Moshiakh

Moshiakh

Der Begriff Messias (hebräisch משיח Maschiach oder Moschiach, aramäisch Meschiah, griechisch Χριστός - Christos, latinisiert Christus) stammt aus dem Tanach und bedeutet „der Gesalbte“.

Inhaltsverzeichnis

Überblick

Im Tanach, der hebräischen Bibel, bezeichnet dieser Hoheitstitel einen von JHWH erwählten und bevollmächtigten Menschen mit besonderen Aufgaben für sein Volk Israel: meist den König, später auch den Hohenpriester, im übertragenen Sinn auch einen von Gott inspirierten wahren Propheten.

Seit dem Untergang des israelitischen Königtums (586 v. Chr.) kündigten einige biblische Propheten einen Retter und Friedensbringer der Endzeit an. Die Septuaginta übersetzte Maschiach stets mit Christos. Das Urchristentum bezeichnete Jesus von Nazaret mit diesem griechischen Titel, latinisiert „der Christus“. Mit dem zum Eigennamen gewordenen GlaubensbekenntnisJesus Christus“ drückten die jüdischen Anhänger Jesu aus, dass Gott in diesem Menschen seinen endgültigen Heilswillen offenbart und die prophetischen Verheißungen zu erfüllen begonnen habe.

Die biblischen Bedeutungen des Begriffs haben sich durch die gegenseitige Abgrenzung von Juden- und Christentum auseinander entwickelt. Die an eine menschliche Einzelperson geknüpfte Hoffnung auf endgültigen Weltfrieden wirkte vielfach auch auf politische Ideologien ein (siehe dazu Messianismus).

Hebräische Bibel

Im Tanach findet man entweder historische Personen, die Maschiach genannt wurden, an die man aber keine endzeitlichen Heilserwartungen knüpfte, oder endzeitliche Heilserwartungen an eine Retter- und Mittlergestalt, die nicht Maschiach genannt wird.

Der Bevollmächtigte Gottes

Der Ausdruck „der Gesalbte" stammt von einem altorientalischen Ritual der Salbung hoher Beamter. In der Bibel salbt jedoch kein König einen Nachfolger, Minister oder Vasallen. Vielmehr berufen Propheten damit einen zuvor Unbekannten oder Oppositionellen (1_Sam 16,13 EU; 2_Sam 2,4 EU; 2_Kön 9,3 EU u.a.) noch vor ihrer Akklamation durch das Volk für ihr künftiges Amt. Demgemäß bezeichnet die Begriffskombination Gesalbter JHWHs von Gott „erwählte“ Könige Israels (Ps 2,2 EU; Ps 18,51 EU; Ps 20,7 EU; Ps 132,10.17 EU).

So salbt Samuel (Prophet) im Auftrag Gottes Saul zum Retter vor der Bedrohung durch die Philister (1_Sam 10,1f EU). Nach ersten militärischen Erfolgen bestätigt eine Loswahl Saul (1_Sam 10,21 EU), nach weiteren macht eine Stämmeversammlung ihn zum König (1_Sam 11,15 EU). In seiner Abschiedsrede übergibt Samuel ihm sein theopolitisches Führungsamt (1_Sam 12,3.5 EU). Daher bezeichnete Maschiach wohl ursprünglich einen prophetisch berufenen Anführer, der die frühere vorstaatliche Rolle der spontan und situationsbedingt auftretenden, charismatischen „Richter", Gottes Volk vor übermächtigen äußeren Feinden zu retten, übernehmen und verstetigen sollte. Jene überkam Gottes Geist unmittelbar; nun galt Geistbegabung als Folge der Salbung durch einen Propheten (1_Sam 10,1.6 EU; 1_Sam 16,13 EU; 2_Sam 23,1f EU), war also Ausdruck einer mittelbaren Theokratie.

Im Südreich Juda, das anders als das Nordreich Israel eine stabile Königsdynastie ausbildete, erscheint die Salbung dann häufig vor oder bei einer Thronbesteigung (2_Sam 19,11 EU; 1_Kön 1,39 EU; 2_Kön 11,12 EU). Sie stellte den zukünftigen König unter Gottes Schutz und machte ihn damit unantastbar (1_Sam 24,7.11 EU; 2_Sam 1,14ff EU; Ps 89,21ff EU), verpflichtete ihn so aber auch, Gottes Willen für Israel zu befolgen (1_Sam 9,16 EU). Der gesalbte Führer galt damit als irdischer Diener und Vertreter Gottes, der für das Gottesvolk sorgen, es gerecht regieren, vor Fremdherrschaft bewahren und aus Unterdrückung befreien sollte. Wenn er versagte, konnte Gott ihn „verwerfen", indem ein Prophet ihm Gottes Gericht, z.B. Niederlagen gegen Fremdherrscher oder Ablösung, ankündigte.

