- Asa Yoelson
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Al Jolson (eigentlich Asa Yoelson; * 26. Mai 1886 (selbst gewähltes Datum; in Litauen wurden zum Ende des 19. Jahrhunderts für Juden keine Geburtsurkunden ausgestellt. Wahrscheinlich ist, dass Jolson zwischen 1880 und 1885 geboren wurde) in Seredzius, Litauen; † 23. Oktober 1950 in San Francisco) war ein amerikanischer Sänger und Entertainer, der das amerikanische Showbusiness vom Anfang bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts geprägt hat. Nach großen Broadway-Erfolgen begründete er mit seinem Auftritt in dem Film „The Jazz Singer“ 1927 den Tonfilm. Neben weiteren Filmrollen prägte er die amerikanische Radiolandschaft der 1930er und 1940er Jahre.
Inhaltsverzeichnis
Leben und Karriere
Jolson wurde als jüngster Sohn von vier Kindern (zwei Schwestern, ein Bruder) eines streng religiösen jüdischen Kantors, Moses Yoelson, geboren. Um der Armut Litauens und der anti-jüdischen Stimmung zu entfliehen, emigrierte die Familie wahrscheinlich 1894 in die USA, nach Washington (D.C.). Kurz nach der Ankunft verstarb überraschend seine Mutter Naomi Yoelson nach kurzer, heftiger Krankheit. Als bald darauf der Vater erneut heiratete, floh Jolson mit seinem Bruder aus dem Elternhaus nach New York und schlug sich unter anderem als Sänger und Schuhputzer durch. Er trat auf den verschiedensten Theaterbühnen in zumeist armen Stadtvierteln auf. Auch lebte er für einige Zeit auf der Straße und in einem Waisenhaus. Aufgrund seiner elenden Lebensumstände war Jolson häufig von Krankheiten (Lungenentzündungen etc.) geplagt und kehrte hin und wieder vorübergehend zu seinem Vater zurück, der mittlerweile eine neue Familie gegründet hatte. Der Auftritt des jungen Jolson in einer katholischen Kirche als Sopransänger schockierte den jüdisch-orthodoxen Vater.
Während der ersten größeren Erfolge als Vaudeville-Künstler entwickelte Jolson seine künstlerischen Markenzeichen: schwarzes Make-up (das war allerdings nicht seine Idee, sondern die eines – farbigen – Kollegen), um afroamerikanische Blues- und Jazzsänger zu imitieren, was aber ebenfalls seinen Mut zur künstlerischen Weiterentwicklung förderte und zu den damals typischen Minstrel-Shows gehörte, eine bühnenfüllende und das Publikum einnehmende Gestik bzw. Interaktion mit diesem, insbesondere das Spiel mit seinen Augen (Augenrollen und ähnliches), kunstvolles Pfeifen und ein opernhafter Gesangsstil im musikalischen Jazz-Kontext.
Im Jahr 1911, Jolson war gerade 25, gelang ihm der Durchbruch. Er baute gegen den Willen der Produzenten seinen als Nebenrolle vorgesehenen Part im Broadway-Musical La Belle Parée zur Hauptrolle aus. Das Publikum liebte seinen Stil und seine Auftritte, und innerhalb kürzester Zeit gewann er Starruhm. Bis Mitte der 1920er-Jahre trat er als Star in diversen Broadway-Shows auf und nahm ab 1911 auch Schallplatten auf; die Verkäufe seiner Tonträger erreichten für die damalige Zeit noch nie gesehene Zahlen. Eines seiner zentralen musikalischen Markenzeichen entstand in der Vaudeville-Zeit: Die „one-knee-performance“, bei der Jolson auf einem Bein kniete und „My Mammy“ sang. Er hat später immer wieder verschiedene Songs ausprobiert, in denen er die Figur der Mutter besungen hat. Das Publikum brachte Jolson zeitlebens mit den „Mammy-Songs“ in Verbindung. Psychoanalytiker sahen darin die Verarbeitung des Traumas seines frühen Mutterverlustes (s. Geschichte der Psychoanalyse).
