- Nikolai Karamsin
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Nikolai Michailowitsch Karamsin (russisch Николай Михайлович Карамзин, wiss. Transliteration Nikolaj Michajlovič Karamzin; * 1. Dezemberjul./ 12. Dezember 1766greg. im Dorf Michailowka im Gouvernement Simbirsk (Russland); † 22. Maijul./ 3. Juni 1826greg. in Sankt Petersburg, war ein russischer Schriftsteller und Historiker. Karamsin markiert in der russischen Literatur den Übergang vom Klassizismus zum Sentimentalismus. Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts konnte kein anderer Schriftsteller in Russland einen solchen Publikumserfolg und so viele Nachahmer verzeichnen wie Karamsin.
Inhaltsverzeichnis
Lebenslauf
Am 12. Dezember 1766 wurde Karamsin als Sohn eines Gutsbesitzers in der Nähe von Simbirsk (Uljanowsk) geboren. Seinen ersten Unterricht erhielt er durch Hauslehrer.
- 1780-83
Im Moskauer Pensionat des Professors Schaden wurde Karamsin mit modernen Sprachen und Literaturen vertraut.
- 1783
Als erste Arbeit Karamsins erschien seine Übersetzung einer Idylle von Salomon Gessner (1730-1788) im Druck: Das hölzerne Bein.
- 1784-89
Nach einem kurzen Zwischenspiel im Petersburger Garderegiment und der Rückkehr nach Simbirsk siedelte Karamsin nach Moskau über, wo er sich dem Kreis um den großen Aufklärer, Verleger und Schriftsteller Nikolai Iwanowitsch Nowikow anschloss. In der von Nowikow gegründeten Zeitschrift veröffentlichte er Übersetzungen, kleinere Gedichte und Erzählungen.
- 1789-90
reiste Karamsin durch Europa: Memel, Tilsit, Königsberg (Begegnung mit Immanuel Kant), Berlin (zehn Tage), Dresden, Leipzig, Weimar (Begegnung mit Wieland, aber nicht mit Goethe). Nach einem mehrmonatigen Aufenthalt in der Schweiz kam er im März 1790 nach Paris, wo er vier Monate blieb. Die Heimreise führte ihn von London, wo er sich von Juli bis September 1790 aufhielt, zu Schiff nach Kronstadt zurück.
- 1791-92
Karamsin gab die literarische Zeitschrift Moskovskii zhurnal heraus. In dieser Zeitschrift erschienen die auf der Europareise entstandenen Briefe und Tagebuchnotizen, bevor sie 1797-1801 in einer sechsbändigen Buchfassung unter dem Titel Briefe eines russischen Reisenden herauskamen. Der Reisebericht hatte so großen Erfolg, dass bereits 1801-1803 die 2. Auflage erschien. Im Moskowski journal veröffentlichte Karamsin auch seine bekanntesten sentimentalistischen Erzählungen wie Die arme Lisa und Frol Silin. Das Journal wurde eingestellt, nachdem Karamsin in seinem Gedicht An die Barmherzigkeit für die Begnadigung Nowikows eingetreten war, der ohne Gerichtsurteil eingekerkert worden war.
- 1793-1801
Karamsin gab eine Reihe literarischer Sammelbände eigener und fremder Werke heraus: Aglaja, Meine Bagatellen, Die Äoniden, ein Pantheon russischer Autoren und ein Pantheon der ausländischen Literatur.
- 1802-1803
leitete Karamsin die Redaktion des Westnik Jewropy (Bote Europas), der das erste Muster für die dicken russischen Literaturjournale wurde. Im Westnik Jewropy veröffentlichte Karamsin seine bekannteste historische Erzählung Marfa, die Statthalterin.
- 1803
Als Alexander I. ihn zum Reichshistoriographen ernannte, beendete Karamsin seine literarische Tätigkeit und widmete sich ganz der wissenschaftlichen Erforschung der Geschichte Russlands. 1818 Karamsin veröffentlichte die ersten acht Bände seiner Geschichte des russischen Staates, die er mit dem unvollendeten zwölften Band bis zur Zeit der Wirren führte (1605-1613). Das Werk wurde wegen seines reichen Quellenmaterials und seines glänzenden Stils ein außergewöhnlicher Erfolg.
- 1826
Nachdem Karamsin eine Lungenentzündung überstanden hatte, war er zu schwach, um eine geplante Erholungsreise nach Südfrankreich und Italien anzutreten. Er starb am 3. Juni 1826 in Sankt Petersburg.
