Nappe

Nappe
Strukturen eines Deckensystems

Tektonische Decken, Überschiebungs- oder Schubdecken sind flache oder gewellte Gesteinskörper in Faltengebirgen, die oft mehrere Kilometer mächtig sind und eine Ausdehnung von bis zu mehreren tausend Quadratkilometern besitzen können. Wenn sich ein Gebirge großteils aus solchen Decken aufbaut oder über weite Flächen von einer Decke überschoben wurde, spricht der Geologe vom Deckengebirge.

Inhaltsverzeichnis

Aufbau

Die verschobenen Gesteinskörper können von ihrem Ursprungsgebiet, der Deckenwurzel, bis zu ihrem vorderen Rand, der Deckenstirn, viele Kilometer und sogar über 100 km bewegt worden sein. Decken, die unter Mitwirkung der Schwerkraft an gering geneigten Flächen abgeglitten sind, werden als Gleitdecke bezeichnet.

In Faltengebirgen sind oft mehrere jeweils durch Verwerfungen voneinander getrennte Decken übereinander geschoben und bilden ein Deckensystem. Die Decken im jeweiligen Überschiebungsgebiet bezeichnet man auch als allochthon („vom Bildungsort entfernte“), darunter liegende nicht verschobene Krustenbereiche hingegen als autochthon („vor Ort liegend“). Parautochthone Decken sind im Vergleich zu ihrem Ursprungsort nur leicht verschoben.

Ursachen der Deckenbildung

Ursache einer Deckenbildung ist starker seitlicher Druck auf schon vorhandene Wölbungen der Erdkruste, der meist auf großräumige Plattentektonik zurückgeht. Diese Vorgänge bei der Kollision von Meeres- oder Kontinentalplatten wurden in den 1970er Jahren erkannt und gehen vermutlich auf Bewegungsvorgänge im oberen Erdmantel zurück. Wenn nun ein Stück der Erdkruste (siehe Lithosphäre) von sehr starker tektonischer Einengung betroffen ist, kann es auf einer flach ansteigenden, festeren Unterlage zu einer horizontalen Überschiebung über andere, benachbarte Gesteins- oder Gebirgskörper kommen.

Im Detail ist der Mechanismus der Deckenbildung nicht völlig geklärt. Bei der Überschiebung der im Vergleich zu ihrer Ausdehnung sehr dünnen Gesteinspakete spielt ein erhöhter Porenwasserdruck eine Rolle, durch den die Decke gleichsam nach oben gedrückt und ihr Widerstand auf der Gleitfläche stark verringert wird. Auch das Vorhandensein von nachgiebigen Schichten wie Salzlagern, Mergeln oder Tonsteinen unterstützt die Bildung von Deckenbahnen.[1]

Beispiele

In den Alpen bestehen große Teile des Gebirges aus weit überschobenen Deckensystemen. So sind die Decken der Nördlichen Kalkalpen, der Grauwackenzone und begleitende Gesteine mindestens 150 km über ihr Unterlager überschoben worden, wahrscheinlich betrug die Transportweite jedoch mehr als 1000 km.[2] Auch die Gesteine des Penninikums und des Helvetikums in der Schweiz, in Frankreich und in Österreich sind als Decken über ähnliche Entfernungen transportiert worden.[3] Dies gilt ebenfalls für große Gebiete im Apennin, in den Karpaten und den anderen Gebirgen der alpidischen Orogenese wie dem Himalaya.

Auch aus älteren Gebirgen sind Decken bekannt, so aus dem kaledonischen Gebirge in Schottland und Norwegen, oder dem variskischen Gebirge (Beispiel: das Moldanubikum des Böhmischen Massivs oder die Gießener Decke im Rheinischen Schiefergebirge).