Aus folgendem Grund war Jolson zunächst in Europa weniger bekannt als in den USA: Zu seiner Zeit gab es noch keine Urheberrechte, und da Jolson es ablehnte, außerhalb der USA aufzutreten (er wusste, dass er in den USA bereits der „King“ war und nicht mehr vor ein Publikum hätte treten können, das „nur“ begeistert gewesen, nicht aber sofort aus seinen Sitzen gerissen worden wäre, was er offensichtlich befürchtete), wurden seine Songs in Europa von anderen Künstlern gesungen beziehungsweise seine Interpretationsart teilweise kopiert. In seinen späteren Jahren war Jolson von einer steigenden Eitelkeit befallen: Es ist bekannt, dass Jolson, um seine eigentlich markante Zahnlücke zwischen den Schneidezähnen zu verstecken, eine herausnehmbare Zahnbrücke trug. Auch tönte er über viele Jahre seine grauen Haare, trug vereinzelt sogar verschiedene Haarteile und vermied es (auch vor Freunden), mit seiner Brille gesehen zu werden.
Durch Jolsons Erfolg wurden viele berühmte Musikstücke popularisiert. Darunter Titel wie You Made Me Love You, Rock-a-Bye Your Baby With A Dixie Melody, April Showers, Toot Toot Tootsie, California, Here I Come, When the Red, Red Robin Comes Bob-Bob-Bobbin' Along, Mammy und Avalon. Jolsons Interpretation des Liedes Swanee führte zum ersten großen kommerziellen Erfolg des später zu Weltruhm aufgestiegenen Komponisten George Gershwin. Jolson bezeichnete allerdings Stephen Foster, der Songs wie Oh Susanna oder Old Kentucky Home geschrieben hatte, als besten Songwriter überhaupt.
The Singer
Im Jahr 1927 traten der Filmproduzent Jack L. Warner und der Regisseur Alan Crosland an Jolson heran und unterbreiteten ihm ein Filmangebot, nachdem diverse andere Schauspieler wegen zu hoher Gagenforderungen für den in Geldschwierigkeiten geratenen Filmkonzern nicht mehr in Frage gekommen waren. Jolson nahm dieses Angebot an. Seine Hauptrolle in dem – zufällig – wesentlich autobiographisch geprägten Film The Jazz Singer sollte seinen Ruhm ins Unermessliche ansteigen lassen. Dadurch, dass sich Jolson nicht an die Drehbuchvorlage gehalten und gegen den Willen der Produzenten kurze, für ihn typische Dialoge zwischen den Gesangsszenen improvisiert hatte, bereitete er somit dem Tonfilm den Weg. Aus diesem Grund gilt The Jazz Singer als erster Tonfilm überhaupt. Jolson hat für diesen Film, von dem niemand einen derartigen Erfolg erwartet hatte, auf seine Gage verzichtet, weil Warner Brothers kurz vor dem Konkurs stand. Wider Erwarten verdiente Jolson letztlich fast eine Million US-Dollar an diesem Film – und Warner Brothers waren gerettet. Vor diesem Film hatte Jolson bereits zwei andere Filmangebote gehabt, von denen er eines realisierte: A Plantation Act, ein Film, in dem Warner Bros. bereits die Vitaphone-Technik ausprobierten, und einen weiteren, welchen er allerdings mitten in der Produktion abbrach, weil er die Arbeit mit der Kamera anstelle des Publikums nur schwer ertrug und auf der Leinwand seiner Meinung nach „aussähe wie ein Zebra“. Ein ständig wechselnder Stab trug sein übriges zu dieser Entscheidung bei. Der Film „Singing Fool“, den Jolson ein Jahr nach dem „Jazz Singer“ gemacht hatte, brach im übrigen noch dessen Rekorde und blieb bis Vom Winde verweht der erfolgreichste Kinofilm überhaupt.
