Obsigend

Nidsigend bezeichnet in Süddeutschland, Vorarlberg und in der deutschsprachigen Schweiz den Zeitraum im Verlaufe eines Monats, in dem der Tagbogen des Mondes von Tag zu Tag niedriger über dem Horizont verläuft. Das Antonym zu Nidsigend ist Obsigend, also der Zeitraum, in dem der Tagbogen des Mondes von Tag zu Tag höher über dem Horizont verläuft. Diese Erscheinung entspricht dem Auf- und Absteigen des Tagbogens der Sonne im Verlauf der Jahreszeiten.

Begriff

Die Vorsilbe nid steht in Süddeutschland, Vorarlberg und in der deutschsprachigen Schweiz für unterhalb bzw. unten (z. B. Nidwalden). Die Endung gend steht für gehend. Ob steht für oberhalb bzw. oben (z. B. Obwalden).

„Nidsi“ und „obsi“ bedeuten in alemannischen Dialekten „abwärts“ und „aufwärts“. Ist der Mond also „obsigend“, dann hat das nichts mit „obsiegend“ zu tun, sondern damit, dass er „aufwärts gehend“ ist, sich also in Bezug auf den Himmelsäquator aufwärts – nach Norden – bewegt. Ursache dafür ist die Neigung der Ebene der Mondbahn gegenüber der Ebene des Himmelsäquators. Für einen Beobachter auf der Nordhalbkugel der Erde verschieben sich in der obsigenden Phase die Aufgangspunkte des Mondes am Horizont in Richtung Nordosten, die Untergangspunkte in Richtung Nordwesten. Die Höhe der Kulmination im Süden ist von Tag zu Tag merklich größer. Hat er seine gegenüber dem Himmelsäquator höchste (nördlichste) Position erreicht, erfolgt der Wechsel von „obsigend“ zu „nidsigend“. Die Auf- und Untergangspunkte am Horizont verschieben sich jetzt wieder von Tag zu Tag weiter nach Süden, die Kulminationshöhe nimmt ab. Diese Begriffe zeugen also von einer guten Beobachtung der Phänomene am Himmel durch Menschen vergangener Generationen (siehe auch: Himmelsscheibe von Nebra). Im allgemeinen Sprachgebrauch wurden diese exakten astronomischen Begriffe allerdings oft mit eher astrologisch getönten Anschauungen verbunden. So etwa in Vorstellungen, der Wechsel von nidsigend und obsigend beeinflusse Wachstums- und Fruchtbarkeitsprozesse in der Natur. Den meisten erscheinen diese Begriffe heutzutage nur noch als verschwommene und kaum verstandene Ausdrücke aus einer vergangenen Zeit.

Verwendung

Die ursprüngliche Verwendung des Begriffes diente der astronomisch orientierten Landwirtschaft insbesondere zur Bestimmung von Zeiten für Aussaaten und Anpflanzungen.

Verwechslung

Der Begriff Nidsigend wird oft irrtümlich gleichgesetzt mit abnehmendem Mond (Mondphase), was die Abnahme des von der Sonne beleuchteten Teils der „Mondscheibe“ bezeichnet. Obsigend wird oft mit zunehmendem Mond verwechselt. Neben dieser Verwechslung mit den Mondphasen kann man auch finden, dass die nidsigende Phase eines Monats mit abnehmender Entfernung des Mondes und die obsigende mit zunehmender Entfernung von der Erde verwechselt wird.

Literatur

• Joachim Herrmann: dtv-Atlas zur Astronomie, ISBN 3-423-03006-2

• Redshift 4, Navigo in der United Soft Media Verlag GmbH, Maris Technologies Ltd.

• Maria Thun: Erfahrungen für den Garten: Aussaattage, Pflanzzeiten, Erntetage