Maschiach bedeutete also zur Leitung Israels nach Gottes Willen „Bevollmächtigter“: Der König steht biblisch immer unter Gott. Deshalb konnte nach dem Untergang des Königtums auch ein fremder Großherrscher, der Perserkönig Kyros, als Maschiach, also Vollstrecker des Willens Gottes für Israel, bezeichnet werden (Jes 45,1 EU).

Im oder nach dem Babylonischen Exil wurde der verwaiste Titel auf den Hohenpriester übertragen. Diese wurden zuvor zwar auch durch Salbung für ihren Tempeldienst geweiht, aber nicht ausdrücklich als „Gesalbter“ bezeichnet (Ex 29 EU; Lev 4,3ff.16 EU). Sie erhielten nun anstelle des Königs auch politische Vollmachten. Diesen Priestertitel enthalten frühestens ab 200 v. Chr. entstandene und spät in den Tanach aufgenommene Bücher (1_Chr 29,22 EU; Sir 45,15 EU; 2_Makk 1,10 EU). Die Entweihung des Tempels durch Antiochos IV. Epiphanes (um 170 v. Chr.) beendete diese Tradition; erst im künftigen Reich Gottes werde der Tempel neu geweiht werden (Dan 9,25 EU).

Nur selten werden auch Propheten gesalbt (1_Kön 19,16 EU); Tritojesaja wird im übertragenen Sinn als von Gottes Geist Gesalbter bezeichnet (Jes 61,1 EU). Auch die Erzväter werden in Ps 105,5 EU einmal „Propheten und Gesalbte“ genannt.

Der endzeitliche Heilsbringer

Israels Propheten kündeten angesichts des nahen Ende des Königtums (722 und 586 v. Chr.) nicht einfach dessen künftige ideale Erneuerung an, sondern eine endzeitliche Rettergestalt, deren Kommen alles verändern werde. Dieser Heilsbringer ist für sie auch ein von Gott erwählter Mensch, bringt aber im Gegensatz zu allen historischen Führungspersonen eine radikale Wende zum Schalom (Frieden, Heil, Wohl für alle). Seine Aufgabe ist nicht vorübergehend, befristet und widerrufsfähig, sondern endgültig und ewig. Wohl deshalb vermieden die Propheten, diese Gestalt als Maschiach zu bezeichnen.

Als Weissagungen eines endzeitlichen Heilsbringers gelten:

Zugleich wurden ältere Texte, die auf gesalbte Könige bezogen waren, im und nach dem Exil auf den zukünftigen Heilsbringer gedeutet oder mit endzeitlichen Heilsweissagungen ergänzt, darunter:

  • die Zusage der ewigen Thronfolge an die Daviddynastie (2_Sam 7,12ff EU)
  • der Königspsalm Ps 2 EU
  • die Heilsverheißung des Amos (Am 9,11f EU)
  • die Verheißung eines Davidnachfolgers in der Bileamsage (Num 24,17 EU)
  • die Zusage eines künftigen Herrschers an den Stamm Juda (Gen 49,10 EU).

Umstritten ist, ob auch

auf den Retter und Richter der Endzeit zu beziehen sind.

Jesaja

Jes 9,1-6 gilt als erste echte messianische Weissagung. Der Schriftprophet Jesaja verkündet sie um 730 v. Chr. als Freudenbotschaft - Evangelium - an das von den Assyrern unterdrückte Volk Israel. Er verspricht ein baldiges Ende der Unterdrückung wie am Tag Midians (Ri 7), darüber hinaus ein Ende aller Gewaltherrschaft (v.4):

„Jeder Stiefel, der mit Gedröhn einhergeht, und jeder durch Blut geschleifte Mantel wird verbrannt und vom Feuer verzehrt werden.“

Grund dafür sei die Geburt eines Kindes, das Gott zum künftigen Herrscher auf Davids Thron bestimmt habe. Jesaja legt ihm Thronnamen bei, die in Israel nicht für irdische Könige üblich, sondern Gott selbst vorbehalten waren (v.5): der Wunderbares plant, mächtiger Gott, ewiger Vater, Friedefürst. Seine Herrschaft werde weit reichen und Frieden ohne Ende bringen; sie werde auf Recht und Gerechtigkeit - Befolgung der Tora - gegründet sein und deshalb von nun an bis in Ewigkeit andauern (v.6).

