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Der Motor OM621 sowie seine nur wenig veränderten Nachfolger OM615 und OM616 sind Dieselmotoren mit Vorkammereinspritzung und vier Zylindern in Reihe, entwickelt und produziert von Mercedes-Benz.
Diese Motoren wurden in PKWs, Kleintransportern und Unimogs von Mercedes und Hanomag seit der Mitte der 1950er Jahre bis 1996 über etwa vier Jahrzehnte in Millionen-Stückzahlen eingebaut. Diese Motoren sind noch heute auf den Straßen der Welt in Hunderttausenden Exemplaren unterwegs.
Vorgänger des OM621 war der OM636. Nachfolger der OM615, OM616 und OM617 (welcher sich vom OM616 nur durch einen zusätzlichen Zylinder unterscheidet) waren die komplett neu entwickelten Motoren OM601, der 1983 im 190 D vorgestellt wurde, und die OM602 und OM603 im ab 1984 gebauten W124.
Das Kürzel "OM" steht für "Oel-Motor" (Motor, der mit Leichtöl/Diesel betrieben wird) und bezeichnet bis heute die Dieselmotoren von Mercedes-Benz.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Zunächst kam der OM621 1956 für das Ponton-Modell 190 D der Baureihe W121 heraus, mit einer Leistung von 50 PS und einem Hubraum von 1897 cm³. Gegenüber dem noch bis 1961 parallel angebotenen Modell 180 D (W120), das noch den etwas verbesserten OM636 aus dem 170 D (W136) mit 43 PS nutzte, bot er eine erhebliche Verbesserung der Fahrleistungen. Der Motor OM621 war bei seinem Erscheinen eine nach damaligen Maßstäben moderne Konstruktion, mit einer obenliegenden Nockenwelle (OHC) anstelle der untenliegenden (OHV) des OM636.
Zum Erscheinen des Heckflossenmodells W110 im Jahre 1961 wurde der Hubraum auf zwei Liter erhöht, aber die Verkaufsbezeichnung 190 D zunächst beibehalten. Die Motorleistung wuchs auf 55 PS, die nun für zwei Jahrzehnte das Minimum an Fahrleistung deutscher PKW (zusammen mit dem VW Käfer mit 34 PS) bildete. Im Jahr 1965 wurde der Motor auf fünf Kurbelwellenlager geändert (Bezeichnung OM621 VIII), und fortan als 200 D angeboten, mit unverändert 55 PS.
Die Versionen des OM621 bis zum Index /III hatten nur drei Kurbelwellenlager: vor dem ersten und nach dem letzten Zylinder, und ein Mittellager zwischen dem 2. und 3. Zylinder. Deren Motorenlauf ist recht rau und laut. Mit der Umstellung auf fünf Hauptlager wurde der Motorlauf erheblich ruhiger. Dies war die tiefgreifendste aller Änderungen an der ganzen Motorenfamilie OM621 / 615 / 616.
Der Motor OM615 kam 1968 im Modell 200 D der Serie W115 heraus. Der OM615 ist in seiner Zweiliter-Version für den 200 D lediglich eine geringfügige Weiterentwicklung des Vorgängertyps OM621 aus den Heckflossen-Modellen, der Unterschied besteht im wesentlichen in einer geänderten Ölfilterposition und aufgrund des flacheren Vorderwagens in einem niedrigeren, kürzeren Ansaugrohr. Wichtigste Neuerung war die Variante des OM615 mit verlängertem Hub, mit einem Hubraum von 2,2 Litern und einer Leistung von 60 PS im Modell 220 D - dem meistverkauften W 115-Dieselmodell.
Der Motor OM616 kam 1973 heraus: basierend auf dem verlängerten Hub des 220 D wurde auch die Bohrung erweitert, der Hubraum wuchs auf 2,4 Liter und die Leistung auf 65 PS. Dieser Motor wurde im Rahmen der Modellpflege ("MOPF") in der „Strich-Acht“-Serie unter dem Modellnamen 240 D angeboten.
Der wiederum ein Jahr später, 1974, herausgekommene Motor OM617 im Typ 240 D 3.0 ist lediglich ein um einen fünften Zylinder verlängerter OM616, siehe auch den Artikel OM617. Dieser Motor wurde als erster PKW-Dieselmotor mit dem sog. "Schlüsselstart" ausgerüstet, d. h. es gab nicht mehr den üblichen "Start-Stopp-Zug" am Armaturenbrett. Die Einspritzpumpe wurde pneumatisch über den Zündschlüssel gesteuert.
Auch in den Nachfolgemodellen des „Strich-Achter“, dem W123, verwendete Mercedes die gleichen Motortypen OM615 bis 617.
