Núñez Cabeza de Vaca

Núñez Cabeza de Vaca
Die Karte zeigt den Weg der Narváez Expedition bis zum Nov. 1528. Von der Insel Galveston durchquerten Cabeza de Vaca, Alonso del Castillo, Andres Dorantes und Estevanico den nordamerikanischen Kontinent in Begleitung von Indianern zu Fuß.

Álvar Núñez Cabeza de Vaca (* um 1490 in Jerez de la Frontera (Andalusien); † um 1557 in Sevilla) war ein spanischer Seefahrer und Entdecker.

Inhaltsverzeichnis

Name

Martin Alhaja, ein Vorfahre Cabeza de Vacas (span.: Kuhkopf), zeigte im Jahr 1212 dem König von Navarra einen strategisch wichtigen Bergpass, der mit einem Kuhkopf markiert war. Dieser Pass trug wesentlich dazu bei, dass die Schlacht bei Las Navas de Tolosa gegen die Mauren gewonnen wurde.

Leben

Ab seinem 20. Lebensjahr nahm Cabeza de Vaca an den spanischen Feldzügen in Italien teil. Im Jahr 1527 beteiligte sich Cabeza de Vaca als Schatzmeister an einer Expedition, die von Pánfilo de Narváez geleitet wurde. Ziel war die Erforschung des Küstenstreifens zwischen Florida („La Florida“) und dem Rio Grande („Palmenfluss“). Die Expedition verließ Spanien mit sechs Schiffen und insgesamt 500 Mann. Bereits während der Überfahrt ging jedoch das erste Schiff in einem Hurrikan verloren. Bei einem Zwischenstopp auf der Insel Hispaniola desertierten 140 Mann.

Expedition

Am 12. April 1528 landete die Expedition an der Westküste Floridas. Hier entschied Narváez, seine ohnehin schon geschwächte Truppe aufzuteilen. In einer Lagebesprechung versuchte Cabeza de Vaca den Befehlshaber von einer Landexpedition abzuhalten. Er zeigte ihm auf, wie schlecht die Truppe ausgerüstet war. Jeder Mann hatte nur zwei Pfund Schiffszwieback (Yuccabrot) und ein halbes Pfund Speck als Nahrung. Die 40 Pferde waren in dem sumpfigen Gelände kaum zu gebrauchen. Außerdem waren die Tiere von der langen Überfahrt sehr geschwächt.[1] Zudem wussten die Navigatoren der Schiffe nicht genau, wo sie sich derzeit befanden. Die Truppe hatte keinen Hafen und keinen bewohnten Ort, den sie als Basis nutzen konnte. Trotzdem entschied Narváez, sich gegen den Rat seines Stellvertreters und befahl die Expedition an Land. Die fünf verbliebenen Schiffe sollten die Küste entlangfahren und zu einem späteren Zeitpunkt wieder mit ihm und seinen Männern zusammentreffen. So drang Narváez mit ca. 300 Mann in die Sumpfgebiete Floridas vor. Von gefangenen Indianern hörte er von der prächtigen Stadt Apalachen und beschloss, weiter nach Nordwesten zu marschieren. Die Spanier erreichten den Ort am 24. Juni. Dort fanden sie jedoch nur 40 niedrige, schilfgedeckte Hütten vor.[1] Hier gab es weder Gold noch andere Reichtümer. Da die Spanier kaum noch Vorräte hatten, nahmen sie von den Indianern alle Lebensmittel, die sie fanden und marschierten wieder nach Südwesten. An der Küste wollten sie wieder auf ihre Flotte treffen. Unterwegs wurden sie allerdings von den Indianern, die sie beraubt hatten, heftig angegriffen. Viele Spanier starben durch die Pfeile der Indianer. Cabeza de Vaca berichtete von der enormen Durchschlagskraft der indianischen Bögen. Selbst die eisernen Rüstungen halfen den Männern nicht.[1] Einige Spanier wurden von den Indianern gefangen genommen. Einer dieser Gefangenen war Juan Ortiz.