Jes 11,1-10 führt die auf das Gottesrecht gestützte Regentschaft des Gottgesandten aus: Er werde aus dem Stumpf Isais hervorgehen (v.1). Da auf diesem „Spross" Gottes Geist ruhe, werde er alle Königstugenden wie Weisheit, Einsicht, Entschlusskraft, Erkenntnis und Gottesfurcht vereinen (v.2). Diese würden ihn befähigen, ohne Rücksicht auf Augenschein und Gerücht die Armen gerecht zu richten, die Gewalttäter aber zu schlagen: allein mit dem Stab (Zepter) seines Mundes, also mit dem Richtspruch selbst (v.4). Diese Gerechtigkeit werde die ganze Schöpfung verwandeln und den Fluch von Gen 3 aufheben: Wölfe und Schafe, Kinder und Giftschlangen leben einträchtig zusammen (v.6ff). Die ganze Erde werde Gott erkennen, so dass niemand mehr Unrecht tut (v.9). Der Regent werde als Zeichen dastehen, das die Völker bewege, nach Gott zu fragen (v.10).

Herkunft und Anlass dieser Heilsverheißungen sind ungeklärt. Antike Vorbilder fehlen, da die orientalischen Großreiche gottähnliche Hoheitstitel sonst gerade zur Überhöhung und Absicherung eines bestehenden Königtums, nicht als unerwartete Zukunftshoffnung für ein ohnmächtiges, schutzloses Volk der Unterdrückten verkündeten. Auch eine Erklärung aus der Zusage ewiger Thronfolge an David (2 Sam 7,12ff) greift zu kurz: Jesajas „Friedefürst" ist weder ein neuer Eroberer und Großherrscher wie König David noch ein Gott neben Gott. Denn er führt keinen Krieg mehr, sondern herrscht erst, nachdem Gott selbst die Kriegsgewalt beseitigt hat, indem er Gottes heilvolle Rechtsordnung ohne eigene Macht durchsetzt und bewahrt. Der Rückgriff auf Davids Vater Isai lässt Kritik an der Daviddynastie erkennen, die hier als abgehauener Baum erscheint, obwohl sie noch bestand.[1]

Judentum

Außerbiblische Messiaserwartungen

Zwischen etwa 200 v. und 100 n. Chr. wurden nur noch Personen der vorstaatlichen Heilsgeschichte und das ganze Gottesvolk Israel, aber nicht mehr Könige Gesalbte genannt: auch nicht König David, selbst dort nicht, wo seine Salbung mit „heiligem Öl“ erwähnt ist (Ps 151,4ff EU). Dies zeigt ein Misstrauen, den Titel auf Gestalten der politisch erlebten Geschichte anzuwenden. „Als Gesalbter lässt sich zur Zeit Jesu und der Urchristen allein bezeichnen, wer Gott einzigartig und durch nichts beeinträchtigt zugehört.“[2]

In 17 der Schriftrollen vom Toten Meer (entstanden 200-100 v. Chr.) ist der Maschiach-Titel belegt.[3] Er wurde dort nur einmal auf einen künftigen Davidspross (4Q PB), sonst immer auf einen künftigen Hohenpriester bezogen. 1QS IX,9-11 (Gemeinderegel) redet von den Messiassen Aarons und Israels im Plural: Dies knüpfte an die Verheißung Sacharjas von den beiden harmonisch regierenden Ölsöhnen Sach 4,14 EU an und zeigt eine theologische Opposition gegen die damals regierenden Hasmonäer. Deren Regenten vereinten Priester- und Königsamt, ohne sich aber salben, d.h. von Gott legitimieren zu lassen.[4] Sie, die Herodianer und ihre nach jüdischer Herrschaft strebenden Gegner nannten sich nicht Gesalbter, sondern König. Auch Hohepriester jener Zeit wurden nicht gesalbt.

