O.J. Simpson

O.J. Simpson
O. J. Simpson (1990)

Orenthal James Simpson (* 9. Juli 1947 in San Francisco, Kalifornien) ist ein ehemaliger US-amerikanischer American-Football-Spieler und Schauspieler. Weltweit bekannt wurde er durch die Anklage, seine Ex-Frau und deren Liebhaber ermordet zu haben. Die Hauptrolle im Prozess spielten die DNA-Beweise gegen ihn und die Umstände ihres Zustandekommens.

Inhaltsverzeichnis

American Football

O. J. Simpson war in den siebziger Jahren einer der besten Runningbacks – sowohl im College, als auch später bei den Profis in der National Football League. Simpsons Spitzname „The Juice“ findet seine Entsprechung in der Abkürzung seines Vornamens O. J. = Orange Juice. Sein Spitzname gilt aber auch als Synonym für seinen flüssigen Laufstil.

College

Seine Collegezeit verbrachte er an der University of Southern California (USC) und gewann dort 1968 die Heisman Trophy – die höchste Auszeichnung im College American Football. Er spielte mit seiner Mannschaft, den USC Trojans, dreimal im Rose Bowl, 1968 konnte seine Mannschaft den Titel mit 14:3 gegen die University of Indiana gewinnen. Simpsons Leistungen beim Laufspiel waren überragend – er erzielte 171 Yards Raumgewinn pro Spiel.

NFL

1969 war O. J. Simpson der erste Spieler, der in der NFL Draft 1969 – von den Buffalo Bills – gewählt wurde. Von seinem Trainer John Rausch wurde Simpson entgegen seinem Willen immer wieder als Kick-off- und Puntreturner eingesetzt. Das mittelmäßige Team der Bills verbesserte sich dadurch nicht, zumal sich Simpson bei einem Return stark verletzte und das Karriereaus drohte. Sein neuer Trainer Harvey Johnson hatte ein Einsehen und setzte Simpson ab 1971 seinen Fähigkeiten gemäß ein. Nach einem erneuten Trainerwechsel zu Lou Saban entwickelte sich Simpson ab 1972 zu einem Spitzenspieler. 1973 durchbrach er als erster Spieler der National Football League die 2.000-Yards-Marke. Bei den Bills spielte er beinahe während seiner gesamten Profizeit. 1978 ging er noch für eine Saison zu den San Francisco 49ers, bevor er seine Karriere beendete. Während den diversen Regular Seasons erzielte er 11236 Yards Raumgewinn und 61 Touchdowns.

Ehrungen

Im Jahre 1985 wurde O. J. Simpson der erste Heisman-Trophy-Gewinner (1968), der auch in die Pro Football Hall of Fame gewählt wurde (Wahljahr 1985). O. J. Simpson ist bis heute NFL-Rekordhalter mit sechs Spielen, in denen er über 200 Yards erlief. Simpson wurde 1973 und 1975 zum NFL Player of the Year gewählt. Er spielte sechsmal im Pro Bowl und ist seit 1983 Mitglied der College Football Hall of Fame.

Schauspieler

Nach seiner Karriere als Sportler wurde er durch einige Filmrollen, u. a. Die nackte Kanone mit Leslie Nielsen, auch über die Grenzen Amerikas hinaus bekannt (siehe Filmographie).

Familie

Simpson hat einen Bruder und zwei Schwestern, seine Eltern ließen sich 1952 scheiden. Er selbst war zweimal verheiratet. Aus erster Ehe hat er drei Kinder, eines starb noch im Kindesalter. Seine zweite Ehefrau Nicole Brown Simpson brachte zwei gemeinsame Kinder zur Welt, Sidney und Justin.

Prozesse

Mordprozess

1994 wurde er wegen Mordes an seiner Ex-Frau Nicole Brown Simpson, von der er 1992 geschieden worden war, und ihrem Liebhaber Ronald Goldman angeklagt. Als klar wurde, dass O. J. Simpson Hauptverdächtiger sein würde, floh er in einem Geländewagen vor der Polizei, die ihn festnehmen wollte. Die Verfolgungsjagd quer durch Beverly Hills wurde live von einem US-amerikanischen Fernsehsender übertragen, obwohl gleichzeitig die Endspielserie der National Basketball Association stattfand, sowie erstmals ein Live-Auftritt von David Hasselhoff im US-Fernsehen übertragen werden sollte. Es war die erste „Verbrecherverfolgungsfahrt“, die live per Hubschrauber übertragen wurde. Sie begründete diese Form des Journalismus.

