Naturschutzgebiet Riddagshausen

Naturschutzgebiet Riddagshausen
Zisterzienserabtei Riddagshausen
Rückseite des Klosters Riddagshausen
Rückseite des Klosters Riddagshausen
Lage Niedersachsen, Deutschland
Koordinaten: 52° 16′ N, 10° 35′ O52.26738610.5772647Koordinaten: 52° 16′ 3″ N, 10° 34′ 38″ O
Ordnungsnummer
nach Janauschek
209
Patrozinium Hl. Maria
Gründungsjahr 1145
Jahr der Auflösung/
Aufhebung
1568
Mutterkloster Kloster Amelungsborn
Primarabtei Kloster Morimond
Tochterklöster

1145: Kloster Marienrode

Das Kloster Riddagshausen ist ein ehemaliges Kloster vor den Stadttoren Braunschweigs, zwischen Nußberg und Buchhorst. Hier ließen sich im Jahre 1145 Zisterzienser des Konvents aus Amelungsborn nieder. Das neu gegründete Tochterkloster Marienzelle nahm kurz darauf den Namen des benachbarten Dorfes Riddagshausen an. Die Gründung eines Klosters war seit 1143/44 durch Ludolf von Wenden vorbereitet worden, der in Personalunion Ministerialer Heinrichs des Löwen und Vogt von Braunschweig und Amelungsborn war. Riddagshausen ist heute ein Stadtteil Braunschweigs.

Inhaltsverzeichnis

Riddagshausen: Ort und Zisterzienserkloster

Domäne Riddagshausen
Tor zur Domäne
Klosterkirche Riddagshausen

Als Ort wird Riddagshausen 1146 zum ersten Mal urkundlich erwähnt, eben in jenem Jahr, in dem Heinrich der Löwe dem in Gründung befindlichen Kloster das Dorf Ritdageshusen mit all dessen Landbesitz und Arbeitskräften als Erstausstattung übertrug. Aus dem Ortsnamen lässt sich unschwer ablesen, dass die Siedlung zwei bis drei Jahrhunderte länger existiert. Gegründet wurde sie offensichtlich von einem Mann namens Ricdagus bzw. Riddagus; dieser Vorname war hier noch bis zum 12. Jahrhundert anzutreffen. Die Endung -husen für einen Ortsnamen war in dieser Gegend nur bis zum frühen 10. Jahrhundert. gängig und wurde später durch Endungen wie -roth (-rode) oder, im 12. Jahrhundert -hagen abgelöst.

Päpstliche Bestätigung und Schutz besitzt das Kloster seit 1147. Wie Heinrich der Löwe, so förderte auch Bischof Rudolf III. (1136–1149) von Halberstadt die Ansiedlung der Zisterzienser in seinem Bistum. 1216 begann man, die Klosterkirche durch einen Neubau zu ersetzen. Schon im 13. Jahrhundert waren die Zisterzienser wirtschaftlich unabhängig. Anfang des 14. Jahrhunderts entstand außerhalb der Klosteranlage das Dorf Neuhof, das den heutigen Ortskern bildet. 1605 gab es in Neuhof zwei große Ackerhöfe, acht Kothöfe und ab 1683 auch ein Rittergut. 1822 wurde Neuhof mit der Klosterdomäne zu einer Kirchengemeinde vereinigt.

Vorbild der Riddagshäuser Klosterkirche war das Zisterzienserkloster Cîteaux in Burgund, wo der Orden entstanden war. Die architektonische Konzeption folgte zunächst dem verbindlichen Prinzip asketischer Strenge - der Schmuckreichtum anderer zeitgenössischer Bauten wurde nicht kopiert. Erst als begonnen wurde, das Mittelschiff einzuwölben, hatte sich in der Architektur der klassisch-gotische Stil durchgesetzt, so dass im weiteren Verlauf zunehmend von der Idee einer puristischen Zisterzienserkirche abgewichen wurde. Nach gut 60-jähriger Bauzeit wurde die Klosterkirche 1275 geweiht. Das Torhaus (in dem sich heute das Zisterziensermuseum befindet) war übrigens schon Ende des 12. Jahrhunderts entstanden, während die kleine Fremdenkapelle nebenan kurz vor der Klosterkirche fertiggestellt wurde.