Die Psalmen Salomos 17 und 18 (großenteils in der 2. Hälfte des 1. Jh. v. Chr. entstanden) enthalten die umfassendste frühjüdische Schilderung des erwarteten Wirkens eines Gesalbten des Herrn als künftigem Heilskönig und Davidnachkommen, der die sündigen Heiden aus Palästina vertreibt, aber zugleich die Völkerwallfahrt zum Zion auslöst. Er erkennt selbst Gott als seinen König an, wird von ihm unterwiesen und setzt sein Vertrauen ausschließlich auf ihn. In seinem Wirken ist er von Gott abhängig, der ihn mit heiligem Geist stark, weise und gerecht gemacht hat (PsSal 17, 32-40).[5]

Die apokalyptischen Bilderreden des Äthiopischen Henochbuchs (ca. 50 n. Chr.) verbinden zwei im Tanach unausgeglichen nebeneinander verheißene Mittlergestalten: den Heilsbringer auf dem Königsthron Davids (Jes 9) und den Menschenähnlichen aus dem Himmelsbereich (Dan 7), ohne ihn „Davidssohn“ zu nennen.

Im Buch 4. Esra (um 100 n. Chr.)[6] ist der Messias ein Heilsbringer auf Zeit. Für die Getreuen, die endzeitliche Katastrophen überlebt haben, schafft er eine 400-jährige Friedenszeit, an deren Ende er, gemeinsam mit allen Menschen, stirbt, bevor eine neue Weltzeit erwacht (4. Esra 7, 28-29).

Die aramäischen Bibelhandschriften aus dem 2. Jahrhundert (Targumim) machen - wohl auch unter dem Eindruck christlicher Überlieferung - Messiasbezüge des Tanach explizit. So wird „Spross“ etwa in Sach 3,8 EU mit „Messias“ übersetzt, und der Gottesknecht Deuterojesajas wird mit dem Messias identifiziert, sogar Jes 53,5 EU umgeschrieben mit dem Hinweis auf einen Neubau des Tempels: „Und er wird das Heiligtum bauen, das durch unsere Schulden entweiht und durch unsere Sünden preisgegeben worden war.“[7]

Im syrischen Baruch (Anfang 2. Jdh.)[8] werden dem Messias zwei Bedeutungen zugemessen. Zum einen gelangen die Gerechten nach seiner Rückkehr zu Gott zu neuem Leben in Einmütigkeit (syrBar 30,1ff), zum andern beginnt mit seiner Thronbesteigung am Ende einer von ihm veranlassten Ära der Demütigung eine Ära harmonischer Sabbat-Ruhe (syrBar 73,1f).

Rabbinisches Judentum

In den nachbiblischen jüdischen Schriften, Mischna und Talmud, sowie in den Gebeten und Liturgien erhält die Messiashoffnung einen wichtigen Platz. Das Achtzehnbittengebet bittet mit der 14. Bitte um die Wiederherstellung der Tempelstadt Jerusalem und des Davidthrons. Die 15. Bitte lautet:

„Den Spross deines Knechtes David lasse bald emporsprießen, sein Szepter erhöhe durch deine Befreiung, denn auf deine Befreiung hoffen wir den ganzen Tag.“

Auch im Kaddisch findet man eine ähnliche Bitte. Im Morgengebet der Sabbatliturgie heißt es:

„Nichts ist neben dir, unser Erlöser, in den Tagen des Gesalbten, und keiner ist dir ähnlich, unser Befreier, wenn du die Toten belebst.“

Hier wird deutlich, dass die messianische Heilszeit noch in die menschliche Geschichte fällt, während die Auferstehung der Toten allein Gottes Sache bleibt. Gemäß dem 1. Gebot kann der Heilsbringer für Juden nur ein menschliches Wesen, kein Gott, Teil Gottes oder Halbgott sein. Er kann auch nach seinem Erscheinen nicht angebetet werden, da das Gebet nur dem einen, einzigen Gott gebührt.

Nach negativen Erfahrungen mit vielen israelitischen Königen und dem Untergang des Königtums und des ersten Tempels verschob sich die Bedeutung des Begriffs: Der Gesalbte werde ein neuer Lehrer sein, ähnlich wie Moses und Elija. Schon die Essener erwarteten einen solchen Lehrer: jemanden mit endgültiger Weisheit und Durchsetzungskraft. Andere Menschen wie die Gruppe der Zeloten erwarteten einen politischen Befreier der Juden von der Fremdherrschaft der Griechen und Römer. Eventuell drückte die Bezeichnung des Simon Bar Kochba als „Sohn des Lichts“ eine solche Messiaserwartung aus. Nach dem Untergang des Zweiten Tempels 70 n. Chr. trat diese politische Messiaserwartung zurück.