In einem spektakulären Prozess, der ebenfalls live vom US-amerikanischen Fernsehen übertragen wurde, sprachen ihn die Geschworenen überraschend frei. Der Prozess stand unter erheblichem öffentlichen und medialen Druck, da er innerhalb der schwarzen Gemeinschaften zum rassistischen Schauprozess gegen einen Amerikaner afrikanischer Herkunft stilisiert worden war. Es kam zu Demonstrationen und sogar zu Plünderungen. Vor diesem Hintergrund gelang es Simpsons Anwalt, Johnnie Cochran, verschiedene einseitig ermittelte Fakten als eine Art Verschwörung gegen seinen Mandanten darzustellen, was er insbesondere mit einigen rassistischen Äußerungen des Hauptermittlers belegte. Entscheidender Auslöser für den Freispruch dürfte sodann ein blutiger Handschuh gewesen sein, der von den ermittelnden Polizeibehörden als Täterkleidung benannt wurde, Simpson aber bei der Anprobe im Gerichtssaal nicht passte.

Weltweit meinen Rechtsexperten, dass die Indizienlage (DNA-Analysen) kaum oder keinen Raum für vernünftige Zweifel an der Täterschaft Simpsons lässt.[1] Das Blut an dem in Simpsons Garten gefundenen Handschuh stammte laut Gutachten vom ermordeten Ron Goldman. An Socken, die man in Simpsons Schlafzimmer fand, wurden Blutspuren entdeckt, die von der getöteten Ex-Frau stammten. Umgekehrt fand man auf dem Grundstück der Ermordeten Blutspuren, die O. J.Simpson zuzuordnen sind.

An dem Freispruch für Simpson entzündet sich deshalb regelmäßig Kritik hinsichtlich des damaligen US-amerikanischen Justizsystems: Staatsanwalt und Verteidiger wetteiferten oft um die Gunst von Geschworenen, die als Laienrichter über die Schuld des Täters entscheiden. Diesen, so die Kritiker, fehlen häufig Kenntnisse und Erfahrungen im Zusammenhang mit Wahrscheinlichkeitsrechnung, Zuverlässigkeit von Zeugenaussagen und anderen für die Beweisfindung vor Gericht wesentlichen Faktoren. Nicht selten seien daher die Anwälte beider Seiten bemüht, die Geschworenen auf emotionaler, statt auf sachlicher Ebene zu erreichen und setzten bewusst darauf, dass diese die sachlichen Indizien nicht richtig verstehen.

Im Simpson-Prozess waren die gefundenen DNA-Spuren das entscheidende Beweismittel. Deren Darstellung und Analyse im Prozess war jedoch eine trockene, für die Geschworenen ermüdende Angelegenheit, während sich der Großteil der Verhandlung um vermeintlichen und wirklichen Rassismus der Ermittler drehte (die meisten Geschworenen waren selbst schwarz) und die Anprobe des Handschuhs eine höchst anschauliche Angelegenheit war.

In seinem Buch Querschüsse/Downsize this nennt Michael Moore in zwei Kapiteln („O.J. Simpson ist schuldig“, „O.J.Simpson ist unschuldig“) zahlreiche Gründe, warum die vermeintlichen Beweise gegen Simpson nichts taugten und es rechtsstaatlich gut sei, dass es Geschworenengerichte gebe. So weist Moore auf zahlreiche Widersprüche hin und darauf, dass die Polizei von L.A. eine lange Tradition von Rassenhass und Fälschung von Beweismitteln habe, insbesondere der Hauptermittler gegen O.J. Simpson.

Zivilprozess

Entgegen dem Freispruch im Strafprozess hat ein Zivilgericht Simpson 16 Monate später zu einer Schadensersatz-Zahlung in Höhe von 33,5 Millionen US-Dollar an die Hinterbliebenen verurteilt. Dies ist möglich, da im Unterschied zu einem Strafprozess, bei dem an der Schuld des Angeklagten keine Zweifel herrschen dürfen, es im Zivilprozess ausreichend ist, wenn die Zweifel an der Schuld nicht überwiegen. Da in Florida Rentenbezüge und Immobilien, die der Beklagte bewohnt, nicht pfändbar sind, konnte der Anspruch jedoch bislang nicht vollstreckt werden.

In beiden Prozessen wurde O. J. Simpson vom 2005 verstorbenen Staranwalt Johnnie Cochran vertreten.

