattet mit dem Basismotor des Mercedes 300 d (M 189) und Luftfederung das Topmodell der „Flossen“ darstellte. Diesem 300er vorbehalten war auch die um 10 cm verlängerte Variante „300 SE lang“, die ausgesprochen selten zu finden ist.

Produktionsende der Limousinen 220 b, 220 Sb und 220 SEb war 1965. Lediglich der 230 S lief noch bis 1968 vom Fließband. Nachfolger war der ab 1965 gebaute W108/109.

Coupés und Cabrios

Mercedes 220 S
Mercedes 230 S
Markantes Detail: die verchromten Heckflossen der Limousine
Mercedes SE Coupé Hochkühler(1961–1969)
Mercedes-Benz 280 SE Coupé, Flachkühler, ab 1969

In die Baureihen W 111 und W 112 eingeordnet wurden neben den viertürigen Fahrzeugen („Heckflossen“-Limousinen) auch die Coupés und Cabrios in flacheren Karosserien mit runderen, nur noch im Ansatz erkennbaren Finnen. Im Rahmen der Eröffnung des Daimler-Benz-Museums in Untertürkheim am 24. Februar 1961 wurde der neue Mercedes-Benz 220 SE(b) Coupé präsentiert.

Als W 111 gab es Coupé und Cabriolet anfangs mit der gleichen Technik des Limousinen-Modells 220 SE als 220 SEb/C. Im Gegensatz zum Vorgängermodell basierte das Coupé auf der ungekürzten Rahmen-Boden-Anlage der zugehörigen Limousine und war dadurch ein vollwertiger Viersitzer. Coupé und Limousine hatten auch stilistisch zahlreiche Gemeinsamkeiten, trotzdem konnte von den Rohbauteilen des Viertürers nicht ein einziges für das Coupé oder Cabrio verwendet werden. Für Coupés und Cabrios wurden viermal so viele Teile in Handarbeit gefertigt wie für die Limousine. Diese C-Modelle waren die letzten weitgehend in Handarbeit gefertigten Mercedes, weshalb der Preis der Coupés und Cabrios fast doppelt so hoch lag wie der der Limousinen.

Der 220 SEb/C hatte als erster Mercedes Serien-Personenwagen Scheibenbremsen an den Vorderrädern. Die originale Typbezeichnung „SE(b)/C“ war einzigartig, da sie einerseits den Unterschied zum Vorgängermodell Ponton (SE bzw. SE(a)) verdeutlichte, andererseits mit Einführung des annähernd baugleichen 250 SEC (C=Coupe) aufgegeben wurde.

Ab 1965 kamen die (Zwischen)-Modelle 250 SEC mit 150 PS, mit den Motoren der Baureihe W108/109 heraus. Sie erhielten, wie auch die Dreiliter-Modelle, die 14-Zoll-Räder und die größer dimensionierten Scheibenbremsen der Oberklassebaureihe 108. Ab 1967 wurden sie als 280 SEC mit 160 PS gebaut. Die Spitzenmotorisierung in der Baureihe W 111 (Stahlfederung) war ab 1969 der Achtzylinder mit 200 PS und 3,5 Liter Hubraum des 280 SE Coupé 3.5. Diese sogenannten „Flachkühler“-Coupés und -Cabrios sind die begehrtesten Fahrzeuge dieser Bauserie.

Die zur gleichen Zeit angebotenen Typen 300 SE Coupé und 300 SE Cabriolet, die gewissermaßen durch einen Griff in den Baukasten entstanden waren, spielten, den Verkaufszahlen nach zu urteilen, kaum eine Rolle. Die Karosserie der entsprechenden 220 SEb-Varianten wurden mit zusätzlichen Zierelementen versehen und mit der Technik des Typs 300 SE kombiniert. Dementsprechend waren die neuen Exklusivmodelle, die wie die zugrundeliegende Limousine der Baureihe 112 angehören, mit einer ganzen Reihe technischer Besonderheiten ausgestattet. Zur Grundausstattung gehört ein Leichtmetallmotor mit drei Liter Hubraum, ein Viergang-Automatikgetriebe, Servolenkung, Luftfederung sowie eine Zweikreisbremsanlage mit Scheibenbremsen an Vorder- und Hinterrädern und Luftfederung. Der zusätzliche Chromschmuck besteht aus einer von den Scheinwerfern bis zu den Heckleuchten durchgehenden Chromleiste in der Längssicke sowie einer ausgeprägten Zierleiste an den vorderen und hinteren Radläufen. Ab März 1963 waren 300 SE Coupé, Cabriolet und Limousine auf Wunsch auch mit Viergang-Schaltgetriebe lieferbar; der Listenpreis reduzierte sich in diesem Fall um 1400 Mark. Im Januar 1964 wurde die Motorleistung auf 125 kW (170 PS) erhöht. Ein Umstellen der Einspritzanlage auf eine Sechsstempel-Einspritzpumpe ermöglichte diese Leistungssteigerung.

