- Nitrocellulose
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Strukturformel Allgemeines Name Cellulosenitrat Andere Namen - Nitrozellulose
- Schießbaumwolle
- Blitzwatte
CAS-Nummer 9004-70-0 Art des Polymers Biopolymer Beschreibung weiße, faserige Masse Monomer Monomer β-D-Glucose (teilweise nitriert) Summenformel C6H7O11N3 Molare Masse 252,14 bis 297,14 g·mol−1 pro Monomereinheit (abhängig vom Nitrierungsgrad) Eigenschaften Aggregatzustand fest Dichte 1,23 g·cm−3 [1] Schmelzpunkt 160–180 °C [2] Sicherheitshinweise Gefahrstoffkennzeichnung aus RL 67/548/EWG, Anh. I[2] Explosions-
gefährlich(E) R- und S-Sätze R: 3 S: (2)-35 Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. Cellulosenitrat (auch: Zellulosenitrat) ist eine weiße, faserige, geruch- und geschmackslose Masse. Sie wird umgangssprachlich auch als Nitrocellulose (oder Nitrozellulose) bezeichnet. Diese Bezeichnung ist gemäß der IUPAC-Nomenklatur problematisch, denn es handelt sich nicht um eine RC-NO2-Bindung, wie es das Präfix „Nitro-“ verlangt, sondern um einen Ester der Cellulose mit der Nitrat-Gruppierung RCO-NO2.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die „Schießbaumwolle“ wurde 1846 sowohl von Christian Friedrich Schönbein und unabhängig davon im gleichen Jahr auch von dem Chemiker Rudolf Christian Böttger (1806–1881) entdeckt. Von beiden wiederum unabhängig stellte der Braunschweiger Professor F. J. Otto im gleichen Jahr ebenfalls Schießbaumwolle her und veröffentlichte das Verfahren zum Verdruss von Schönbein und Böttger als erster. (Quelle: Itzehoer Wochenblatt vom 29. Oktober 1846, Spalte 1626 f.)
Gewinnung und Darstellung
Cellulosenitrat wird in der chemischen Industrie durch Umsetzung von Cellulose mit Nitriersäure hergestellt. Formal gesehen handelt es sich um die Reaktion eines Alkohols mit einer Säure zu einem Ester. Der Stickstoffgehalt des herzustellenden Cellulosenitrats wird durch Zusammensetzung der Nitriersäure und die Reaktionsdauer geregelt. Bei einem Stickstoffgehalt > 12,75 % handelt es sich dann überwiegend um Cellulosetrinitrat (Schießbaumwolle), bei einem Gehalt < 12,75 % um Cellulosedinitrat (Kollodiumwolle).
Nach der Reaktion wird die restliche Nitriersäure mit Wasser ausgewaschen, bis das Cellulosenitrat den pH-Wert 7 annimmt, da sonst Spuren von restlicher Salpetersäure eine Selbstentzündung bewirken können. In früherer Zeit ist es in den Fabriken häufig zu Explosionen gekommen, da Verunreinigungen in den Fasern wie die als Nebenprodukt gebildeten Schwefelsäureester Spontanzersetzungen des Cellulosenitrats bewirkten. Erst 1864 entdeckte der Engländer Frederick Augustus Abel, dass sie durch eine feuchte Zerkleinerung im Papierholländer völlig stabilisiert werden kann.
Eigenschaften
Physikalische Eigenschaften
- Explosionstemperatur: ca. 3100 °C
- Bleiblockausbauchung: 37 cm3/g (nach „Explosivstoffe“ 9. Auflage)
- Schlagempfindlichkeit: 3 Nm
- Stickstoffgehalt: 14,14 % max. (theoretisch), praktisch 13,5 % max.
