- Nonwoven
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Vliesstoff (auch kurz Vlies) ist ein textiles Flächengebilde aus einzelnen Fasern. Im Gegensatz dazu werden Gewebe, Gestricke und Gewirke aus Garnen hergestellt und Membranen aus Folien.
In einigen Publikationen wird der aus Wolle hergestellte Filz zu den Vliesstoffen gezählt. In der ungültigen Norm DIN 61210 wurde noch genau zwischen den jeweils speziellen Begriffen für verschiedene Arten von vliesstoffähnlichen Produkten unterschieden. Die Vliesstoffindustrie ist jedoch ein relativ junger Industriebereich, während das Filzhandwerk schon einige Jahrhunderte besteht. Somit haben sich auch unterschiedliche Begrifflichkeiten gebildet und daher wird (wohl aus historischen Gründen) in der gültigen Norm DIN EN 29092 (ISO 9092) der Filz nicht hinzugerechnet.
Ein Vliesstoff unterscheidet sich vom Papier häufig in der Länge der Fasern, welche dort sehr viel kürzer sind; es gibt jedoch auch nassgelegte Vliesstoffe aus kurzen Zellulosefasern wie im Papier. Der entscheidende Unterschied ist deshalb das Fehlen von Wasserstoffbrückenbindungen bei den Fasern von Vliesstoffen, die die Festigkeit des Papieres ausmacht.
Der Begriff wird fälschlicherweise häufig mit Fleece gleichgesetzt.
Inhaltsverzeichnis
Unterschied Vlies – Vliesstoff
Ein Vlies besteht aus lose zusammenliegenden Fasern, welche noch nicht miteinander verbunden sind. Die Festigkeit eines Vlieses beruht nur auf der fasereigenen Haftung, kann aber durch Aufarbeitung beeinflusst werden. Damit man das Vlies verarbeiten und benutzen kann, muss es verfestigt werden, wofür verschiedene Methoden angewandt werden können. Erst ein verfestigtes Vlies ist als Vliesstoff zu bezeichnen. In der Umgangssprache wird dieser Unterschied nicht gemacht.
Unterteilung
Vliesstoffe sind wesentlich verschieden von Gewebe, Gestricken und Gewirken, die sich durch vom Herstellverfahren bestimmte Legung der einzelnen Fasern oder Fäden auszeichnen. Vliesstoffe bestehen dagegen aus Fasern, deren Lage sich nur mit den Methoden der Statistik beschreiben lässt. Die Fasern liegen wirr im Vliesstoff zueinander. Die englische Bezeichnung nonwoven (nicht gewebt) grenzt sie eindeutig von Geweben, Gestricken etc. aus. Vliesstoffe werden unter anderem nach dem Fasermaterial (z. B. das Polymer bei Chemiefasern), dem Bindungsverfahren, der Faserart (Stapel- oder Endlosfasern), der Faserfeinheit und der Faserorientierung unterschieden. Die Fasern können dabei definiert in einer Vorzugsrichtung abgelegt werden oder gänzlich stochastisch orientiert sein wie beim Wirrlagen-Vliesstoff.
Wenn die Fasern keine Vorzugsrichtung in ihrer Ausrichtung (Orientierung) haben, spricht man von einem isotropen Vliesstoff. Sind die Fasern in einer Richtung häufiger angeordnet als in der anderen Richtung, dann spricht man von Anisotropie.
Wirrfaser-Vliesstoffe
Wirrfaser-Vliesstoffe werden mit unterschiedlichen Verfahren trocken oder nass hergestellt.
- die trockene Herstellung erfolgt im Luftstrom
- oftmals durch elektrostatische Aufladung unterstützt um eine gleichmäßige Faserverteilung zu erreichen.
- im Wasser (Nass)
- durch Wirr- oder Stauchwalzen auf einer Krempel
Faserorientierte Vliesstoffe
Solche Vliesstoffe können in einer Richtung – längs oder quer zur Maschine – gelegt werden oder aus mehreren Lagen bestehen, welche über Kreuz abgelegt werden.