Filmisch befand sich Jolson nun - nach fast 20 erfolgreichen Broadwayjahren - auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Er wurde zu einer amerikanischen Institution und hatte zu verschiedenen Präsidenten der USA Kontakt und speiste ab und an im Weißen Haus. Nach dem Erfolg von The Jazz Singer trat Jolson in zwölf weiteren Filmen auf. Jolsons schauspielerische Fähigkeiten erreichten nicht die Qualität, die er als Live-Entertainer hatte, dennoch waren die meisten seiner Filme Publikumserfolge.
In den 1930er-Jahren veränderte sich der Publikumsgeschmack, Jolsons eher klassischer Gesang begann als veraltet bewertet zu werden, jüngere Musiker wie Bing Crosby wurden allmählich erfolgreicher. Jolson war bereits um die 50. Dennoch konnte sich Jolson außerhalb des Hollywoodfilms nicht über mangelnde Angebote beklagen: er konzentrierte er sich fortan auf die Arbeit im damaligen Leitmedium Radio und trat in diversen Shows sowohl als Gastgeber als auch als Gast auf. Seine Radioshows erreichten regelmäßig hohe Einschaltquoten. Als die USA in den Zweiten Weltkrieg zogen, absolvierte Jolson als erster großer Entertainer eine riesige musikalische Tournee zur Truppenunterstützung, u. a. mit Marlene Dietrich. Weitere Showbiz-Größen wie Bob Hope folgten ihm. Jolson war zu dieser Zeit fast 60 Jahre alt und ging auf dieser Tournee an seine körperlichen Grenzen. 1944 erkrankte er nach mehreren Auftritten in Afrika an Malaria, wovon der sich nur schwer erholte. Im selben Jahr musste ihm ein Lungenflügel komplett entfernt werden. Danach veränderte sich seine Stimme, die anschließend wesentlich tiefer wurde. In dieser Zeit lernte er seine vierte und letzte Frau kennen, Erle Galbraith. Sie war 21, als sie 1945 heirateten.
Seine erfolgreichste Radioshow war die Kraft Music Hall Ende der 40er Jahre. Alle Showbiz-Größen der damaligen Zeit (von Bing Crosby über Cary Grant bis hin zu Humphrey Bogart und Doris Day) traten in dieser Show auf. Dauerhafter Partner in dieser Show war der Pianist Oscar Levant. Der Erfolg dieser Radioshow folgte dem gigantischen Kinoerfolg von The Jolson Story, seiner Filmbiographie.
Comeback
Spätestens seit Jolson 1940 wieder auf der Broadway-Bühne stand, wurde er jedoch nach und nach wieder populär. Wie eine Bombe schlug The Jolson Story ein, der 1946 (und somit zu Lebzeiten Jolsons) produzierte Film seiner Lebensgeschichte. Der Schauspieler Larry Parks spielte Jolson, die Songs wurden jedoch von Jolson persönlich gesungen. The Jolson Story erreichte Besucherzahlen wie es zuvor in der Geschichte des amerikanischen Films nur Vom Winde verweht geschafft hatte. Jolson erlebte ein einzigartiges Comeback; seine Musik und sein Leben begeisterten nun auch die junge Generation. Im Jahr 1948 wurde Al Jolson vom amerikanischen Showbusiness-Magazin „Variety“ zum beliebtesten Sänger gewählt, obwohl die deutlich jüngeren Sänger und Entertainer Bing Crosby oder Frank Sinatra, die seinen Stil in Teilen modifiziert hatten, bereits große Popularität gewonnen haben.
