Merell Barracks

Merell Barracks

SS-Kaserne (auch Südkaserne) wurde ein Gebäudekomplex im Südosten von Nürnberg genannt, der 1938 im Zusammenhang mit dem Reichsparteitagsgelände erbaut wurde und heute das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge beherbergt.

Inhaltsverzeichnis

Planung und Bau

1936 war in der Planung zum Reichsparteitagsgelände noch keine Kaserne vorgesehen. Doch die SS, die den Wachdienst für das Gelände stellte, wünschte eine. Außerdem wollte die SS eine Erweiterung ihrer Zuständigkeiten erreichen und Kampfeinheiten aufstellen - dazu wurden Kasernen benötigt. Im März 1936 begann SS-Gruppenführer Schmauser die Planung zur Unterbringung eines "SS-Sturmbannes Nürnberg", 1937 wählte das Nürnberger Stadterweiterungsamt ein Gelände an der Frankenstraße aus. Im Juli beauftragte Heinrich Himmler den Generalbauinspekteur Albert Speer in drei Monaten Baupläne vorzulegen. Wegen der schnellen Planung wurde der zusätzlich nötige Aufwand wie die Verlegung von Firmen, Versorgungsleitungen, Straßen und Gleisen, nicht geprüft.

Nach einer Besichtigung des Bauplatzes durch Himmler gemeinsam mit Speer und dem Nürnberger Oberbürgermeister Willy Liebel wurde eine Erweiterung der Pläne beschlossen und Franz Ruff als Architekt beauftragt. Ruff leitete auch den Bau des benachbarten Reichsparteitagsgeländes. Im Folgenden mischte sich auch Adolf Hitler in die chaotisch verlaufende Bauplanung ein. Beispielsweise wurde von Ruff ein Bauplan eingereicht, ohne dass Entschädigungsfragen geklärt oder ein Bauträger genannt wurden.

Im September 1937 ordnete Hitler den sofortigen Baubeginn an, zum Parteitag 1938 sollte die Unterkunft fertiggestellt sein - doch erst am 20. Oktober begannen die Arbeiten. Auf Hitlers Wunsch wurden die vor dem Gebäude verlaufenden Straßenbahngleise unterirdisch verlegt. Die Kosten wurden auch durch zusätzliche Forderungen von Ruff in die Höhe getrieben. Am 2. Juni 1939 wurde das Richtfest des Hauptgebäudes gefeiert, bis 1940 der Gebäudekomplex weitgehend fertiggestellt. Offiziell wurde er immer SS-Unterkunft, nie Kaserne, genannt.

Nach zeitgenössischer Darstellung wurden 175.000 m² Fläche bebaut und 4.500 Fenster sowie 3.500 Türen eingebaut. Neben dem Hauptgebäude mit zwei Seitenflügeln standen um den zentralen Exerzierplatz einige Nebengebäude: ein Küchenbau (nicht mehr vorhanden), ein Mannschaftskasino (der heutige H-Bau), ein Pferdestall und Garagen. Direkt an der Frankenstraße lag das Führerheim (der heutige Z-Bau). Allein das Hauptgebäude (mit Keller, Erdgeschoss, zwei Obergeschossen und einem Dachgeschoss) hatte 1000 Räume. Über dem Haupteingang hing ein großer Adler, die Decken waren mit Mosaiken bedeckt, die von Max Körner entwurfen wurden. Der Boden des Festsaals bestand aus Marmormosaik in Form von Hakenkreuzbändern. „Der palastartige, geschlossene Monumentalbau wurde in den neunziger Jahren als "bedeutsamste Kasernenanlage des Dritten Reiches" in Deutschland eingestuft“(zitiert nach [1]).

Geschichte

Während des Zweiten Weltkrieges wurden Funker für verschiedene Einheiten ausgebildet. Außerdem hatte die SS-Nachrichten-Ersatzabeilung (Nürnberg) hier ihren Sitz. Ab Mai 1940 waren auch Polizisten stationiert, die Polizei-Division-Nachrichten-Abteilung wurde 1942/43 in die Waffen-SS übernommen.