Als de Narváez die Küste in der Nähe des Dorfes Aute erreichte, musste er feststellen, dass kein Schiff zu sehen war. Die Schiffsführer waren lange Zeit die Küste auf und ab gesegelt und hatten vergeblich nach ihren Kameraden Ausschau gehalten. Schließlich hatten sie aufgegeben und waren nach Veracruz (Mexiko) gesegelt. Die ständigen Angriffe der Indianer hatten vielen Männern und Pferden das Leben gekostet. Demoralisiert ließ Narváez nun Boote bauen, mit denen er aus Florida fliehen und die Küste von Mexiko erreichen wollte. Es wurden fünf grob gezimmerte Fahrzeuge, mit flachen Bordwänden gebaut.

Schiffbruch

Am 22. September 1528 stach die Truppe in See. In ihren fünf kleinen Booten saßen insgesamt 242 Männer eng aneinandergedrängt[1]. Sie besaßen nur wenige Lebensmittel und das wenige Trinkwasser bewahrten sie in den Häuten der Pferdebeine auf. Wochenlang fuhren sie entlang der Küste in Richtung Westen. Immer wieder trafen sie auf kriegerische Indianer und mussten sich verteidigen. Viele Männer starben an Hunger, Durst und Erschöpfung. Im Mündungsgebiet des Mississippi trennten Stürme und Strömungen die Boote voneinander. Am 6. November 1528 wurde Cabeza de Vacas Boot auf den Strand der „Insel des Schlechten Schicksals“ (heute Galveston Island) im heutigen Texas gespült. Ihr Boot war nicht mehr seetüchtig; ein Reparaturversuch schlug fehl. Trotzdem versuchte man, mit dem angeschlagenen Gefährt weiterzufahren. Der Versuch scheiterte jedoch bereits in der Brandung: Das Boot kenterte und drei Männer verloren ihr Leben. Erneut strandeten die Spanier auf der Insel und konnten nicht weiterfahren.

Hier auf der Insel trafen sie auf die ebenfalls gestrandete Besatzung des zweiten Bootes, unter denen sich auch Alonso del Castillo und Andres Dorantes befanden. Die indianischen Bewohner der Insel versorgten sie mit Lebensmitteln. Trotzdem hatten die Männer große Angst, dass diese Indianer sie umbringen und ihren Göttern opfern würden. Doch die Indianer behandelten sie gut. Sie gaben ihnen zu Essen und versorgten ihre Wunden.

Pánfilo de Narváez, der Anführer der Expedition, war mit dem dritten Boot in der Nähe gelandet. Dabei traf er auf die Besatzung des vierten Bootes. Während seine Männer an Land gingen, blieb er an Bord. In der Nacht kam ein Sturm auf, der das Boot – unbemerkt von allen anderen − auf das Meer hinaustrieb. Von de Narváez hat man seitdem nie wieder etwas gehört.[1]

Die Besatzung des fünften Bootes, das in einiger Entfernung von der Insel strandete, wurde von anderen Indianern getötet.

Sklaven der Indianer

Viele der überlebenden Männer starben an Krankheiten. Sie waren sehr geschwächt, und die Nahrung wurde knapp. Die Indianer konnten so viele Männer während des Winters nicht versorgen. Nach kurzer Zeit waren von 80 Männern nur noch 15 am Leben. Der Hunger trieb einige Spanier sogar dazu, ihre verhungernden Kameraden zu essen. Die Krankheiten der weißen Männer griffen auf die Indianer über, und viele von ihnen starben. Die freundliche Stimmung der Indianer schlug um: Die restlichen weißen Männer wurden als Sklaven aufgeteilt und mussten für die Indianer arbeiten. Einige von ihnen wurden von den Indianern jetzt sehr schlecht behandelt und sogar getötet. Cabeza de Vaca wurde zu einem Medizinmann gegeben, der ihn zwang, Kranke zu heilen. Auch er wurde sehr schlecht behandelt und wurde sterbenskrank. Nach seiner Genesung floh er zu einem anderen Stamm. Jahre lang führte er dort das Leben eines Händlers. In wochenlangen Wanderungen reiste er von Volk zu Volk. Seine Handelsgüter waren Häute von Tieren, Ockerfarbe aus Ton und Erde, die Gehäuse von Meeresschnecken und Muscheln. Die Indianer nutzten die Muscheln als Schmuck und zum Schneiden. Außerdem handelte er mit Perlen und einer bohnenartigen Baumfrucht. Diese Frucht nutzten die Indianer als Medizin und brauten rituelle Getränke daraus.[1]