Systematisierung der Messiaserwartung

Vom Maschiach erwarten bibeltreue und orthodoxe Juden weiterhin, dass er als Mensch bestimmte Kriterien und Aufgaben erfüllen wird, die die Welt für immer verändern. Wenn ein als Heilsbringer auftretender oder verehrter oder vermuteter Mensch nur eine dieser Bedingungen nicht erfüllt, können sie ihn nicht als der Maschiach anerkennen. Er muss nach verschiedenen biblischen Aussagen:

Das Buch Ezechiel bietet eine zusammenfassende Zusammenschau dieser Kriterien (Hes 37,24-28 EU):

„Und mein Knecht David wird über sie König sein, und ein Hirte wird sein für sie alle, und sie werden in meinen Rechtssprüchen wandeln und meine Satzungen wahren und tun. Sie werden in dem Land leben, das ich Jakob, meinem Diener, gab... Ich will mit ihnen einen Bund des Friedens schließen, der ihnen ewig bestehen bleibt, ich will sie halten und mehren, und mein Heiligtum gebe ich in ihre Mitte in Ewigkeit, meine Wohnstätte wird unter ihnen sein, und ich werde ihr Gott sein und sie werden mein Volk sein. Und daran werden die Völker sehen, dass ich es bin, der Israel heiligt, wenn mein Heiligtum in ihrer Mitte bleibt, auf ewig.“

Deshalb lehnt jüdische Theologie Personen, die als Messiasanwärter auftraten und verehrt wurden, darunter Jesus von Nazaret, Simon Bar Kochba, Shabbetaj Zvi, als selbsternannte oder irrtümlich verehrte Nichtmessiasse ab. Viele jüdische Gläubige warten immer noch auf das Kommen des Maschiach, während säkulare und liberale Juden diese Erwartung nicht teilen.

Neues Testament

Im NT kommt der griechische Titel Christos 531 mal vor, dieser erscheint in allen NT-Schriften, fehlt aber in der Logienquelle als gemeinsamer synoptischer Vorlage für Matthäus und Lukas sowie im apokryphen Thomasevangelium. Beide berichten nicht von Jesu Tod und Auferstehung. Der aramäisch-hebräische Begriff Messias kommt (gräzisiert) zweimal vor (Joh 1,41; 4,25).

Besonders häufig erscheint der Titel in den Passionsberichten der Evangelien und in den Paulusbriefen. Diese verbinden ihn vor allem mit Jesu Heilstod und beziehen ihn zugleich auf die biblische Heilserwartung, obwohl diese keinen leidenden Messias kannte (1 Kor 15,3):

„Christus ist für uns gestorben nach der Schrift.“

Ob er sich selbst so genannt hat, ist umstritten. Die Evangelien ergeben einen dreifachen Befund:

  • Eine Messiaserwartung wurde an Jesus herangetragen: von Johannes dem Täufer (Mt 11,3: der Kommende), von seinen Anhängern (Mk 8,29: der Christus), von Armen im Volk (Mk 10,47: Sohn Davids; Mk 11,10: Herrschaft Davids) und von Gegnern (Mk 14,61: der Christus, Sohn des Hochgelobten).
  • Eine politische Messiaserwartung wies Jesus offenbar zurück: Dem Christusbekenntnis des Simon Petrus folgt der Hinweis auf sein notwendiges Leiden und die Kreuzesnachfolge (Mk 8,29ff), die jubelnden Festpilger bei seinem Einzug in Jerusalem werden an den machtlosen Messias der Abrüstung bei Sacharja (Sach 9,9; Mk 11,1-10) erinnert. Nach Lk 24,21 enttäuschte Jesus die Hoffnungen seiner Jünger auf eine Befreiung Israels von Fremdherrschaft.
  • Im Mund Jesu erscheint der Titel nur selten und indirekt (Mk 9,41; Mt 16,20; Lk 4,41). Nach dem Markuskonzept des Messiasgeheimnisses verbot er den Dämonen, ihn als Sohn Gottes zu verkünden (Mk 1,34; 3,11f). Auch seine Jünger sollten seine Messianität bis zur Auferstehung geheim halten (Mk 8,30; 9,9). Nur in seiner Antwort auf die Messiasfrage des Hohenpriesters Kaiphas im nächtlichen Verhör vor seiner Kreuzigung stellte er sich als Messias vor (Mk 14,62):

