- Netta rufina
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Kolbenente Systematik Ordnung: Gänsevögel (Anseriformes) Familie: Entenvögel (Anatidae) Unterfamilie: Anatinae Tribus: Tauchenten (Aythyini) Gattung: Netta Art: Kolbenente Wissenschaftlicher Name Netta rufina (Pallas, 1773) Die Kolbenente (Netta rufina) ist eine etwa stockentengroße Vogelart aus der Familie der Entenvögel (Anatidae). Sie zählt zu den Tauchenten und kann bis zu 30 Sekunden unter Wasser bleiben. Das Männchen ist im Prachtkleid mit seiner fuchsroten Kopffärbung und dem karminroten Schnabel unverkennbar.
Das Brutgebiet der Kolbenente ist nur in Mittelasien geschlossen. Das europäische Brutgebiet ist dagegen disjunkt und hat seine Schwerpunkte im westlichen Mittelmeergebiet. Die inselartigen Vorkommen in Mitteleuropa sind auch darauf zurückzuführen, dass die Kolbenente erst im Verlauf des 20. Jahrhunderts Mitteleuropa besiedelte. Carl von Linné war diese Art daher unbekannt. Die wissenschaftliche Artbeschreibung erfolgte erst durch den aus Berlin stammenden Arzt und Naturforscher Peter Simon Pallas, der in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts unter anderem ausgedehnte Forschungsreisen in Russland unternahm und dort diese Art entdeckte.[1]
Inhaltsverzeichnis
Beschreibung
Die 45 bis 55 cm große Kolbenente wiegt 800 bis 1500 g und erreicht eine Flügelspannweite von bis zu 90 cm. Das Männchen hat im Prachtkleid einen sehr auffälligen, rotbraunen dicken Kopf und einen leuchtend scharlachroten Schnabel, der sich scharf gegen die Kopffärbung abhebt. Der im vergleich zum Körper überproportional große Kopf wird zusätzlich durch eine lose Federhaube betont. Die Augen sind rot. Brust, Kropf, Unterschwanzdekcen sowie der Bauch sind schwarz. Die Flanken sind weiß und der Rücken sowie die Flügel braun gefärbt. Im Flug ist der weiße Flügelvorderrand sowie die breite weiße Flügelbinde unverkennbar. Im Schlichtkleid ähnelt das Gefieder der Männchen dem der Weibchen. Sie lassen sich von ihnen durch die kontrastreichere Kopffärbung sowie die im Vergleich zum Prachtkleid zwar blassere, aber immer noch durchgehend rote Schnabelfärbung unterscheiden.
Das Weibchen hat ein braunes Gefieder, bei dem die Flanken und der Hals etwas heller ist als der Rücken. Der Oberkopf ist ab der Höhe der Augen dunkelbraun. Die Wangen sowie der Unterhals sind dagegen weißlich grau oder hellgrau. Der Schnabel ist dunkel braun und hat an der Spitze ein hellrotes Band. Die hellgrauen Wangen sowie diese rote Querbinde an der Spitze des Schnabels sind ein wesentliches Erkennungsmerkmal, um die Weibchen der Kolbenente von den Weibchen anderer Entenarten zu unterscheiden. Bei schwimmenden Weibchen sind die weißen Unterflügeldecken außerdem als weißer Fleck in Schwanznähe erkennbar.
Die Kolbenente wird bis sieben Jahre alt. Der Ruf der Männchen ist vor allem während der Fortpflanzungszeit zu hören. Er klingt in etwa wie ein nasales bät oder brät und ist häufig in Triller eingebettet.[2]
Lebensraum
Die Kolbenente ist eine in Mitteleuropa nur selten brütende Entenart. Brutplätze finden sich im nördlichen Alpenvorland. Bekannte Brutgebiete sind der Bodensee, das Ismaninger Teichgebiet sowie die Innstauseen. Sie brütet außerdem an einigen Seen in den Niederlanden, in Schleswig-Holstein, in Mecklenburg sowie in den südmährischen Teichgebieten. Sie fühlt sich an pflanzenreichen Stillgewässern sehr wohl. Ausschlaggebend für eine Besiedelung mit Kolbenenten ist die Wassertiefe und eine reichhaltige, im Schlammgrund verankerte Vegetation. Im Winter findet man sie hauptsächlich im Mittelmeerraum. Aber auch an den Gewässern in Mitteleuropa überwinten viele Kolbenenten, vor allem auf dem Neuenburger- und Vierwaldstättersee (CH) und auf dem Bodensee.