Verurteilung wegen bewaffneten Raubüberfalls

Mittlerweile sitzt Simpson wieder in Haft. Er wurde zu 33 Jahren verurteilt, da er am 13. September 2007 gemeinsam mit Komplizen in Las Vegas zwei Sammler von Fan-Artikeln mit Waffengewalt zur Herausgabe von Erinnerungsstücken gezwungen hat. Simpson wurde in sechs Tatbeständen schuldig gesprochen: zweifacher Raubüberfall mit einer tödlichen Waffe, zweifacher Angriff mit einer tödlichen Waffe sowie Verschwörung zum Einbruch und Einbruch mit einer Schusswaffe. Simpson behauptete, die Waffe selbst nicht in der Hand gehalten zu haben, dies ist jedoch für das Gesetz in Las Vegas irrelevant. US-Medien strahlten Aufnahmen von einem Tonband (unbekannter Herkunft) aus, auf dem Simpson die Sammler beschuldigt, diese Sammlerstücke von ihm gestohlen zu haben.[2] Anfang Oktober 2008 wurde Simpson in allen Anklagepunkten für schuldig befunden[3][4] und am 5. Dezember 2008 wegen bewaffneten Raubüberfalls und Geiselnahme verurteilt. Nach frühestens neun Jahren hat er die Chance auf Entlassung wegen guter Führung.[5]

Buch

Für November 2006 war ein kontroverses Interview auf dem US-Sender Fox Network angekündigt, bei dem Simpson für sein neues Buch „If I Did It“ werben sollte. Auszüge aus dem Buch wurden, obwohl angeblich alle Exemplare vernichtet worden waren, in Zeitungen veröffentlicht; zwischenzeitlich war es auch im Internet aufgetaucht[6], wurde aber mittlerweile auch dort entfernt. Simpson beschreibt in diesem Buch, wie er als „potentieller“ Mörder von Nicole Brown Simpson agiert hätte und was er dabei empfunden hätte.

In einem CNN-Interview äußerte sich Ron Goldmans Vater tief enttäuscht über FOX und Verleger HarperCollins, dass sie derart aus den Morden Profit zu erzielen versuchten, und forderte zu einem Boykott von FOX und HarperCollins auf. Daraufhin wurde das geplante Interview abgesagt und der Verlag zog auch die Veröffentlichung des Buches zurück. Aufgrund des Protests ließ News Corp. alle gedruckten Exemplare einstampfen und entließ die verantwortliche Lektorin Judith Regan. Der Medienunternehmer Rupert Murdoch entschuldigte sich persönlich bei den Hinterbliebenen der Familien.[7] Einige Exemplare des Buches waren schon an den Buchhandel ausgeliefert worden, wurden aber zurückgefordert. Offenbar sind einige Exemplare diesem Rückruf entgangen. Beim Online-Buchhändler Amazon war das Buch auf Grund von Vorbestellungen auf Anhieb in die Top-20 eingestiegen. Ein Buch gelangte in eine eBay-Auktion. Binnen 3 Stunden stieg der Preis auf 1600 Dollar. Die Auktionsplattform verbot jedoch die Auktion.[8]

Filmographie

Literatur

  • Robert L. Shapiro: The search for justice: a defense attorney's brief on the O.J. Simpson case. New York: Warner Books 1996. ISBN 9780446520812
  • Alan M. Dershowitz: Reasonable doubts: the O.J. Simpson case and the criminal justice system. New York: Simon & Schuster 1996. ISBN 9780684830216
  • Vincent Bugliosi: Outrage. New York: Norton 1996. ISBN 9780393040500
  • Robert Schnabl: Der O. J. Simpson-Prozeß. Duncker & Humblot, 1999, ISBN 3-428-09721-1
  • Jens Plassmann, NFL American Football, Hamburg 1995, ISBN 3-499-19445-7
  • Igor Petri: Anatomie eines Doppelmords: Der Fall O. J. Simpson, Berlin: Das Neue Berlin 2004, ISBN 3-360-01245-3
  • Lawrence Schiller/James Willwerth: American Tragedy The Uncensored Story of the Simpson Defence, New York 1996, ISBN 0-679-45682-1
  • Michael Moore: Querschüsse - Downsize This!. 8. Auflage. Piper, Januar 2004, ISBN 978-3492045643, S. 313. 

Weblinks

Quellen

  1. * Mark Benecke, DNA-Beweise im Fall Simpson, aus: Kriminalistik 50, S. 481–483, 1996
  2. Spiegel-Bericht, 19. September 2007
  3. ORF: O.J. Simpson in allen Punkten schuldig gesprochen, 04. Oktober 2008
  4. Spiegel-Online: „Das hier ist einfach Rache“
  5. [1]
  6. O. J. Simpson, If I Did It
  7. Süddeutsche Zeitung, 21. November 2006
  8. Schwarzmarkt: Simpson-Buch bei eBay, Spiegel Online, 23. November 2006

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