Privatleben
Obwohl er als größter Star der USA galt und von allen Seiten als Entertainer und Publikumsliebling gefeiert wurde, war Jolson ein problematischer Mensch. In ihm vereinigten sich zwei eigentlich widersprüchliche Eigenschaften: So wusste Jolson um seine Wirkung auf die Menschen, sprang teils recht harsch mit seinen Managern, Produzenten und Kollegen um und trat auch anderen Künstlern gegenüber hart, herablassend und arrogant auf. Im selben Atemzug bewies er jedoch eine zielsichere Sensibilität in Bezug auf die Wünsche des Publikums. So kam es immer wieder vor, dass der von vielen Kritikern, Mitmenschen (auch Ehefrauen) als Egozentriker beschriebene Jolson mit diversen anderen Künstlern zusammen auftrat, so zum Beispiel mit dem Entertainer Eddie Cantor oder, in seinen späteren Jahren, mit dem Sänger Bing Crosby.
Der nach außen selbstsicher auftretende Jolson war häufig von Selbstzweifeln vor Premieren und Lampenfieber geplagt: Es wird erzählt, dass in den Anfangsjahren ein Theaterdirektor einen Türsteher vor Jolsons Umkleide- und Schminkraum postiert hatte, damit dieser verhindern sollte, dass Jolson vor der Vorstellung aus dem Theater floh. Auch plagten ihn vor Premieren regelmäßig Magengeschwüre, von denen ihm so schlecht wurde, dass er die Bühnenarbeiter anwies, in jede Ecke der Bühne einen Blecheimer zu stellen, in die er sich dann erbrechen konnte. Jolson litt zudem zeitlebens an psychosomatischen Hals- und Kehlkopferkrankungen, die ihm oft seine Stimme raubten. Des Weiteren hatte er in früher Kindheit oder Jugend mit Tuberkulose zu kämpfen und litt häufig an Lungenentzündungen. Zurückzuführen ist diese Erkrankung auf die frühen Lebensumstände in Litauen, damaliges russ. Zarenreich. Dies korreliert v.a. mit der Tatsache, dass Jolson sich für seinen Beruf, der natürlich mehr für ihn war als nur ein Broterwerb, oft physisch ausbeutete und übernahm (v. a. die anstrengenden Auftritte für amerikanische GIs im Zweiten Weltkrieg und im Koreakrieg), was er letztlich mit dem Leben bezahlte.
Jolson war viermal verheiratet. Er galt privat als schwieriger Mensch; Jolson, der in ständiger Sorge um seine Popularität war, vernachlässigte oft seine Ehefrauen und startete ernsthafte Rettungsversuche erst dann, wenn es zu spät war. Die erste Ehefrau, die er oft betrog und – nach Recherchen einiger Biographen – auch schlug, ließ sich nach fast zwölf Jahren von ihm scheiden (1907–1919). Sie war die einzige, die Jolson noch als wenig erfolgreichen Sänger und Comedian kennenlernte und ähnlich alt war wie er. Seine nachfolgenden Ehefrauen waren jeweils wesentlich jünger als er selbst. Zu seiner geschiedenen Frau hatte Jolson allerdings noch einige Jahre Kontakt. Drei Jahre nach der Scheidung – 1922 – bat er sie in dem Lied „Angel Child“ noch, zu ihm zurückzukehren. Seine zweite Ehe (1922–1926) endete mit einer Blitzscheidung in Paris und der Einweisung der Geschiedenen in eine Anstalt für Alkoholsüchtige. Mit der dritten Ehefrau (1928–1939), der Tänzerin und Schauspielerin Ruby Keeler, adoptierte Jolson seinen ersten Sohn Al Jolson Jr., zu dem er kein nahes Verhältnis aufbauen konnte, was den kindervernarrten Jolson sehr schmerzte. Aber gerade diese Zeit war geprägt von seinem sinkenden Stern, was ihn zu einem weniger erträglichen Mitmenschen werden ließ. So war er extrem eifersüchtig auf den Erfolg seiner Frau, beleidigte sie oft öffentlich - meist als Scherz getarnt, wobei er sich stets zu spät dafür entschuldigte. Ruby Keeler trennte sich am 26. Dezember 1939 wegen „extremer Grausamkeit“ von Al Jolson, den Sohn, der fortan bei ihr lebte, nannte sie um in Albert. Er wurde mit 15 Jahren von seinen Stiefvater adoptiert. Erst die vierte Ehe (1940–1950) mit der 39 Jahre jüngeren Röntgentechnikerin des US-Militärs Erle Galbraith verlief glücklich, was sicher auch dem grandiosen Ruhm seiner letzten Jahre zu verdanken ist und der Tatsache, dass sie für ihn keine berufliche Konkurrenz bedeutete. Nach eigenen Angaben zufolge mochte Jolson an ihr besonders ihre „häuslichen Fähigkeiten“. Mit ihr adoptierte er 1948 einen weiteren Jungen, den sie Asa nannten und 1950 ein Mädchen namens Alicia. Jolson war wie sein Bruder Harry nicht in der Lage, Kinder zu zeugen. Die Gründe liegen offenbar in einer unbehandelten Masern-Erkrankung in früher Kindheit.
