Nebukadnezar II.

Nebukadnezar II.
Nebukadnezar II. auf einer Münze

Nabu-kudurri-usur II. oder Nebukadnezar II. (sumerisch AG.NIG.DU-URU und PA.NIG.DU-PAP, spätbabylonisch Nabium-Kudurru-usur, aramäisch nbwkdsr = Nebukadser, Berossos Nabo-kod-rossoros, Altes Testament n-bwkdr'ssar = Nebukadressar; * um 640 v. Chr.; † 562 v. Chr.) war als Sohn des Nabopolassar von 604 v. Chr. bis 562 v. Chr. neubabylonischer König.

Die erste Anordnung als Thronfolger stammt vom 7. September 605 v. Chr.; 604 v. Chr. begann sein erstes Regierungsjahr. Auf den 8. Oktober 562 v. Chr. wurde seine letzte Verlautbarung datiert. Der Name war offenbar programmatisch am großen Vorfahren Nebukadnezar I. orientiert und bedeutet Gott Nabû schütze meinen ersten Sohn.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Nebukadnezar II. wurde von seinem Vater bereits ab 620 v. Chr. mit politischen Aufgaben und der Heerführung betraut. In den Königsinschriften wird seine umfangreiche Bautätigkeit nach seiner offiziellen Thronbesteigung hervorgehoben. So errichtete er Zikkurate, Paläste, Tempel und Befestigungsmauern in Borsippa, Uruk, Ur, Larsa, Sippar und Babylon. In diesem Zusammenhang erwähnte Nebukadnezar II. neu eingesetzte Gottesopfer in den erstellten Bauwerken. Besonders die Erweiterung der Stadt Babylon wird hervorgehoben. In den sehr ausführlichen Berichten wird seine tiefe religiöse Einstellung gegenüber Marduk und Nabu sichtbar. Die militärische Expansion wird mit den Worten umschrieben:

„Ferne Länder, entlegene Gebirge vom oberen Meer bis zum unteren Meer, schwierige Wege, verschlossene Pfade, wo der Schritt schwer wird und der Tritt verwehrt ist, durstreiche Strecken wurden durchzogen und die Unbotmäßigen getötet, Feinde gefangen, das Land habe ich recht geleitet und das Volk üppig gedeihen lassen“

Nebukadnezar II.

Durch die Übernahme von Ninive im Jahr 612 v. Chr. hatte Babylon bereits unter Nabopolassar einen großen Gebietszuwachs erfahren, der Nebukadnezar II. vor große logistische Probleme stellte. Die Hauptstadt Babylon bildete nun geografisch nicht mehr den Mittelpunkt des babylonischen Reichs und lag weit entfernt von den neu zugefallenen Gebieten. Über den schiffbaren Euphrat konnte Nebukadnezar II. die Transportprobleme weitestgehend ausschalten. Probleme bereitete hingegen die Levante, die militärisch nur schwer im Griff zu halten war.

Nebukadnezar II. unternahm traditionsgemäß jedes Jahr Feldzüge in aufständische Krisenregionen. Auf einem sechsseitigen Tonprisma, das nur unvollständig erhalten ist, werden die Tribut zahlenden Regionen benannt, die in den Jahren 604 v. Chr. bis 595 v. Chr. von Nebukadnezar II. militärisch bezwungen wurden: Mazamua (nordöstlich von Arrapcha), Aschdod, Gaza, Sidon, Tyros und Arwad. Der Name Jerusalem fehlt in dieser Aufstellung, was aber nicht ausschließt, dass Jerusalem auf den fehlenden Teilstücken genannt wurde. Keilschriftlich wird 598 v. Chr. ein Feldzug Nebukadnezars im neunten Monat in die Provinz Jechuda/Jekuda erwähnt. In den Jahrzehnten danach tauchen hebräische Namen in baylonischen Urkunden auf. Die erwähnten Personen stammten allesamt aus der Oberschicht und verfügten über größere Vermögen.

Die biblische Erwähnung einer Massendeportation kann ebenso wenig bestätigt werden wie eine größere Zerstörung Jerusalems. Archäologische Untersuchungen verweisen auf den Ausbau von Häusern der privilegierten Schicht sowie durch Nebukadnezar II. vorgenommene Landzuteilungen an die ärmere Bevölkerung. Gedalja aus Mizpa wurde als Statthalter in Jerusalem eingesetzt und nach nur sieben Monaten von Jischmael ermordet. Die archäologischen Grabungen bestätigen, dass es zu Gedaljas Zeiten eine gut funktionierende Verwaltung gab. Eine zweite Deportation zu Zeiten Zedekias um 586 v. Chr. und erneute Zerstörung Jerusalems wird durch Schriftfunde nicht belegt. Ob es sich um den biblischen Zedekia handelte, bleibt unklar, da der ersetzte König namentlich nicht in den erhaltenen Keilschrifttexten genannt wird.

Militärische Bedrohungen hatte Nebukadnezar II. zunächst nicht zu fürchten. Ägypten und die Staaten aus Hatti waren zu schwach, um ihn zu gefährden. Ägypten meldete zwar immer wieder Ansprüche auf die Gebiete Palästina und Nordsyrien an, konnte kurzzeitig errungene Erfolge aber nicht langfristig aufrecht erhalten. 605 v. Chr. erlitten die Ägypter in der Schlacht bei Karkemisch eine empfindliche Niederlage. Das Reich Elam war seit Zerstörung der Hauptstadt Susa im Jahr 630 v. Chr. durch Assurbanipal keine Bedrohung mehr.