Die vorigen Motoren hatten allesamt einen „Start-Stopp-Zug“, der nicht nur die elektrische Steuerung des Vorglühens und des Anlassers übernahm, sondern auch an der Einspritzpumpe eine Anreicherung der Einspritzmengen zum Start, und die Stellung der Einspritzpumpe auf Nullförderung zum Abstellen des Motors übernahm. Diese etwas umständliche, lernbedürftige Handhabung endete 1980 mit der Einführung von Schnellstart-Glühkerzen und Schlüssel-Start-Stopp. In diesem Zuge wurde die Motorleistung des OM615 (200 D) auf 60 PS angehoben, der OM616 (240 D) leistete nun 72 PS, und das Modell 220 D entfiel.
Verwendung des OM 621
- W120 190 D (Ponton) 1956−1959,
- W110 190 D (Heckflosse) 1959−1965,
- W110 200 D (Heckflosse) 1965−1968,
- Mercedes Unimog,
- Hanomag-Kleintransporter F20 Diesel,
- Einbaumotoren für
- Strom-Generatoren,
- Gabelstapler
- und Schiffsantriebe.
Verwendung des OM 615/616
- W115 200 D ("Strich-Acht") 1968−1976,
- W115 220 D ("Strich-Acht") 1968−1976,
- W115 240 D ("Strich-Acht") 1972−1976,
- W123 200 D 1976−1984,
- W123 220 D 1976−1980,
- W123 240 D 1976−1984,
- W460 240 GD 1979−1987,
- Hanomag-Mercedes "Harburger Transporter" L206D/L306D-Reihe bzw. Hanomag F20−F36-Reihe (bis 1977)
- Kleintransporter T1,
- Kleintransporter T2,
- MB 100,
- Mercedes Unimog,
- Einbaumotoren für
- Strom-Generatoren,
- Gabelstapler
- und Schiffsantriebe.
Lange Bauzeit
Der Motor OM615, sein Vorgänger OM621 und seine späteren Schwestermodelle OM616 (220 D, 240 D) sowie der Fünfzylinder OM617 für den 300 D sind ein Nachweis der meist über Jahrzehnte weitgehend gleich genutzten motorischen Antriebe für PKW, die - mit leichten Modifikation und Überarbeitungen - einen erheblich längeren Lebenszyklus aufweisen als die kurzlebigeren Karosserievarianten verschiedener Bauserien.
Entscheidender Grund für die lange Verwendung von Motorenkonzepten sind die riesigen Investitionen, die ein Motorenhersteller aufbieten muss, wenn er eine komplette Motoren-Neukonstruktion produktionstechnisch planen und dann in der Fabrikation realisieren will.
Sowohl die Einrichtungen einer hoch automatisierten Gießerei für die Motorenblöcke und Zylinderköpfe als auch die mechanische Bearbeitung der großen Gussteile als auch die Transport- und Verkettungseinrichtungen bis in die Endmontage stellen jeweils hohe achtstellige Investitionen dar, die sich erst über sehr lange Laufzeiten, im Idealfall eben über drei Jahrzehnte, auszahlen können. In ein und derselben Fertigungslinie können in aller Regel bis heute nicht Motoren unterschiedlicher Konstruktion gemischt gebaut werden. Somit ist eine sehr gute, erweiterungsfähige Grundkonzeption einer Motoren-Neukonstruktion notwendig, wenn der Hersteller nicht nach wenigen Jahren schon wieder etwas Neues, Stärkeres, Sparsameres, Saubereres an Motoren benötigt − und wiederum auf Entwicklungskosten und Investitionen in hohen Millionen getrieben ist.
Irgendwann jedoch ist auch die langlebigste Konzeption an ihrem nutzbaren Ende angelangt; bei den Dieselmotoren der Serien OM621, 615, 616 und 617 war dies 1984 der Fall, als mit dem Erscheinen der neuen Mittelklasse-Baureihe W124 leichtere und drehfreudigere Dieselmotoren der Konzeption des „kleinen“ Mercedes W201 (190 D) ihren Einzug in die Mittelklasse hielten. Jedoch wurde der OM616 1991 noch einmal überarbeitet (55 kW / 75 PS) und bis 1995 im MB100D eingebaut. Noch heute wird dieser Motor in Indien als Lizenzbau weiterproduziert, nun auch als stärkere Version mit Turbolader.
Nach Millionen gebauter Motoren war dies der Schlussstrich unter die Produktion eines der erfolgreichsten Verbrennungsmotorenkonzepte aller Zeiten, angefangen mit 50 PS für den sparsamen Alltagseinsatz bei privaten PKWs und Taxis bis hin zu Experimentalmotoren mit 230 PS, die Dauerlauf-Weltrekorde auf der Hochgeschwindigkeitsbahn in Nardò einfuhren.
Nur die Motorenproduktion für den VW Käfer und für die Einzylinder-Honda-Motorräder weisen eine längere Produktionszeit für Kraftfahrzeugmotoren auf.
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