Nelson Rolilahla Mandela

Nelson Rolilahla Mandela
Mandela 1998 in Brasilien

Nelson Rolihlahla Mandela (* 18. Juli 1918 in Mvezo, Transkei, Südafrika; in Südafrika auch mit dem traditionellen Clannamen Madiba bezeichnet), war einer der führenden Anti-Apartheid-Kämpfer Südafrikas und von 1994 bis 1999 der erste schwarze Präsident des Landes. Er gilt neben Martin Luther King und Malcolm X als wichtigster Vertreter im Kampf gegen die weltweite Unterdrückung der Schwarzen sowie als Wegbereiter des versöhnlichen Übergangs von der Apartheid zu einem gleichheitsorientierten, demokratischen Südafrika.

Mandela ist Xhosa. Er studierte Jura an der Witwatersrand-Universität, war Rechtsanwalt und verbrachte 27 Jahre als politischer Gefangener in Haft.

Inhaltsverzeichnis

Kindheit und Jugend

Nelson Rolihlahla Mandela wurde am 18. Juli 1918 im Dorf Mvezo am Ufer des Mbashe-Flusses in der Nähe von Umtata, der Hauptstadt der Transkei, geboren. Sein Vater, Gadla Henry Mandela, gab Mandela den Namen Rolihlahla, was wörtlich „Am Ast eines Baumes ziehen“ bedeutet; umgangssprachlich heißt er soviel wie „Unruhestifter“. Den britischen Namen Nelson erhielt Mandela erst an seinem ersten Schultag. Der junge Rolihlahla, der drei Schwestern und drei Brüder hatte, wurde entscheidend durch seine Zugehörigkeit zum Königshaus der Thembu geprägt, die zum Volk der Xhosa gehören. Jedoch war er innerhalb der Thembu-Monarchie Angehöriger des so genannten Hauses Linker Hand, das in erster Linie für die königliche Hofhaltung und die Beratung des Monarchen verantwortlich war, während das „Haus Rechter Hand“ traditionell den König stellte. Somit war zwar Rolihlahla der Thron aus genealogischen Gründen versperrt, doch entdeckte er frühzeitig, dass sein Vater, der vier Frauen geheiratet hatte, nicht nur Königsberater, sondern darüber hinaus noch „Königsmacher“ war. Rolihlahla hatte eine überaus glückliche, naturverbundene Kindheit in relativem Wohlstand. Er spielte und verbrachte die meiste Zeit im Freien auf dem Feld und kämpfte mit anderen Jungen. Mit ungefähr fünf Jahren wurde er Hirtenjunge und hatte auf Schafe und Kälber aufzupassen.

Mandela-Porträt auf einer sowjetischen Briefmarke 1988

Nach einem Streit mit der weißen Provinzregierung verlor sein Vater sein Amt und sein Vermögen. Daraufhin zog der Junge mit seiner Mutter einige Täler weiter in das Dorf Qunu, unweit von Umtata. Sein Leben wurde geformt durch Sitte, Ritual und Tabu der Xhosa. Sein Vater schickte ihn auf die kleine Methodistenschule von Qunu, die er mit einem insgesamt guten Zeugnis bewältigte.

Als der Vater 1927 starb, war Mandela neun Jahre alt. Durch den Tod seines Vaters wurde Rolihlahla zum Wahlbezirksführer ernannt.

Mit 16 wurde Mandela traditionsgemäß in die Reihe der Erwachsenen seines Volkes, der Xhosa, aufgenommen. Danach besuchte er das „Clarkebury Boarding Institute“, ein Thembu-College, wo er die westliche Kultur kennen lernte. 1937, mit 19 Jahren, besuchte er die ungefähr 250 Kilometer von Umtata entfernte methodistische Missionsschule von Healdtown. Erstmals freundete er sich mit einem Mitschüler an und wurde sich zum ersten Mal seiner Identität als Afrikaner bewusst, auch wenn am Ende des Healdtown-Aufenthaltes noch immer seine Gewissheit überwog, zunächst ein Xhosa und erst in zweiter Linie ein Afrikaner zu sein.

