Mimameidr

Mimameidr

Mimameid, auch Mimameidr (an. Mímameiðr, wörtl. „Baum des Mimi", meist aber „Mimirs Baum“), ist ein Baum der nordischen Mythologie, der mit dem Weltenbaum Yggdrasil gleichgesetzt wird.[1]

Der Baum breitet seine Zweige über alle Länder aus. Die Menschen wissen nicht, aus welcher Wurzel er erwächst. Weder Schwert/Stahl noch Feuer können ihm etwas anhaben. In seiner Krone sitzt der goldene Hahn Widofnir. (Fjölsvinnsmál 19-20, 23-24)

Besonders bedeutsam ist der Baum für bestimmte Frauen. Der altnordische Text bezeichnet diese Frauen als kelisjúkar. Nach einer Übersetzungweise sind damit kränkliche Frauen gemeint[2], nach anderem Verständnis: Frauen mit Schwierigkeiten beim Gebären[3]. Mit den Früchten des Baums soll man Feuer machen und damit (durch Räuchern?) das aus ihnen heraustreiben, was in ihnen ist (Fjölsvinnsmál 22). Die Krankheit, das Kind.

Im Falle von Gebärschwierigkeiten soll es sich bei den Früchten nach einer Meinung um Wacholderbeeren, die zur Behandlung des Vorfalls der Gebärmutter eingesetzt wurden, handeln (Reichborn-Kjennerud).[4] Eine andere Auffassung weist darauf hin, dass nach isländischem Aberglauben, bestimmte Hülsenfrüchte, die vom Golfstrom nach Island getragen werden, auch zur Erleichterung der Niederkunft genutzt wurden (Gering).[5]

Der Name Mimi klingt ähnlich dem Namen des Wasserriesen Mimir. Auch wenn beide nicht miteinander identisch sein müssen[6], geht man jedoch von Personengleichheit aus. Mimirs Brunnen liegt unter der Wurzel Yggdrasils, insoweit ist es denkbar, auch von einem Baum Mimirs zu sprechen.[7] Eine Ansicht, die den Namen Mimirs in Verbindung zu dem altnordischen Schicksalsbegriff mjǫtudr „das Gemessene“ setzt, übersetzt den Baumnamen nicht mit „Baum des Mimi“, sondern unmittelbar mit „Messbaum“, vgl. an. mjǫtvidr „Messbaum“ (Völuspá 2) als Kenning für Yggdrasil.[8]

Textzeugen

„Wie heißt der Baum, der die Zweige breitet über alle Länder?
Mimameid heißt er, aber das weiß niemand, aus welchen Wurzeln er wächst;
wie er fällt, weiß niemand, ihn fällt nicht Feuer noch Eisen.“

„Übersetzung nach Arnulf Krause“

– Lieder-Edda: Fjölsvinnsmál (Fjölswidlied), 19-20

„Mit seiner Frucht soll man Feuer machen für kränkliche Frauen.
Heraustreiben soll sie, was innen ist;
diese Bedeutung hat er bei den Menschen.“

„Übersetzung nach Arnulf Krause“

– Fjölsvinnsmál (Fjölswidlied) 22

„Wie heißt der Hahn, der ihm hohen Baum sitzt,
ganz glänzt er von Gold?
Widofnir heißt er,
und er sitzt, gewitterleuchtend,
auf den Zweigen Mimameids;
mit einem Kummer bedrängt er entsetzlich Surt und Sinmara.“

„Übersetzung nach Arnulf Krause“

– Fjölsvinnsmál (Fjölswidlied), 23-24

Einzelnachweise

  1. Rudolf Simek: Lexikon der germanischen Mythologie. 3. Auflage. Kröner Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 3-520-36803-X.
  2. Arnulf Krause: Lieder-Edda (Übersetzung). Reclam Verlag, 2004.
  3. Karl Joseph Simrock: Die Edda (Übersetzung). 1851. - John Arnott MacCulloch: Eddic. In: Canon John Arnott MacCulloch (Hrsg.): The Mythology Of All Races, 13 Bd.e. New York 1964, Bd. 2, S. 331 - U. Willerding. In: Johannes Hoops (Hrsg): Reallexikon der germanischen Altertumskunde. 2. Auflage, 2004, Bd. 14, S. 218
  4. U. Willerding. In: Johannes Hoops (Hrsg): Reallexikon der germanischen Altertumskunde. 2. Auflage, 2004, Bd. 14, S. 218
  5. John Arnott MacCulloch: Eddic. In: Canon John Arnott MacCulloch (Hrsg.): The Mythology Of All Races, 13 Bd.e. New York 1964, Bd. 2, S. 331: "Gering points out that in Icelands belief a hard legumen borne to Iceland by the Gulf Stream is used for the same purpose."
  6. Jacob Grimm: Deutsche Mythologie. 3 Bände. Dieterich, Göttingen 1835. Neuauflage: Marix, Wiesbaden 2007, ISBN 978-3-86539-143-8, Bd. 1, S. 314
  7. Rudolf Simek: Lexikon der germanischen Mythologie. 3. Auflage. Kröner Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 3-520-36803-X.
  8. Åke Viktor Ström, Haralds Biezais: Germanische und Baltische Religion. Kohlhammer, Stuttgart 1975, ISBN 3-17-001157-X, S. 254.

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