Zu seinem Bruder Harry hatte Al Jolson zeitlebens ein schwieriges Verhältnis, da sie v. a. zu Vaudeville-Zeiten hart miteinander konkurrierten. Harry, der im Showgeschäft weniger erfolgreich war, wurde nach dem Durchbruch seines Bruders zu Unrecht vorgeworfen, er hätte stets seinen Bruder zu imitieren versucht. Im Grunde hatte Harry z. B. die „blackface-performance“ lange vor Al praktiziert. Nach Al Jolsons Durchbruch hatte dieser seinen Bruder insgeheim finanziert und Leute bezahlt, die Harry engagierten. Harry hat davon niemals erfahren.
Bis zum Tod seines Vaters im Jahre 1945 rang Jolson immer wieder um dessen Respekt für seine Arbeit. Jolson standen Tränen in den Augen als er seinen Vater nach einem Auftritt fragte: „Wie hat es Dir gefallen?“ und dieser antwortete: „Du musst wohl gut gewesen sein. Immer dann, wenn du nicht auf der Bühne warst, haben die Leute ihre Programmhefte gelesen.“
Politisch war Jolson ein konservativer Republikaner, der damit zur Minderheit gehörte, da die meisten Juden schon damals mehrheitlich demokratisch wählten.
Command Performances und Tod
Jolson, der sich zeitlebens für Auftritte vor US-Soldaten in der ganzen Welt engagiert hatte, unternahm 1950 eine aufreibende Flugreise nach Korea, um die dort kämpfenden US-Truppen zu unterhalten. Nach einer Notlandung auf dem Hinflug wegen technischer Probleme war Jolson gezwungen, in einer zugigen und feuchten Baracke zu übernachten, was ihm abermals eine heftige Lungenentzündung einbrachte. Trotz der fiebrigen Lungenentzündung absolvierte er in Korea 42 Auftritte in nur sieben Tagen. Zu erwähnen ist hier, dass Jolson 1945 aufgrund einer Malariaerkrankung, die er sich bei einem Truppenbesuch in Afrika eingefangen hatte, in einer Operation einen Lungenflügel und zwei seiner Rippen entfernt bekam und er diesen Eingriff nur knapp überlebte. Obwohl noch nicht ganz genesen, drehte er damals bereits wieder, nämlich für den Film „Rhapsody in blue“, der die Lebensgeschichte des Komponisten George Gershwin erzählt.