„Ich bin es, und ihr werdet sehen den Menschensohn sitzend zur rechten Hand der Kraft und kommen mit den Himmelswolken.“

Demnach verstand er sein Wirken im Sinne der Apokalyptik des Buches Daniel als Vorwegnahme und Bekräftigung der Verheißung vom Kommen des Menschenähnlichen nach dem Endgericht, das von aller - nicht nur römischer - Gewaltherrschaft befreien werde. Für einen Messiasanspruch Jesu spricht seine Hinrichtung am jüdischen Pessachfest durch Römer. Pontius Pilatus ließ laut Mk 15,26 ein Schild mit dem Grund seines Todesurteils über Jesu Kreuz anbringen: der König der Juden (vgl. Joh 19,19; INRI).

Nach dem Bericht des Markus sahen seine Jünger in ihm schon zu Lebzeiten den Messias (Mk 8,29). Dass er aber leiden, sterben und auferstehen müsse, lehnte Simon Petrus als Sprecher der zwölf Erstberufenen ab (Mk 8,31f). Daher wird vermutet, dass sie eine rein diesseitige Vorstellung von der Herrschaft des Messias hatten.

Nach seinem Tod sahen einige der ersten Jünger Jesus in neuer Gestalt als Lebenden und wurden so gewiss, dass Gott ihn von den Toten auferweckt und zu seiner Rechten erhöht habe. U.a. im Anschluss an den messianischen Psalm 110 wurde dies als Bekräftigung der Einsetzung Jesu zum königlich-priesterlichen Richter der Endzeit, zum Messias verstanden.

Die neutestamentliche Forschung vertrat lange eine radikal skeptische Sicht, nach der Jesus erst nach Ostern aufgrund des Auferstehungsglaubens zum Messias geworden sei. Heute wird meist ein zumindest impliziter Messiasanspruch Jesu angenommen, der die berichteten Reaktionen auf sein Wirken - z.B. Petrusbekenntnis, Pilgerjubel beim Einzug in Jerusalem, Todesurteil des Sanhedrin - erklärt. Dabei wird berücksichtigt, dass die gesamte NT-Überlieferung von Urchristen stammt, die von Jesu Auferstehung und Messianität überzeugt waren.

Das NT stellt Jesus in folgenden Aussagen und Bezügen als Messias dar:

  • Jesus Christus sei die Erfüllung vieler Prophezeiungen, bzw. gedeuteter Texte des Alten Testaments (d.h. der Übersetzungen der hebräischen Bibel)
  • Jesus Christus kam, um das Himmelreich Gottes zu gründen, welches kein irdisches Königreich sein sollte
  • Die Aussage Jesu Christi gegenüber einer Samariterin in Joh. 4, 25-26:

„Die Frau sagte zu ihm: Ich weiß, dass der Messias kommt, das ist:
der Gesalbte. Wenn er kommt, wird er uns alles verkünden. Da sagte Jesus Christus zu ihr: Ich bin es, ich, der mit dir spricht.“

  • Jesus Christus hat auf direkte Fragen, ob er der erwartete Messias sei, indirekt geantwortet und auf seine vollzogenen Wunder verwiesen.
  • Jesus Christus wird durch die Textstelle, in der berichtet wird, wie er die demonstrative Waschung der Füße seiner Jünger vornimmt, als dienender König dargestellt.

Bestimmte NT-Aussagen widersprechen der Messiaserwartung der Hebräischen Bibel

  • Nach dem Matthäusevangelium wurde Jesus als Sohn Davids in Bethlehem geboren, von wo nach Mi 5,1 der künftige Retter Israels kommen sollte. Jesus kam jedoch aus Nazaret. Mt 2,23 zitiert daher als Verheißung:

„Und er kam und wohnte in der Stadt, die da heißt Nazaret; auf dass erfüllt würde, was da gesagt ist durch die Propheten: Er soll Nazarener heißen.“

Diese Verheißung gibt es jedoch im Tanach nicht. Nazaret existierte zur Zeit der Propheten eventuell noch gar nicht. Christliche Exegeten finden hier manchmal eine Anspielung auf den „Spross (hebr. nezer) Isais“ - Davids Vater - aus Jes 11,1 (z. B. Einheitsübersetzung).