Mit 21 schrieb sich Mandela im Missions-College von Fort-Hare in der östlichen Kapprovinz ein. Mit ihren nur 150 Studenten war sie so etwas wie ein akademischer Leuchtturm für afrikanische Gelehrte aus Süd-, Zentral- und Ostafrika. Hier begegnete Mandela auch seinem lebenslangen politischen Weggefährten Oliver Tambo, dem späteren Präsidenten des African National Congress (ANC). Fort Hare wie auch Healdtown waren Ursprungsorte der Opposition gegen die politische Vormachtstellung der Weißen in Südafrika. Neben Mandela und Tambo erhielten hier viele andere Afrikaner ihre akademische Ausbildung, die Jahre später im politischen Widerstand eine führende Rolle spielen sollten. Mit dem Studium der Fächer Englisch, Anthropologie, Politik, „Eingeborenenverwaltung“ und Römisch-Holländisches Recht strebte Mandela nun, abweichend von der vorgesehenen Laufbahn am Thembu-Hof, eine Beamtenkarriere im Regierungsministerium für „Eingeborenenangelegenheiten“ an.

In seinem Anwaltsstudium betätigte sich Mandela erstmals politisch und wurde Mitglied des Studentenrats, dem Student Representative Council (SRC). Am Ende zwang die Zeit in Fort Hare dem Studenten Mandela eine schwerwiegende Lebensentscheidung auf, denn er protestierte mit anderen Kommilitonen gegen die schlechte Verpflegung auf dem Campus. Die College-Leitung reagierte mit einem Ultimatum: Er konnte zwischen Einlenken und seiner Verweisung wählen. Die Aussicht auf die drohende Entlassung quälte Mandela, aber er blieb hartnäckig. Sein Vormund, der Regent, empörte sich über die Starrsinnigkeit seines Günstlings und drängte Rolihlahla, in dem Streit nachzugeben, hatte er doch für das Studium bereits viel Geld geopfert. Als Mandela bereits innerlich der Kapitulation zuneigte, führten neue Umstände eine unerwartete Wende herbei.

Der Regent Jongintaba, der Mandela viele Jahre erzogen hatte, hatte inzwischen - zwar über ihre Köpfe hinweg, jedoch in völliger Übereinstimmung mit der herrschenden Tradition - die Verheiratung seines Sohnes Justice und Mandela mit zwei Thembu-Mädchen arrangiert. Die Lobola, der Brautpreis, war bereits für beide organisiert, damit konnte die Vermählung nicht mehr rückgängig gemacht werden. Die beiden jungen Männer waren angesichts der überraschenden Entscheidung Jongintabas verwirrt und niedergeschlagen. So entschlossen sie sich zur Flucht.

Zusammen mit Justice floh Mandela nach Johannesburg, in die „goldene Stadt“. Dort übte er verschiedene Tätigkeiten aus, um zu überleben, doch seine ersten Monate in der Großstadt waren geprägt durch Anpassungsschwierigkeiten, Unsicherheit und Misserfolge. Dank einem in Johannesburg ansässigen Vetter wurde ihm eine neue Lebensperspektive eröffnet. Mandela hatte ihm erzählt, er wolle nun Rechtsanwalt werden. Daraufhin führte der Vetter ihn bei Walter Sisulu ein. Sisulu ermöglichte ihm, ein juristisches Studium an der Witwatersrand-Universität zu beginnen.

Politische Aktivität

Schon als junger Jura-Student engagierte sich Mandela in der politischen Opposition gegen das weiße Minderheitsregime und dessen Weigerung, der schwarzen Mehrheit des Landes politische, soziale und wirtschaftliche Rechte zu gewähren. 1942 trat er dem ANC (African National Congress) bei und gründete dort zwei Jahre später zusammen mit Walter Sisulu, Oliver Tambo und anderen die Jugendorganisation des ANC.