Nach nur kurzer Erholung von wenigen Wochen auf seinem Anwesen in Kalifornien, flog er am 23. Oktober 1950 für einen Radio-Auftritt nach San Francisco. Ein Kardiologe hatte ihn bereits vor dem Flug verunsichert, sodass Jolson eine zweite Arztmeinung einholte. Letzterer vermerkte, dass Jolson sich nicht zu sehr beunruhigen müsse. Er gab ihm schließlich die Telefonnummer eines berühmten Kardiologen in San Francisco namens Dr. Kerr – für alle Fälle. Jolson flog. Nach einem für ihn sehr schönen Erlebnis in einem Restaurant, in dem die Gäste bei seinem Verlassen für ihn aufstanden und applaudierten, spielte er am Abend im Hotel in San Francisco Karten mit Freunden, klagte plötzlich über Magenprobleme und wollte sich hinlegen. Einer der Freunde informierte auf Jolsons Drängen die Hotelrezeption. Jolson erwiderte daraufhin: „Wie peinlich, wenn morgen in den Zeitungen steht, dass sich Al Jolson wegen einer Magenverstimmung einen Arzt rufen ließ.“ Da beide Hotelärzte im Einsatz waren und nur die Krankenschwester verfügbar war, wurde der Jolson empfohlene Kardiologe informiert, der 30 Minuten später in Begleitung eines freigewordenen Hotelarztes seine Suite betrat. Bis dahin dachten alle, es sei erneut „falscher Alarm“; Jolson war, was seine Physis betraf, leicht zu beunruhigen). Bis dahin hatte ihn die Krankenschwester beruhigen müssen, zu der Jolson mehrfach sagte, dass er seinen Puls nicht mehr spüre. Als die Ärzte kurz darauf eintrafen, hielt Jolson mit ihnen zunächst ein Pläuschchen, bis er sich plötzlich von seinem Kissen erhob und sagte: „Oh, I’m going.“ und an einem Herzinfarkt starb.
Noch am Abend seines Todes wurden auf dem gesamten Broadway in New York für zehn Minuten alle Lichter im Gedenken an ihn ausgestellt, und der Straßenverkehr stand still.
Die Nachricht von seinem Tod war am nächsten Tag die Schlagzeile in allen Zeitungen. In manchen stand sie sogar über dem eigentlichen Namen der Zeitung. Eddie Cantor berichtete in einem Nachruf, dass alle Leute, denen er am darauffolgenden Tag begegnete – Hotelportier, Taxifahrer – weinten und nicht fassen konnten, dass die Legende Al Jolson nicht mehr lebte.
Jolson wurde zunächst in Israel beigesetzt, dann aber durch seine Witwe nach Kalifornien verlegt, wo ihm zu Ehren ein großes Grabmonument errichtet wurde, welches von dem afroamerikanischen Architekten und Freund Jolsons Paul Revere Williams (1894–1980) entworfen wurde.
Minstrel-Shows und Rassismus
Jolson lebte zu einer Zeit, in der Rassismus in den USA alltäglich war und von der breiten Masse kaum hinterfragt wurde. Vor diesem Hintergrund ist Jolsons Stilmittel des schwarzen Make-up, das sogenannte blackface, aus heutiger Sicht nicht unkritisch zu sehen. Blackface war nicht Jolsons Erfindung, sondern ein gängiges Stilmittel in der darstellenden Kunst seiner Zeit; es diente der Imitation, der Parodie und der Verfremdung. Das Spiel mit Klischees wurde zu diesem Zeitpunkt noch nicht als rassistisch wahrgenommen, sondern war eher ein Versuch, unterschiedliche kulturelle Phänomene, die es zuhauf im Schmelztiegel der USA gab, zu verstehen und sich ihnen zu nähern. Rückblickend ist die zeitgenössische Einschätzung gewiss kritischer zu sehen. Allerdings wurden nicht nur Schwarze parodiert, sondern auch andere Minderheiten wie z. B. Juden (übrigens auch von Jolson selbst) oder ethnische Gruppen. Im Grunde wurden alle Nationalitäten thematisiert, die um die Jahrhundertwende bekanntermaßen in die USA auswanderten. Es war ein generelles – und damals legitimes – Mittel, um mit der eigenen Herkunft, der Sozialisation und Amerika als „Land der Träume“ umzugehen.
Dennoch war Al Jolson selbst kein Rassist. In seiner Kunst verstand er sich bewusst als überkonfessioneller Künstler, der zum Verständnis der Religionen untereinander beitragen wollte. In seinem Freundes- und Bekanntenkreis befanden sich Menschen aller Konfessionen und Hautfarben, die er häufig auch finanziell unterstützte. Er wollte die Plattform der Unterhaltung nutzen, um für Toleranz zu werben. Er war sich sicher, dass die universalste Sprache der Humor und der Gesang seien. In ihnen ähnelten die Menschen einander, und Unterschiede wurden sekundär.
