Militärmedizinische Sektion

Militärmedizinische Sektion

Die Militärmedizinische Sektion an der Universität Greifswald (MMS) war eine von 1955 bis 1990 in Greifswald bestehende Dienststelle der Nationalen Volksarmee (NVA), die in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) der universitären Ausbildung von Sanitätsoffizieren der NVA sowohl im medizinischen und zahnmedizinischen als auch im pharmazeutischen Bereich diente. Die Sektion hatte ab 1964 den Status einer Fakultät der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, von der sie aber verwaltungstechnisch weitestgehend unabhängig war, und bestand parallel zur medizinischen Fakultät der Universität. Sie besaß das Promotions- und Habilitationsrecht für alle militärmedizinisch relevanten Fachgebiete und war die einzige Einrichtung ihrer Art an einer Universität in der DDR.

Historische Informationen

Die Militärmedizinische Sektion an der Universität Greifswald entstand am 1. Juni 1955 aus einer Dienststelle der Kasernierten Volkspolizei (KVP), nachdem das Medizinstudium von Angehörigen der KVP zuvor an der Universität Leipzig erfolgte. Ursprüngliche Pläne, die medizinische Fakultät der Universität umzuwandeln in eine Militärmedizinische Akademie der KVP, wurden nach umfangreichen Protesten der Studentenschaft nicht umgesetzt. Trotzdem wechselte ein großer Teil der Greifswalder Medizinstudenten nach der Gründung der Militärmedizinischen Sektion an andere Universitäten. Die Angliederung der Sektion an die Universität mit dem Status einer Fakultät erfolgte im Januar 1964, die MMS blieb jedoch weiterhin formal eine Dienststelle der NVA. Der Kommandeur der Sektion war zugleich Prorektor an der Universität. Die MMS wurde von 1957 bis 1964 durch Ludwig Mecklinger geleitet, der später Minister für Gesundheitswesen in der DDR wurde. Bis 1981 fungierte Hans Rudolf Gestewitz als Dekan der Sektion, der anschließend als Rektor an die neu gegründete Militärmedizinische Akademie Bad Saarow wechselte.

An der Militärmedizinischen Sektion wurden pro Jahr etwa 115 Studenten immatrikuliert, die ihre Fachausbildung zum Teil gemeinsam mit den Studenten der medizinischen Fakultät der Universität absolvierten. Nach der Gründung der Gesellschaft für Militärmedizin der DDR (GMM) im Jahr 1971 waren der MMS die GMM-Sektionen Militärpharmazie, Militärhygiene sowie Organisation und Taktik des Medizinischen Dienstes zugeordnet, während die Sektionen Innere Militärmedizin, Feldchirurgie und Stomatologie im zentralen Lazarett der NVA in Bad Saarow, die Sektion Marinemedizin in Rostock und die Sektion Luftfahrtmedizin in Königsbrück untergebracht waren. Mit der Gründung der Militärmedizinischen Akademie wechselte der Stab der Militärmedizinischen Sektion 1981 nach Bad Saarow. Sechs Jahre später erhielt die MMS den Namen des Chirurgen Maxim Zetkin. Nach der politischen Wende in der DDR und der Deutschen Wiedervereinigung wurde die Militärmedizinische Sektion mit Wirkung vom 31. Dezember 1990 aufgelöst. Ihre Liegenschaften wurden durch die Gründung der im Gesundheitswesen tätigen Unternehmensgruppe Medigreif privatisiert.

Literatur

  • Heinz-Peter Schmiedebach, Karl-Heinz Spiess, Ralf-Gunnar Werlich: Studentisches Aufbegehren in der frühen DDR: Der Widerstand gegen die Umwandlung der Greifswalder Medizinischen Fakultät in eine militärmedizinische Ausbildungsstätte im Jahr 1955. Franz-Steiner-Verlag, Stuttgart 2001, ISBN 3-51-507704-9
  • Günter Ewert, Rolf Hornei: Interaktionen zwischen der Stadt Greifswald, der Ernst-Moritz-Arndt Universität und dem Militär. trafo-Wissenschaftsverlag, Berlin 2007, ISBN 3-89-626793-0
  • Carsten Gerd: Die Ausbildung zum Militärapotheker in der Nationalen Volksarmee: Die Militärmedizinische Sektion ,Maxim Zetkin’ an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität. In: Christoph Friedrich, Wolf-Dieter Müller-Jahncke: Apotheker und Universität. Band 2 der Reihe Veröffentlichungen zur Pharmaziegeschichte. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2002, ISBN 3-80-471968-6, S. 103–113
  • Immo Gerhard Borth: Beiträge zur Geschichte der Gesellschaft für Militärmedizin der Deutschen Demokratischen Republik (1971–1990). Dissertation an der Medizinischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität, München 2004

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