Höhepunkte im Kirchenleben der folgenden Jahrhunderte waren der Besuch des Kardinals Nikolaus von Kues 1451 sowie die Gewährung bischöflicher Rechte (z.B. Tragen von Mitra und Ring) an den Abt von Riddagshausen durch Papst Sixtus IV. Seit 1492 kam es immer wieder zu Zerstörungen durch Braunschweiger: die Welfenherzöge schlugen bei ihren Belagerungen der Stadt Braunschweig ihr Feldlager bevorzugt in Riddagshausen auf, haben also die Braunschweiger provoziert. Die Reformation wurde 1542 begonnen und 1568 abgeschlossen.

1690 wurde im Kloster auf Anweisung der Herzöge Anton Ulrich und Rudolf August als Seminarium Ministrorum Ecclesiae ein Predigerseminar gegründet, das erste und älteste seiner Art, mit dem „die praktisch-theologischen Qualitäten angehender Prediger verbessert“ werden sollten. Mit der Säkularisierung des Klosters Riddagshausen im Jahre 1809 während der napoleonischen Besatzung wurde das Predigerseminar geschlossen und erst 1837 - diesmal in der Herzogstadt Wolfenbüttel mit dem Sitz des Herzoglichen Konsistoriums - neu eröffnet. Dem Predigerseminar angeschlossen war eine Klosterbibliothek.[1]

In der Klosterkirche hat u.a. der berühmte ev.-luth. Aufklärungstheologe Johann Friedrich Wilhelm Jerusalem, auch Abt Jerusalem genannt, seine letzte Ruhe gefunden.

1856-83 erfolgte die Renovierung der Kirche durch Kreisbaumeister Wiehe, in den Jahren 1962-75 kam es zu weiteren Ausbesserungen und Neuausmalungen. Von der frühen Anlage sind die Kirche (1275), die Siechenkapelle (1305), ein Stück Klostermauer, der Zugang zum Kloster und das romanische Nordtor-Gebäude (1147) mit der Torkapelle und der Pförtnerzelle erhalten. Diese bereits erwähnte Frauenkapelle von 1275 war für den Gottesdienst von Fremden und Frauen bestimmt. Außerdem prägt die Kirche der Taufstein von 1562, die Renaissance-Kanzel aus Lindenholz von 1622, der spätbarocke Hochaltar von Matthäus Heinrich Vetten aus dem Jahr 1735 und der wertvolle Orgelprospekt von Esaias Compenius d. J. aus dem Jahr 1619 (darinnen neues Orgelwerk von Friedrich Führer, Wilhelmshaven, 1979).

Ortserweiterung und Wüstungen

Merian-Stich um 1654 von Riddagshausen

In Riddagshausen sind mehrere Orte aufgegangen oder zur Wüstung geworden. Morthorp, das am Streitberg auf dem Gelände des Braunschweiger Hauptfriedhofs lag, ist in Neudorf-Riddagshausen aufgegangen. (Alle Angaben nach Bornstedt [2]). Der größte Teil der Wüstung Ottonroth am Nußberg ging im Flur von Neustadt-Riddagshausen auf.

Hunesheim lag wahrscheinlich ab 500 auf dem Gelände des heutigen Ortes Riddagshausen am Lünischteich (Hünischteich) und ging bald nach 1145 als Grangie als Dorf in das Kloster ein. Ab 1226 wurde es direkt von Kloster verwaltet und ging dann als Siedlung ein.

Alle bisher genannten Wüstungen sind in der Weiheurkunde von 1031 der Magnikirche genannt.

Die Wüstung Kaunum (lt. Gäbler [3] Kaunem oder Choenhem, lt. Hahne Caunum oder Cavensheim [4]) wurde ebenfalls Grangie des Klosters. Der Ort entstand laut Bornstedt [5] vor 500 v. Chr.. Der Kaulenteich an der Gaststätte Waldfrieden erinnert an den Ort, der etwa in dieser Gegend lag. Der Ort wird gemäß den Angaben aller drei genannten Autoren 1067 erwähnt, allerdings nennt jeder einen anderen Namen, aber keine Quelle. Bei Hahne [4] findet sich ein Hinweis auf das Blasiusstift.