Herstellung
Vliesstoffe unterscheiden sich durch:
- Faserarten und deren Ursprung
- Mineralische Fasern, z. B. Glas, Asbest, Mineralwolle, Basalt
- Tierische Fasern, z. B. Seide, Wolle
- Pflanzliche Fasern, z. B. Baumwolle
- Chemische Fasern
- aus natürlichen Polymeren, z. B. Cellulose
- aus synthetischen Polymeren
- Polyamid
- PA 6.6 – Markenbezeichnung Nylon
- PA 6.0 – Markenbezeichnung Perlon
- Polyester
- PVC (Polyvinylchlorid)
- PP (Polypropylen)
- PE (Polyethylen)
- PPS (Polyphenylensulfid)
- PAN (Polyacrylnitril)
- PI (Polyimid)
- PTFE (Polytetraflourethylen, Teflon)
- Aramide
- meta-Aramid, Markenbezeichnung z. B. Nomex
- para-Aramid, Markenbezeichnung z. B. Kevlar
- Polyamidimid (Kermel)
- Polyamid
- als Fasermischungen
- Spinnverfahren zur Fasergewinnung
- Trockenspinnen
- Nassspinnen
- Schmelzspinnen
- Matrixspinnen
- Verfestigungsverfahren (Bonding)
- Mechanisch, durch Vernadelung oder durch Wasserstrahlverfestigung
- Chemisch, durch die Zugabe von Bindemitteln
- Thermisch, durch das Erweichen in einem geeigneten Gasstrom, zwischen beheizten Walzen oder auch in einem Dampfstrom
Spinnvlies / Spunbond
Zur Faserherstellung wird ein Polymer in einem Extruder erhitzt und auf einen hohen Druck gebracht. Das Polymer wird in genauer Dosierung mittels der Spinnpumpen durch eine Matrize, die so genannte Spinndüse gepresst. Das Polymer tritt aus der Düsenplatte als feiner Faden (Filament) noch in geschmolzener Form aus. Durch einen Luftstrom wird es abgekühlt und noch aus der Schmelze gestreckt. Der Luftstrom befördert die Filamente auf ein Förderband das als Sieb ausgebildet ist. Durch eine Absaugung unter dem Siebband werden die Fäden fixiert. Dieses Fasergelege ist ein Wirrlagen-Vlies, das verfestigt werden muss. Die Verfestigung kann durch zwei beheizte Walzen (Kalander) oder durch einen Dampfstrom erfolgen. Bei der Verfestigung durch einen Kalander ist meist eine der beiden Walzen mit einer Gravur versehen, die aus Punkten, kurzen Rechtecken oder diamantähnlichen Punkten besteht. An den Kontaktpunkten verschmelzen die Filamente und bilden so den Vliesstoff. Leichtere Vliesstoffe können ausschließlich auf diesem Wege (thermobondiert) hergestellt werden, schwerere Vliesstoffe werden mit einem zweiten eingearbeiteten niedrigschmelzenden Polymer hergestellt, wobei bei einem Durchgang durch einen sogenannten Fixierofen der Schmelzkleber aufgeschmolzen wird und die Matrixfäden meist an ihren Kreuzungspunkten zusammengeklebt und die gewünschten Vliesfestigkeiten somit gewährleistet werden.
Nadelvliesstoff
Stapelfasern wie Baumwolle, Wolle oder synthetische, Stapel-Fasern werden in einer Krempel zu einem Vlies gelegt. Diese fügt lose einzelne Fasern zu einem Faserflor – dem Vlies – zusammen, parallelisiert sie und reinigt ggf. Schmutz aus. Je nachdem, wie das Krempelband gebildet wird, hat das Vlies eine Vorzugsrichtung, die beim Verfestigen erhalten bleibt. Über einen Kreuzleger werden vor der Vernadelung bei schweren Qualitäten mehrere Lagen übereinander gelegt.
Die Verfestigung des Vlieses erfolgt mit diversen Typen von Nadeln z. B. Kronennadeln. Neben der klassischen Vernadelung nimmt der Anteil der mit Wasserstrahl vernadelten Qualitäten stark zu.
Einsatzbereiche für Nadelvlies sind z. B. Objektbodenbelag oder Kfz-Innenraum.
Vliesstoff durch Walken
Wolle besteht aus Haaren, diese haben Schuppen auf der Oberfläche. Unter Einfluss von Wärme und Feuchtigkeit öffnen sich diese Schuppen. Seifenlauge unterstützt diesen Effekt. Wenn die Wolle gerieben wird, verhaken sich die Schuppen der einzelnen Haare miteinander. Beim anschließenden Walken wird die Flüssigkeit verdrängt, die Haare werden noch dichter zusammen geschoben und die Schuppen dazu gebracht, sich wieder zu schließen. Dadurch sind die Haare miteinander verhakt und ergeben eine einheitliche Fläche.
Verwendung
Vliesstoffe finden eine äußerst breite Anwendung:
- zum Licht- und Temperaturmanagement sowie zur chemikalienlosen Unkrautbekämpfung in Landwirtschaft und Gartenbau
- als Geotextil zur Trennung unterschiedlicher Schichten (z. B. als Planumsschutzschicht im Gleisbau) und zur Drainage
- als Filter in Motoranlagen, Be- und Entlüftungsvorrichtungen in der Gebäude- und Fahrzeugtechnik
- als Staub- und Flüssigkeitsfilter für Staubsauger und Industrie
- als Fahrzeuginnenausstattung, z. B. als Überbrückungsmaterial in Autositzen
- als Beruhigung in Wasserbetten
- als medizinisches Textil für Einweg-Operationsbekleidung, Wundpflaster, Mundschutz
- als Unterkragenstoff in Hemden zur Versteifung
- als Futter in Jacken
- als brandhemmendes Material
- als Innenfutter und Einlegesohle für Schuhe
- als Reinigungstuch
- als Bodenbelag, z. B. als Nadelvlies (fälschlicherweise oft als Nadelfilz bezeichnet) oder als Innenschicht für Teppiche
- als Windelvlies für die gesamte Windelkonstruktion und "Inkontinenzprodukte" (Hilfsmittel bei Harn- bzw. Stuhlinkontinenz)
- als Batterie- und Kabelseparatoren
- als Schalldämmung und Akustikunterstützung
- als Wärmedämmstoff (z. B. Schafschurwolldämmung, bis zu 10 cm dick, auf Rollen)
- als Walzenbezug und Verbundwerkstoff
- als Zuspannfutter für Polstermöbel
- als Filterhilfsmittel für KSS-Filter
- in der Membrantechnik
Literatur
- W. Albrecht, H. Fuchs, W. Kittelmann: Vliesstoffe. WILEY-VCH Verlag, 2000, ISBN 3-527-29535-6
Weblinks
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