Die Kolbenente ist grundsätzlich eine sehr anpassungsfähige Art, die seit etwas mehr als 100 Jahren ihr Verbreitungsgebiet erweitert hat. Die Ausbreitungswelle begann etwa um das Jahr 1894 von der Camargue ausgehend. Bereits im Jahre 1910 brüteten Kolbenenten in La Dombes, einer ostfranzösischen Landschaft. Seit 1920 zählt die Kolbenente zum Brutvogelbestand Deutschlands. 1940 hatte sie bereits Dänemakr erreicht und 1942 wurden die ersten Brutvögel in Holland beobachtet. Italien wurde von der Kolbenente verhältnismäßig spät besiedelt. Hier brütet sie seit 1950.[3]
In Großbritannien brüten Kolbenenten vereinzelt seit 1937. Diese Brutvögel werden jedoch nicht auf die allgemeine Ausbreitungstendenz dieser Art zurückgeführt, sondern sie gelten als Nachkömmlinge von Gefangenschaftsflüchtlingen.[4]
Ernährung
Die Kolbenente ernährt sich überwiegend von Wasserpflanzen und Algen. Die wichtigste Nahrungspflanzen sind Armleuchteralgen und Laichkräuter. Sie werden tauchend oder gründelnd aufgenommen. Mit den Pflanzenteilen nimmt die Kolbenente auch an diesen haftende Schnecken, Wasserinsektenlarven und andere Wirbellose auf. Ihr Anteil an der Gesamtnahrung ist jedoch nur gering.[5]
Die Nahrungssuche erfolgt überwiegend im Flachwasserbereich. Sie kann aber auch Nahrung in einer Gewässerzone bis zu vier Meter aufnehmen. Zur Nahrungssuche taucht die Kolbenente mit einer kopfsprungähnlichen Bewegung ein. In Flachwasserzonen sucht sie ihre Nahrung aber auch gründelnd.
Fortpflanzung
Die Kolbenente wird nach einem Jahr geschlechtsreif. Die Balz beginnt bereits im Herbst und erfolgt im Winterquartier mit steigender Intensität. Die Balz vollzieht sich meist in den Mittagsstunden. Im Herbst und im Winter ist zunächst eine Gruppenbalz charakteristisch. Sie wird in voller Intensität vor allem dann gezeigt, wenn sich mindestens fünf Erpel versammelt haben. Je mehr Enten sich verpaart haben und je fester die jeweilige Paarbeziehung ist, desto mehr geht diese Gesellschaftsbalz in eine Einzelbalz über. Dabei zeigt die Kolbenente ein „Balzfüttern“, das bei Entenvögeln nur sehr selten vorkommt. Erpel tauchen dabei mit Pflanzenteilen im Schnabel auf und bieten diese dem Weibchen an. Gelegentlich fressen Weibchen tatsächlich von diesen so angebotenen Grünpflanzen.[6] Bislang ist nicht bekannt, ob in freier Wildbahn lebende Kolbenenten monogam sind. Bei in Gefangenschaft gehaltenen Kolbenenten hat man bislang eine Dauerehe festgestellt.[7]
Zwischen dem Eintreffen im Brutrevier und dem Bau des Nestes können mehrere Wochen vergehen. Das Nest wird nahe der Uferregion in der dichten Vegetation angelegt. Es besteht aus einem Unterbau aus trockenen Pflanzenteilen, der sich kegelförmig über die Nestmulde erhebt. Das Weibchen legt sechs bis zwölf cremefarbene bis hellgrüne Eier. Es sind auch schon Gelege mit 21 Eiern gefunden worden. Diese sind aber möglicherweise von zwei Weibchen genutzt worden.[8] Bei Kolbenenten kommt es häufiger als bei anderen Entenarten vor, das mehrere Weibchen ein Nest nutzen. Eier werden auch in die Nester anderer Entenarten gelegt. Dieses Verhalten wird dadurch begünstigt, dass Kolbenenten auch in der Brutzeit ein nur gering ausgeprägtes Territorialverhalten haben.[9] Ein Gelege mit leicht unterschiedlich gefärbten Eiern ist jedoch kein Indiz, dass hier das Gelege von zwei Weibchen vorliegt. Auch das Gelege nur eines Weibchen weist eine gewisse Variabilität bei der Eierfärbung auf.[10]