Auch Ottenrode am Nußberg ging im Kloster auf. [3]

1281 kam der Mastbruch, der zum Siechenholz von St. Leonhard gehörte zum Kloster Riddagshausen.

Klosterbesitz und Amt Riddagshausen

Neben den in Riddagshausen aufgegangenen Wüstungen gab es Klosterbesitz in zahlreichen Orten. Der Klosterbesitz, so Gäbler [3] wuchs schnell. Die Erwerbspolitik bediente sich "aller Mittel - Schenkung, Kauf, Tausch und kirchlicher Druck fehlte nicht-" [3]

100 Jahre nach der Gründung gehörten dem Kloster etwas 100 Hufen, nach 300 Jahren waren es schon 500 Hufen. Der Grundbesitz lag weit verstreut bei Peine, Schöningen und in den Städten Braunschweig, Hildesheim und Magdeburg. Das Kerngebiet lag jedoch mit Riddagshausen, Neuhof, Mascherode, Klein-Schöppenstedt, Gliesmarode, Querum und Hondelage nahe zusammen und bildete später den Hauptteil des Amtes Riddagshausen. Dazu kamen die Vogtei Meerdorf mit Meerdorf und Harvesse sowie Wobeck, Offleben und Unseburg. [3] Nur Rautheim konnte wegen der Beharrlichkeit seiner Besitzer eine gewisse Eigenständigkeit bis zur französischen Besetzung behalten. [6]. Das Kloster hatte immer wieder Probleme mit seinen Nachbarn um Weiderechte, Rechte in den Wäldern oder um den Steinabbau im Nußberg. [3]

Das Amt Riddagshausen war zunächst vor allem ein Amtsgericht oder hatte die Zuständigkeit dieses Gerichtes, wurde aber später auch als Gebietsbegriff benutzt. Dies Amt ging aber während der französischen Besetzung im "Landkanton Braunschweig im Osten" im Département Oker auf.

In der Neuen Landschaftsordnung für das Herzogtum Braunschweig von 1832 (Stand 1922) [7] werden die Ämter Vechelde und Riddagshausen zu einem Wahlkreis zusammengeführt, am 1. Januar 1833 danach werden die beiden Ämter und die Stadt Braunschweig zur Kreisdirektion Braunschweig, dem Vorgänger des Landkreis Braunschweig zusammengefasst. [8]

Äbte des Klosters

Die Riddagshäuser Teiche

Auch die ausgedehnte Teichlandschaft des heutigen Riddagshausen ist auf die Tätigkeit der Zisterziensermönche zurückzuführen, die die damals sehr sumpfige Gegend entwässerten und Fischteiche anlegten. Von den ehemals 28 Teichen existieren heute noch 11, worunter der Schapenbruchteich, der Mittelteich und der Kreuzteich als größte zu nennen sind. Die flachen nährstoffreichen (eutrophen) Teiche mit ihren Schwimmblatt- und Unterwasservegetation sowie Verlandungszonen werden auch heute noch fischereiwirtschaftlich genutzt. Am Wasser trifft man eine reichhaltige Tier- und Pflanzenwelt an. Viele seltene Vogelarten sind oder waren hier zu Hause, von der Krickente bis zum Eisvogel, vom Zwergtaucher bis zur Rohrweihe.