- Detonationsgeschwindigkeit: 6300 m/s
- Explosionsstärke: 147 % von TNT
- Sauerstoffbilanz: −29,8 % (13,5 % Stickstoffgehalt)
Chemische Eigenschaften
Cellulosenitrat verbrennt nach Entzündung augenblicklich – auch bei Abwesenheit von Luftsauerstoff – mit gelblicher Flamme zu CO2, CO, H2O, N2 und H2. Bei der Verbrennung entsteht, im Gegensatz zu Schwarzpulver, keinerlei für das menschliche Auge sichtbarer Rauch, darum wird Cellulosenitrat auch als rauchloses Pulver bezeichnet.
Verwendung
- Aus Cellulosenitrat wurde früher eine Kunstseide, die sogenannte Chardonnet-Seide hergestellt. Aufgrund der bestehenden Feuergefährlichkeit wurde dies jedoch schnell wieder eingestellt.
- Durch Hinzufügen von Campher als Weichmacher entsteht aus Cellulosedinitrat Zelluloid (Kurzzeichen CN). Dieses Material war der erste thermoplastische Kunststoff und wurde trotz seiner großen Feuergefährlichkeit lange Zeit als Träger für fotografische Filme verwendet. Später wurde es durch Celluloseacetat ersetzt. Diese, bis etwa 1960 währende, Verwendung ist heute noch ein großes Problem: Filmarchive aus dieser Zeit sind durch die Neigung des Materials zur Selbstentzündung und Explosion extrem gefährdet und müssen entsprechend gesichert werden. Noch heute werden aber Tischtennisbälle aus Zelluloid hergestellt
- In Aceton, Essigsäureethylester und anderen Lösungsmitteln gelöst kommt Cellulosedinitrat als das namensgebende Bindemittel in Nitrolack zum Einsatz. Da für die vielfältigen Anwendungsgebiete (z. B. Flexo- oder Tiefdruckverfahren, Leder- oder Holzlack) unterschiedliche Viskositäten der Nitrolacke erforderlich sind, wird bei Cellulosedinitrat durch Überdruckkochung in Autoklaven die Viskosität abgebaut.
- In der Pyrotechnik wird Cellulosetrinitrat wegen seiner Raucharmut für Feuerwerkseffekte in geschlossenen Räumen eingesetzt. Es wird in vielen Formen in den Handel gebracht, wie zum Beispiel als Pyrowatte, -papier, -schnur, -flocken oder -chips, die sich durch das Abbrennverhalten voneinander unterscheiden. Auf diesem Gebiet findet sie außerdem als Hauptanteil von rauchschwachen Treibladungspulvern, als Komponente in Raketentreibstoffen, Bergbausprengstoffen, Klebstoffen und Kitten Anwendung.
- In der Molekularbiologie und Biochemie werden Membranen aus Cellulosenitrat bei verschiedenen Blotverfahren verwendet. Siehe: Southern-Blot, Northern-Blot, Western-Blot.
Sicherheitshinweise
Cellulosenitrat unterliegt dem deutschen Sprengstoffgesetz. Hochnitrierte Schießbaumwolle kann bei Schlag, statischer Entladung und schnellem Erhitzen detonieren.
Bei der Einstufung zur Gefahrstoffkennzeichnung gemäß RL 67/548/EWG, wurde in Anhang 1 bis zum Erscheinen der 31. Anpassung (16. Januar 2009) unterschieden zwischen den beiden Nitrierungsstufen „enthält bis 12,6 % Stickstoff“ (leichtentzündlich) und „enthält mehr als 12,6 % Stickstoff“ (explosionsgefährlich); diese Unterscheidung ist seitdem entfallen.
Trivia
- Im Science-Fiction-Roman Von der Erde zum Mond von Jules Verne wird das zum Mond fliegende Geschoss (keine Rakete!) durch 400.000 Pfund Schießbaumwolle beschleunigt.
Quellen
- ↑ Cellulosenitrat bei sigma-aldrich
- ↑ a b Eintrag zu Nitrocellulose in der GESTIS-Stoffdatenbank des BGIA, abgerufen am 20.3.2009 (JavaScript erforderlich)
Literatur
- Richard Escales: Die Schiessbaumwolle (Nitrocellulosen). BoD GmbH Norderstedt 2003, ISBN 3-8311-4954-2
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