Nauerz

Nauerz
Pfarrer Theodor Nauerz, Altersbild
Theodor Nauerz am Tag seiner Primizmesse, 1933
Theodor Nauerz, 1929, vor seiner Priesterweihe, als Angehöriger der kath. Studentenverbindung Ascania
Theodor Nauerz als Stadtpfarrer von Grünstadt

Theodor Nauerz, Taufname Theodor Joachim Nauerz, (* 20. März 1909 in Otterbach; † 1. Oktober 2007 in Waldfischbach-Burgalben) war ein bedeutender Priester der Diözese Speyer und Verfolgter des NS-Regimes. Er amtierte 27 Jahre als Stadtpfarrer von Grünstadt.

Leben

Theodor Joachim Nauerz kam am 20. März 1909, als Sohn eines Eisenbahners und ehemaligen bayerischen Kanoniers, im westpfälzischen Otterbach zur Welt. Über seine Mutter, eine geborene Brunk, gehörte er zur Verwandtschaft des damaligen Münchner Erzbischofs und späteren Kardinals Franz Bettinger. Auch der Kardinal war ein Westpfälzer und im nahen Landstuhl geboren. Nach einem exzellenten Studium am renommierten „Canisianum“ in Innsbruck erhielt Theodor Nauerz am 9. Juli 1933 im Dom zu Speyer die Priesterweihe, aus der Hand von Bischof Dr. Ludwig Sebastian.

Es folgten zunächst Kaplansjahre in Kirchheimbolanden, St. Ingbert und Blieskastel. Nach einer 2-jährigen Tätigkeit in der Jugendseelsorge als Präfekt im bischöflichen Studienheim (Internat) St. Joseph in Speyer, von den Pfälzern auch scherzhaft der „Seppelskasten“ genannt, wirkte er erneut als Kaplan in Steinfeld und Dudenhofen, sowie als Seelsorger in Eußerthal und Otterstadt. Gerne hätte der junge Priester seine theologischen Studien fortgesetzt und promoviert. In dieser Angelegenheit suchte er schließlich um eine Erlaubnis des Bischofs nach, der ihm aber ziemlich kurz angebunden klarmachte, daß er weniger Gelehrte, als vielmehr Seelsorger brauche. Bischof Sebastian habe zu ihm gesagt: „Herr Kaplan, ich brauche keine Doktores sondern Pastores!“, womit für ihn der Doktorhut ein für allemal erledigt war, wie Pfarrer Nauerz im Alter oft lächelnd erzählte.

Schon bald geriet der geradlinige, junge Geistliche auch in scharfen Gegensatz mit dem NS-Regime. Eine Dokumentation über den Widerstand Pfälzer Priester gegen den Nationalsozialismus listet folgende Fakten über ihn auf: „1935 Untersuchungsverfahren bei der Regierung Saarbrücken wegen Verweigerung des Hitlergrußes, 1936 Zeitungsangriffe gegen ihn wegen Missachtung eines politischen Umzugs in Speyer, vom 9.8. bis 26.8.1940 Untersuchungshaft wegen Vergehens gegen das Heimtückegesetz u. Verlust seiner Pfarrstelle in Eußerthal, diesbezüglich am 10.1.1941 durch Sondergericht Saarbrücken zu 190 RM verurteilt, Oktober 1941 Schulunterrichtsverbot.“ Nauerz berichtete einmal, bei der Sache in Eußerthal, habe es sich um die systematische Aushöhlung des Sonntags und des Gottesdienstbesuches durch Dienste bei der Hitlerjugend gedreht. Dagegen habe er sich zur Wehr gesetzt. Einer höheren Parteicharge, die sich diesbezüglich auf den Innenminister Wilhelm Frick und den Sonderminister Hans Frank berief, habe er freimütig geantwortet: „Weder Frick noch Frank sind Herr über den Sonntag, sondern nur Gott allein.“ Deshalb habe man ihn schließlich in Untersuchungshaft genommen, zu einer Geldstrafe verurteilt und seiner Seelsorgestelle in Eußerthal enthoben.

Von 1941 bis 1953 amtierte Theodor Nauerz als Pfarrer im nordpfälzischen Gerbach. Aus dieser Zeit berichtete der aus dem nahen Imsbach stammende Priester Willi Schuler, Pfarrer Nauerz sei ein weithin bekannter Kanzelredner gewesen, dem sie als junge Leute „nachgefahren“ seien, wenn sie gehört hätten, daß er irgendwo bei einem Fest eingeladen sei um die Predigt zu halten.

