- Nährlösung
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Ein Nährmedium, auch als Substrat bezeichnet, dient zur Kultur von Mikroorganismen, Zellen, Geweben oder kleinen Pflanzen, wie dem Laubmoos Physcomitrella patens [1]. Man unterscheidet zwischen flüssigen (zum Beispiel Bouillon, Nährbouillon oder Nährlösung) und gelierten („festen“) Nährmedien (Nährboden).
Inhaltsverzeichnis
Anwendung
Flüssige Nährmedien werden eingesetzt
- für biotechnologische Produktionsverfahren (siehe Bioreaktor)
- zur Kultivierung von Zellen und Mikroorganismen zu Forschungszwecken
- zur Kultur von lebenden Geweben für den medizinischen Einsatz (z. B. Hauttransplantationen)
- für den Nachweis oder zur Voranreicherung von Mikroorganismen
- zur Prüfung auf bestimmte Stoffwechselleistungen von Mikroorganismen zu deren Identifizierung
- zur Quantifizierung von Mikroorganismen nach der Methode der „Wahrscheinlichsten Anzahl“ („Most Probable Number“ MPN)
Feste Nährmedien werden vor allem zu Analysezwecken verwendet, denn sie ermöglichen auch eine Quantifizierung von Mikroorganismen: Da sich die sich vermehrenden Mikroorganismen nicht frei im Medium verteilen können, bildet sich um jeden auf oder im Nährmedium befindlichen Mikroorganismus eine sichtbare Kolonie. Die Anzahl dieser Kolonien entspräche also im Idealfall der ursprünglichen Anzahl von Mikroorganismen. Da jedoch eine Kolonie auch von mehreren dicht beeinander liegenden Individuen gebildet werden kann, entspricht die Anzahl der Kolonien nicht der tatsächlichen Anzahl der Mikroorganismen, sondern nur der Anzahl der Individuen und der in Gruppen im oder auf dem Nährboden verteilten Mikroorganismen. Diese Individuen und Individuengruppen bezeichnet man als KbE (Koloniebildende Einheit, auch cfu – colony forming units).
Weiterhin werden feste Nährmedien verwendet, wenn die sich auf der Oberfläche des Nährmediumgels bildenden Kolonien mit charakteristischem Aussehen zur Charakterisierung und Identifizierung der Mikroorganismen herangezogen werden sollen.
Die Grundzusammensetzung eines Nährmediums besteht meist aus einem Hauptanteil Wasser, einer für den jeweiligen Organismus verwertbaren Energiequelle, beispielsweise organische Stoffe oder Schwefel sowie von ihm benötigte Nährstoffe (organische oder anorganische Kohlenstoff-, Stickstoff-, Schwefel- und Phosphatquellen sowie andere essentielle Nährstoffe). Die Nährstoffe werden auch Substrate genannt und sind in den Nährmedien für Heterotrophe meistens Zucker, Proteinhydrolysate und Fettsäuren. Zusätzlich liefern anorganische Salze dem Organismus lebenswichtige Ionen und Moleküle, wie z. B. Ammonium, Kalium, Natrium, Phosphat, Sulfat sowie Spurenelemente.
Daneben können noch enthalten sein:
- Puffersubstanzen um den pH-Wert zu stabilisieren
- Indikatoren um Änderungen anzuzeigen, wie z. B. beim pH-Wert. Aber auch um gewisse Stoffwechselprodukte oder Stoffwechselaktivitäten anzuzeigen.
- Farbstoffe bzw. deren Vorstufen (Mikroskopiefarbstoffe, chromogene Substrate)
- Hemmstoffe (zum Beispiel Antibiotika) und selektive Agentien, um das Wachstum unerwünschter Mikroorganismen zu verhindern (z. B. Chloramphenicol für Hefen/Schimmel-Nährböden)
- Wachstumshilfsstoffe (Hormone, Vitamine und dergleichen)
- Gelierungsmittel, wie Agar-Agar oder (seltener) Gelatine
Zur Herstellung eines Nährmediums werden die Nähr- und Zusatzstoffe gemäß einer Rezeptur zusammengemischt und in destilliertem oder demineralisiertem Wasser (erforderlichenfalls unter Erhitzen mit heißem, strömendem Wasserdampf) gelöst. Anschließend erfolgt die Sterilisierung (meist durch Erhitzen im Autoklav). Thermolabile Zusatzstoffe, die durch die Hitzesterilisierung zerstört würden, werden auf kaltem Weg sterilisiert (meistens durch Filtration durch einen Sterilfilter) und dem Nährmedium erst nach dessen Hitzesterilisierung und Erkalten zugegeben.