Flucht

Während Cabeza sich als Händler durchschlug, traf er Alonso del Castillo, Andres Dorantes und den Mauren Estevanico wieder. Um seine Freunde nicht wieder aus den Augen zu verlieren, nahm Cabeza de Vaca das Los der Sklaverei auf sich und blieb bei ihnen. Freiwillig ließ er sein ungebundenes Leben als Händler hinter sich um nicht nur sich selbst zu retten, sondern auch seine Freunde. Die Vorbereitung der Flucht dauerte Monate. Fast wäre sie gescheitert, weil die Indianer die Spanier von einander trennten und zu verschieden Herren gaben. Zur der Zeit als die Früchte des Feigenkaktus reiften, trafen sie sich wieder und verabredeten die Flucht. Als es endlich so weit war, wollten sie sich als Heiler nach Neuspanien (Mexiko) durchschlagen. Auf ihrer Reise ertrugen sie unglaubliche Leiden, Hunger und Durst. Bei der Nahrungsaufnahme war es ihnen nicht möglich wählerisch zu sein. So aßen sie nicht nur die Früchte des Feigenkaktus, sondern auch Spinnen und Ameiseneier, Würmer, Eidechsen, Schlangen und selbst Hirschdung.[1]

Da sie es auf ihrer Reise tatsächlich schafften, einige Menschen zu kurieren, wurden sie schon bald von Indianern begleitet. Diese verehrten sie als heilige Männer. Sie trafen auf viele verschiedene Stämme, Sprachen und Lebensweisen. Sie hörten Legenden von „wilden Kühen“, welche in großer Zahl auf den Ebenen leben sollten. Schließlich bekamen sie die Büffel auch zu sehen. Cabeza de Vaca schreibt in seinem Buch:

Bison

Überall in diesem Land gibt es sehr viele Rehe, Geflügel und andere Tiere, die ich vorher aufgezählt habe. Hier jagen sie auch Kühe. Ich habe sie dreimal gesehen und habe ihr Fleisch gegessen. Sie scheinen mir etwa von der Größe der Kühe, die in Spanien leben. Ihre Hörner sind wie diejenigen des maurischen Viehs, klein. Das Haar ist wie feine Wolle und wie ein Schafspelz, sehr lang. Einige sind bräunlich und andere schwarz und für meinem Geschmack haben sie besseres und mehr Fleisch als diejenigen hier. Die Indianer machen aus den Häuten feine Decken, um sich damit zu wärmen. Sie machen auch Schuhe und andere Sachen daraus. Diese Kühe kommen aus dem Norden. Von der Küste Floridas findet man sie überall im Land, bis in eine Entfernung von mehr als vierhundert Leguas. Überall leben die Leute vom Fleisch dieser Kühe. Weiter landeinwärts sollen sie noch viel häufiger vorkommen.[1]

Damit war Cabeza de Vaca der erste Europäer, der die amerikanischen Bisons beschrieb.

Der Ruf, etwas besonderes zu sein, eilte Cabeza und seinen Begleitern voraus. Etwa 4000 Menschen begleitete die kleine Gruppe. Als Nomaden besaßen ihre Begleiter nur wenig. Sie ernährten sich von der Jagd und dem Sammeln von Pflanzen und Wurzeln. Sie kleideten sich entweder gar nicht oder mit Fellen oder Leder.

Bei den Pueblo-Indianern

Im Land der Pueblo-Indianer trafen sie auf die ersten festen Häuser. Hier bauten die Indianer Mais, Bohnen und Kürbisse an. Nach den Jahren der Entbehrungen und der Not, erschien Cabeza und seinen Gefährten diese Gegend als sehr wohlhabend. Die Menschen kleideten sich mit gewebten Stoffen und trieben Handel. Ihre Handelsgüter waren gewebte Baumwolldecken, Schmuck aus Korallen des Pazifik, Federschmuck und Türkise.[1] Cabeza de Vaca berichtete später darüber. Diese Berichte wirkten sich für die Pueblo Indianer als verheerend aus. Sie wurden verfälscht und übertrieben weitergegeben. Aus kleinen Glücksbringer-Türkisen, welche in die Türrahmen der Häuser eingesetzt waren, wurden in den verfälschen Berichten riesige Schätze. Die Dörfer der Mais anbauenden Pueblos wurden in Gerüchten und Legenden zu den sieben goldenen Städten von Cibola. Obwohl Cabeza das Gebiet wahrheitsgemäß beschrieb, lösten die übertriebenen und verfälschten Wiedergaben seiner Berichte die Expedition von Marcos de Niza, und später den Coronado-Feldzug aus.