Nach dem Wahlsieg der „Afrikaaner“-dominierten National Party 1948 und der darauf folgenden Politik der Rassentrennung (Apartheid) war Mandela führend in der Widerstandskampagne des ANC von 1952 und bei dem Volkskongress (Congress of the People) von 1955, dessen Verabschiedung der Freiheitscharta die Basis der Anti-Apartheid-Aktivitäten bildete. 1956 wurde Mandela zusammen mit 155 anderen Aktivisten wegen Hochverrats angeklagt. Der Mammut-Prozess zog sich bis 1961 hin und endete mit dem Freispruch aller verbliebenen Angeklagten.

Ursprünglich war Mandela bekennender Vertreter des Gewaltverzichts. Nachdem im März 1960 in Sharpeville unbewaffnete Demonstranten erschossen und in der Folge der ANC und andere Anti-Apartheid-Gruppen verboten worden waren, akzeptierten Mandela und seine Mitstreiter die vom ANC gesehene Notwendigkeit des gewaltsamen Kampfes gegen die Apartheid.

1961 wurde er Anführer des bewaffneten Flügels des ANC, des Umkhonto We Sizwe („Speer der Nation“). Im August 1962 wurde er verhaftet und zu fünf Jahren Gefängnis wegen illegaler Auslandsreisen und wegen Streikaufrufs verurteilt. Am 11. Juni 1964 verurteilte ihn Richter Quartus de Wet nach achtmonatiger Verhandlung zu lebenslanger Haft wegen Planung bewaffneten Kampfes. Die Freiheitsstrafe leistete er überwiegend (bis 31. März 1982) auf der Gefängnisinsel Robben Island ab, die im Atlantischen Ozean vor Kapstadt liegt. Es folgten weitere acht Jahre Inhaftierung im Gefängnis Pollsmoor bzw. Arrest im Sonderteil eines kleinen Gefängnisses bei Franschhoek nahe Kapstadt.

Ein Beispiel für die weltweite Solidarität aus Glasgow, Schottland
Mandela mit de Klerk beim Jahrestreffen des Weltwirtschaftsforums 1992 in Davos

Mandela lehnte im Februar 1985 das Angebot einer Freilassung ab, die an die Bedingung geknüpft war, auf den bewaffneten Kampf zu verzichten. Er blieb im Gefängnis bis zum 11. Februar 1990, als eine starke Kampagne des ANC und weiterer internationaler Druck zu seiner Freilassung führten. Staatspräsident F. W. de Klerk hatte den Befehl gegeben und gleichzeitig das Verbot des ANC aufgehoben. Am Tage seiner Freilassung leitete er in einer Rede vor 120.000 Zuhörern im Stadion von Soweto öffentlich seine Politik der Versöhnung (reconciliation) ein, indem er „alle Menschen, die die Apartheid aufgegeben haben“, zur Mitarbeit an einem „nichtrassistischen, geeinten und demokratischen Südafrika mit allgemeinen, freien Wahlen und Stimmrecht für alle“ einlud.

Mandela und de Klerk erhielten 1993 gemeinsam den Friedensnobelpreis. 1994 gewann der ANC die ersten demokratischen Wahlen, und am 9. Mai wurde Nelson Mandela vom neuen Parlament zum ersten schwarzen Präsidenten Südafrikas gewählt.

Als Staatschef und Präsident des ANC (Juli 1991 bis Dezember 1997) leitete Mandela die Umgestaltung des Staates und der Gesellschaft weg von der Apartheid und der Minderheitenherrschaft. Er gewann internationalen Respekt für sein Eintreten für nationale und internationale Versöhnung. Dennoch waren einige radikale Elemente enttäuscht von den in seiner Amtszeit erreichten sozialen Verbesserungen, vor allem von dem Unvermögen der Regierung, die AIDS-Krise in den Griff zu bekommen.