Seit dem 19. Jahrhundert setzten sich viele Persönlichkeiten aus Braunschweig und Riddagshausen für den Erhalt des Teichgebiets in seiner ursprünglichen Natürlichkeit ein, so Prof. Johann Heinrich Blasius mit seinen Söhnen, die dort umfangreiche Feldbeobachtungen durchführten, Studienrat Gerhard Schridde oder die Familie Nehrkorn vom Klostergut Riddagshausen. Den Bemühungen des Braunschweiger Arztes Dr. Otto Willke ist es zu verdanken, dass das Teichgebiet Riddagshausen 1936 zum Naturschutzgebiet erklärt wurde, wodurch einem weiteren Heranrücken der städtischen Bebauung Einhalt geboten werden konnte. 1962 wurden die Riddagshäuser Teiche auf Antrag von Dr. Rudolf Berndt, Leiter der Vogelschutzstation Braunschweig, in den Rang eines Europareservates erhoben. Mittlerweile besteht die Gefahr, dass dieser Titel wieder aberkannt wird, da die Zahl der seltenen Vogelarten, die hier brüten oder auf ihrem Durchzug rasten, rückläufig ist.

Das Arboretum

Das Arboretum Riddagshausen ist eine bedeutende baumkundliche Sammlung, die im Laufe der Zeit auf einer Fläche in der Buchhorst (Ebertallee, in der Nähe des Wildgeheges) entstand. Das Arboretum (lat. Arbor =Baum) wurde im Jahr 1838 als Forstgarten durch Prof. Theodor Hartig gegründet. Nachdem das Arboretum in den letzten Jahrzehnten viel von seinen ursprünglichen Qualitäten verloren hatte, wurde die Anlage 1998/99 mit Hilfe der Richard Borek Stiftung saniert. Die knapp 80 verschiedenen Baumarten sind mit ihren Namen gekennzeichnet und können auf einem Rundgang besichtigt werden.

Einzelnachweise

  1. Geschichte des Predigerseminars der Ev.-luth. Landeskirche in Braunschweig - mit einer Abbildung der herzoglichen Gründungsurkunde von 1690
  2. Wilhelm Bornstedt: Zur Urkunde von 1031: Die Gründe des Eingehens der 11. Pfarrdörfer von St. Magni und ihre Lage im heutigen Stadtbilde. Eine Siedlungsgeographie; in: Kirchenvorstand zu Magni: St. Magni 1031-1981, Braunschweig 1981, S. 20 ff
  3. a b c d e f vgl., Ernst Gäbler: "Das Amt Riddagshausen in Braunschweig", 1928
  4. a b Otto Hahne: Alte Einzelhöfe im Stadtgebiete von Braunschweig; in: Fritz Timme (Hrsg.): Forschungen zur Braunschweigischen Geschichte und Sprachkunde, Braunschweig 1954
  5. Wilhelm Bornstedt: 17 versunkene Dörfer unter den Straßen der Stadt Braunschweig ab 1031; 1981
  6. vgl. Bornstedt, Wilhelm: Aus der Geschichte von Rautheim an der Wabe
  7. vgl. Neue Landschaftsordnung für das Herzogtum Braunschweig von 1832 (Stand 1922)
  8. siehe: „Gesetz, die Organisation und den Wirkungskreis der Kreisdirektionen und der durch dieselben zu bildenden Landes-Direction betreffend", 1832

Literatur

  • Ernst Gäbler: Das Amt Riddagshausen in Braunschweig. Eine siedlungs- und agrargeschichtliche Studie. Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der hohen Philosophischen Fakultät der Universität Leipzig. August Lax Verlag, Hildesheim 1928. Gekürzt in: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte (NsJbLG) 5, 1928, S. 98ff.
  • Heinrich Mersmann: 700 Jahre Riddagshausen. Die Kirche des einstigen Zisterzienserklosters wurde 1275 geweiht. Mit zahlr. Abbildungen und Fotos. Herausgegeben von der Bürgerschaft Riddagshausen 1975.
  • Annette von Boetticher: Gütererwerb und Wirtschaftsführung des Zisterzienserklosters Riddagshausen bei Braunschweig im Mittelalter. Selbstverlag des Braunschweigischen Geschichtsvereins, Braunschweig 1990. Quellen- und Literaturverz. S. 369 – 392. Zugl.: Hannover, Univ., Diss., 1989.
  • Wanderkarte Naturschutzgebiet Riddagshausen. Informationen und Wanderkarte, 1: 20 000, Grünflächenamt Braunschweig. Braunschweig 1998.

Weblinks


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