Erste Gefahren drohten Nebukadnezar II. durch die ehemals verbündeten Meder, die in babylonischen Quellen auch als Umman-Manda („Irgendwo-da-Land“) beschrieben werden. Er ließ deshalb einen Wall, die so genannte Medische Mauer, auf der West-Ost-Strecke von Sippar bis nach Opis am Tigris errichten. Bis zum Ende seiner Regierungszeit stellten die Meder keine Gebietsansprüche an Babylon. Weitere Kriegsberichte bis zum Tod von Nebukadnezar II. fehlen, was auf eine relativ sichere Zeit hindeutet.

Nebukadnezar II. in der Bibel

In der hebräischen Bibel erscheint auch die Schreibweise Nebukadrezar/Nebukadressar. Nebukadnezar II. spielte infolge seiner Einnahme Jerusalems eine wichtige Rolle in der Bibel. Er wird einerseits als Tyrann, andererseits durch die Propheten als Werkzeug Gottes zur Bestrafung der Sünden Israels dargestellt.

Nach Jeremia 24,1 LUT und 29,1–2 LUT schickte er den Sohn Jojakims, Jojachin, nach der Einnahme Jerusalems ins Exil und setzte dann Zedekia als König ein (Jer 37,1 LUT). Dieser Vorgang wird durch den archäologischen Fund einer Steinplatte gestützt, die heute im Britischen Museum (siehe unten) aufbewahrt wird.

Die Söhne des Königs Zedekia wurden vor seinen Augen hingerichtet, er selbst anschließend geblendet und in Ketten nach Babylon geführt (2 Kön 25,4–7 LUT). Er blieb bis zu seinem Tode in Gefangenschaft (Jer 52,6–11 LUT). Berichten der rabbinischen Geschichtsschreibung zufolge wurde ihm von Nebukadnezar im Laufe seiner 40 Jahre dauernden Gefangenschaft auch eine neue Frau zugeführt.

Die in und um Babylon angesiedelten Judäer assimilierten sich wohl recht schnell in die babylonische Gesellschaft. So tauchen relativ bald jüdische Namen auf Inschriften auf, die belegen, dass die Judäer im Hofstaat und im Militär Nebukadnezars Karriere machen konnten. Diese schnelle Assimilation war wohl auch der Grund, warum im Alten Testament ein recht düsteres Bild der Babylonischen Gefangenschaft gezeichnet wird.

Die Zeit des Exils unter Nebukadnezar war für die jüdische Theologie außerordentlich fruchtbar. Es musste erklärt werden, warum der Tempel zerstört worden war und das auserwählte Volk aus dem Heiligen Land vertrieben. Die Schriften wurden erneut einer Redaktion unterzogen und der Monotheismus radikalisiert. In Jerusalem entstanden die ersten Synagogen.

Eine legendäre Erzählung, die im apokryphen alttestamentlichen Buch Judit beschrieben wird, berichtet von einer Strafexpedition des Nebukadnezar II. gegen das Südreich Juda. Judith rettete ihre Heimatstadt, indem sie sich als Überläuferin ausgab, nach einem Festmahl den feindlichen Heerführer Holofernes mit dessen eigenem Schwert tötete und so die Babylonier in die Flucht schlug. Diese Legende machte Judith zur Heldin Israels, und in der bildenden Kunst wird sie zur Vorlage (besonders in der Renaissance sehr beliebt) für Dramen, Opern und Gedichte.

Sonstiges

Das babylonische Ischtar-Tor

Im Berliner Pergamonmuseum ist das Ischtar Stadttor als Teil einer für damalige Verhältnisse sehr großen Prozessionsstraße zu besichtigen, das mithilfe von Originalziegeln rekonstruiert wurde. Die Hängenden Gärten der Semiramis zu Babylon (eines der 7 Weltwunder) soll zu Ehren von Nebukadnezar geschaffen worden sein.

Unter dem italienischen Namen Nabucco schuf Giuseppe Verdi eine bekannte Oper.

Die vom Propheten Daniel erzählte Geschichte, in der König Nebukadnezar eine goldene Statue von sich errichten lässt und alle, die sich weigern vor ihr niederzuknien, verbrennen lässt, ist Thema des Songs The Fourth Man In The Fire von Johnny Cash.

Das Hovercraft-Schiff des Kapitän Morpheus aus der Film-Trilogie Matrix heißt „Nebuchadnezzar“.

Eine bestimmte Champagner-Flaschengröße mit 15 Litern Inhalt, was etwa 20 regulären Flaschen entspricht, wird als „Nebukadnezar“ bezeichnet.

Literatur

  • Dietz Otto Edzard: Geschichte Mesopotamiens; München: C.H.Beck, 2003; ISBN 3-406-51664-5
  • Enno Janssen: Juda in der Exilszeit; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1956
  • Flavius Josephus: Jüdische Altertümer
  • Flavius Josephus: Contra Apionem

Weblinks


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