Künstlerische Bedeutung
Jolson, der zu Unrecht in Europa wenig bekannt ist, gilt als künstlerisches Vorbild für diverse große Sänger und Schauspieler nach ihm. Er ist der erste Künstler überhaupt, der als Entertainer mit großer Authentizität, unglaublichem Charisma und „with a tear in his voice“, als singender, geschichtenerzählender und schauspielernder Alleinunterhalter die Menschen begeisterte. Sein künstlerisches Gesamtkonzept war genrebildend für das Verständnis eines Entertainers. Die Wurzeln Jolsons Talentes liegen in seiner Herkunft: Er wusste, dass er seinem Vater, der seinerseits gern Opernsänger geworden wäre, was das Erlernen des Singens betraf, eine Menge verdankte. Sein Erfolg beruhte aber nicht nur auf seinem individuellen Gesangsstil, sondern auf seiner einzigartigen Persönlichkeit und Ausstrahlung. Er war ein extrovertierter Mensch, der nach eigener Aussage seine Freude am Leben einfach mit allen Menschen teilen musste und so das amerikanische Publikum über die große Wirtschaftsdepression der 1920er und 1930er Jahre und über drei Kriege hinweg unterhielt. Insofern hat er den jüdischen Anspruch mehr als erfüllt, der besagt, dass man die Welt ein Stück besser gemacht haben sollte, bevor man sie verlässt. Schon zu Lebzeiten galt Jolson als Legende, der einst in den Bereichen Theater, Film und Radio alle Box-Office-Rekorde brach.
Viele Künstler haben sich direkt zu Al Jolson als Vorbild bekannt, so zum Beispiel die Schauspielerin Judy Garland, die Sänger Jackie Wilson, Rod Stewart, Elvis Presley, Mick Jagger und Michael Jackson. Viele Künstler sind in ihrem Stil und ihrem Auftreten durch ihn inspiriert und beeinflusst worden: Eddie Cantor, Bing Crosby, Frank Sinatra, aber auch andere, wie zum Beispiel Johannes Heesters oder Harald Juhnke.
Jack Finney setzte ihm ein Denkmal in seinem Fantasyroman „Im Strom der Zeit“, der in Jolsons Zeit (1911) spielt. Außerdem wurde ihm in einem beliebten US-Cartoon – Die Simpsons – ein Denkmal gesetzt: Amüsant ist, dass ausgerechnet die Figur des kapitalistischen Atomkraftbesitzers und tyrannischen Chefs von Homer Simpson – Mr. Burns – ein Anhänger von Al Jolson ist, der nicht wahrhaben will, dass dieser nicht mehr lebt. In Peter Jacksons „King Kong“ (2005) wird zu Beginn des Filmes „I’m sitting on Top of the world“, gesungen von Al Jolson, gespielt.