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Osmotic equilibrium and overthrust faulting, Geological Society of America Bulletin, Volume 76, 12 (1965). Abstract
  2. Reinhard Schönenberg, Joachim Neugebauer: Einführung in die Geologie Europas. 4. Auflage. Verlag Rombach, Freiburg 1981, ISBN 3-7930-0914-9, S. 194. 
  3. S.M. Schmid, B. Fügenschuh, E. Kissling und R. Schuster: Tectonic map and overtall architecture of the Alpine orogen. In: Eclogae geologicae Helvetiae. 97, Birkhäuser Verlag, Basel 2004, ISSN 0012-9402, S. 93–117 (http://pages.unibas.ch/earth/tecto/research/Schmid_et_al_2004_Ecl.pdf). 

Literatur

  • Jean-Pierre Burg: Überschiebungssysteme. Vorlesung ETH Zürich
  • Gerhard H. Eisbacher: Einführung in die Tektonik. 1. Auflage. Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart 1991, ISBN 3-432-99251-3, S. 57ff. 
  • Dieter Richter: Allgemeine Geologie. 3. Auflage. de Gruyter Verlag, Berlin – New York 1985, ISBN 3-110-10416-4, S. 233ff. 

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • nappe — [ nap ] n. f. • v. 1170 nape; lat. mappa « serviette de table » I ♦ Linge qui sert à couvrir la table du repas. La nappe et les serviettes. Nappe blanche; à carreaux. Mettre, ôter la nappe. Nappe en plastique, en papier. ♢ (1508) Liturg. Nappes d …   Encyclopédie Universelle

  • nappe — NAPPE. s. f. Linge dont on couvre la table pour y prendre ses repas. Nappe blanche. nappe sale. grande nappe. petite nappe. nappe fine, nappe ouvrée. nappe damassée. mettre la nappe. lever, oster la nappe. il fait bien de la depense, la nappe est …   Dictionnaire de l'Académie française

  • Nappe — Nappe, n. [F. nappe cloth, sheet. See {Napery}.] (Geom.) Sheet; surface; all that portion of a surface that is continuous in such a way that it is possible to pass from any one point of the portion to any other point of the portion without… …   The Collaborative International Dictionary of English

  • nappe — nappe; ge·nappe; …   English syllables

  • Nappe — Nappe, die Haut eines erlegten Wildes …   Pierer's Universal-Lexikon

  • nappe — Nappe, a Mappa, m verso in n. Mantelum, siue Mantile, Mappa …   Thresor de la langue françoyse

  • nappe — [nap] n. 1. Geol. a mass or sheet of rock that has been moved horizontally by geologic forces 2. Geom. either of the two identical portions of a CONE (sense 1c) that meet at the vertex: each portion is equivalent to a right circular cone …   English World dictionary

  • nappe — (na p ) s. f. 1°   Linge dont on couvre la table pour prendre ses repas. •   La déesse, en entrant, qui voit la nappe mise, Admire un si bel ordre, BOILEAU Lutrin, I. •   On dessert, et soudain, la nappe étant levée, Le prélat, d une voix… …   Dictionnaire de la Langue Française d'Émile Littré

  • Nappe — For other uses, see Nappe (disambiguation). Schematic overview of an eroded thrust system. The shaded material is the nappe. The erosional hole is called a window or fenster. The klippe is the isolated block of the nappe overlying autochthonous… …   Wikipedia

  • NAPPE — s. f. Linge dont on couvre la table pour prendre ses repas. Nappe fine, ouvrée, damassée, unie, blanche, sale. Mettre, lever, ôter la nappe. Nappe de cuisine. Nappe de cabaret. Fig. et fam., La nappe est toujours mise dans cette maison, On y… …   Dictionnaire de l'Academie Francaise, 7eme edition (1835)

  • Nappe — Cette page d’homonymie répertorie les différents sujets et articles partageant un même nom. Sur les autres projets Wikimedia : « Nappe », sur le Wiktionnaire (dictionnaire universel) Le mot nappe possède plusieurs… …   Wikipédia en Français

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”