Für häufig verwendete Nährmedien werden die festen Bestandteile samt Geliermittel industriell zusammengestellt, um zu erreichen, dass die Zusammensetzung immer einheitlich gleich bleibt. Diese vorgefertigten Mischungen müssen bei Bedarf nur noch in erhitztem Wasser gelöst und sterilisiert werden.
Historisch bedingt spricht man bei wässrigen Lösungen komplexer, organischer Substrate von Bouillon, da die ersten Nährmedien dieser Art noch in Anlehnung an Suppenrezepte hergestellt wurden.
Arten
Es gibt Festmedien und Flüssigmedien. Beide zielen auf unterschiedliche Anwendungsgebiete ab, bei Festmedien steht die Analyse der jeweiligen Mikroorganismen im Vordergrund, bei Flüssigmedien die Kultivierung von größeren Mengen, die auch zur Keimzahlbestimmung verwendet werden kann. Hierbei wird die Probe in potentiert verdünnte Proben aufgeteilt. Aufgrund dessen, in welcher Verdünnung noch Keime vorzufinden sind, kann man auf die Keimzahl schließen.
Die Zusammensetzungen des Nährmediums, sowie die Kulturbedingungen richten sich jeweils nach dem zu kultivierenden Mikroorganismenstamm. Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Arten von Kulturmedien:
- definierte Medien
- Sie beinhalten eine genau bestimmte Anzahl und Menge an Inhaltsstoffen, die chemisch gereinigt werden, um Spuren von anderen Stoffen auszuschließen. Sie dienen häufig zur Selektion des Wachstums bestimmter Mikroorganismen.
- komplexe Medien
- Sie bestehen aus Nährstoffen deren Inhalte nicht chemisch bestimmt sind, wie zum Beispiel Rindfleisch-Extrakt, Caseinhydrolysat, Hefeextrakt. Sie werden am häufigsten verwendet und erlauben das Wachstum fast aller heterotropher Mikroorganismen.
- Minimalmedien
- Sie sind eine Sonderform der definierten Medien und beinhalten nur die minimal nötigen Stoffe für das Wachstum der zu kultivierenden Mikroorganismen; sie können auch als Selektivmedium dienen.
Man verwendet Medien auch, um anhand bestimmter Eigenschaften von Bakterien diese zu selektieren. Dafür gibt es zwei Ansätze:
- Selektivmedium
- Erlaubt nur das Wachstum von bestimmten Mikroorganismen, die besondere Eigenschaften aufweisen, um sich im Medium zu vermehren. Ein Beispiel sind Medien, die mit Antibiotika angereichert sind. In ihnen können nur solche Mikroorganismen wachsen, die gegen das verwendete Antibiotikum resistent sind.
- Differentialmedium
- Erlaubt das Wachstum von mehreren eingesetzten Mikroorganismen. Sie sind jedoch so zusammengesetzt, dass sich Kolonien bilden, die durch Besitz bestimmter Eigenschaften sich von anderen unterscheiden. So können mit Blutagar Stämme identifiziert werden, die zur Hämolyse fähig sind.
Ein bekanntes Medium, das beide dieser Prinzipien vereint, ist der MacConkey-Agar. Er enthält Gallensalze und Kristallviolett und verhindert somit das Wachstum von Gram-positiven Bakterien und wirkt so als Selektivmedium. Für seine Wirkung als Differentialmedium ist Laktose und Neutralrot enthalten, sodass Laktose fermentierende Bakterien anhand eines Farbumschlages des Neutralrotes als pH-Indikator identifiziert werden können.
Einzelnachweise
- ↑ Birgit Hadeler, Sirkka Scholz, Ralf Reski (1995) Gelrite and agar differently influence cytokinin-sensitivity of a moss. Journal of Plant Physiology 146, 369-371.
Siehe auch
Weblinks
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