Die Eiablage beginnt in Mitteleuropa frühestens ab Mitte April. Häufiger ist ein Brutbeginn ab Monat Mai. Die Bebrütung beginnt mit der Ablage des letzten oder vorletzten Eis. Die Brutdauer beträgt im Durchschnitt 26 Tage. Es brütet allein das Weibchen. Das Männchen verbleibt in der Nähe des Nestes und übernimmt die Überwachung des Nestes während der Brutpausen. Dieses Verhalten ist bei Enten nicht sehr häufig. In der Regel übernimmt der Erpel keine aktive Rolle während der Brut oder der Aufzucht der Jungen.
Die Jungen sind Nestflüchter und werden nach 45 bis 50 Tagen flügge.[11] Der europäische Bestand wird auf etwa 15.000 Brutpaare geschätzt.
Bestand
Der Gesamtbestand der Kolbenente wurde nach Daten aus dem Jahre 2002 von der IUCN auf 350.000 bis 440.000 Tiere beziffert. Die Art gilt als "nicht gefährdet".
Belege
Einzelnachweise
- ↑ Viktor Wember: Die Namen der Vögel Europas – Bedeutung der deutschen und wissenschaftlichen Namen, Aula-Verlag, Wiebelsheim 2007, ISBN 978-3-89104-709-5, S. 51 und 87
- ↑ Hans-Heiner Bergmann; Hans-Wolfgang Helb; Sabine Baumann; Die Stimmen der Vögel Europas – 474 Vogelporträt mit 914 Rufen und Gesängen auf 2.200 Sonogrammen, Aula-Verlag, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-89104-710-1, S. 61
- ↑ Gooders und Boyer, S. 78
- ↑ Gooders und Boyer, S. 78
- ↑ Rutschke, S. 249
- ↑ Rutschke, S. 248
- ↑ Rutschke, S. 249
- ↑ Collin Harrison und Peter Castell: Field Guide Bird Nests, Eggs and Nestlings, HarperCollins Publisher, überarbeitete Auflage von 2002, ISBN 0007130392, S. 75
- ↑ Rutschke, S. 248
- ↑ Collin Harrison und Peter Castell: Field Guide Bird Nests, Eggs and Nestlings, HarperCollins Publisher, überarbeitete Auflage von 2002, ISBN 0007130392, S. 75
- ↑ Collin Harrison und Peter Castell: Field Guide Bird Nests, Eggs and Nestlings, HarperCollins Publisher, überarbeitete Auflage von 2002, ISBN 0007130392, S. 75
Literatur
- John Gooders und Trevor Boyer: Ducks of Britain and the Northern Hemisphere, Dragon's World Ltd, Surrey 1986, ISBN 1-85028-022-3
- Janet Kear (Hrsg): Ducks, Geese and Swans. Oxford University Press, 2005, ISBN 0198546459
- Hartmut Kolbe; Die Entenvögel der Welt, Ulmer Verlag 1999, ISBN 3-8001-7442-1
- Erich Rutschke: Die Wildenten Europas – Biologie, Ökologie, Verhalten, Aula Verlag, Wiesbaden 1988, ISBN 3-89104-449-6
Weblinks
- Netta rufina in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2008. Eingestellt von: BirdLife International, 2008. Abgerufen am 30. Januar 2009
- Videos, Fotos und Tonaufnahmen zu Netta rufina in der Internet Bird Collection
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