„Es wird kommen aus Zion der Erlöser, der da abwende das gottlose Wesen von Jakob.“

Für Paulus befreite Jesus durch seinen stellvertretenden Sühnetod am Kreuz die Menschen vom drohenden Fluch der Tora, der jeden bedrohe, der sie nicht ganz erfülle (Gal 3,13). Es genüge daher, an Jesus zu glauben und sich zu ihm zu bekennen, um gerettet zu werden. Dem widerspricht der hebräische Wortlaut des Zitats im Tanach:

„Aber für Zion wird kommen ein Erlöser, für die in Jakob, die von der Abtrünnigkeit umkehrten, spricht der Herr.“

Der Maschiach wird nach jüdischem Glauben daher den gläubigen, observanten Juden nicht die Sünden abnehmen, sondern wenn diese sich von ihren Sünden abwenden, dann wird er kommen.

Christentum

Mit der zum Eigennamen gewordenen Gleichung Jesus (ist der) Christus bekennen Christen sich zu Jesus als dem Messias Israels, der die Israel gegebenen Verheißungen zu erfüllen begann, durch seinen Tod und seine Auferweckung Gottes Versöhnung mit der Welt in Kraft gesetzt und damit die Hoffnung auf Erlösung Israels und aller Völker ultimativ bekräftigt hat.

Der im NT neben dem Messiastitel auftauchende Begriff Sohn Gottes, der im Tanach für das ganze aus Sklaverei und Wüstenzeit erwählte Volk Israel steht (Hos 1,11), wurde in der Patristik zu einer Dreifaltigkeits- und Dreieinigkeitslehre weiterentwickelt. Damit war die Trennung vom Judentum endgültig vollzogen und dogmatisch fixiert. Zugleich hielt die christliche Theologie damit an der Einheit des Alten und Neuen Testaments fest: Der Gott Israels ist und bleibt als der Vater Jesu Christi der Schöpfer und Erlöser der ganzen Welt.

Das Christentum sieht die Verheißungen also in einem anderen Sinn erfüllt, als sie nach jüdischer Auslegung im Tanach gemeint waren und hat demgemäß Inhalt und Bedeutung des Messiasbegriffs verändert. Kriterium für die Erlösung der Welt ist für Christen nicht die Erfüllung aller Toragebote, sondern der Glaube an die stellvertretende Rettungstat Jesu Christi in seinem Tod und seiner leiblichen Auferstehung, mit der er von Gott zum Herrn aller Herren erhöht worden sei. Nach Papst Benedikt XVI. ist Jesus selbst die „erneuerte Tora“, der Gottes in der Tora offenbarten Willen erfüllt habe.

Die ersten Christen rechneten daher in naher Zukunft mit der zweiten Ankunft, der Wiederkehr (griech. Parusie) des Messias Jesus, dem Weltende und dem Weltgericht. Diese Hoffnung drückte sich in der abschließenden Schrift des neutestamentlichen Kanons, der apokalyptischen Offenbarung des Johannes aus (vgl. Matth. 24). Da die Parusie sich nach vorherrschender Meinung bis heute unerfüllt immer weiter verzögerte, wurde das noch andauernde Leid, u.a. das Ausbleiben des Weltfriedens, mit dem Kreuz Christi in Beziehung gesetzt.

Jüdisch-Christlicher Dialog

Die frühe Kirche sah sich als Erbin der Verheißungen an Israel und das Judentum als verworfene, überholte, zum Aufgehen im Christentum bestimmte Religion. Diese Substitutionstheologie ist in den Großkirchen jedoch seit dem Holocaust allmählich einem neuen Aufeinanderzugehen gewichen, bei dem christliche Theologen den jüdischen Messiasglauben als eigenständige, unabgegoltene, so auch von Christen geteilte Erwartung anerkennen (z.B. bei dem Katholiken Johann Baptist Metz und dem Lutheraner Jürgen Moltmann).

Dabei bleibt auch für liberale Christen das Bekenntnis zu Jesus als dem Christus Gottes unaufgebbar, das sie nicht als ausschließenden Gegensatz, sondern gerade als zu Solidarität und Dialog verpflichtende Brücke zum Judentum interpretieren. Besonders deutsche jüdische Theologen wie Martin Buber oder Pinchas Lapide haben Jesus als gerechten jüdischen Lehrer der Tora, der viele Menschen aus den Völkern zum Glauben an Israels Gott gebracht habe, anerkannt.