Im Mai 1971 wurden die letzten Sechszylinder-Coupés und -Cabriolets gefertigt, im Juli endete die Herstellung der Coupés und Cabriolets der Baureihen 111 und 112 nach mehr als zehn Jahren Gesamtbauzeit mit Fertigungseinstellung auch der Achtzylinder endgültig. Insgesamt wurden im Werk Sindelfingen 28.918 Coupés und 7.013 Cabriolets gebaut. Die höchste Produktionsstückzahl innerhalb der Modellfamilie erreichte das 220 SE(b) Coupé mit 14.173 Einheiten.

Kombis

Im offiziellen Verkaufsprogramm gab es 1966 und 1967 den Kombiwagen „Universal“.

Die Fahrzeuge, die ab Anfang 1965 in Lizenz der Daimler-Benz bei I.M.A. in Mechelen (Belgien) unter dem Namen „Universal“ nach Mercedes-Qualitätsspezifikationen gefertigt wurden, waren zunächst ausschließlich Kombis. Es wurden drei „kleine“ Modelle angeboten: 200, 200 D, 230 und als "großer" W 111 der 230 S. Insgesamt wurden 2754 IMA-Universal-Heckflossenkombis produziert. In geringer Zahl wurden bei IMA auch Heckflossen-Limousinen hergestellt. Später liefen bei IMA auch einige Limousinen des Nachfolgetyps W 115 vom Band. Das Unternehmen ging 1968 in Konkurs.

IMA-Kombis gelten wegen der Kooperationsvereinbarungen mit Daimler-Benz als die einzigen „offiziellen“ Kombis der Heckflossen-Modelle; andere Kombis gelten als Umbauten. Bei Restaurierungen zeigt sich, dass der Korrosionsschutz bei I.M.A. nicht ganz auf Sindelfinger Niveau war: IMA-Kombis sind, ausweislich der Berichte und Kaufberatungen des Oldtimer-Vereins V.D.H., statistisch signifikant schlechter im Zustand als Limousinen und zeigen, fertigungs- und einsatzbedingt, fast immer einen hohen Restaurierungsbedarf vor allem an der Heckpartie mit den Kombi-spezifischen Sonderteilen.

Neben Limousinen, Coupés und Cabrios gab es von den W110 und W111 auch Sonderaufbauten als Krankenwagen/Ambulanz, Leichenwagen und Kombiwagen. Zumeist wurden diese als teilgefertigte Karosserien ohne Dach, Heckscheibe und Kofferklappe vom Werk Sindelfingen an diverse Karossieriefirmen ausgeliefert. Binz in Lorch, Baden-Württemberg, und Christian Miesen fertigten Ambulanzen, aber auch Leichenwagen, Lieferwagen und Kombis.

Pollmann, Rappold, Welsch, Stolle, Pilato und andere Unternehmen fertigten in erster Linie Bestattungsfahrzeuge. In sehr geringer Zahl wurden neben kommerziellen Nutzfahrzeugen auch Kombis von den Unternehmen Jauernig (Österreich), Marbach (Schweiz), Movauto (Portugal) und Hägele auf Auftrag gefertigt. Auch Jacques Coune in Brüssel (Belgien) stellte im Jahr 1964 bei der Autoshow Kombis auf der Basis W111-014 vor.

Sonstiges

In der Fernsehserie Um Himmels Willen fahren die Schwestern des Klosters Kaltental einen Wagen dieser Baureihe, und in der Fernsehserie Großstadtrevier der Polizist Dirk Matthies (alias Jan Fedder) ebenfalls. Dabei handelt es sich um sein eigenes Fahrzeug mit H-Kennzeichen.

Technische Daten

Modell Bauzeit Baumuster Motortyp Hubraum Leistung
  ca.     [ccm] [PS] / [kW]
220 Limousine 8/59 - 8/65 111.010 M180.940 / R 6 2195 95 / 70
220 S Limousine 8/59 - 8/65 111.012 M180.941 / R 6 2195 105/110 // 77/81
220 SE Limousine 8/59 - 8/65 111.014 M127.982 / R 6 2195 120 / 88
220 SE Coupé 2/61 - 10/65 111.021 M127.984 / R 6 2195 120 / 88
220 SE Cabriolet 9/61 - 10/65 111.023 M127.984 / R 6 2195 120 / 88
230 S Limousine 7/65 - 1/68 111.010 M180.947 / 951 / R 6 2295 120 / 88
250 SE Coupé 9/65 - 12/67 111.021 M129.980 / 981 / R 6 2496 150 / 110
250 SE Cabriolet 9/65 - 12/67 111.023 M129.980 / 984 / R 6 2496 150 / 110
280 SE Coupé 11/67 - 5/71 111.024 M130.980 / 984 / R 6 2778 160 / 118
280 SE Cabriolet 11/67 - 5/71 111.025 M130.980 / 984 / R 6 2778 160 / 118
280 SE 3.5 Coupé 11/69 - 7/71 111.026 M116.980 / 990 / V 8 3499 200 / 147
280 SE 3.5 Cabriolet 11/69 - 7/71 111.027 M116.980 / 990 / V 8 3499 200 / 147

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