Im Mai 1940 kamen Häftlinge aus dem KZ Dachau für Bau- und andere Arbeiten in die Kaserne.

Als im April 1945 Nürnberg von den Amerikanern erobert wurde, leisteten deutsche Einheiten von der SS-Kaserne aus letzten Widerstand. Am 18. April wurde die Kaserne von Truppen der 45. US-Infanteriedivision eingenommen.

Außer Einschußlöchern am Hauptgebäude wurde die Kaserne im Krieg kaum beschädigt. Noch im April wurde der Gebäudekomplex in "Merrell Barracks" umbenannt, nach einem gefallenen Soldaten der 3. US-Infanteriedivision.

In den leeren Gebäuden wohnten nun ehemalige ausländische Zwangsarbeiter (Displaced Persons, DP). Von anfangs 30.000 waren im Juni 1945 noch 13.300 in Nürnberg und die Hälfte wohnte im "Lager SS-Kaserne". Nachdem die letzten Bewohner 1946 die Kaserne verlassen hatten, wollte die Stadt Nürnberg die Gebäude nutzen, doch 1948 bezogen amerikanische Soldaten die Kaserne.

Ab 1952 war hier das 2. US-Panzeraufklärungsregiment (2nd Armored Cavalry Regiment, 2nd ACR) stationiert, von 1955 - 1959 durch das 3. US-Panzeraufklärungsregiment ersetzt. Diese Einheiten mit ca. 2.300 Mann sollten die Grenze zu Tschechien zwischen Hof und Zwiesel sichern. Die Große Straße wurde als Landebahn verwendet, bis 1968 der Flugplatz auf dem Gelände der ehemaligen Muna Feucht fertiggestellt wurde.

Seit den fünfziger Jahren luden die Amerikaner am jährlichen Tag der offenen Tür die Bevölkerung in die Kaserne ein. In den siebziger Jahren wurde der marode Zustand der Kaserne kritisiert. Erst 1985 wurden die seit langem von Nachbarn geforderten Maßnahmen zur Lärmreduzierung von Generatoren und Maschinen umgesetzt. 1986 wurden Fassade und Fenster erneuert.

Das 2. US-Panzeraufklärungsregiment wurde 1990 nach Saudi-Arabien verlegt und nahm 1991 am Golfkrieg teil. Der vollständige Abzug aus Nürnberg zurück in die USA (nach Fort Lewis) wurde 1992 durchgeführt und im September 1992 die Kaserne an deutsche Behörden übergeben.

Heutige Nutzung

Ab April 1991 wurde die weitere Nutzung des 18 ha großen Geländes diskutiert: die Stadt, Landes- und Bundesbehörden signalisierten Interesse, im März 1992 wurde klar, dass das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge den Zuschlag bekommen würde.

Mitte 1993 begann der 122 Mio-DM-Umbau in ein Bürogebäude für ca. 1.000 Mitarbeiter: der Eingangsbereich und ein Kantinenbau wurden neu errichtet. Bis Dezember 1996 zog das Amt mit den Abteilungen Grundsatz und Zentrale Verwaltung ein. Asylverfahren und Bescheide werden nicht hier, sondern in den über das Land verteilten Außenstellen bearbeitet.

Das UNHCR und das Bundesverwaltungsamt unterhalten Zweigstellen in dem Gebäude.

Auf dem ehemaligen Gelände wurde an der Münchner Straße ein großes Möbelhaus errichtet. Die Gebäude um den Exerzierplatz werden abgerissen. Der gut erhalten Z-Bau wird als Kulturzentrum genutzt.

Literatur

  • Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Hrsg.): Ein Gebäude - viele Namen, Nürnberg 2000, ISBN 3-9805881-6-5

Weblinks

Quellen

  1. Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Hrsg.): Ein Gebäude - viele Namen, Nürnberg 2000, ISBN 3-9805881-6-5

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