Für viele orthodoxe und fundamentalistische Gläubigen beider Religionen bleiben die Glaubensgegensätze jedoch wechselseitig unüberbrückbar: Der biblische Maschiach war nie als jemand vorgestellt, der angebetet werden sollte. Nach Dtn 13,2-6 ist, wer Menschen zum Glauben an Menschen als Götter verführe, dem Zorngericht Gottes verfallen. Nach Mk 16,16 u.a. werde, wer nicht an Jesus Christus glaubt, bei seinem Wiederkommen im Endgericht verdammt werden. Besonders manche evangelikale Christen machen die Wiederkunft Christi daher von einer vorherigen Bekehrung aller Menschen zu Jesus Christus, zuletzt auch aller Juden, abhängig.

Exegeten weisen hier jedoch darauf hin, dass die Aussage im Kontext gerade auf den Unglauben der Christen bezogen ist und nur ohne Objekt sagt: Wer aber nicht vertraut, wird verdammt werden und eben nicht: Wer sich aber nicht taufen lässt und sich nicht zu Jesus Christus bekennt, wird verdammt werden. Der Glaube an und das Beten zu Jesus als Kyrios wird von diesem selbst im Sinne des biblischen Toragehorsams relativiert (Mt 7,21 EU):

„Es werden nicht alle, die zu mir Herr! Herr! sagen, in das Himmelreich gelangen, sondern die, die den Willen meines Vaters im Himmel tun.“

Die vornehmste Aufgabe und Errungenschaft des Messias, der Weltfrieden, kann demnach nur durch Verständigung der Religionen über gemeinsames Handeln für Frieden bezeugt und abgebildet werden.

Islam

Hauptartikel: Mahdi

Kunst

In der Musik und Literatur Europas sind öfter Werke mit dem Titel und Thema des Messias geschaffen worden:

Einzelbelege

  1. Werner H. Schmidt: Alttestamentlicher Glaube, Neukirchener Verlag, 4. Auflage 1982, S. 211
  2. Martin Karrer: Jesus Christus im Neuen Testamen, 1998, S. 137
  3. M.G. Abegg, The Messiah at Qumran, 1995, S. 125-144
  4. Gerd Theißen, Anette Merz: Der Historische Jesus S. 464
  5. Jostein Adna: Jesu Stellung zum Tempel: Die Tempelaktion und das Tempelwort als Ausdruck seiner messianischen Sendung (Wissenschaftliche Untersuchungen Zum Neuen Testament 2), Mohr/Siebeck, Tübingen 2000, ISBN 3-16-146974-7, S. 65f.
  6. 4. Esra
  7. Jostein Adna, a.a.O., S. 78f., 81ff.
  8. Syrischer Baruch

Siehe auch

Literatur

zum Messias in der Hebräischen Bibel
zum Messias im Neuen Testament
  • Jürgen Moltmann: Der Weg Jesu Christi. Christologie in messianischen Dimensionen. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 1989. ISBN 3-579-01931-7
  • Carsten P. Thiede: Der unbequeme Messias. Wer Jesus wirklich war. Brunnen-Verlag, Gießen 2006. ISBN 3-7655-3876-0
  • Otfried Hofius: Ist Jesus der Messias? Thesen. in: Der Messias. Jahrbuch für Biblische Theologie. Bd 8. Neukirchener Verl., Neukirchen-Vluyn 1993, S.103-130. ISBN 3-7887-1465-4
Jüdische Messiaserwartungen
  • J. Neusner, W. Green, E. Frerichs (Hrsg.): Judaisms and Their Messiahs at the Turn of Christian Era. Cambridge 1987. ISBN 0-521-34146-9
  • Reinhold Mayer: War Jesus der Messias? Geschichte der Messiasse Israels in drei Jahrtausenden. Bilam, Tübingen 1998, ISBN 3-933373-01-8
zum jüdisch-christlichen Messiasdialog
  • Clemens Thoma: Das Messiasprojekt. Theologie jüdisch-christlicher Begegnung. Pattloch, München 1994. ISBN 3-629-00626-4
  • Hans Hübner: Der „Messias Israels“ und der Christus des Neuen Testaments. in: Kerygma und Dogma. Göttingen 27.1981, S.217-240. ISSN 0023-0707
  • Ekkehard W. Stegemann (Hrsg.): Messias-Vorstellungen bei Juden und Christen. Kohlhammer, Stuttgart 1993. ISBN 3-17-012202-9
  • Martin Karrer: Der Gesalbte. Die Grundlagen des Christustitels, Vandenhoeck + Ruprecht, Göttingen 1997, ISBN 3-525-53833-2

Weblinks

Judentum

Christentum


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