Mandela wurde auch kritisiert wegen seiner engen Freundschaft mit Politikern wie Fidel Castro und Muammar al-Gaddafi, die er seine „Kampfgenossen“ (comrades in arms) nannte. Auch seine Entscheidung, 1998 südafrikanische Soldaten nach Lesotho zu entsenden, um den dort drohenden Putsch niederzuschlagen, bleibt umstritten.

Nach seinem Rücktritt als Präsident im Juni 1999 betätigte sich Mandela als Anwalt für eine Reihe von sozialen und Menschenrechtsorganisationen. Er bekam viele Auszeichnungen verliehen, unter anderem das Großkreuz des Bailli, die höchste Auszeichnung des Order of St. John, dem englischen Johanniter-Orden, durch Königin Elisabeth II. und die Presidential Medal of Freedom durch US-Präsident George W. Bush.

Anfang 2003 hielt Mandela einige umstrittene Reden, in denen er George W. Bush und den britischen Premierminister Tony Blair heftig wegen ihrer Irak-Politik kritisierte.

Persönliches

Statue mit der Darstellung Nelson Mandelas in Johannesburg

Mandela heiratete drei Mal. Aus zwei dieser Ehen stammen sechs Kinder. Seine erste Ehe mit Evelyn Ntoko Mase wurde 1957 nach 13 Jahren geschieden. Evelyn Ntoko Mase starb 2004. Eine Tochter aus dieser Ehe starb im Säuglingsalter. Nelson Mandelas erster Sohn Madiba Thembekili kam 1969 bei einem Autounfall ums Leben.

Nach 38-jähriger Ehe trennte er sich nach politischen Belastungen im April 1992 von Winnie Madikizela und wurde am 19. März 1996 von ihr geschieden. Mit ihr hat er zwei Töchter, Zeni und Zindzi.

An seinem 80. Geburtstag, am 18. Juli 1998, heiratete er Graça Machel, Witwe von Samora Machel, dem ehemaligen Präsidenten Mosambiks und ANC-Unterstützer, der 12 Jahre zuvor bei einem Flugzeugunglück ums Leben gekommen war. Am 6. Januar 2005 starb Mandelas zweiter Sohn Makgatho Mandela, Anwalt und Geschäftsmann, im Alter von 54 Jahren in Johannesburg an den Folgen der Immunschwächekrankheit AIDS.

Ehrungen

Literatur

  • Albrecht Hagemann: Nelson Mandela. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2000, ISBN 3-499-50580-0
  • Nelson Mandela: Der lange Weg zur Freiheit, Autobiografie. S. Fischer, Frankfurt am Main 1994, ISBN 3-10-047404-X
  • Joel Joffe: Der Staat gegen Mandela, Karl Dietz Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-320-02076-7
  • Jack Lang Nelson Mandela, Biographie, Patmos Verlag 2006, ISBN 978-3-538-07222-0
  • Anthony Sampson: Nelson Mandela. Die Biographie. DVA, Stuttgart 1999, ISBN 3-421-05193-3 (Rezension)

Filmographie

  • Nelson Mandela. Eine Legende wird 90. Dokumentation, Deutschland, Südafrika, 2008, Buch und Regie: Richard Klug, Produktion: Phoenix, Erstausstrahlung: 13. Juli 2008, Inhaltsangabe vom Kölner Stadtanzeiger
  • Goodbye Bafana. Spielfilm, Belgien, 2007, 140 Min., Regie: Bille August, das Drehbuch basiert auf den Memoiren von Mandelas Gefängniswärter
  • Angeklagt: Nelson Mandela. Der Rivonia-Prozess. Dokumentation, Dänemark, Deutschland, Großbritannien, Südafrika, 2004, 52 Min., Buch und Regie: Pascale Lamche, Produktion: ZDF, Inhaltsangabe von arte

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. List of previous recipients. United Nations Human Rights, 2.4.2008. Abgerufen am 29.12.2008. (PDF, Englisch)



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