Rückkehr

Gedenkplatte zur Entdeckung der Wasserfälle von Iguaçu

In der Nähe des Meeres, am Golf von Kalifornien, trafen sie im Frühjahr 1536 nach acht Jahren und etwa neuntausend Kilometern, endlich auf Spanier. Es waren Sklavenjäger, die Indianer fingen, um sie an die Silberminen des Landes zu verkaufen. Cabeza und seine Freunde ließen nicht zu, dass ihre indianischen Begleiter versklavt wurden. Sie schickten die Indianer zurück in ihre Heimat und machten sich auf den Weg nach Culiacán in Neu Galizien. Dieser Teil Neuspaniens wurde von Nuño Beltrán de Guzmán regiert.[2] Cabeza de Vaca stellte fest, dass das Land fast vollkommen entvölkert war. Nuño Beltrán de Guzmán und seine Untergebenen hatten die meisten Indianer eingefangen, versklavt und verkauft.[1] Von Culiacán zogen Cabeza de Vaca und seine Begleiter über Compostela nach Mexiko-Stadt, um dem Vizekönig Antonio de Mendoza von ihrer Reise zu berichten.

Am 24. Juli 1536 kamen sie dort an und wurden gefeiert wie Helden. Erst am 9. August 1537 traf Cabeza de Vaca in Spanien ein. Dort schrieb er einen Bericht über seine Reise, „Naufragio de Alvar Núñez Cabeza de Vaca“ (dt.: Der Schiffbruch von A.N.C. de V.).

Im Jahr 1540 wurde er Gouverneur der spanischen Kolonie am Río de la Plata im heutigen Paraguay. Hier entdeckte er als erster Europäer die Wasserfälle von Iguaçu.[3] Bei einem Staatsstreich wurde er jedoch gestürzt und nach Spanien geschickt. Die letzten Lebensjahre verbrachte er als armer Mann in Sevilla, wo er ca. 1556 starb.

Film

  • Die Abenteuer des Cabeza de Vaca (Spanisch-Mexikanischer Film 1990, Regie: Nicolás Echevarría) Der Film wurde im Wettbewerb der Berlinale 1991 gezeigt.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i j Álvar Núñez Cabeza de Vaca: Schiffbrüche
  2. Bernal Díaz del Castillo Die Wahrhafte Geschichte der Eroberung von Mexiko S. 722
  3. http://gosouthamerica.about.com/cs/southamerica/a/IguazuFalls.htm

Literatur

  • A. N. Cabeza de Vaca: Die Schiffbrüche des Álvar Núñez Cabeza de Vaca. Bericht über die Unglücksfahrt der Narváez-Expedition nach der Südküste Nordamerikas 1527-1536. Stuttgart 1925.
  • Haniel Long: Die Schiffbrüche des Cabeza de Vaca. Tanner + Staehelin, Zürich 1980. ISBN 3859310453
  • Alfredo Rodriguez: Life and Times of Álvar Núñez Cabeza de Vaca. IUniverse.com, Lincoln NE 2001. ISBN 0-595-19009-X
  • Abel Posse: El largo atardecer del caminante. Emecé Editores, Buenos Aires 1992. ISBN 9500412195
  • Rolena Adorno, Patrick Charles Pautz: Alvar Núñez Caebza de Vaca. His Account, His Life, and the Expedition of Pánfilo de Narváez. Lincoln 1999. ISBN 0-8032-1454-5
  • Maura, Juan Francisco. Alvar Núñez Cabeza de Vaca: el gran burlador de América. Parnaseo/Lemir. Valencia:Universidad de Valencia, 2008.http://parnaseo.uv.es/lemir/Textos/Maura.pdf
  • Nancy Parrott Hickerson: How Cabeza de Vaca lived with, worked among, and finally left the Indians of Texas. in: Journal of anthropological research. Albuquerque 54.1998. ISSN 0091-7710
  • Udo Zindel: Nackt und verloren. in: Abenteuer Archäologie. Spektrum, Heidelberg 2007,5, 52ff. ISSN 1612-9954

Weblinks


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