Karamsin ist für die russische Kultur in dreifacher Hinsicht bedeutsam: als Begründer des Sentimentalismus - er überwand das abstrakte Pathos des Klassizismus und stellte menschliche Gefühle in den Mittelpunkt seiner Werke -, als Historiker und als Sprachreformer. Er bildete neue russische Wörter nach französischem und manchmal deutschem Vorbild, die sofort Allgemeingut wurden. Beispiele dafür sind die russischen Wörter für Bewusstsein, Entwicklung, Industrie oder rührend. Den russischen Satzbau vereinfachte er nach französischem Vorbild. Mit dem sogenannten Novij slog (Neuer Stil) setzte er den ersten wichtigen Baustein zur Begründung einer neuen Prosasprache, die später von Puschkin zur Vollendung gebracht wurde
Werke
- Jewgeni und Julia (Евгений и Юлия), 1789
- Briefe eines russischen Reisenden (Письма русского путешественника), 1791/92
- Frol Silin (Фрол Силин), 1791
- Die arme Lisa (Бедная Лиза), 1792
- Liodor (Лиодор), unvollendete Erzählung 1792
- Natalja, die Bojarentochter(Наталья, боярская дочь), 1792
- Die Insel Bornholm (Остров Борнгольм), 1793
- Julia (Юлия), 1794
- Sierra Morena (Сиерра-Морена), 1794
- Der Empfindsame und der Kühle (Zwei Charaktere) (Чувствительный и холодный (Два характера)), 1801
- Ein Ritter unserer Zeit (Рыцарь нашего времени), Romanfragment 1802/03
- Marfa, die Statthalterin oder die Unterwerfung Nowgorods (Марфа Посадница, или Покорение Новагорода), 1803
- Geschichte des russischen Staates (История государства Российского), 1818
Gedichte u.a.:
- An die Barmherzigkeit (К Милости), 1792
- Die Poesie (Поэзия), 1792
- Melancholie (Меланхолия), 1802
- Die arme Lisa, Reclam, Ditzingen (Januar 1982)
- Briefe eines reisenden Russen, Winkler, Mchn. (Dezember 1984)
- Briefe eines reisenden Russen, Reclam, Ditzingen (April 1998)
Literatur
- Geschichte der klassischen russischen Literatur Aufbau, Berlin 1973 (Kapitel N. M. Karamsin: S.90 - 100)
- Adolf Stender-Petersen: Geschichte der russischen Literatur C.H.Beck, München 3.Aufl. 1978 (Zweiter Teil, Kap.4: Die Reisebriefe Karamzins; Kap.5: Karamzin als Begründer des Sentimentalismus; Kap. 7 Die novellistische Kunst Karamzins)
- Ulrike Brinkjost: Geschichten und Geschichte. Ästhetischer und historiographischer Diskurs bei N. M. Karamzin Otto Sagner, München 2000 ISBN 3876907551 (Teildruck von Diss. phil. Bielefeld 1999)
- Hans Rothe: N. M. Karamzins europäische Reise. Der Beginn des russischen Romans 1968 ISBN 3515022090
- Robert Marzari: Die Entwicklung des historiographischen Stils im Vergleich zum literarischen bei Lomonosow, Karamzin und Puschkin Otto Sagner, München 1999 ISBN 3876907284
- Gabriele Sauberer: Die Syntax der "Pis'ma russkogo putešestvennika" von N. M. Karamzin ebd. 1999, ISBN 3-87690-744-6
- H.Graßhoff: Zur Rolle des Sentimentalismus in der historischen Entwicklung der russischen und der westeuropäischen Literatur In: Zeitschrift für Slawistik VIII (1963) S. 558 - 570
- M.Fraanje: Selbstmord aus Liebe: Karamzins Arme Lisa im ideengeschichtlichen Kontext In: Zeitschrift für slavische Philologie, Band 59, Heft 2, 2000, S. 305-316
- Erhard Hexelschneider: Europa und Rußland in zeitgenössischen Reiseberichten von Fonwisin bis A. Turgenjew in: Russland & Europa. Historische und kulturelle Aspekte eines Jahrhundertproblems Rosa Luxemburg Verein, Leipzig 1995 ISBN 3929994445 S. 49 - 64
Weblinks
- Literatur von und über Nikolai Michailowitsch Karamsin im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Biographie (russ.)
- Aphorismen, Gedanken, Sätze (russ)
- Karamsin. Poem (russ.)
Personendaten NAME Karamsin, Nikolai Michailowitsch ALTERNATIVNAMEN Николай Михайлович Карамзин (russisch); Nikolaj Michajlovič Karamzin (wissenschaftliche Transliteration) KURZBESCHREIBUNG russischer Autor und Dichter GEBURTSDATUM 12. Dezember 1766 GEBURTSORT Michailowka, Gouvernement Simbirsk STERBEDATUM 3. Juni 1826 STERBEORT Sankt Petersburg
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