Am 1. Dezember 1953 übernahm Theodor Joachim Nauerz das Amt als Stadtpfarrer von Grünstadt, das er bis zum 1.12.1980 - fast ein Menschenalter lang - inne hatte. Mit seinen Eltern, einer Tante und seiner ledigen Schwester Hildegard zog er ins dortige kath. Pfarrhaus, Ecke Turn- und Bitzenstraße. Zusätzlich zur Stadtgemeinde betreute er noch die Filialen Mertesheim mit eigener Kirche, Asselheim mit einer Kapelle sowie Albsheim und Mühlheim. Unter seiner Ägide wurden die heruntergekommenen Gebäude des ehemaligen Kapuzinerklosters renoviert und wieder kirchlichen Zwecken zugeführt. Man richtete darin das Schwesternhaus und den Kindergarten ein, welche bisher weit entfernt, in der Neugasse lagen. Zur Obersülzer Straße hin ließ der Priester einen wunderschönen Barock-Torbogen aufrichten, der einst zum Jesuitenkolleg in der Stuhlbrudergasse zu Speyer gehörte, jedoch abgetragen und eingelagert war. Aus gelbem Sandstein gefertigt ist er bis heute eine Zierde des Stadtbildes und wäre wohl verloren gegangen, wenn sich Pfarrer Nauerz nicht in Speyer darum bemüht hätte. Überhaupt besaß der Geistliche einen bodenständigen Kunstverstand mit dem er in der Grünstadter Kirche vieles erhielt, was in anderen Gotteshäusern dem Zeitgeist zum Opfer fiel. Die kostbare Barockausstattung blieb kommenden Generationen erhalten, wobei allerdings in späterer Zeit leider 2 wertvolle Seitenaltäre entfernt wurden. Auch gegen die geplante Beseitigung der historischen Stummorgel setzte er sich erfolgreich zur Wehr. Die kriegsbedingte Notverglasung der Kirche ließ er durch schone Bleiglasfenster ersetzen, wovon eines die Hl. Hildegard zeigt, in Erinnerung an seine Schwester Hildegard Nauerz, welche einen größeren Betrag beisteuerte. Karl Cunz, Schulkamerad von Altbundeskanzler Helmut Kohl und von 1957-59 Grünstadter Kaplan, erinnert sich 1996, in seinen Memoiren „Ja so war es“, folgendermaßen an seinen Vorgesetzten: „Pfarrer Theodor Nauerz aus Otterbach, mein neuer Chef, wurde immer wieder von seiner Mutter als der beste Schüler seiner Schulklasse gelobt. Er war ein strenger Pfarrer und ich war gerne bei ihm und in seinem Pfarrhaus, mit dem großen Pfarrgarten, den die Eltern, seine Schwester und die Tante versorgten, ehemals ein Kloster.“

Nach seiner Ruhestandsversetzung 1980, übersiedelte Theodor Nauerz nach Kaiserslautern, wo er als Emeritus weiterhin in der Seelsorge tätig war. Schließlich zog er in ein Seniorenheim bei der Pilgerstätte Maria Rosenberg, Waldfischbach-Burgalben. Dort feierte er 2003, mit 94 Jahren, in völliger geistiger und körperlicher Frische, das seltene Fest seines 70-jährigen Weihejubiläums. In der Wallfahrtskirche zelebrierte er damals noch selbst die Festmesse und die zahlreichen Gäste waren anschließend zum Imbiß eingeladen. Bis wenige Wochen vor seinem Tod feierte er in der Hauskapelle noch regelmäßig Gottesdienste für die Mitbewohner. Pfarrer Theodor Nauerz starb in Maria Rosenberg, am 1. Oktober 2007, im Alter von 98 Jahren. Geistig rege bis zum Ende, hatte er zwei Tage zuvor telefonisch noch „alle in Grünstadt“ gegrüßt. Er war der älteste Priester der Diözese Speyer und wurde unter persönlicher Teilnahme des damaligen Speyerer Diözesanadministrators, Weihbischof Otto Georgens, auf dem Friedhof seiner Heimatgemeinde Otterbach beigesetzt.

Im Pilger und im Pilger-Kalender erschienen ausführliche Nachrufe, die Rheinpfalz, Lokalteil Grünstadt publizierte zu seinem 100. Geburtstag einen Gedenkartikel. In der Grünstadter Kirche ist am Sonntag Laetare (4. Fastensonntag) und am Sonntag Gaudete (3. Adventssonntag) - den einzigen beiden Tagen im Kirchenjahr an denen die seltene liturgische Farbe rosa verwendet wird - bis heute ein Messgewand im Gebrauch, das man dem Priester zum 25. Weihejubiläum, 1958, schenkte.

Literatur

  • „Geschichtliche Notizen - Beilage zum Schematismus des Bistums Speyer 1947“, Pilger-Verlag Speyer 1947, auch im Reprint erschienen
  • „Nachruf“, Der Pilger, Nr. 42, 2007 sowie im Pilger-Kalender 2009
  • „Kennt ihr Otterbach ihr Gäste? - Zum 100. Geburtstag von Pfarrer Theodor Nauerz“, Die Rheinpfalz, Lokalausgabe Grünstadt, 20.3.2009.

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