Im Oktober 2008 feierte ein neuer Dokumentarfilm Al Jolson und The Jazz Singer Premiere auf den 50. Nordischen Filmtagen in Lübeck. Zwei Wochen später gewann dieser den 1. Preis bei einem jährlich stattfindenden Filmwettbewerb des Lokalsenders Kiel TV in Kiel.[1] Im November 2007 hatte dort bereits die Kurz-Doku Ein Blick auf Al Jolson den ersten Preis gewonnen.[2]
Bühnenstücke
- La Belle Paree (1911)
- Vera Violetta (1911)
- The Whirl of Society (1912)
- The Honeymoon Express (1913)
- Dancing Around (1914)
- Robinson Crusoe, Jr. (1916)
- Sinbad (1918)
- Bombo (1921)
- Big Boy (1925)
- Artists and Models of 1925 (1925) (Jolson kam 1926 zum Ensemble hinzu)
- Big Boy (1926) (Wiederaufnahme)
- The Wonder Bar (1931)
- Hold on to Your Hats (1940)
Filmographie
- The Plantation Act (1926)
- The Jazz Singer (1927); Regie: Alan Crosland
- The Singing Fool (1928); Regie: Lloyd Bacon
- Sonny Boy (1929); Regie: Archie Mayo
- Say It with Songs (1929); Regie: Lloyd Bacon
- New York Nights (1929); Regie: Lewis Milestone (Jolson wird jedoch nicht im Abspann aufgeführt; nur als Filmmusik verwendet)
- Mammy (1930); Regie: Michael Curtiz
- Big Boy (1930); Regie: Alan Crosland
- Hallelujah, I’m a Bum (1933); Regie: Lewis Milestone
- Wonder Bar (1934); Regie: Lloyd Bacon
- Go into your Dance (1935); Regie: Archie Mayo
- The Singing Kid (1936); Regie: William Keighley
- Rose of Washington Square (1939); Regie: Gregory Ratoff
- Swanee River (1939); Regie: Sidney Lanfield
- Oh, you beautiful Doll (1949); Regie: John Malcolm Stahl (Jolson wird jedoch nicht im Abspann aufgeführt; nur als Filmmusik verwendet)
Diskographie (Auswahl)
- You Made Me Love You (1913)
- Rock-A-Bye Your Baby With A Dixie Melody (1918)
- Swanee (1920)
- Avalon (1920)
- April Showers (1921)
- Toot, Toot, Tootsie (1922)
- California, Here I Come (1924)
- I’m Sitting On Top of the World (1925)
- When the Red, Red, Robin Comes Bob, Bob, Bobbin’ Along (1926)
- Back in Your Own Backyard (1928)
- My Mammy (1928)
- There’s a Rainbow ’Round My Shoulder (1928)
- Sonny Boy (1928)
- Liza (All the Clouds’ll Roll Away) (1929)
- Let Me Sing and I’m Happy (1930)
- The Cantor (A Chazend’l Ofn Shabbos) (1932)
- Ma Blushin’ Rosie (1946)
- Anniversary Song (1946)
- Alexander’s Ragtime Band (1947)
- Carolina in the Morning (1947)
- About a Quarter to Nine (1947)
- Waiting for the Robert E. Lee (1947)
- Golden Gate (1947)
- When You Were Sweet Sixteen (1947)
- If I Only Had a Match (1947)
- After You've Gone (1949)
- Is It True What They Say About Dixie? (1949)
- Are You Lonesome Tonight? (1950)
- My old Kentucky home
Quellenangaben
Einzelnachweise
- ↑ Al Jolson und The Jazz Singer wins 1st Prize Nov. 15, 2008
- ↑ A Look at Al Jolson, winner at German film festivalNovember, 2007
Bücher
- Anderton, Barrie: Sonny Boy! The World of Al Jolson. Jupiter Books, London 1975
- Freedland, Michael: Jolie. The Al Jolson Story. 2. Auflage 1985
- Goldman, Herbert G.: Jolson: The Legend Comes to Life. Oxford University Press, Oxford 1989
- Grudens, Richard: When Jolson was King: Sittin' on Top of the World. Celebrity Profiles Publishing, Stonybrook, NY 2006
Internet
- Al Jolson in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Database
- Einträge zu Al Jolson im Katalog des Deutschen Musikarchivs
- Al Jolson in der Datenbank von Find A Grave
- The International Al Jolson Society
- Fotos von Al Jolson
PND: Datensatz zu Al Jolson bei der DNB – keine Treffer im Katalog der DNB; 21. Februar 2009 Personendaten NAME Jolson, Al ALTERNATIVNAMEN Yoelson, Asa (richtiger Name) KURZBESCHREIBUNG US-amerikanischer Sänger und Entertainer GEBURTSDATUM 26. Mai 1886 GEBURTSORT Seredzius, Litauen STERBEDATUM 23. Oktober 1950 STERBEORT San Francisco, USA
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