Armer Kunz

Armer Kunz

Als Armer Konrad (auch Armer Kunz) bezeichneten sich die geheimen Bauernbünde, die sich 1514 gegen ihren Feudalherren Herzog Ulrich von Württemberg erhoben. Sie nannten sich so, weil der Adel sie mit dem Schimpfnamen verspottete. Der Begriff Armer Konrad bedeutete soviel wie armer Teufel oder armer Kerl. Die Kriegsfahne der Aufständischen zeigte unter den Worten „Der arme Conrad“ einen vor einem Kreuz liegenden Bauern.

Die Ursachen für die Aufstände waren die immer schwierigeren wirtschaftlichen Lebensumstände der Landbevölkerung, die von ihren Grundherren immer stärker in die Leibeigenschaft gedrängt wurde.

Um trotz seines maßlosen Lebenswandels den geplanten Kriegszug gegen Burgund finanzieren zu können, erhob Herzog Ulrich von Württemberg 1513 neue Verbrauchssteuern, die vor allem die arme Bevölkerung trafen. Insbesondere die Reduzierung der für den Handel notwendigen Maßgewichte erregte allgemeine Empörung, da dadurch die Käufer weniger Waren für denselben Preis erhielten. Für den gleichen Preis erhielt man beispielsweise statt eines Kilogramms Mehl nur noch 700 g.

Aus Protest gegen diesen Betrug führte Peter Gaiß („Gaispeter“) aus Beutelsbach am 2. Mai 1514 ein „Gottesurteil“, die so genannte Wasserprobe durch: Die neuen Gewichte des Herzogs sollten in die Rems bei Großheppach geworfen werden. Würden sie schwimmen, wären sie rechtens, würden sie untergehen, dann wären die Bauern im Recht. Wie zu erwarten war, gab das Gottesurteil den jubelnden Bauern recht.

Die Obrigkeit forderte anderntags die Rückgabe der Steine. Der Gaispeter konnte oder wollte sie nicht wieder beibringen, sondern eskalierte die Situation noch, indem er in der Kapelle Sturm läutete und den zusammenkommenden Bauern erklärte, er sei der „Arme Konrad“, was damals wohl auch ein Synonym für den einfachen Mann war und zudem für jemanden stand, der „koan Rat“ mehr wusste. Eine immer größer werdende Schar von Aufrührern zog vor Schorndorf, wo sie zwar wenig ausrichteten, aber Herzog Ulrich so beeindruckten, dass er die ungeliebte Steuer aufhob. Daraufhin beruhigte sich die Lage im Remstal vorübergehend.

Schon kurz darauf brachen aber weitere Tumulte in Leonberg und Grüningen aus, ermutigt vom Grüninger Stadtpfarrer Dr. Rainhard Gaißlin, der Egoismus und Ignoranz von Herzog und Geistlichkeit anprangerte. Auch der Gaispeter zog wieder durchs Land, bemüht, die Leute zum Aufruhr zu bewegen. Nach vielfältigen Tumulten im ganzen Land entkam schließlich Mitte Juli Herzog Ulrich selbst nur knapp den Rebellen in Schorndorf, das zehn Tage in deren Hand blieb. Die Bauern brachen schließlich zu einem Marsch durch Württemberg auf, in der Hoffnung, weitere zum Zuzug bewegen zu können und sich so weiter zu verstärken. Auf dem Beutelsbacher Kappelberg bezogen sie ihr Lager, wo die Schar angesichts der Nachrichten von wohlgerüsteten herzoglichen Truppen aber immer kleiner statt größer wurde. Schließlich brach der „Arme Konrad“ sang- und klanglos zusammen. Herzogliche Truppen besetzten widerstandslos das Remstal und schleppten die Aufrührer, derer sie habhaft werden konnten, nach Schorndorf, wo sie Anfang August enthauptet, die Mitläufer gefoltert, gepeitscht und gebrandmarkt wurden. 1.700 Bauern aus dem Remstal wurden gefangengenommen, gefoltert, eingekerkert oder geköpft. Geldstrafen mussten gezahlt werden, und ihrer Ehrenrechte gingen sie verlustig.

Der Frieden sollte nicht lange halten - schon zehn Jahre später schlossen sich die Bauern im Deutschen Bauernkrieg wieder zusammen.

Literatur

  • Andreas Schmauder: Württemberg im Aufstand – der Arme Konrad 1514. Ein Beitrag zum bäuerlichen und städtischen Widerstand im Alten Reich und zum Territorialisierungsprozeß im Herzogtum Württemberg an der Wende zur Frühen Neuzeit. DRW-Verlag, Leinfelden-Echterdingen 1998 (Schriften zur südwestdeutschen Landeskunde, 21), ISBN 3-87181-421-0
  • Hans-Martin Maurer: Der Arme Konrad – ein Aufstand in Württemberg. In: Thomas Schwabach (Hrsg.): Der Gerechtigkeit einen Beistand thun ... Vorträge und Dokumente zum Bauernkrieg. Remshalden 2004 (Stadtarchiv und Museen Weinstadt, Kleine Schriftenreihe, 5). S. 17-33

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